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Sonntag, 19. Oktober 2008

Der Tod wartet in Venedig


Der Pianist Robert Dominici ist auf dem Höhepunkt seines Schaffens angelangt. Er gibt ein umjubeltes Konzert nach dem anderen und privat liegen ihm die Frauen zu Füßen. Doch just zu diesem Zeitpunkt bricht seine seltene Krankheit aus, die seinen Körper innerhalb kürzester Zeit altern läßt. Robert kommt mit diesem Schicksalsschlag jedoch alles andere als gut zurecht und wird, von Wahnsinn und Frust getrieben, zu einem Mörder der mit dem in den Mordfällen ermittelnden Kommisaren Datti ein perfides Spiel spielt.
Eigentlich ist der italienische Regisseur Ruggero Deodato vor allem durch seinen Kannibalenschocker Cannibal Holocaust bei den Fans beliebt und berüchtigt, gilt doch gerade dieses Werk als zynischster, härtester aber auch intelligentester Vertreter des Subgenres der Kannibalenfilme. Mit dem auch noch unter dem Titel Off Balance bekannten Film schuf er einen durchaus interessanten Thriller, welcher gekonnt sowohl im Giallo als sogar auch im Drama wildert. Denn gerade in der ersten halben Stunde gelingt es Deodato, einen mehr als solide gefilmten Spätgiallo auf die Beine zu stellen.

Mit geringen Mitteln schafft er so einige tolle und atmosphärische Momente und inszeniert einen Mord, welcher zudem die härteste Szene des Films darstellt, schon nahezu argentoesk. Auch wenn einem hier schon der relativ willkürlich erscheinende Sprung zwischen den verschiedenen Handlungssträngen etwas konfus vorkommt, baut sich schnell Spannung auf, das man meinen könnte, das ein durchaus vergnügliches Whodunit-Spiel beginnt. Allerdings bricht Deodato aufgrund der weiteren Handlung sehr schnell mit den typischen Gialloregeln und legt schnell den Mörder und auch dessen Motive dar.

Was jedem anderen Film aus dieser Sparte wohl das Genick brechen würde, kann Deodato schon allein durch seinen toll aufspielenden Hauptdarsteller Michael York kompensieren. Zwar erreicht er nach der Auflösung nie mehr die Intensität, die der Film aufgebaut hatte, bleibt allerdings weiterhin interessant und präsentiert nun schon beinahe ein Psychogramm, welches sich mit der inneren Zerissenheit von Robert auseinander setzt. Immer nahe am Overacting vorbeischrammend, zelebriert York hier einen zwiegespaltenen Mann, der mit seiner schweren Krankheit nicht umgehen und sein Schicksal nicht verarbeiten kann. Es sei dahingestellt, wie logisch es ist, das er nun zu einem Mörder wird, allerdings braucht man für einen eher dem Giallo-/Thriller-Genre zuzurechnenden Film gerade eben sowas.

Nun springt also Dominici wie auch der Film fröhlich zwischen einigen Schauplätzen hinterher, bleibt Gott sei Dank auch immer noch nachvollziehbar und baut langsam den Nervenkrieg zwischen York und seinem Counterpart Donald Pleasence auf. Dieser bleibt allerdings, schon sichtlich vom Alter gezeichnet, meist etwas blaß so das Der Tod wartet in Venedig schnell eine York'sche One-Man-Show wird. Sie gefällt, bekommt aber durch die Einseitigkeit im weitern Storyverlauf aber auch eine gewisse Länge, die gerade das Ende doch etwas schwach ausfallen läßt. So beobachtet man Robert viel zu lange beim maskentechnisch beeindruckenden Alterungsprozeß, was der Spannung nicht gerade gut tut. Man hätte ruhig etwas Mut beweißen können und mit der Geschichte einen interessanten Weg gehen können.

Trotzdem weiß dieser späte, gialloeske Deodato-Flick zu gefallen und ist für die italienischen Verhältnisse zu dieser Zeit sehr solide, präzise und aufwendig inszeniert worden. Zu kurz kommt im darstellerischen Bereich lediglich Edwige Fenech, deren Charakter der Helen auch nur dazu da ist, die Geschichte an ein Ende zu treiben. Nichts destotrotz bleibt Der Tod wartet in Venedig ein gut verdaubares Spätwerk vom lieben Ruggero.

Samstag, 18. Oktober 2008

Der Mann ohne Gedächtnis

Eigentlich möchte er nur in Frieden leben, wird allerdings von den Schatten seiner unbekannten Vergangenheit eingeholt. Denn seit einem Autounfall vor acht Monaten läuft der adrett aussehende Ted ohne jegliche Erinnerung an sein Leben vor eben diesem Unfall durch die Welt. Auf der Suche nach Erinnerungen stößt er allerdings schnell auf dunkle Ecken in Gestalt von zwielichtigen Personen, die ihm hinterher jagen, da er angeblich etwas besitzt, was diesen gehört. Durch eine von den Fremden eingefädelte Reise nach Italien trifft er sich mit seiner Frau Sara. Aufgrund der aktuellen Umstände gibt sie ihm nochmal eine Chance, auch wenn vor seinem Unfall einiges zwischen ihnen Vorgefallen ist. Doch bald merkt Ted, das ihm auch im Land des Stiefels die Gangster hinterher sind und die Gefahr sowohl für ihn als auch seine Frau größer werden.

Mit dem Mitte der Siebziger Jahre entstandenen Thriller hat das DVD-Label Koch Media eine wahre Perle des italienischen Genrekinos ausgegraben, die ironischerweise fast schon in der Vergessenheit versunken wäre. Doch der Liebhaber mediterraner Filmkost darf sich glücklich schätzen, das man nun wieder auf den Film zugreifen kann. Hat man es hier doch mit einem auch heute noch sehr unterhaltsamen Schätzchen zu tun, welches mit entspanntem Tempo eine Geschichte erzählt, die für einige überraschende Wendungen gut ist.

Neben Koch Media darf man übrigens auch noch Luciano Martino, dem Bruder von Regisseur Sergio, dankbar sein, daß er sich dem Stoff angenommen und diesen produziert hat. Unter der Federführung des von ihm angeheuerten Regisseurs Tessari wurde hier ein schmackhaftes Thrillersüppchen gekocht, das erst nach einer Weile so richtig zu brodeln anfängt. Man läßt sich Zeit mit dem Aufbau seiner Geschichte und der Einführung der Charaktere, versteht es aber dabei geschickt, immer wieder kleine Anhaltspunkte bezüglich Teds Geheimnis in den Handlungsverlauf zu streuen. Grob hält man sich dabei an bekannten Motiven von Meisterregisseur Alfred Hitchcock, befindet sich doch auch bei diesem der unschuldige Protagonist desöfteren von jetzt auf gleich in ausweglosen Situationen, aus denen er sich selbst boxen muss. Nun kann es an Produzent Martino oder generell am Herkunftsland Italien liegen, das bei Der Mann ohne Gedächtnis nun auch ganz kleine Elemente des Giallo, dem ureigenen Thrillergenre Italiens, zu finden sind. Vor allem die kleinen Erinnerungsfetzen Teds erinnern dabei in ihrer Komposition ungemein an eben diese Filme.

Tessari baut jedenfalls eine schöne Atmosphäre auf und hat seine beiden Hauptdarsteller, den französischen Sunnyboy Luc Merenda sowie eine junge und reizende Senta Berger, bestens im Griff. Zwischen Merenda (welcher übrigens in der deutschen Synchronisation von Kultsprecher Thomas Danneberg gesprochen wird) und Berger besteht ein harmonisches Zusammenspiel und auch die Nebenrollen wissen zu überzeugen. Hier sei vor allem Bruno Corazzari als zwielichter Gangster mit naseschneuzendem Tick hervorzuheben, welcher wirklich bestens für diese Rolle ausgesucht wurde. Getragen von einem wirklich eleganten Filmstil der mit einigen schönen Kameraperspektiven und -fahrten aufwarten kann, schafft es das Werk leicht, den Zuschauer auch mit dem nötigen Thrill vor dem Bildschirm zu bannen. Ebenso langsam wie der schon erwähnte Erzählstil kommt auch ein Puzzlestück in der Geschichte Teds zum Anderen und ergibt ein ganzes. Besonders tricky ist hier auch eine tolle Wendung zum Ende, die man so nicht erwartet hätte.

Dies gibt dem Mann ohne Gedächtnis noch eine Portion mehr Spannung um dann mit einem furiosen Finale aufzuwarten, das durch einen prächtigen What the fuck-Moment dem Film zu einem gelungenen Abschluß verhilft. Zwar ist der Film anders als beworben kein Giallo (auch wenn er leichte Elemente birgt) sondern eher ein bodenständiger Thriller, dafür aber umso sehenswerter. Freunde des gepflegten Italo-Genrekinos der 70er sollten auf jeden Fall zugreifen. Es entgeht ihnen ansonsten ein wirklich toller Film.

Sonntag, 5. Oktober 2008

Gutterballs

Eine bunt gemischte Gruppe Jugendlicher trifft sich zu nächtlichen Stunden in einem Bowlingcenter um dort ein kleines, privates Tournier zu veranstalten. Doch nach einem heftigen Streit innerhalb der Gruppe eskaliert die Situation, als sich Steve mit seinen widerwärtigen Scherken an Jessica rächt und sie von den Männern vergewaltigt wird. In der nächsten Nacht taucht urplötzlich eine maskierte Gestalt in der Bowlingbahn auf, die sich BBK nennt und nach und nach die Jugendlichen brutal umbringt.

Gutterballs ist die zweite Regiearbeit von Ryan Nicholson nach Live Feed, welcher als recht billiger und schlechter Hostel-Rip Off bekannt wurde. Mit Gutterballs bestreitet der Kanadier nun die Wege des klassischen Slasherkinos und mixt dies mit Elementen des Rape and Revenge-Films, vermag es aber nicht, irgendwelche nennenswerte Akzente zu setzen. Innerhalb der 96 Minuten Laufzeit regiert die meiste Zeit Langeweile und Eintönigkeit, da die "Geschichte" eigentlich nur ein ständiges Wiederholen einiger Vorgänge ist.

Schnell ermüdet der Film und vermag es auch nicht, mit den relativ blutigen und harten Splatterszenen bei der Stange zu halten, außer wohl einige Splatterkiddies. Wie so oft im Independent-Bereich der Horrorszene schafft man es nicht, irgendwelche Innovationen in den Film einzubauen und schafft es lediglich, selbst die ermüdendsten Slasher-Klischees und Standards in den Sand zu setzen. Bemerkenswert ist eigentlich nur der ganz nette Soundtrack, welcher knietief in den 80ern watet und flott ins Ohr geht. Wenigstens gelingt es dieser Indie-Produktion teilweise während der Handlung etwas vom Produktionsteam gewolltes 80er-Flair hinzubekommen, was Gutterballs zwar nicht vollends zu einem Totalausfall werden, ihn aber auch nicht wirklich gut werden läßt.

So vergibt der Streifen vor allem die eigentlich recht nette Idee, die mal etwas andere Location der Bowlingbahn zu nutzen um daraus eine kurzweilige Hommage bzw. Parodie an die glorreichen Filme der 70er und 80er zu schaffen. Auch wenn dies wohl die Intention Nicholsons war, so scheitert er kläglich daran. Weder atmosphärisch, erzählerisch oder auch mimisch vermag der Film irgendwo richtig zu überzeugen. Letzteres wird nicht nur durch die durchschnittlichen Leistungen der Darsteller unterstrichen, sondern auch durch eine schnell nervende Vulgärsprache, bei der vor allem eine Vorliebe für das Wort "verfickt" zu haben scheint. Wer nicht gerade ein hartgesottener Freund des auch größten Indieschmodders ist, wird an Gutterballs nicht wirklich seine Freude haben, da das Endergebnis wirklich nur mangelhaft ist.