Samstag, 11. Juli 2009

Sklaven der Hölle

"Aufgrund der Nachfrage sind die Preise gestiegen. Das Zeug ist mehr Wert als Gold!" tönt der eiskalte Plantagenbesitzer Sierra und meint damit ganz explizit Kautschuk, das er auf seinem großflächigen Besitz durch Sklavenarbeit gewinnt. Er ist ein rundum verdorbener Mensch, der auch nicht davor zurückschreckt, Indiostämme zu unterdrücken, sondern auch Reisende zu überfallen, ermordert und ebenfalls versklavt. Die besten Männer müssen für ihn Schuften, während die Frauen zur Belustigung der Aufseher auf seinen Plantagen herhalten müssen. Dieses Schicksal trifft auch Claudia, die während ihrer Hochzeitsreise überfallen wurde. Ihre Rettung erscheint in Gestalt von Howard und Arquimedes, zwei ebenfalls verschleppten Weißen. Zusammen mit einem Indio versuchen sie, an die Grenze zu kommen und den Schergen und Wachposten Sierras zu entkommen, was Gefahrenreicher verläuft, als sich die Gruppe vorstellen kann.

Gerade mal bei zwei Filmen hat der Spanier Alberto Vázquez Figueroa Regie geführt. Neben dem recht seltenen Plasma - Jetzt holen sie dein Blut, der trotz seines Namens nicht in die Horror- sondern eher die Drama-Richtung geht, saß er nur noch beim in Deutschland auch noch als Manaos - Die Sklaventreiber vom Amazonas bekannten Abenteuer-/Action-Mix auf dem Regiestuhl. Als Schreiber hat er einige mehr Einträge in die Annalen der Filmgeschichte vorzuweisen, zuletzt steuerte er im Jahre 2004 die Geschichte zum Science-Fiction-Horrorstreifen Rottweiler von Kultproduzenten und -regisseur Brian Yuzna bei. Vielleicht lag ihm das Schreiben und Ausarbeiten der Geschichten einfach mehr als die ganze Leitung eines Filmes, was man sich nach der Sichtung seiner bekannteren Arbeit Sklaven der Hölle denken kann. Obwohl der Film durchaus goutierbar ist, so löst er keineswegs zügellose Begeisterungsstürme aus.

Okay. Nett. Zwei Wörter, die trotz ihres positiven Charakters trotzdem auch gleich zeigen, das durch- bis weitaus mehr drin gewesen wäre. So auch im hier vorliegenden Fall, der im besten Falle eine kleine Ablenkung an einem langweiligen Sonntag Nachmittag ist. Obwohl hinter als auch vor der Kamera einige Italiener am Werk mitgearbeitet haben, so gibt sich der Film sehr zahm und brav und deutet exploitatives nur an, anstatt es mit aller Macht vor der Kamera zu zelebrieren. Dabei könnten Atmosphäre und Stimmung aus einem alten und vergilbten Schundroman stammen, der ein klischeehaftes Abenteuer harter Männer erzählt, in dem man sich sofort wohlfühlt. Mit allen Wassern gewaschen und vom Leben gezeichnet präsentieren sich hier Jorge Rivero und Fabio Testi in den Hauptrollen. Dabei kommt der Spanier Rivero noch ein wenig besser weg als sein bekannter Partner Testi, der recht reserviert und sehr sparsam mit seinem Talent vor der Kamera agiert. Wobei von dem Duo allerdings keine großen schauspielerischen Anstrengungen gefordert sind. Hauptsache, man zeigt wo der Hammer hängt, gibt sich stark, weiß in jeder Situation einen Ausweg, beweißt Mut und Loyalität und hat das Herz immer am rechten Fleck. Zwei Helden, die es - wie auch immer - trotzdem in diese schlechte Lage geschafft haben und auf einer Kautschuk-Plantage knechten müssen.

Doch mit der Ankunft der liebreizenden Agostina Belli als Claudia und einer geplanten Kastration von Howard (weil er der beste Freund des ermordeten Ehemanns Claudias ist!) läuft bei den beiden Herren das Fass über und man zettelt eine Revolution im kleinen Stil an. Sie nehmen das Zepter in die Hand und geben es auch nicht aus dieser. Die strikte und traditionelle Rollenverteilung ist selbst bei der Flucht durch den Dschungel gegeben. Während Testi und Rivero die harte Arbeit verrichten, so muss Belli im Hintergrund bleiben, einen Blickfang vor der Kamera hergeben und mehr eigentlich nicht. Das Trio, das das Drehbuch verbrochen hat (darunter auch der Regisseur), scheint nichts von Gleichberichtigung zu halten. Frauen haben wenn überhaupt gut auszusehen, ruhig zu sein und gehören an den Herd. Sogar im dichten Forst des Amazonas, denn dort sorgt die Dame mehr als einmal für die Mahlzeiten der Herren. Auch wenn diese so edelmütig erscheinen und gegen den reichen Schnösel Sierra und seine Schreckensherrschaft aufmucken, so herrscht auch bei diesen - wenigstens bei Testis Figur des Arquimedes gut erkennbar - ebenfalls eine Zwei Klassen-Gesellschaft. Der ihm zur Seite stehende Indio, der erst im weiteren Verlauf der Handlung eine freundschaftliche Basis mit dem Duo aufbaut, hat das Vergnügen und Privileg, mit Arquimedes zu arbeiten. Latent rassistische Untertöne könnte man hier Sklaven der Hölle unterstellen, zumal am Drehbuch ausschließlich Spanier arbeiteten und hiermit ihre Meinung zu den Ureinwohnern der ehemaligen Kolonien in Südamerika abgeben. Der weiße Mann wird hier als Retter dargestellt, ohne den der Ureinwohner gar nicht überleben kann.

Relativiert wird dieser Unterton durch eine andere Szene, in der Sierra seinen reichen Freunden einen Schaukampf gegen seine rechte Hand, einem großen und kräftigen Indio, bietet, in dem dieser erst tumb und schwer von Begriff dargestellt wird, dann aber mit seiner Kraft und einem gezielten Schlag seinen Herren auf die Bretter schickt. Sierras Blick, diese Ungläubigkeit das dieser zu so einer Tat überhaupt fähig ist, spricht Bände. Schade, das diese Szene wie insgesamt gut fünfzehn Minuten in der alten Kinofassung des Films gefehlt haben. Erst die DVD-Veröffentlichung vor einigen Jahren durch das Sammlerlabel X-Rated brachte dem Fan eine komplette Fassung. Wobei man aufpassen muss. Diese Scheibe ist durch die Tatsache, das sie nicht FSK-geprüft ist, nur bei einschlägig bekannten Onlineshops und auf Börsen erhältlich. Die im Verkauf erhältliche, ab 12 freigegebene Fassung, ist leider nur die gekürzte Kinofassung. Man sollte aber freilich nicht zu sehr bemüht sein, bei so einem Werk zwischen den Zeilen zu lesen und zu viele Aussagen hinein zu interpretieren. Es geht hier schließlich nur um kurzweilige Unerhaltung, die Sklaven der Höllen durchaus bietet, allerdings in keinem ausgewogenen Maße.

Der Film ist sehr solide umgesetzt und ist durch seinen Schauplatz mit einigen wirklich schönen Einstellungen ausgestattet. Doch Figueroa vermag es nicht, den Zuschauer über volle Distanz zu fesseln. Es gibt ein wenig Schießereien, ein wenig Gefahren durch wilde Tiere und ein wenig brenzlige und dramatische Situationen, die die Protagonisten durchleben, doch allein schon an der Umschreibung ist zu bemerken: ein wenig ist einfach zu wenig. Der Spannungsfaden ist nicht straff angezogen sondern leiert des öfterten rechtlich fade herum. Die anfängliche, Spaß verheißende Stimmung, die so herrlich schundig startet, verpufft im weiteren Verlauf und pendelt sich auf einem relativ unspektakulären Niveau ein. Das ausgesuchte und angesprochene, meistens männliche Publikum kann man so nicht bei der Stange halten. Diese Männerwelt, die Sklaven der Hölle heraufbeschwört ist überraschend eindimensional. Selbst die in einer kleinen Nebenrolle auftauchende Florinda Bolkan, u. a. in Lucio Fulcis Gialloklassiker Don't Torture A Duckling oder dem berüchtigten Nunploitationfilm Flavia - Leidensweg einer Nonne zu sehen und beim Genrepublikum bekannt und beliebt, kann keine Akzente setzen. Auch hier ist, man mag es schon erraten haben, einfach zu wenig drin.

So ist Sklaven der Hölle ein verhalten agierendes Stück Abenteuer- und Actionkino, ein wunderares Beispiel für das Wort harmlos aber dennoch recht nett unterhaltsam. Gerade die angesprochene, dichte Atmosphäre, untermalt durch einen hörenswerten Soundtrack des Trio Bixio, Frizzi und Tempero (unter anderem auch für Fulcis Spätwestern Silbersattel verantwortlich) trägt dazu bei, das der Film trotzdem anschaubar ist, allerdings knapp im Feld der überdurchschnittlich unterhaltenden Filmunterhaltung einzuordnen ist. Es ist ein Filmsnack für Zwischendurch, der den Hunger auf mitreißende Abenteuerstreifen nicht gerade stillt sondern eher noch mehr anregt.
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