Montag, 27. März 2017

Sausage Party

Man könnte denken, das Script zu Sausage Party wäre von zwei stark pubertierenden 14-jährigen Teenies geschrieben worden, die dem näheren zweisamen Kontakt mit dem angeblich schwachen Geschlecht sehnlichst entgegensehen. Seth Rogen, der es sich seit einigen Jahren vor und hinter der Kamera gemütlich gemacht und dort sein eigenes Plätzchen gefunden hat und einer der Autoren des Animationsfilms ist, wurde wie ich im gleichen Jahr geboren: 1982. Von seinen 34 Lenzen merkt man in diesem Film herzlich wenig. Ich möchte mich gar nicht groß über seinen infantilen, vulgären Humor, den er hier in den Film gepackt hat, beschweren. Ich musste auch mehr als einmal darüber lachen und mich ertappen, wie verdammt lustig diese flachen Gags dann doch sind. Nur, und hier kommen wir wieder zu dem 14-jährigen Pubertierenden zurück, übertreiben es Rogen und seine Co-Autoren doch etwas zu doll.

Die ständigen sexuellen Anspielungen - egal ob visuell oder im Dialog der Figuren - ermüden beinahe und bringen die Handlung an den Rand der humoresken Eskalation. Wobei diese doch so hübsch doppelbödig sind, wenn die anthropomorphen Lebensmittel eines riesigen Supermarkts, allen voran der Hot Dog Frank und seine angebetete Brenda, einem Hot Dog-Brötchen, vom großen "Draußen" träumen. Die "Götter", gemeint sind die menschlichen Konsumenten, bringen die Lebensmittel laut einer Legende dorthin, befreien sie aus der Verpackung um dann mit ihnen in Einklang zu leben und diese zu verwöhnen. Doch es tauchen Risse auf: zuerst stürzt sich der von der "Wahrheit" wissende, paranoid erscheinende Honigsenf selbstmörderisch aus dem Einkaufswagen, was Frank und Brenda aus ihren Packungen und in ein unglaubliches Abenteuer stürzt, bei dem im Verlauf auch die wahnsinnig gewordene Vaginaldusche Douche eine große Rolle spielt, die den verliebten Hot Dog-Zutaten nach dem Leben trachtet und Frank immer mehr Honigsenf glaubt, der davon sprach, dass es keine Erlösung im großen Draußen gibt und ihm den Tipp gab, mit dem Liqueur Feuerwasser zu reden. Auf der anderen Seite freuen sich Franks verbliebene Hot Dog-Kumpels Barry, Troy und Carl darauf, dass sie nach dem Unfall endlich im großen Draußen angekommen sind. Nur um dann die bittere Wahrheit zu erfahren und versuchen, zu flüchten.

Man mag es bei dieser Inhaltsangabe nicht glauben, dass es die Drehbuchautoren nicht nur geschafft haben, gefühlt jede Sekunde einen mal mehr, mal weniger gelungenen Gag mit sexuellem Hintergrund rauszuhauen sondern der Geschichte einen interessanten Unterbau zu schenken. Dieser ist sogar richtig clever, greift er doch ebenso ständig den blinden Gehormsam gegenüber Religionen an. Dies geschieht durch das Gerüst um das große "Draußen" und der angeblichen Erlösung die man erfährt, wenn man von den Göttern mitgenommen wird. Schnell fühlt man sich an christlich geprägte Sekten wie den Zeugen Jehovas erinnert und all den Irsinn, was diese und ähnlich geartete Gruppen von sich geben. Auf ihrem Weg durch den Supermarkt begegnen Brenda und Frank dem arabischen Kareem Lavash und dem jüdischen Samy Bagel Jr., die so überzeichnet und klischeebeladen dargestellt werden, wie es nur möglich ist. Dies ist aber auch der Auftakt einer irrsinnig beginnenden Freundschaft zwischen den beiden, die sich seit ihres Aufeinandertreffens mit Spitzen befeuern, die auch gegenwärtige Entwicklungen zwischen dem arabischen und isrealischen Raum beinhalten.

Wie sich ihre Freundschaft entwickelt und in was sie gipfelt, könnten einige stark konservative Gemüter auf beiden Seiten als schockierende Provokation empfinden. Man kann es natürlich auch plump nennen, dies ist der Schattenseite des Films zuzuführen. All die Cleverness, die die Geschichte von Sausage Party beinhaltet, wird noch lieber mit platten Witzen über Sex zugekleistert. Manchmal ist es dann doch ein wenig zu viel des Guten. Völlig entgleitet die Geschichte den Autoren nicht, auch wenn eine finale Orgienszene irgendwo zwischen total irrsinnig, hemmungslosem (guten) Schwachsinn und verstörend (die Meinung meiner Freundin, als wir den Film zusammen sahen) liegt. Als sich für Popkultur begeisternder Nerd kann man sich außerdem an den vielen Filmanspielungen (u. a. Terminator 2 oder Der Soldat James Ryan) und persiflieren bekannter Persönlichkeiten (mein persönliches Highlight: Meat Loaf) erfreuen. Am Ende des Films ist man allerdings erstmal so platt wie ein Lavash. Da hilft auch der Meta-Ebenen-Witz ganz zum Schluß nicht wirklich weiter. Mit ein wenig Abstand kann man manchmal über einige Dinge weiterhin nur den Kopf schütteln. Häufiger grinst man aber eher über diese überdrehte Kombination aus cleverer Message, die in so ein komplett infantiles Grundgerüst gepresst wurde. Das dies zum größten Teil funktioniert, ist ein Talent, welches man Seth Rogen und seinen Autoren nicht abstreiten kann.
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