Samstag, 20. Mai 2017

Alien: Covenant

Ridley Scott bewegt sich weg von der Angst vor dem Fremden die in jedem Menschen wohnt, weg von unterschwellig sexualisierter Gewalt und einer gewissen Angst vor dem Erstarken des einst schwach deklarierten Geschlechts der Frau. Motive, die zusammen mit dem Setting und der Atmosphäre aus seinem Alien - Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt ein angesehenes Meisterwerk machten. Mit Prometheus, das Sequel der Saga die es bis dato auf vier Filme brachte, ging der Brite neue Wege. Es wurde sphärisch, philosophisch und doch brach auch dort - erst gegen Ende - eine gewalttätige, fremde Spezies aus dem Körper eines Menschen hervor. Somit war dieser Film für mich gefühlt immer eine sehr vage Art der Fortführung dieser Filmreihe. Mit Covenant erschuf er ein Bindeglied zwischen Alien mit seinen drei Fortsetzungen und Prometheus. Als ein erster Trailer dazu im Internet auftauchte, war die Freude und Euphorie bei mir noch groß. Desöfteren schotte ich mich in eine Art eigene Filmweltblase ab und interessiere mich nicht sehr für neue Produktionen, die im Kino anlaufen. Sicherlich habe ich damals schon von einem geplanten Sequel zu Prometheus gelesen, verlor es dann aber aus den Augen. Was ich im ersten Trailer sah, gefiel. Was ich in einem exklusiven Clip zusammen mit einem weiteren Ankündigungsfilmchen bei einem Kinoportal auf YouTube sah, ließ mich ernüchternd vor dem Fernseher sitzen. Das war sehr konform, glich vielen neueren Mainstream-Produktionen. Die Nullerwartungen, die ich dadurch mit mir ins Kino trug, waren im Nachhinein betrachtet ein Segen.

So bleibt eine gewisse Enttäuschung, die bei weitem nicht so groß ist, als wäre man mit großer Vorfreude ins Kino gegangen. Es wirkt, als wäre Ridley Scott vom einen auf den anderen Moment nicht mehr sehr interessiert an dieser Saga. All die Fragen, die noch offen sind, sollten nun endlich beantwortet werden und das wenn möglich auf einmal. Dabei wirft Covenant wie einst Prometheus ebenfalls Fragen auf, die unbeantwortet bleiben. Doch von vorne: nachdem wir in einem optisch durchstilisierten Prolog den schon aus dem Vorgänger bekannten Androiden David zusammen mit seinem Schöpfer, seinem Vater beim angeregten Plausch über das Sein als Mensch beobachten durften, folgt nach den Credits der grobe Schnitt und die Konzentration auf das Kolonialistenschiff Covenant. Die Crew des Schiffs betreut gut 2000 Kolonialisten auf dem Weg zu einem weit entfernten Planeten um sich auf diesem anzusiedeln. Nach einigen schon weniger schönen Ereignissen empfängt man einen fremdartigen Funkspruch, der von einem bisher unentdeckten, aber ebenfalls erdähnlichen Planeten kommt. Da dieser weitaus näher als das eigentliche Ziel ist, nimmt man Kurs auf diesen. Die Erkundungscrew macht alsbald Bekanntschaft mit der heimtückischen Natur und den archaischen Aliens aus Prometheus. Rettung naht in Form von David, der die verbliebenen Mitglieder des Trupps in seine Unterkunft führt. Hier macht er auch Bekanntschaft mit dem Androiden Walter, ein verbessertes und geupdatetes Abbild von David. Währenddessen versuchen die auf der Covenant verbliebenen Mitglieder, ihre auf dem Planeten befindlichen Kameraden zu retten. Das die Gefahr nicht allein von den tödlichen und fremdartigen Kreaturen ausgeht, bemerken letztere leider ziemlich spät.

Scott versucht mit Covenant vieles, packt den Kontext des Films randvoll, bis dieser überquillt und lässt ihn in seiner zweiten Hälfte tragisch scheitern. Der Anfang gibt sich wie Prometheus angenehm unaufgeregt und seine ruhige Art des Erzählens wird nur von den ersten Schwierigkeiten auf dem Kolonieschiff durchbrochen. Diese Art der Dramaturgie beherrscht Scott recht gut und die sich überschlagenden Ereignisse nach Landung auf dem fremden Planeten sind sogar äußerst gut getimet. Die Spannungskurve baut sich stetig auf, wird auf der Tonspur mit einer im Hintergrund vor sich hinhämmernden Synthie-Bassdrum effektiv verstärkt und endet in einer totalen, zweigeteilten Katastrophe. Diese führt sich innerhalb des Drehbuchs mit dem erneuten Auftauchen Davids fort. Was dann folgt, ist ein überhastet, mehr noch verkrampft bemüht wirkender Versuch, nicht eine, sondern gleich sehr viele Brücken zu Prometheus und insbesondere zu den Alien-Filmen zu schlagen. Diese Mischung aus einerseits philosophisch-verkopfter Science-Fiction und action-betontem Space-Horror gebiert einige Ungeheuerlichkeiten, wie sie David auf der Leinwand fabriziert. Man könnte die Entwicklung des Androiden bis zu einem gewissen Punkt mit Ridley Scott gleichsetzen. Beiden entgleitet in ihrem schieren Willen zu experimentieren, der Zügel und alles driftet in den Wahnsinn. Den Wahnsinn der Figur Davids nimmt fast Frankenstein'sche Züge an, verliert doch auch in Mary Shelleys Geschichte der Doktor die Kontrolle über seine Schöpfung und sieht durch seinen geglückten Versuch als gottgleich an. Die thematisierte Angst vor dem offensichtlich (bösartigen) fremdartigen macht noch mehr Platz gegenüber der Unsicherheit und dem Misstrauen vor allem künstlichen, das menschlich agiert. Durchzog dies zwar auch schon die Sequels, nimmt dies in der Geschichte viel Raum ein, den Scott anders hätte nutzen können.

Covenant wirkt in dieser Form zu sehr wie ein Film, mit dem der Regisseur gerne einen Schlussstrich gezogen hätte, jetzt aber eigentlich noch einen weiteren folgen lassen muss. Selbst wenn Scott einige offene Dinge beantwortet, darunter die Herkunft der bösartigen Wesen, stellen sich auch wieder Fragen. Viel schlimmer noch: Scott schafft es mit seinem Film die Ursprungs-Reihe mit dieser konstruiert wirkenden Auflösung zu entmystifizieren. Wäre dies nicht schon genug, packt der Brite ein plumpes und abgedroschenes Horrorfilmklischee nach dem anderen aus, was bisher die ganze Reihe in keinster Weise beschert bekommen hat. Selbst der von einigen Fans gescholtene vierte Teil Resurrection wirkt trotz all' seiner Mainstream-Horror-Mechanismen der damaligen Zeit nicht so plump und klischeehaft. Die Aliens, die wie Eingangs auch beschrieben (im ersten Teil) als Metapher auf die gewaltsame Bedrohung männlicher Allmacht gegenüber der Frau zu sehen sind, werden hier zur Nebenrolle und einem reinen Lieferanten für reine Action- oder Horror-Sequenzen degradiert. Von allseits vorhandener Bedrohlichkeit ist niemals auch nur eine Spur. Sie dürfen die Mitglieder der Covenant in schöner Regelmäßigkeit ins Jenseits befördern. Figuren, die noch austauschbarer als die in den anderen Filmen sind. Selbst Daniels, die vermutete starke Frau, die rein optisch sehr an Ellen Ripley erinnert. Doch Sigourney Weavers Figur bleibt jeder Zeit präsenter als der von Katherine Waterston gemimte Abklatsch. Gegen die Ungeheuerlichkeiten des Drehbuchs und ihres Regisseurs können selbst weitere gestandene Mimen wie Michael Fassbender oder James Franco nichts ausrichten. Covenant ist ein Mittelstück einer Saga, welche sich im besten Falle einigermaßen schlüssig mit Scotts Erstling und dessen Fortsetzungen verbindet. Ein Mittelstück, mit einem ansprechend wirkenden Beginn, dass dann aber an seiner Überambitioniertheit erstickt. So eine krude Mischung aus vor sich hin philosophierender Science-Fiction und allseits präsenter Bedrohlichkeit, einem kalten Horror wie es Aliens ist, hätten selbst andere, bessere Regisseure nicht runder hinbekommen. Es ist Zeit, das Alien-Franchise zu einem Ende zu bringen. Das Ridley Scott dies möche, merkt man dem Film an. Leider möchte er es so übereilt und schludrig, das er die Reihe, wenn ein eventuell nächster Film qualitativ an Covenant anschließt, ungerechtfertigt vor die Hunde gehen lässt.
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