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Montag, 21. Dezember 2009

Yankee

Ein namenloser Fremder, von allen nur Aufgrund seiner Herkunft Yankee genannt, verschlägt es in ein Dorf im mexikanischen Grenzland, welches vom größenwahnsinnigen "großen Poncho" beherrscht wird. Trotz der Warnung einiger Bewohner versucht der Yankee, mit dem exzentrischen Kriminellen ins Geschäft zu kommen. Während Concho noch einen verschollenen Teil einer Beute eines früheren Raubs sucht, um die ihn ein paar Ganoven betrügen wollten und einen Überfall auf einen Geldtransport plant, versucht der Yankee ihn zu überzeugen, die eigene Bande an die Justiz auszuliefern um sich dann das Kopfgeld zu teilen. Doch Concho geht nicht auf dieses Angebot ein und versucht, diesen seltsamen Fremden aus seinen Geschäften rauszuhalten. Das er den Amerikaner allerdings unterschätzt hat, merkt er daran, als dieser damit beginnt, mit List und Tücke die Mitglieder von Conchos Truppe zu dezimieren.

Wer nun bei dem Namen Tinto Brass einen relativ freizügigen und mit allerlei Nuditäten versehenen Italowestern der etwas derberen zunft erwartet, der liegt vollkommen daneben. Der als Giovanni Brass 1933 in Mailand geborene Regisseur wurde einem größeren Publikum durch den in der Nazizeit angesiedelten Erotikfilm Salon Kitty und dem "teuersten Porno aller Zeiten" Caligula bekannt und im letzteren Falle auch berüchtigt. Doch auch wenn sich Brass gerade nach zuletzt genannten Werk eher den erotischeren Filmen zuwandte und dabei solche Werke wie dem auch noch relativ bekannteren Paprika - Ein Leben für die Liebe (1989), Miranda (1985) oder vergleichbare Softcore-Streifen schuf, so sollte man auf jeden Fall einen Blick auf dessen Karriere vor den "Schmuddelfilmen" werfen. Brass, der unter anderem als Regieassistent von Roberto Rossellini begann und später zum Schnitt wechselte, machte 1958 als Regisseur erste Übungen mit dem Experimentalfilm Spatiodynamisme, den er zusammen mit Nicholas Schoeffer realisierte, bevor er fünf Jahre später seine erste Einzelarbeit Wer arbeitet, ist verloren ablieferte. Von da an wandte sich Brass trivialeren Themen und Filmen zu, ohne aber doch noch eine gewisse Extravaganz in diese hinein zu bringen. So gilt sein Giallo Ich bin wie ich bin - Das Mädchen aus der Carnaby Street von 1967 als optisch sehr verspielter und experimenteller Vertreter des damals noch jungen Genres, der Aufgrund der losgelösten Verspieltheit seines Regisseurs beinahe schon einen wahren Overkill an optischen Spielereien bietet. Ein Jahr davor entstand mit Yankee sein einzigster Italowestern.

Es ist dabei wirklich sehr schade, dass Brass in diesem Genre nicht mehr Beiträge vorweisen kann. Der immer schon etwas gemächlicher als die Kollegen arbeitende Regisseur, bei dem zwischen seinen Filmen schon mal gut fünf Jahre ins Land gehen können, bietet hier für den aufgeschlossenen Fan des Subgenres einen von seiner Geschichte her sehr konventionellen und doch wieder völlig eigenen und sehr obskuren Vertreter aus dem Reich der Spaghettiwestern. Es sind auch hier wieder seine optischen Spielereien, die Yankee aus der Masse hervorstechen lassen. Schon der Beginn mit seiner etwas holprigen, aber eben so völlig anderen, weil doch recht flotten Schnittfolge weiß hier zu faszinieren und führt den Protagonisten stilsicher ein. Er ist ein Held des Italowestern, wie er im Buche steht. Ein wortkarger Mensch ohne näher bekannte Vergangenheit, ein Vagabund dessen Lebensaufgabe es nur zu sein scheint, den großen wilden Westen abzureiten und den Bösewichter der Regionen ein Bein zu stellen. Er ist trotz seiner angenehmen Erscheinungsart ein mit allen Wassern gewaschener Haudegen, der auch aus der größten Gefahr einen Ausweg findet und zudem unsagbar sicher mit dem Schießeisen umgehen kann. Man merkt, hier haben Figuren wie Clint Eastwoods Charaktere in Leones Dollar-Trilogie oder Franco Nero als Django klar Pate gestanden. Aber man schafft es, den Yankee nicht nur als bloße Kopie dieser Figuren darzustellen. Gerade auch durch die ungewöhnliche Weise, wie Brass seine Geschichte schildert, wird dieser namenlose Fremde trotzdem zu einem völlig eigenständigen Charakter.

Das könnte auch am Schauspieler selbst liegen, wird der titelgebende Yankee vom Franzosen Philippe Leroy dargestellt, einem wahren Veteranen des italienischen Genrefilms, den man unter anderem auch noch im Poliziottescho Milano Kaliber 9 (1971), dem von Sergio Martino gedrehten späten Italowestern Mannaja - Das Beil des Todes (1977), dem Abenteuerdrama Das Wilde Auge (1967) oder auch dem Bud Spencer-Streifen Hector, der Ritter ohne Furch und Tadel (1976) bewundern kann. Auch Leroy besitzt wie viele seiner Kollegen ein markiges Gesicht, dass ihn dazu prädestiniert, einen Helden des wilden Westens darzustellen, besitzt dabei aber eben auch eine gewisse Ausstrahlung, mit der andere nicht aufwarten können. Brass spielte eben nicht nur mit der Optik des Films an und für sich, sondern auch mit der seiner Figuren. So hängt Leroys Pistolengürtel eigentlich viel zu tief und auch sein Hut ist - wie übrigens auch der seines Gegenspielers - doch etwas zu groß geraten. Zudem erinnert auch die Kleidung des Yankees nicht an das abgewetzte einiger anderer Nomaden, sondern eher entfernt an Gentlemen wie Sartana.

Doch Brass sprengt das herkömmliche Figurenbild allein auch schon durch seinen Inszenierungsstil. Nicht nur, dass Yankee fast schon am laufenden Band mit ungewöhnlichen Einstellungen wie Frosch-, Vogel oder anderen verzerrten Perspektiven aufwartet, auch in Sachen Licht- und Farbgestaltung sowie der Kameraarbeit ist der Film über jeden Zweifel erhaben und bekommt dabei ja schon fast eine unwirkliche aber immer auch dichte Atmosphäre. Was Yankee nun noch abhebt, sind die ständigen kirchlichen Anspielungen, die man den ganzen Film über findet. Das fängt damit an, das Concho mit seiner Bande in einer verfallenen Kirche haust und dieser sich beinahe schon Gottgleich gibt. Diese beeindruckende Performance hat man übrigens Adolfo Celi zu verdanken, der hier wie in vielen anderen Filmen auch eine wirklich sehr gute Leistung an den Tag legt und zusammen mit Kollegen Leroy rein von den mimischen Leistungen her trägt. Wie auch für Concho selbst so sind die Darsteller der Bandenmitglieder eigentlich nur bloßes Beiwerk, auch wenn sie natürlich ebenfalls ihre Sache gut machen. Der leider schon 1986 an einem Herzinfarkt verstorbene Celi war ein sehr wandelbarer und vielseitiger Darsteller, der sowohl in Gialli wie Aldo Lados The Child - Die Stadt wird zum Alptraum (1972), harten Polizeikloppern wie Eiskalte Typen auf heißen Öfen (1975), aber auch in Buñuels Das Gespenst der Freiheit (1974) oder auch dem James Bond-Streifen Feuerball (1966) zu sehen war. Richtig losgelöst gibt er in Yankee diesen wiederwärtigen, gierigen und keine Moral kennenden Bandenführer, der von Bilder sich selbst in seiner Behausung reihenweise an der Wand hängen hat.

Auf einem Thron sitzend und in feinstem, bizarr aussehendem Zwirn gekleidet, herrscht er über seine Bande, die auch einen eigenen Maler und einen Professor verfügt. Erhaben wie eine Gottheit und vollkommen aufgehend in der Macht, die er über seine Kumpanen und seiner weiblichen Liebschaft ausübt. Allerdings ist er auch sehr misstrauisch und gnadenlos und duldet keinen anderen auf seiner Ebene. Sehr schön dargestellt wird die von Concho gelebte Überheblichkeit in der Bildfolge beim Gespräch zwischen ihm und dem Yankee in seinem Domizil. Celi wird ungleich größer durch die Froschperspektive, während Leroy von schräg oben herab gefilmt wird, so dass es aussieht, als würde er vor diesem "Halbgott" knien, obwohl er eigentlich auf einem Schemel vor diesem sitzt. Die kirchlichen und biblischen Anspielungen sind auffällig, allerdings nicht unpassend integriert. Da wird aus goldenen Kelchen getrunken, Leroy im weiteren Verlauf des Filmes gekreuzigt und Celi nimmt mit seinen Kumpanen ein Abendessen ein, dass in seiner Komposition frappierend an das letzte Abendmahl Jesu erinnert. Zudem wird auch in den Dialogen immer wieder Bezug auf dieses Thema genommen, da Himmel und Hölle, Gott und der Teufel immer wieder als Vergleiche bzw. Metaphern herhalten müssen.

Es scheint fast, als würde Brass in manchen Szenen die Leidensgeschichte Jesu immer wieder andeuten und dabei die Rolle des Heiland wahlweise dem Yankee oder auch Concho geben. Während letzterer hier als ein unbarmherziger Diktator dargestellt wird, so fällt die klassische Märtyrerrolle ganz klar auf Leroy. Interessant ist hier auch, das Concho wie einst Jesu von Judas von einem seiner "Jünger" bzw. Bandenmitglieder verraten wird. Und selbst der Sargmacher trägt Kleidung, die ein klein wenig an die Gewänder von Mönche erinnert. Man könnte ja nun schon fast davon sprechen, dass sich Brass fast genauso selbstverliebt wie sein gewalttätiger Bandenchef gibt und sich in den optischen Spielereien verliert und so ganz unrecht hat man damit auch nicht, trotzdem kann man sich dieser Faszination die Yankee ausübt, auch nicht ganz verwehren. Eine dreckige Italowesterngeschichte, zugegebenermaßen nicht gerade frisch, aber wirkich klasse umgesetzt. Brass Erzählstil ist relativ gemütlich, so dass er sich für seine Geschichte Zeit nimmt, dabei aber den etwas mehr actionverliebteren Freunde des Genres etwas vor den Kopft stößt. Trotz einer gewissen Spannungsarmut schafft er es, den Zuschauer bei der Stange zu halten, was eben auf die tolle Bildsprache und Kameraeinstellungen zurückzuführen ist. Sie wird eben langsam aufgebaut und muss eventuell auch bewußt der Optik weichen, so dass man schon fast von einem "Style Over Substance"-Western reden könnte.

Bleibt man aber am Ball so bekommt man einen mehr als nur interessanten Western zu sehen, ungewöhnlich komponiert und trotz dem altbekannten Einzelkämpfer-Motiv größerer Vorbilder genügend Eigenständigkeit beweist. Yankee ist ein Unikat, der für manche wohl etwas zu stark aufgetragene sakrale Elemente mit sich trägt, aber trotzdem bzw. gerade deswegen einen so eigenständig starken Charakter mit sich führt. Diese besondere Mischung aus bekannter, dreckig-düsterer und ins unwirklich-traumhafte abdriftender Atmosphäre und dem handwerklichen zwar etwas rohen, aber durchaus geschicktem Händchen von Tintro Brass macht Yankee zu einem sehr guten Italowestern.

Donnerstag, 3. Dezember 2009

Das Schlitzohr und der Bulle

Ein harter Fall zwingt den Kommissaren Sarti zu ungewöhnlichen Methoden: um ein entführtes Mädchen mit einer schweren Nierenkrankheit, welches dringlichst ärztliche Behandlung benötigt, aus den Fängen des skrupellosen Brescianelli zu befreien, befreit er den kleinen Ganoven Sergio, der von allen nur Maccaroni genannt wird, kurzerhand aus dem Knast. Anfänglich nicht gerade zur Kooperation bereit, kann ihn Sarti unter anderem mit Waffengewalt zur Mitarbeit bewegen. Als nächster Coup kann der toughe Bulle sogar noch ein Trio von Zugräubern unter Mithilfe von Maccaroni dazu bewegen, ihm zu helfen. Doch die Zeit drängt. Brescianelli und seine Helfer verlangen ein zu hohes Lösegeld, welches die Eltern nicht zahlen können und dem Mädchen geht es immer schlechter. Eigentlich läuft die Zeit gegen Sarti und seine Gaunerbande, doch trotzdem versucht es der verbissene Polizist trotz größerer Probleme mit seinen Vorgesetzten und auch seinen sehr ungewöhnlichen neuen Problemen, Brescianelli auf die Schliche zu kommen.

Wenn eine nicht unumstrittene deutsche Rockband mit dem Titel "Nur die Besten sterben jung" einen gewissen Bekanntheitsgrad errungen hat, so muss man der Gruppe attestieren, dass sie nicht ganz unrecht haben. Das unberechenbare Schicksal riss auch den italienischen Schauspieler Claudio Cassinelli viel zu früh aus dem Leben. Während den Dreharbeiten zum Film Fists of Steel verstarb er im Alter von gerade mal 46 Jahren durch einen Hubschrauber-Absturz. Der in Bologna geborene Darsteller war ein wandelbarer Mensch, der es verstand, seinen unterschiedlichen Figuren Leben einzuhauchen und diese durch sein engagiertes Spiel regelrecht dynamisch auf die Leinwand zu bringen. Mitte der 70er Jahre startete er zum damaligen Run der Poliziotteschis, den Action- und Crime-Filmen aus Italien, richtig durch als er in Dallamanos Der Tod trägt schwarzes Leder zum ersten Mal als Polizist in Erscheinung tritt. Den ruppigen Polizisten sollte er nicht nur einmal spielen. Zwar tauchte er danach erstmal noch als Abraham im sehr feministisch gezeichneten, aber auch extrem brutal gezeichneten Exploitationkracher Flavia - Leidenswege einer Nonne auf. Danach folgten noch so einige Poliziotteschi wie Die letzte Rechnung schreibt der Tod, dem sehr vergnüglichen und mitreißenden Morte sospetta di una minorenne oder eben Das Schlitzohr und der Bulle. Danach folgten noch einige Filme verschiedenster Sparten, darunter einige Arbeiten mit dem Morte sospetta...-Regisseur Sergio Martino wie dessen Kannibalenabenteuer Die weiße Göttin der Kannibalen, dem Krokoschocker Der Fluß der Mörderkrokodile oder auch dem Monsterstreifen Die Insel der neuen Monster.

Cassinelli bereicherte mit seinem Können eigentlich jeden Film in dem er mitspielte und so macht auch in Umberto Lenzis Porträt der kleinen Gauner und Fische in der römischen Unterwelt eine außerordentlich gute Figur. Er ist ein unbequemer Mensch, der, wie er es auch öfters innerhalb der Geschichte erwähnt, deswegen auch schon in die tiefste Provinz versetzt wurde. Aber man kennt es ja in den italienischen Poliziotteschi: für die richtig harten Jobs, braucht man eben Männer mit Profil. Doch auch wenn Cassinelli wirklich riesig einen unerbittlichen Cop mimt, der mit seinen Methoden desöfteren aneckt und sowieso schon fast auf der gleichen Stufe wie die von ihm eigentlich bekämpften Gauner steht, so kommt er nicht so wirklich an seinem Kollegen Tomas Milian vorbei. Der durch diverse Italowestern bekannt gewordene, auf Kuba geborene Darsteller, meistert seine Rolle als "Maccaroni" mit beachtlicher bravour. Hier taucht er auch zum ersten Mal in einem Look auf, den Milian später noch in so einigen Filmen auf dem Leib tragen würde. Mit verwegen großem Afro, fransigem Bart und schlabbrigem Blaumann gibt er den stets etwas asozial daherkommenden Gauner, der trotz seiner ruppigen, direkten Art auch einen gewissen Charme und trotzdem ein gutes Herz besitzt.

Milian und Cassinelli bilden einen schönen Gegensatz, bei dem sie die Grenzen ihrer Rollen immer wieder aufbrechen und auf der gleichen Stufe stehen. Gerade wenn sich Sarti dann mit den Räubern um Calabrese nochmals aus dem Milieu stammende Helfer dazuholt, werden sein Ton und seine Methoden noch um einiges ruppiger als ohnehin schon. Es wird verprügelt, aufgemischt und sogar Waffengewalt angewandt um seinem Ziel näher zu kommen. Doch durch den Charakter des Maccaroni vermischt sich der von Lenzis Poliziotteschi ohnehin schon sehr brutalen Stil urplötzlich eine Art Gewitztheit und Humor in die ansonst sehr ruppige Geschichte. Auch wenn Lenzi das ursprünglich von Dardano Sacchetti geschriebene Drehbuch nach seinem gutdünken umschrieb, da er den zuerst sehr lustigen Stil von Sacchettis ursprünglichem Entwurf nichts anfangen konnte, blieb trotzdem immer noch genug Humor übrig. Gerade diese lockere, flapsige Art von Maccaroni verbunden mit dessen verschiedensten Verkleidungen wie einem Schäfer, Pater oder auch einem Maler erscheint im ersten Moment etwas ungewöhnlich, bringt aber auch gesunde Abwechslung in die Geschichte. Gerade zum Beispiel die Aktion von Maccaron und Sarti, sich als Maler verkleidet in ein Gefängnis einzudringen um Infos über den Aufenthalt von Brescianelli von einem Inhaftierten zu holen, ist wirklich sehr toll umgesetzt und zeigt, wie locker Lenzi von unterhaltsamen zu gewaltsamen Szenen umschalten kann.

Zwar nicht so oft zu erblicken, aber dennoch sehr solide agierend, ist Henry Silva in seiner Rolle als Obermufti und Entführer. Der Mann mit dem teils eisernen Gesichtsausdruck verkörpert einen eiskalt berechnenden Mann, der ohne jegliche Gnade seinen Willen im Entführungsfall durchsetzen will und auch nicht davor zurückschreckt, den angeblichen Bruder Maccaronis als Warnung erschießen zu lassen. Ohne mit der Wimper zu zucken jagt Lenzi den Zuschauer auch durch die Geschichte, die unglaublich straight mit durchgetrenem Gaspedal erzählt wird, um wirklich kaum Zeit zum Verschnaufen bietet. Große Zeitsprünge innerhalb der Handlung und grobe Schnitte erzählen das Geschehen fast schon im Zeitraffer. Trotzdem gelingt es Lenzi allerdings auch, eine gewisse Atmosphäre aufzubauen. Gehetzt mag sie wirken, verfehlt aber nicht ihre Wirkung. Man merkt auch sofort, dass die Geschichte von Das Schlitzohr und der Bulle, also der Entführungsfall, eigentlich nur ein Aufhänger für etwas völlig anderes ist. Die Polizeiarbeit rückt in den Hintergrund, selbst der eigentlich sehr präsente Cassinelli macht hier Platz für die Darsteller-Kollegen, welche die "böse" Gegenseite darstellt. Allen voran wieder die Figur des Maccaroni zeigt, dass hier der Fokus eher auf den kleinen Fischen unter den Gaunern liegt. Sie nehmen einen großen Teil des Films ein und so sind auch die Figuren der Räuber Calabrese, Vallelunga und Mario nicht einfach nur Nebenfiguren. Gerade letzterer sorgt noch für einige Konflikte mit Sarti, die dann doch wieder diese Grenze zwischen Polizist und Kleinkriminellen aufzeigt. Auch wenn sie trotz einiger Gegenwehr trotzdem immer zu Sarti halten und diesem helfen, so zeigt Lenzi aber auch eindeutig immer wieder die Seiten auf, zu denen die einzelnen Personen gehören.

So richtig moralisch wird Lenzi da dann natürlich nicht. Seine hier gezeichnete Welt ist - wie in anderen seiner Werke - eine sehr brutale, in der der Stärkere gewinnt und sich durchsetzt. Dem kurzen Aufzeigen, wohin die Personen im von Sarti gebildeten Team gehören - ob zur "guten" oder zur "schlechten" Seite - stehen einige fast schon zweifelhafte Methoden und Szenen gegenüber. Auch wenn Sarti zur Seite der "Guten" gehört, so nimmt er durch den großen Kontakt mit den Gaunern fast schon deren Züge an. So billigt er auch ohne mit der Wimper zu zucken beim Durchsuchen eines Haus, das sein Begleiter sich mit der Haushälterin "vergnügt". Lenzi verliert es zwar durch die etwas episodenhafte Erzählweise nie wirklich aus den Augen, auch die Geschichte voranzutreiben, doch irgendwie entgleitet im bis zu diesem Zeitpunkt wirklich unterhaltsamen Film dann etwas das Finale. Die finale Konfrontation mit Brescianelli ist im Vergleich mit den Versuchen, ihn aufzufinden, eher etwas zu kurz ausgefallen. Einem so fulminanten bzw. rasanten Aufbau sollte ein epischer Showdown zwischen den beiden Männern Sarti und Brescianelli folgen, doch hier schlagen dann Lenzi und Sacchetti eine andere Richtung ein und lassen das ganze relativ unspektakulär verpuffen. Etwas enttäuschend könnte man das nennen, da so ein Film wie Das Schlitzohr und der Bulle irgendwie sowas krachendes zum Schluß braucht. Wenn Lenzi schon wilde Verfolgungsjagden, einige Schießereien, fast schon alltägliche Gewalt auf den Straßen Roms und ähnliches schildert und es noch mit humorigen Szenen würzz, dann sollte eben auch das Finale nochmal so richtig krachen. Schlecht ist es jetzt nicht ausgefallen, aber irgendwie etwas beiläufig.

Dafür zeigt das Ende aber auch nochmal schön das Verhältnis zwischen Macceroni und Sarti auf. Nach all der gemeinsamen Zeit, in der sie sich beide wohl zusammenreißen mussten, scheint wohl schon sowas wie Freundschaft entstanden zu sein. So könnte Das Schlichtohr und der Bulle fast schon ein sehr früher Vorläufer der Buddy-Movies aus Hollywood sein und nicht von ungefähr war er sogar Vorbild bzw. wenigstens Inspiration für so einen: Walter Hill soll die Idee zu seinem Nur 48 Stunden nach dem Anschauen dieses Werks gekommen sein. Durch diese Elemente ist es auch ein eher ungewöhnlicher Poliziotteschi, der zwar die von Fans gewohnten und geliebten Elemente beinhaltet, aber schon von Anfang an einfach etwas anders ist: beginnt er doch tatsächlich eher wie ein Italowestern mit Bildern von Cowboys, Wüste und Co. Ebenfalls erwähnenswert ist auch der sehr mitreißenden Score von Bruno Canfora, der so manche Szene sehr schön untermalt. So ist ein humoriger, und trotzdem sehr harter - wie von Lenzi gewohnt - Poliziotteschi entstanden, der auf ganzer Linie überzeugen kann und vor allem durch das Duo Milian und Cassinelli auftrumpfen kann.

Sonntag, 18. Oktober 2009

Das unheimliche Auge

Früher selbst als erfolgreiches (Nackt-)Modell unterwegs, läßt Gloria nun als erfolgreiche Verlegerin allerlei Nackedeis stilvoll für ihr Magazin Pussycat ablichten, welches sie seit dem Ende ihrer Karriere, die sie nach dem tödlichen Unfall ihres Ehemanns an den Nagel hing, leitet. Zusammen mit ihrer Freundin Evelyn, ihrem Bruder Toni und dem Fotografen Roberto bildet sie das Kernteam des Magazins und kann dank hohen und profitablen Auflagen die Übernahmeangebote ihrer Entdeckerin Flora ablehnen. Dann wird allerdings ihr Fotomodell Kim am Abend nach einem Fotoshooting brutal mit einer Mistgabel erstochen, was von Glorias am Rollstuhl gefesselten und jungen Verehrer Mark beobachtet wird. Da er sie allerdings öfters mit Telefonanrufen belästigt schenkt sie so lange keinen Glauben, bis ihr anonym Fotos von der Toten - abgelichtet vor einem Foto aus Glorias Modelzeiten - zugeschickt werden. Die Polizei um Inspektor Corsi versucht fleißig den Mörder zu finden, doch dieser schlägt immer wieder nach der gleichen Masche zu und gibt allmählich zu verstehen, daß er es eigentlich auf Gloria selbst abgesehen hat.

Somit folgt man nun einem mit einigem 80er Jahre-Hochglanz versehenen und im Reichenmilieu angesiedelten späten Giallo des Mario Bava-Sohnes Lamberto Bava. Wenn Papa schon mit seinem The Girl Who Knew Too Much (1963) und vor allem dem wunderbaren Blutige Seide (1964) dieses überaus langlebige und noch mehr beliebte Genre begründet hat, so musste sich auch Lamberto auch ab und an an dieser sehr italienischen Form des Krimalfilms bzw. später Thrillers versuchen. Doch als Lamberto damit anfing, dem Giallo zu fröhnen, war dessen größte Zeit schon lange vorbei. Durch die angesprochenen, von seinem Vater inszenierten Filme ins Rollen gebracht, wurde die ganzen 60er über immer mehr Werke dieser Art zu produzieren um dann, zu Beginn der 70er bis weit in die Mitte des Jahrzehnts den italienischen und auch internationalen Markt damit zu überfluten. Viel Durchschnittsware war dabei zu finden, doch auch sehr viele wirklich gute oder sogar herausragende Werke solcher Regisseure wie Aldo Lado, Sergio Martino oder vor allem Dario Argento, der sehr schnell mit seinen Filmen in einer eigenen Liga spielte. Bis zum Anfang der 80er wurden dann nur noch hin und wieder Gialli produziert, wie zum Beispiel der Mix aus Tanzfilm- und Giallo Murder Rock von Lucio Fulci oder dem sehr feinen Aquarius - Theater des Todes von Regietalent Michele Soavi. Drei Stück kann Bavas Junior auf seinem Konto verbuchen: dem recht netten A Blade in the Dark (Review) folgte der sehr durchschnittliche Midnight Ripper (Review). Mit seinem letzten Giallo Das unheimliche Auge legte er auch gleichzeitig noch seinen besten Giallo vor.

Dabei kann er vor allem auf ein sehr gefälliges Drehbuch von Gianfranco Clerici und Daniele Stroppa zurückgreifen, welche die Story eines weiteren Gialloveteranen umsetzten. Für diese zeigt sich Luciano Martino, Bruder und Produzent der meisten Filme von Sergio Martino, verantwortlich der auch für dessen Gialli schon öfters die Story ersonnen hat. Zwar hatte Luciano hier vielleicht nicht seinen besten Tag, kann allerdings trotzdem mit einer schönen und vor allem einigermaßen interessanten Geschichte punkten. Wobei man ja schon durch den vorherrschenden Look des Jahrzehnts einige kleine Pluspunkte verbuchen kann. Zwar ist er nicht ganz so stilisiert wie Fulcis Murder Rock, aber trotzdem wird hier mehr als nur einmal der typische Hochglanz der 80er Jahre zelebriert. Der Style ist bei einem Giallo eben nicht ganz unwichtig und stellt sich in manchen Fällen sogar noch vor die Geschichte selbst. Was man mit einem extravaganten Stil alles erschaffen kann, hat Bava oft genug auch schon als Regieassistent bei seinem Vater sehen können. Nun kommt Lamberto zwar nicht wie dieser aus dem Kamerafach, hat dafür aber einen sehr fähigen Mann gefunden, einige schön stylische Einstellungen umzusetzen. Gianlorenzo Battaglia zeigt hier sein können als Kameramann und fängt die gelungene Kombination aus 80er Look in Verbindung mit dem in der Welt der Reichen und Schönen angesiedelten Film in teilweise ebenso schönen Bildern ein. Dabei weiß man auch nie so genau, was man denn bitteschön am tollsten finden soll. Die teils unglaublich protzigen Sets, die typische Kleidung der damaligen Zeit, die noch viel unglaublicheren Frisuren oder aber: die Frauen.

Ein weiterer Kniff des Schreiberteams, um so wohl auch von der in der zweiten Hälfte etwas den Atem ausgehenden Story abzulenken. Das präsentierte Umfeld gibt Bava und seinen Kollegen ja häufig die Gelegenheit, allerlei hübsch anzuschauendes und vor allem nacktes Weibsvolk ansprechend zu präsentieren. Allen voran dabei Hauptdarstellerin Serena Grandi, wohl eines der italienischen Sexsymbole der 80er und 90er Jahre, die desöfteren blank ziehen und ihre üppigen Proportionen in die Kamera halten darf. Bekannt wurde sie durch Horrorfilme und vor allem sehr freizügigen und frivolen Komödien in denen sie auch desöfteren für die männliche Zuschauerschar ihre Reize zeigen musste. Da freut sich dann auch sichtlich Kultdarsteller George Eastman, dessen Rolle irgendwie unnötig erscheint man es aber den Autoren nicht weiter krumm nimmt, sieht man den Hünen doch sowieso recht gerne. Mit einem verschmitzten Grinsen taucht er als Schauspieler Alex, einem Ex-Freund von Gloria, in einem Fellkostüm auf (welches wohl indirekt für seinen im gleichen Jahr entstandenen Barbarenklopper Die Barbaren Werbung macht) und darf dann hin und wieder mal an den üppigen Rundungen der Frau Grandi naschen.

Zumal ist es ohnehin erstaunlich, was Bava hier an weiblichen Darstellern aufbringt. Da wären noch Argento-Gespielin Daria Nicolodi die als Evelyn recht zugeknöpft bleibt, genauso wie das ehemalige Model Capucine, das schon in solch großen Filmen wie Blake Edwards' Der rosarote Panther oder Satyricon von Federico Fellini auftauchte. Zudem darf auch mal Europopsternchen Sabrina Salerno, am besten für ihren Hit "Boys" bekannt, vor die Kamera treten und - wer hätte das gedacht - blank ziehen. Dem gegenüber stehen mit Lino Salemme und David Brandon ebenso bekannte männliche Darsteller vor der Kamera. Ein illustres Aufgebot also, das von Bava recht launig durch die mondänen Sets bewegt wird und für manche Freunde der eher dynamischeren Erzählstruktur etwas zu geschwätzig in den Szenen bleiben. Man nimmt sich Zeit, wohl auch um eben diese feinen Requisiten und Schauplätze ins rechte Licht zu rücken. Doch schafft man es durch fröhliches Stiebitzen einiger Versatzstücke Das unheimliche Auge auch einige Spannungselemente zu schenken. Bestes Beispiel ist hier die Figur des Mark, der durch an dem Rollstuhl gefesselt eine Obsession für seine hübsche Nachbarin Gloria entwickelt und diese am liebsten durch sein Fernrohr beobachtet. Dadurch sieht er auch den ersten Mord und wenn er dann telefonisch Gloria davon in Kenntniss setzt, sie ihm aber erst keinen Glauben schenkt - ZACK! - schon hat man ein wenig von Hitchcocks Das Fenster zum Hof geklaut.

Man hat aber glücklicherweise nicht komplett auf diese meisterliche Vorlage gesetzt, sondern baut eine recht eigenständige Geschichte auf, die bei den Mordszenen allerdings recht argentoesk inszeniert wurde. Die plötzlich auftauchenden Farbspielereien, die die Bilder in rotes und blaues Licht tauchen, erinnern sehr an Argento können allerdings auch durch typische italienische Schrulligkeit aufwarten. So fragt man sich bei den ersten beiden Opfern wirklich, wieso diese für kurze Zeit mit einem riesigen Augapfel als Kopf bzw. einem Wespenkopf auf den Schultern zu sehen sind. Elemente, die dem Film eine sehr eigene Komponente geben, diese aber leider genau so schnell wieder fallen gelassen werden, wie sie aufgetaucht sind. Es ist gerade beim ersten Mord ein sehr überraschender Moment, der eine angenehme Surrealität aufweisen kann und den geneigten Giallofan von allerlei Obsessionen des Killers träumen läßt. Zwar bekommt er diese am Ende wirklich, allerdings werden diese beiden Dinge dann eher außen vor gelassen und mit keinster Silbe erwähnt. Schade, denn in der zweiten Hälfte will bei dem auch als Delirium bekannten Film so mancher Spannungsmoment nur noch schwerlich zünden. Zwar gelingt es Bava besser als bei seinen zuvor gedrehten Gialli, diese aufzubauen, doch die für manche wohl etwas zu schwerfällige Handlung scheint diese etwas zu sehr zu erdrücken.

Viel mehr konzentriert man sich dann auf die leidende Gloria und ihre ebenfalls sehr mitgenommenen Freunde und bewegt sich dann in sehr konventionellen Bahnen, wenn der geheimnisvolle Mörder wieder auftaucht. Wenigstens das Ablichten seiner Opfer vor Fotos der Bedrohten (mit ein wenig Fantasie könnte man hier meinen, daß hierfür der britische Thriller Peeping Tom Pate gestanden hat) bringt hier noch etwas Innovation in die ansonsten doch sehr muffige Geschichte. Es ist nett gemacht, wie Bava hier auch noch die Probleme von Gloria und Co. aufzeigt, doch dem reinen Thrilleraspekt nimmt es doch ein wenig den Pepp. Da hätte man lieber die etwas schrägen Ideen der erste Hälfte weiter verfolgen können. So ist dann vor allem die Szene im leeren Kaufhaus sehr mau ausgefallen und mag irgendwie nicht so richtig passen. Doch man mag sich hier nicht weiter aufregen. Dafür lastet Bava schon viel zu sehr der Ruf eines eher mittelmäßigen Regisseurs an, der niemals an die Klasse seines Vaters herankam. Dies etwas zu veralgemeinert, trotzdem hat er wirklich viel Durchschnitt in der Filmographie stehen. Mit Das unheimliche Auge gelang ihm aber trotzdem ein sehr stimmiger Film, der durch seinen Style und einer doch recht netten Geschichte überzeugen kann.

Diese bietet - ganz giallotypisch - noch eine gehörige Überraschung, die zwar sehr konstruiert wirkt aber dafür in ihrer Wucht wieder ungemein klasse und sympathisch rüberkommt. Da nimmt der Film nochmal etwas an Fahrt auf und kann durch einige weitere schöne Einstellungen im Finale überzeugen. Hinzu kommt, daß hier auch der Soundtrack wirklich gelungen ist, stammt dieser doch von Simon Boswell, dessen bekannteste und beste Arbeit wohl der Soundtrack zu M.A.R.K. 13 - Hardware darstellt. Handwerklich ist der Film mehr als ordentlich und lebt vor allem durch seine glatte 80er Jahre-Präsentation und hätte sogar mit etwas mehr Finesse was Spannungs- und Handlungsaufbau angeht, sogar ein sehr guter Spätgiallo werden können. Unterhaltsam ist Das unheimliche Auge aber allemal, schafft er es doch trotz der geleckten Bilder auch einen gehörigen Sleazefaktor mitzuliefern. Da verzeiht man ihm sogar seine teils etwas träge und vor allem zu konventionelle Art.

Donnerstag, 15. Oktober 2009

Demonia

Man schreibt das Jahr 1486 auf Sizilien, in dem einige Nonnen einem wütenden Lynchmob zum Opfer fallen und in der Gruft ihres Klosters für ihr gar nicht so frommes Leben bestraft werden, indem sie an einige schon parat stehenden Kreuzen (wohl für den Fall der Fälle, immerhin war so eine Lynchaktion im frühen Mittelalter eben eine spontane Sache) genagelt und dort einfach sich selbst überlassen werden. Viele hunderte Jahre später, genauer gesagt im Jahre 1990, plumpst die Archäologiestudentin Lisa während einer Seance vom Stuhl, nachdem sie von schrecklichen Bildern von Nonnen heimgesucht wird. Wie es der Drehbuchautor das Schicksal so will, verschlägt es sie mit ihrem Professor zu Ausgrabungen nach Sizilien. Die Bewohner des Dorfes in der Nähe der Ausgrabungsstätte geben sich den Fremden sehr reserviert und einzig und allein ein alter Kollege des Professors erweist sich dem Team gegenüber als gastfreundlich. Während sich der Rest um die Arbeit kümmert, entdeckt die von ihren Visionen immer noch zutiefst beeindruckte Lisa die Leichen der Nonnen. Die in ihrer Totenruhe gestörten rächen sich fortan als mordlüsterne Geister an Leuten aus dem Team und an Dorfbewohnern, was Lisas Professor zu einem Hauptverdächtigen bei den Ermittlungen der Polizei werden läßt.

"Früher nannten sie meine Kunst Scheiße, heute nennen sie meine Scheiße Kunst!" Ein hartes, verbittert klingendes Urteil eines Mannes, der heute noch, gut dreizehn Jahre nach seinem Tod von einem großen Teil der Horror- und Splatterfanschar verehrt wird für seine blutigen Filmeskapaden. Lucio Fulci, ein Tausendsassa und bekanntester Vertreter des italienischen Genrefilm dessen bekanntesten Werke für besorgte Stirnfurchen bei hiesigen Jugendschützern sorgte. Er hängte Zombies an das Glockenseil, trieb sich in einer Geisterstadt der Zombies herum oder trieb einen irren Mörder mit Donald Duck-Stimme durch New York. Sie sind berühmt-berüchtigt und selbst heute diskutiert man in diversen Foren immer noch angeregt über das Oeuvre des Mannes, der leider vom Fandom zu sehr auf seine ultrabrutalen "Schmodderwerke" aus der ersten Hälfte der 80er reduziert wird. Klar, diese Filme sind mittlerweile zu Kultobjekten aufgestiegen und zählen in seiner Horrorfilmkarriere auch zu seinen besten Werken, doch auch schon früher hat der 1927 in Rom geborene Fulci einige interessante Werke zu bieten. Angefangen im Komödienfach als Autor und später auch Regisseur in Zusammenarbeit mit dem Komiker Toto, zog es ihn zu fast jedem Genre hin.

Bemerkenswert sind da zum Beispiel seine Gialli, von denen er insgesamt fünf Stück inszenierte. Angefangen 1969 mit Nackt über Leichen folgten noch Lizard in a Woman's Skin (1971), Don't Torture A Duckling (1972) und The Psychic (1977). Mitte der 80er schob er zudem auch noch den sehr vom 80er Jahre-Hochglanz geprägten Murder Rock nach, als die eigene Gialli-Welle schon längst wieder abgeebbt war. Diese sind geprägt von inszenatorischen Experimenten, auf die Spitze getriebenen Style und damals im Falle von Don't Torture A Duckling auch sehr kontrovers aufgenommener Thematik. Fulci eckte eben schon immer mit seinen Ansichten an und liebte es wohl auch, zu provozieren. Ungewöhnlich für das vom Katholizismus geprägte Land ist vor allem seine sehr negative Auffassung was die Kirche angeht, was auch in seinem wohl besten und persönlichsten Film Die Nackt und der Kardinal von 1969, in der er die Institution als habgierig, gewalttätig und kaltschnäuzig zeichnet. Anspielungen und Spitzfindigkeiten gegen die Kirche finden sich auch in einigen anderen Werke wieder, wie zum Beispiel auch der Selbstmord des örtlichen Pfarrers in seinem Ein Zombie hing am Glockenseil. Doch gezeichnet von seiner Diabetes ließ der alternde Fulci nach. Er versuchte sich noch in einigen anderen Genres wie dem Barbarenfilm mit Conquest (1983) oder dem Endzeit-Film mit Schlacht der Centurions (1984) die noch als sehenswert durchgehen, doch dann verließen ihn die Kräfte, um nochmals einen richtig guten Film fertigzustellen.

Die Qualität der Filme ging stetig bergab (wobei scharfe Zungen und Kritiker des Mannes nun behaupten würden, daß es damit auch nie bergauf ging) und als absoluter Tiefpunkt gilt ausgerechnet sein als Geschenk an die Splattercommunity gedachter Nightmare Concert, dem jegliche ironischen Ansätze - Fulci spielt darin einen Horror-Regisseur der Aufgrund der vielen Gewaltfilme langsam den Verstand zu verlieren scheint - durch seine konfuse Inszenierung und den Umstand, daß viele Szenen aus anderen von Fulci oder Kollegen inszenierten Filmen in das Werk eingefügt wurden. Ausgerechnet der für das italienische Fernsehen (und von diesem als zu brutal letztendlich abgelehnten) Die Uhr der Grauens (1989) versprüht nochmal ein wenig das oldschoolige Fulci-Feeling. Wenigstens eröffnete ihm der schon angesprochene Nightmare Concert die Möglichkeit, nochmal einige - deutlich kleinere - Horrorfilme zu inszenieren. Direkt nach diesem enstand Demonia, welcher zwar nicht ganz so grausam ausfällt, allerdings auch eher einen bitteren Nachgeschmack beim Zuschauer hinterläßt. Fulci schwächelte in seiner stark angeschlagenen Gesundheit und so fehlt an allen Ecken und Enden die Konzentration auf wesentliche Stärken eines guten Horrorfilms.

Richtig interessant wird es nur zum Beginn, wenn der Lynchmob die Nonnen in die Gruft des Klosters zerrt und diese da an die Kreuze nagelt. Weiß man um die Hintergründe, wie sehr Fulci die Kirche verabscheute, bekommt diese an und für sich auch schon recht plumpe Szenerie auf einmal eine interessante Doppeldeutigkeit, die sich am besten in der Endszene dieses Prologs zeigt, wenn Fulci die leidenden Nonnen am Kreuz zeigt. Wenn da Nägel durch Brustbein und Hände getrieben werden, ist dies wohl auch gleichzeitig seine brutalste und gewaltsamste Abrechnung mit dem Klerus. Das man damit auch sehr gut die von geifernden Splatterfans gewünschte Effekthascherei inszeniert hat, ist ein guter und auch beabsichtigter Nebeneffekt. Demonia ist vor allem das schnelle Cash-In, ein hurtig entwickelter und abgedrehter Film, der mit dem seligen und auch recht gealterten Bernd Schuster-Lookalike Al Cliver einen bei Fans zum Kultdarsteller avancierten, alten Wegbegleiter Fulcis bietet. Demonia ist übrigens auch, dies sei noch kurz bemerkt, dessen bisher letzter Eintrag in der Filmographie. Die alten Film- und Studiostrukturen lagen in Italien in ihren letzten Zügen, was man etlichen in den ausgehenden 80er Jahren entstandenen, kleineren Genreproduktionen anmerkt.

Eine anständige und ansprechende Atmosphäre können diese nicht wirklich vermitteln und so "glänzt" auch Demonia durch einen kalten, unfreundlichen Look der keinerlei Stimmung aufkommen läßt. Viel schlimmer noch: der Spaß und die Freude am Film kommen auch zu kurz, was nach den Credits viel Zeit zum Kopfschütteln bedeutet. Es ist vor allem für Freunde Fulcis ein trauriges Schauspiel, was sich hier bietet. Der von ihm in Zusammenarbeit mit Piero Regnoli geschriebene Film ist völlig unmotiviert umgesetzt worden. Egal ob dies nun das Drehbuch oder das fertige Endprodukt angeht. Ohne größere Erklärungen und Zusammenhang werden hier verschiedene mysteriöse Begebenheiten, gefolgt von blutrünstigen Morden geboten die durch eine dünne Geschichte rund um die von Visionen geplagte Lisa zusammengehalten werden. Dargestellt wird sie von Meg Register, einer Amerikanerin, die es zu keiner Zeit schafft, daß der Zuschauer auch irgendwann im Verlaufe des Films so etwas wie Sympathie zu ihr aufbauen kann. Inbrünstig schaut sie abwechselnd schockiert, gequält und nachdenklich in die Kamera, was allerdings auch schnell für den Mann oder die Frau vorm TVzu einer Qual werden kann. Schauspielerisches Talent kann man nicht ausmachen und so verwundert es nicht, daß die blonde Dame mittlerweile nichts mehr mit dem Medium Film am Hut hat und heute als religiöse und spirituelle Beraterin arbeitet. Man könnte denken, an ihrem Unvermögen vor der Kamera schien schlechtes Karma Schuld zu sein. An ihrer Seite mimt Brett Halsey einen typisch skeptischen Wissenschaftler, der mit strengem Blick seine Studentin anmahnt, sich auf die Arbeit und nicht diesen spirituellen Quatsch wie den Seancen zu konzentrieren. Halsey pendelte übrigens seit Beginn seiner Karriere regelmäßig zwischen dem Heimatland USA und Italien, tauchte er doch in so einigen US-Serien als auch in Italowestern auf. So sahen ihn seine Landsmänner im Seriendauerbrenner General Hospital und so ziemlich jeder angesagten Serie ihrer Zeit, während er in Italien Filme wie Heute ich... morgen Du!, Ein Silberdollar für den Toten oder Drei Halunken und ein Halleluja drehte. Mit Fulci arbeitete er schon in dessen Werken Dämon in Seide und When Alice Broke The Mirror zusammen und war zudem zwölf Jahre lang mit der deutschen Sängerin und Schauspielerin Heidi Brühl verheiratet.

Recht amüsant hingegen ist Lino Salemme, dessen Nachname rein phonetisch fast nach Salami klingt und der deswegen auch den Metzger mimen darf. Somit gibt er einen harten Kerl, der sich wohl zudem wie der Bürgermeister der kleinen Ortschaft fühlt und auch mal bei Lisa kurz in der Gruft vorbeischaut, ihr klar macht das man sie nicht gerne hier sieht und dann wieder geht... wohl um weiterhin sich in seine Metzgerei zu stellen und kryptische Worte zu den restlichen Dorfbewohner zu murmeln und mit hartem Hieb so manches Steak bereitet. Wer dankt es ihm? Keiner. Stattdessen wird er von der mörderischen Rachenonne sogar mit seiner Zunge im Kühlhaus auf den Tisch genagelt und dann schön schockgefrostet. Diese taucht sowieso auf wie es ihr (oder wahlweise den Autoren) beliebt und bringt einige Leute um die Ecke. Hier sieht man sehr schön, wie der Italiener an und für sich mit Logik und Zusammenhängen im Horrorfilm auf Kriegsfuß steht. Man dachte sich halt "Anything goes" doch leider muss man frei nach dem designierten Outdoor-Minister Guido Westerwelle mit einem nüchternen "No, it goes not!" antworten. Sehrwohl funktioniert das Motto in anderen Genres, doch beim Horrorfilm versagt man da schon öfters. Nur wenige Leute bekommen hier die Kurve und gerade bei Fulci sieht es in seinen etwas unblutigeren Filmen desolat aus. Wie schon bei seinem Manhattan Baby, eines der besten Beispiele wie unsäglich kryptisch und überfrachtet ein italienischer Horrorfilm sein kann, passieren hier ohne jegliche Hintergründe und Erklärungen allerlei mysteriöse Sachen.

Dabei zitiert sich Fulci in einer Szene selbst und bietet nach dem angesprochenen Manhattan Baby gleich nochmal eine sehr sinnfreie und brutal umgesetzte Tierattacke. Was im auch als Amulett des Bösen bekannten Film von 1982 die berüchtigte Vogelattacke-Szene am Schluß ist, sind hier die Katzen der alten Frau, die Lisa die ganze Story über die toten Nonnen erzählt. Diese ist übrigens in einigen schwülstigen Rückblenden erzählt, in denen Fulci nochmal zeigt, wie schmutzig Nonnen doch sein können (wobei das einige seiner Kollegen nach dem Erfolg von Ken Russells Die Teufel in so manchen Nunploitationfilmen noch besser hinbekamen). Was folgt, ist eine schier unglaubliche Szene in der die zuerst die als ihre Freunde titulierten Samtpfötchen ganz böse in die Kamera schauen (Whiskas-Entzug?), sie anfauchen und prompt als Biester beschimpft werden. Es folgt der Angriff der Katzen was darin gipfelt, daß die alte Dame nicht einfach so mal kurz ein wenig gekratzt wird, sondern von einem der Tiere den gesamten Augapfel (!) ausgekratzt bekommt. Da durften die Effektemacher zwar nicht wirklich überzeugend, aber dafür so richtig richtig schmoddern, was das Schmodderliebhaberherz zum Überlaufen bringt. Gerade diese herrlich überzogenen Blutszenen sind einige der wenigen Stärken Demonias, der durch die fiese Zweiteilung eines armen Schluckers auch eine in "Gorehoundkreisen" recht bekannte Szene bietet.

Dies und der Umstand, daß sogar (der sichtlich gealterte) Regisseur Fulci selbst vom Regiestuhl abstieg und vor der Kamera als ermittelnder Kommissar agierte, hilft aber nicht, dieses Werk irgendwie aufzuwerten. Demonia ist einer dieser Filme den man sich trotz seiner Unzulänglichkeiten alle Jubeljahre in einem Anfall an Masochismus in den Player schiebt um sich an seinen Schwächen zu ergötzen. Trash im negativsten Sinne, der im Verlaufe der Handlung immer mehr unlogischen Mumpitz bietet. Wenn am Ende die auf einmal sehr nach Lisa aussehende Killernonne mit gelbem Schleim vor und in der Schnauze richtung Kloster stapft, so hat der wohlgesonnenste aber auch nervenschwache Cineast von Nebenan schon mindestens Schaum vorm Mund und sucht krampfhaft nach dem Stop-Knopf auf der Fernbedienung. So etwas wie Schockmomente gibt es nicht und die gewollten entpuppen sich als lahmer Standardfurz des abgesessenen Horrorarsches und der Horror stellt sich in folge dessen auch erst gar nicht ein. Da muss man immer wieder darauf rumreiten, wie unzusammenhängend die Geschichte Demonias ist, wird es einem doch fast zu jeder Minute bewusst. Er stellt ein Ärgernis dar und quält zudem auch durch einen auf einer billigsten Casio-Kopie aus dem hiesigen Aldi eingespielten Soundtrack, der - weswegen auch immer - sogar auf CD veröffentlicht wurde. Guter Wille war mit Sicherheit bei Fulci vorhanden, doch gute Momente und Ansätze sucht man hier vergebens. So bleibt der Film vor allem ein den Fulci-Freund traurig stimmender Schandfleck auf der Filmographie des Italieners und die Bestätigung das der späte Fulci nicht für gute Unterhaltung bürgt. Eher für unterirdischen Trash.

Montag, 12. Oktober 2009

Byleth - Der Dämon mit den blutigen Fingern

Nach gut einem Jahr kehrt Barbara zurück in ihr Elternhaus, in dem schon sehnsüchtig ihr Bruder Lionello auf sie wartet. Die beiden Geschwister verbindet etwas besonders und die Liebe zu einander ist nicht nur rein platonischer Natur. Doch die Rückkehr seiner Schwester stellt Lionello vor eine harte Probe, ist sie doch mittlerweile seit einiger Zeit mit dem galanten Giordano verheiratet und weißt seine Zuneigung zurück. Zutiefst von ihr gekränkt, begegnet er auch dem Schwager von nun an sehr reserviert. Als wäre dies noch nicht genug für das ohnehin sehr sensible Nervenkostüm Lionellos, wird ein Dienstmädchen in ihrem Zimmer ermordet. Der Richter des nahegelegenen Ortes stellt bei seinen Ermittlungen fest, daß Parallelen zu einem Mord an einer Prostituierten bestehen, was die Ausführung der Tat und die Mordwaffe angeht. Zur Ablenkung Lionellos lädt Giordano seine Cousine ein um sie mit ihm zu verkuppeln und gibt diesem auch noch zu Ehren ein Fest, bei dem Barbara per Zufall die Theorie des örtlichen Geistlichen zum Mord mitbekommt. Er geht davon aus, daß Byleth, ein alter Dämon, für die Morde verantwortlich ist. Dadurch wird sie an einen alten Vorfall aus Kindertagen erinnert, bei dem sie ihren Bruder mit Schaum vor dem Mund auf dem Boden liegend vorfand und eben diesen sonderbaren Namen vor sich hinmurmelte. Seine Schwester stellt sich dadurch nun die Frage, ob Lionellos seltsames Verhalten wirklich nur durch die Umstände des Mordes herrühren, oder ob er von dem Dämonen besessen ist.

Seltsam ist dabei auch ein treffendes Wort um den ersten Eindruck zu Byleth zu beschreiben. Nicht uninteressant, allerdings auch nicht wirklich packend oder spannend spinnt hier Regisseur Leopoldo Savona eine Geschichte zwischen mit allerlei Nuditäten versehenem Inzestdrama und seichtem Okkulthorror. Dabei geht Savona sogar so weit und läßt den Film mit einer Szene beginnen, die auch aus einem waschechten Giallo hätte stammen können. Dabei hätte sich der eher mit Italowestern vertraute Regisseur etwas mehr für eine Stilrichtung entscheiden sollen, ist die in Byleth vorherrschende Mischung der Genreversatzstücke nicht gerade ausgewogen. Es ist ein behäbig erzählter Film, der nicht wirklich in die Pötte kommen mag. Die Geschichte versickert in einer trüben Grube voller Langeweile, da die verschiedenen Elemente der Genre nur Ansatzweise vorhanden sind, sich allerdings nicht ein einem Genre vertieft. Um auch dem damaligen, voyeuristischen Bahnhofskinopublikum gerecht zu werden, bleibt Savona mit seinem Stoff vor allem auf der erotischen Ebene hängen.

Der Regisseur, 1922 in Lenola geboren, begann seine Karriere Ende der 40er Jahre mit einer Rolle in der US-Serie Studio One, wechselte allerdings bald hinter die Kamera und trat nur noch gelegentlich vor diese. Er hatte schon einige Jobs wie Choreograph, Produktionsmanager oder auch schon Drehbuchautor inne, als er damit begann, Regieassistent zu werden. Hier waren schon längst die 50er Jahre und die Zeit des Neorealismus angebrochen, so daß Savona an Werken wie Die freudlose Straße, Frauen und Wölfe oder Liebe, Frauen und Soldaten mitwirkte. Der bekannteste Film in seiner Zeit als Regieassistent dürfte dabei der 1961 entstandene Accatone - Wer nie sein Brot mit Tränen aß von Pier Paolo Pasolini sein. Kurz darauf wechselte er selbst auf den Regiestuhl und bewegte sich fortan eher in seichteren Gewässern. Die Hochphase seines Schaffens ist dabei mit der des Italowesterns verbunden, machen diese doch die meisten Einträge in seiner Filmographie aus. Hier war er unter anderem für solche Werke wie Spiel dein Spiel und töte, Joe, El Rocho - der Töter oder Pizza, Pater und Pistolen verantwortlich. In letzterem arbeitete er auch schon mit dem Hauptdarsteller seines Byleth zusammen: Mark Damon. Der Amerikaner hüpfte auch von Genre zu Genre und zählt zu seinen bekanntesten Filmen den Giallo Sieben Jungfrauen für den Teufel, den Italowestern Ringo mit den goldenen Pistolen und der in seinem Heimatland entstandenen Poe-Verfilmung Die Verfluchten von Roger Corman.

Der charismatische und wohl auch bei der Frauenwelt sehr gern gesehene Amerikaner ist es dann auch, der Byleth über weite Strecken der Laufzeit trägt. Nicht nur, daß er seine Filmpartnerin Claudia Gravy überaus gekonnt anschmachtet, auch sein nicht ganz stramm sitzenden Schräubchen in der Oberstube bekommt er zwar mit etwas Overacting, aber dennoch recht gut hin. Doch Damon allein schafft es auch nicht, gegen die ständig vorherrschende Belanglosigkeit anzukämpfen. Byleth ist von vorne bis hinten unspektakulär, bietet dafür aber eine unheimlich dichte Atmosphäre die auch schon durch die gesamten Settings sehr stark an die Hochzeiten des Gothic Horrors erinnert. Zusammen mit dem sich wunderbar in den Hintergrund einfügenden, leicht folkloresken Soundtrack von Vasil Kojukaroff, der leider seine einzigster ist, schwimmt der Film schon nahezu in einer wunderbar entrückten Stimmung. Gerade in Szenen mit Damon und Gravy, die sich mit der verbotenen Liebe zwischen den Geschwistern beschäftigen, wirkt dies sogar angenehm schwülstig. Es scheint, als wäre die Geschichte für Savona Nebensache und er wolle nur mal einige schön ausgeleuchtete Szenen verbunden mit eben dieser dichten Atmosphäre schaffen.

Doch während andere Kollegen damit sogar die dünne Story ihrer Filme vollkommen vergessen lassen und trotzdem lobende Worte für ihre Werke bekommen, reicht dies für Savona nicht ganz. Schöne Bilder und eine tolle Stimmung sind eben nicht alles und wenn man die ganze Spannung lieber vor der Tür läßt, als sie doch mal kurz rein zu bitten, so rächt sich dies. Zwar ohne irgendwelche Längen auskommend, stimmt die Erzählrhythmik von Byleth nicht wirklich. Für einen Giallo bietet er außer der Eingangssequenz viel zu wenig an typischer Thriller- bzw. Krimistory. Auch der Horror ist eigentlich nur mal kurz auf einen Sprung da, wird doch auch der Bezug zu titelgebenden Dämon sehr spät hergestellt. Bleibt die Erotik, welche wohl auch den damaligen deutschen Verleih dazu bewog, den Film unter dem Titel Trio der Lust in die bundesdeutschen Lichtspielhäuser zu bringen. Wobei: selbst wenn die stilvoll eingefangenen, nackten Frauenleiber überwiegen, so richtig passend ist dieser Name auch nicht wirklich. Die suggerierte Menage a troi kommt so nicht wirklich vor und die Lust mag sich ebenfalls nicht einstellen. Auch wenn bei weitem nicht so schlimm wie die räudigsten (S)Exploitationfilme, bleibt es hier eher schundig trotz gewissem (Pseudo-)Niveau.

Es fehlt einfach an Pepp und Schwung und einigen Spannungselementen. Auch einige Wendungen innerhalb der Geschichte hätten Byleth bestimmt gut getan, verläuft diese doch ohne wirkliche große Überraschungen und so benötigt man relativ wenig Hirnschmalz um auf die Auflösung zu kommen, die dann auch recht abrupt eintritt und urplötzlich ist der Film dann auch schon zu Ende. Das kommt dann ein wenig zu ruppig, stört dann allerdings auch nicht weiter. So bleibt man ein wenig Zwiegespalten was den Gesamteindruck angeht, zurück. Eigentlich ist der Film nicht mehr als guter Durchschnitt, kann allerdings durch seine detaillierte Ausstattung und seiner schönen Atmosphäre und dem sehr hörenswerten Soundtrack gefallen. Byleth scheint sich am ehesten für einen langweiligen, gemächlichen Sonntag Nachmittag zu eignen, besitzt dieser doch ebenso diese beiden Eigenschaften.

Mittwoch, 23. September 2009

Neues Splatterday Night Festival am 10.10.

Anfang Oktober geht es in der Landeshauptstadt des Saarlands wieder äußerst rüde und blutig zu. Das bei Genrefans beliebte Splatterday Night Festival, initiiert vom Gory News- und Deadline-Gründer Yazid Benfeghoul, geht in eine neue Runde und bietet am 10. Oktober dabei so manche Premiere.

Zwei Monate vor der DVD-Premiere durch den Anbieter Anolis im Vertrieb von Sunfilm darf man sich die Jack Ketchum-Verfilmung Beutegier zu Gemüte führen. Selbstverständlich Uncut und zudem haben die Veranstalter als Goodie für die Fans noch einige vom Regisseur und Autoren der Buchvorlage signierte DIN A1-Poster zum Film. Weiter geht es dann in die hiesige Amateur-/Independent-Szene mit den Filmen La Petit Mort und Unrated - The Movie. Während ersterer ein weiteres Werk des sehr aktiven, allerdings in der Szene auch sehr umstrittenen Nürnbergers Marcel Walz ist, dürften wenigstens die Effekte einen Großteil der Fans zufrieden stellen. Immerhin legte Genreikone Olaf Ittenbach an diese Hand an. Nicht minder umstritten ist der Hamburger Andreas Schnaas, der durch seine Violent Shit-Trilogie, bei der der Name unumstritten das Programm vorgibt oder Anthropophagous 2000, seinem sehr zweifelhaften Remakes des nicht minder zweifelhaften D'Amato-Schockers Man-Eater, zu zweifelhaftem Ruhm gekommen ist. Für Unrated - The Movie hat er sich mit Regisseur Timo Rose zusammengetan um den Fans ordentlich Blut und Gekröse vorzusetzen.

Zum Abschluß des Abends geht es über den großen Teich um dem US-Slasher Laid To Rest zu fröhnen, der vom Effektmann Robert Hall inszeniert wurde. Los geht der Zauber um 20:00 Uhr und wird bis spät in die Nacht (ca. 03:00 Uhr) dauern. Einlass ist ab 19:30 Uhr, Ort ist wie zuletzt das Cinestar Saarbrücken. Selbstverständlich ist Einlass erst ab 18 Jahren. Der Preis für diesen blutigen Abend beträgt 15 Euro. Zum Abschluß gibt es nochmal eine Übersicht der Filme und deren Handlung:

BEUTEGIER
Eine mehrköpfige Familie wird von einer Kannibalen-Horde überfallen. Der Mutter und ihrem Kind gelingt die Flucht und kämpft sich durch das Dickicht des Waldes. Der Sheriff nimmt sich des Falles an, da er einen ähnlichen Fall 11 Jahre zuvor hatte. Es wird jede Menge weitere Opfer geben.

UNRATED - THE MOVIE
Ein B-Film-Regisseur setzt beim Dreh seines neuesten Films aus Versehen eine ganze Horde schlechtgelaunter Dämonen frei, welche dann ihren Unmut an der Besetzung des Streifens auslassen.

LA PETIT MORT
10 Stunden trennen sie von Sommer, Sonne und Strand. Simon, dessen blinde Freundin Nina und die aufgeweckte Dodo müssen vor Ihrem Abflug nach Mallorca, in Frankfurt umsteigen. Genug Zeit um noch ein paar Sehenswürdigkeiten zu besuchen. Doch nachdem sie von einem Unbekannten ausgeraubt werden, landen sie zufällig im „Maison de la petite mort“, Schauplatz für die abscheulichen Perversitäten und blutgetränkten Spielchen der High Society. Hausherrin Fabienne und Ihre missratenen Töchter Dominique und Angelique bewirtschaften das Etablissement, wo bestialische Folterungen, ekelerregende Morde und Fieberphantasien unheilbar kranker Hirne, unsere Urlauber erwarten. Gibt es für die Drei ein Entkommen aus der Hölle?

LAID TO REST
Ein Mädchen schlägt die Augen auf und sieht erst mal nichts ausser der Innenseite einer gut gepolsterten Kiste. Mit Schrecken stellt sie fest, dass sie sich in einem Sarg befindet und bricht in Panik aus. Mit Mühe kann sie sich schliesslich daraus befreien und taumelt in eine kleine Aufbahrungshalle. Nach einigem Suchen führt die einzig offene Türe in den Leichenbehandlungssaal, wo wiederum, ausser einem grünen, sterilen Operationssaal nur wieder verschlossene Türen auf sie warten. Dies soll sich jedoch bald ändern, denn der Totengräber kommt in die Kapelle und befreit sie aus dem kalten Operationssaal. Viel weiter als bis zum Öffnen der Türe kommt er aber nicht, denn in dem Moment wird er von einem Mann mit einer silbernen Maske aufgeschlitzt...

Mittwoch, 16. September 2009

Nightmare Beach


It's Spring Break-Time! Und so füllen sich die Strände Floridas mit abertausenden von Studenten, die mal so richtig die Sau raus lassen und feiern möchten, als gäbe es kein Morgen mehr. Ronny und Skip sind zwei davon und während Ronny schon mächtig in Partylaune ist, so hat Skip noch sichtlich an seinem Foul zu nagen, welches seinem Football-Team die Finalteilnahme in der Meisterschaft verhagelt hat. Allerdings wird Spring Break im Urlaubsort der beiden Freunde von einer schrecklichen Mordserie überschattet, bei der ein schwarz gewandeter Motorradfahrer die unzüchtigen Jugendlichen gerne mal mit einer überhöhten Voltzahl röstet. Während der Bürgermeister eher um den guten Ruf und weniger Besucher seiner Stadt besorgt ist, hat die Polizei um den rauhen Gesetzeshüter Strycher einen vagen verdächtigen: die örtliche Rockerbande, die den Tod ihres früheren Chefs auf dem elektrischen Stuhl rächen möchte. Als auch Ronny dem Killer zum Opfer fällt und der Bürgermeister diesen weiteren Todesfall vertuscht, macht sich Skip zusammen mit der Kellnerin Gail auf, selbst nach dem geheimnisvollen Mörder zu suchen.

Damit wird aber auch der Zuschauer in eine übergroße Wanne voll mit den verschiedensten Teeniefilm-Klischees der gesamten 80er Jahre geschmissen, an denen man sich in gut neunzig Minuten ergötzen kann. Am Ende dieses Jahrzehnts waren die verschiedensten Wellen an Filmen, welche eine junge Zuschauerschar anzusprechen versuchte schon längt abgeebbt, allerdings bemerkte irgendwo im südlichen Europa - genauer gesagt Europa - der bei Fans allseits beliebte (aber auch berüchtigte und viel diskutierte) Umberto Lenzi, daß er noch keinen Beitrag zu diesem Trend abgegeben hat. Da wurde als mal flüchtig zusammen mit Vittorio Rambaldi ein Drehbuch zusammen geflickt und dies dann äußerst geschickt mit Hilfe amerikanischer Finanzgeber auch sofort in den USA inszeniert. Merkt man in anderen italienischen Produktionen aus dieser Zeit, welche im Land der unbegrenzten Möglichkeiten spielen, die mediterrane Herkunft deutlich an, so schafft es Lenzi hier fast komplett alle Merkmale einer typischen italienischen Produktion gut zu kaschieren. Bemerkenswert, wenn man doch anhand der relativ dünnen Storydecke annehmen kann, daß das Buch wohl relativ hastig und flüchtig geschrieben wurde.

Eine größere Stärke italienischer Genrefilmer war es aber auch schon immer, eine noch so dürftige Handlung mit einer netten Atmosphäre und teils sehr schönen Inszenierung auszustatten, die dem Zuschauer dann trotzdem schmeckt. So auch Nightmare Beach, der mit einem außerordentlich zuckersüßen Titeltrack zu einem tumben, aber spaßigen Filmvergnügen der einfachsten Sorte einlädt. Fein herausgearbeitete Details in der Handlung oder auch bei den Figuren kann man hier nicht erwarten. Der Handwerker Lenzi, der gerade in vielen Werken aus den 70er Jahren aber auch bewiesen hat das er auch grobes Filmgut mit reichlich Qualitäten herstellen kann, präsentiert eine rustikales Filmwerk mit reichlich Plattitüden. Doch gerade hier wird es auch wieder interessant, denn in bester italienischer Manier ist dies auch wieder so übertrieben und überspitzt, was das wuselige Treiben im Film schon wieder interessant macht. Wie typisch für einen Teenie-Horrorschocker der 80er, ist das Protagonistenduo von gänzlich unterschiedlicher Natur. Ronny ist ein dauergrinsender Sonnyboy, der auch schon vor seinem Plan sich die Gehirnzellen mit reichlich Alkohol wegzuballern, wohl nicht allzu viel graue Zellen besitzt. Doch gerade sein unbekümmertes und positives herangehen an Alltagssituationen läßt den von Rawley Valverde dargestellten Charakter zu keinster Weise zu einer Strapaze für das Nervenkostüm des Zuschauers werden.

Anders Nicholas De Toth als sein Kumpel Skip. Ein ruhiger, nachdenklicher junger Mann, der mit seinem braven Auftreten schon nach einigen Minuten reichlich fehl am Platze in diesem Spring Break-Narrenzirkus erscheint. Während die US-Kollegen nun die sichtliche Bedrücktheit und Niedergeschlagenheit des Charakters mit einem schweren Schicksalsschlag wie Tod eines nahen Verwandten oder ähnlichem erklären, macht sich das italienische Autorenduo einen Spaß aus diesem Klischee, daß durch etliche, verwandte Werke bekannt ist. Durch ein Foul, welches seiner Football-Mannschaft den Einzug ins Finale der Meisterschaft kostete, ist der spätere Held des Films so niedergeschlagen. De Toth agiert im übrigen auch so, als hätte er dadurch ein mittelschweres Traume davongetragen, daß selbst die weltbesten Psychoanalytiker nur schwer heilen könnten. Mit dieser ersten Unglaublichkeit präsentiert sich uns Nightmare Beach in seinen ersten Minuten vor allem als ein lauter, greller Film mit ettlichen kleinen Episode aus dem wilden Treiben des Spring Breaks. Lenzi baut hier einfach mal ein paar Running Gags auf, die er dann in gewissen Zeitabständen einfach immer wiederholt. Das beinahe schon voyeuristische dargestellte Spring Break-Treiben wird dann auch ausführlich dazu genutzt, um junge Mädels in knappen Bikinis oder sogar komplett nackig zu zeigen.

Es erscheint zwar als Füllwerk um die Laufzeit des Films etwas nach oben zu korrigieren, allerdings sind die von Lenzi eingebauten Running Gags wie etwa einem Spaßvogel, der die Menschenschar mit allerlei makabren Scherzen "erfreut", einem mächtig überdrehten Dieb oder einer blonden Schönheit, die Männer anspricht und ihnen von ihrer angeblichen Not erzählt um diese dann mit einigen Nettigkeiten etwas zu schröpfen so eingebaut, daß sie später dann Aufgrund ihrer Lasterhaftigkeit ein gefundenes Fressen für den Killer darstellen. Wie in vielen Slasherfilmen der 80er Jahre so ist auch dieser der moralisch gesteuerte Verfechter aufrichtiger Tugenden, um die Sünden der vielen Jugendlichen nicht einfach nur mit erhobenem Finger, sondern gleich mit dem Tod zu bestrafen. Anders als Michael Myers oder auch Jason Voorhees bleibt er dabei allerdings nicht der mystifizierte Boogeyman und ein Instrument eines äußerst konservativen oder auch nur das schnelle Filmgeld machen wollende Filmteams. Spätestens hier wird dann auch wieder die italienische Herkunft doch deutlich. Immerhin schufen die Italiener mit ihren herrlichen Gialli den Vorreiter der mit Carpenters Halloween oder Cunninghams Freitag, der 13. geschaffenen Slasherfilme. Ganz in der Tradition der Gialli (und einiger Slasher) wird hier am Ende die Identität des Killers aufgedeckt.

Einige Zeitgenossen bezeichnen Nightmare Beach ohnehin als einen späten Giallo aus dem Hause Lenzi. Dieser hat in früheren Jahren zum Beispiel mit dem 1974 entstandenen Spasmo, Orgasmo (1968) oder dem in Deutschland als Edgar Wallace-Verfilmung vermarkteten Das Rätsel des silbenern Halbmonds von 1971, u. a. mit "Schätzchen" Uschi Glas in einer Hauptrolle, waschechtere Gialli abgeliefert. So präsentiert sich Nightmare Beach auch Aufgrund seines gesamten Aufbaus eher als Slasher, der allerdings in den Momenten, in denen der Killer auftaucht, etwas mehr Giallo-Elemente nutzt. Alleine schon dessen Outfit - schwarze, enge Lederkluft und Motorradhelm - erinnert an zwei Kollegen: schon in dem Giallo Die Nacht der blanken Messer (1975) und dem Poliziesco/Giallo-Hybriden Der Tod trägt schwarzes Leder (1974) geht ein Mörder in Motorradkluft um. Waren deren Werkzeuge allerdings allerlei Hieb- und Stichwaffengedöns, so ist das Mordwerkzeug in Nightmare Beach gleichzeitig der fahrbahre Untersatz des schwarzen Mannes. Da die Opfer mit dem Motorrad zu überfahren für italienische Verhältniss viel zu langweilig und unspektakulär ist, hat man aus dem heißen Ofen eine Art fahrbahren elektrischen Stuhl gemacht. Der hohe Sitz und einige Elemente der Maschine sind durch einen einfachen Knopfdruck blitzschnell unter Strom geschnellt. Doch auch wenn das Motorrad nicht benutzt wird, wird den unmoralischen Opfern mit Elektrizität, Feuer oder anderem zu Leibe gerückt.

Was Lenzi allerdings ausdrücklich vergessen hat, ist die Spannung. Nightmare Beach ist gänzlich unspektakulär, kommt ohne große und überraschende Wendungen aus und somit ist auch die Identität des Mörders relativ leicht vorauszusehen. Nur in ein bis zwei Szenen schafft es der Italiener, seinem Werk etwas Suspense zu verleihen, doch hält dies nicht lange an. Dafür schafft es der Soundtrack, die Szenen mit dem Killer aufzuwerten. Bestechen doch einige italienische Horrorfilme der 80er Jahre wie Lamberto Bavas Demoni oder Argentos Phenomena, in Spannungsmomenten Songs von damals aktuellen Metal-Bands einzusetzen, geht Lenzi hier einen anderen Weg. Während in normalen Szenen der Sound vom in den 80ern so beliebten Hair Metal von Animal, Rondinelli und anderen Bands durch die Boxen bläst, hat man dann, wenn es drauf ankommt, auf einen Routinier gesetzt: Claudio Simonetti, der Filme entweder allein oder mit seiner Band Goblin soundtechnisch mehr als nur aufgewertet hat, gibt sich auch hier mal wieder die Ehre. Dabei ist das Stück, wenn der Killer auftaucht, äußerst einfach, aber auch recht wirksam. Nicht nur das es schnell ins Ohr geht: es baut die Szenen auch in sofern aus, daß es ihnen mehr Dynamik verleiht. Allerdings wirkt es zum Ende hin doch auch etwas ermüdend aufgrund seines Dauereinsatzes, verliert allerdings nicht an Wirkung.

Wirkung hat auch Nightmare Beach, wenn es jemanden darum geht, sich den Abend mit einem gelungenen Trashfilm zu versüßen. Er ist verglichen mit seinen anderen Werken ein eher mäßiges Produkt Lenzis, welches allerdings genügend Kurzweil mit lustigen Allerlei bietet. Gerade der Umstand, daß so ziemlich jede Figur der Obrigkeit, egal ob der Bürgermeister, ein Arzt oder auch Genreveteran John Saxon als fieser Bulle Dreck am Stecken hat bzw. das Gesetz nicht so genau nimmt, sorgt für gehörig Zunder. Gerade letzterer hat so einige herrliche Szenen zu bieten. Scheint seine Rolle zu Beginn nur deshalb zu existieren, um immer genau im richtigen Moment, wenn es Ärger gibt, urplötzlich mit dem Polizeiauto vorzufahren (es zeugt von einem polizeilichen sechsten Sinn, der den Zores nur so riechen kann), so wandelt sich seine Figur des Strychers zu einem korrumpierten Bullen, der das Gesetz nach seinem Gutdünken auslegt und dabei der verlängerte Arm des nur am durch die vielen Touristen gemachten Profit interessierten Bürgermeisters ist. Die kleine Stadt bzw. deren Bedienstete scheinen versunken im Sündenpfuhl, haben so einiges schmutziges hinter der eigentlichen sauberen Fassade zu verstecken, was auch wieder ein typisches Giallo-Element darstellt. Ist es doch auch dort nicht gerade selten der Fall, daß viele Charaktere nicht gerade die brävsten sind und einige Leichen im Keller haben.

Auch Saxons Konfrontationen mit der örtlichen Rockergruppe sind übrigens kleine Highlights, sind dort doch die eigentlich eher sehr einfachen und drögen Dialoge auf einmal von allerlei seltsamen und kultigen Sprüchen durchzogen. Dabei glänzen de ganzen Darsteller der Rocker, allen voran aber Luis Valderrama als Dawg durch ein Overacting, welches einem nicht gerade selten ein Grinsen ins Gesicht zaubert. Insgesamt sind die mimischen als auch die technischen Leistungen zwischen okayem und unterem Durchschnitt angesiedelt. Zwar ist Nightmare Beach ohnehin nur trashige Film-Fast Food, doch leider agiert das Protagonistenpärchen De Toth und Sarah Buxton etwas zu hölzern. Während Buxton immerhin noch ein hübscher Blickfang ist, nimmt man dem meistens nachdenklich in die Kamera schmachtenden Skip nur selten sein Heldentum abnehmen. Was wohl Herrn De Toth irgendwann dazu bewogen hat, hinter die Kamera zu wechseln und dem Schnitthandwerk zu fröhnen. Immerhin ist dieser nun unter anderem der Cutter von Big Budget-Produktionen wie Into The Blue, Underworld: Evolution oder noch recht aktuell X-Men Origins: Wolverine. Da hätte er sich mal ein Beispiel an John Saxon nehmen sollen, geht er doch in der überzogenen Rolle des ständig fies und schlecht gelaunt dreinschauenden Polizisten ziemlich gut auf.

Während wohl die Mehrheit aufgrund seiner sehr einfach gestrickten Konstruktion wohl schnell mit der weißen Fahne wedeln und aufgeben, so kann doch wenigstens der geneigte Trashfreund Lenzis Nightmare Beach einiges abgewinnen. Booze, Chicks, Sleaze and a little bit of Gore sind hier die Rezeptoren die verbunden mit einer recht dynamischen Umsetzung und einer unverkennbaren, herrlichen 80er Jahre-Atmosphäre dem Werk einige Trashqualitäten schickt. Der Film ist eine einziges 80ies Horrormovie-Best of und könnte, wenn Lenzi die Geschichte etwas spannender und nicht so relativ dröge umgesetzt hätte, sogar ein richtiger Kracher sein. So bleibt für den Italo- und B-Film-erprobten Filmfan ein grobes Stück Film für einsame oder gesellige Trashnächte.

Sonntag, 13. September 2009

District 9

Das Review könnte eventuelle, kleine Spoiler enthalten!


Seit gut zwanzig Jahren schon thront am Himmel der südafrikanischen Hauptstadt Johannisburg ein riesiges UFO. Dessen Insassen stellten sich nach seinem urplötzlichen Auftauchen in der terrestrischen Hemisphäre nicht als feindselige Invasoren, sondern als verwahrloste und hilfebedürftige Kreaturen heraus, die von ihrem Heimatplaneten geflüchtet zu sein scheinen. Aufgrund eines defektes beim Mutterschiff verweilen die außerirdischen Besucher länger als geplant auf der Erde und so stopft sie die südafrikanische Regierung in ein Lager, welches sich in all den Jahren deren Aufenthalts zu einem wahren Ghetto entwickelt. Von den Menschen abfällig als "Shrimps" bezeichnet und nicht im normalen Stadtbild geduldet, vegetieren sie in dem abgeriegelten und scharf bewachten District 9, wie der Bereich genannt wird, vor sich hin. Überwacht werden sie dabei vom Unternehmen MNU, welches versucht, das dortige Geschehen so gut wie möglich zu regulieren. In Verbindung mit im District lebenden, nigerianischen Gesetzlosen herrscht in dem verwahrlosten Gebiet Gewalt, intergalaktische Prostitution, Waffenhandel und illegale Spiele. Als der MNU-Mitarbeiter Wikus Van De Merwe befördert wird und die vom Unternehmen geplante Evakuierung in ein Gebiet weit außerhalb Johannisburgs in Gang bringen will, kommt er bei seiner Inspektion im District mit einer fremdartigen Flüssigkeit in Berührung. Dabei infiziert er sich mit einem Virus, die seine DNS mit der außerirdischen langsam verbindet. Durch diese Tragödie wird der recht naive Wikus schnell vom Jäger zum Gejagten, als sein Chef - der zudem auch noch sein Schwiegervater ist - und der Konzern in ihm einen Schlüssel zur fremdartigen Waffentechnologie sieht. Auf seinem Leidensweg findet Wikus schnell heraus, daß sein einzigsten Halt bei den eigentlich so verhaßten Außerirdischen zu finden ist.

Das Science Fiction-Genre mag sich in keiner Krise zu befinden, macht sich allerdings doch ein wenig rar im Portfolio der Hollywood'schen Traumfabrik. Hier und da bringt man einen Mix verschiedenster Stile auf die Leinwand, das man dann auch bis zu einem gewissen Punkt der Science Fiction-Sparte zurechnen kann, doch bis auf J. J. Abrams Star Trek-Neuauflage gibt es derzeit eigentlich kaum "reinrassige" Science Fiction-Streifen zu bewundern. Geradezu exotisch mutet dann auf einmal District 9 an, zwar auch nicht wirklich reine klassische Science Fiction, aber doch ein erfreulich frischer Wind für den Freund solchen Stoffes. Es bedarf nicht immer eines Weltraumepos, um dieses phantastische Genre wieder in das Gedächtnis der Fans zu bringen. Das Werk des südafrikanischen Regisseurs Neill Blomkamp erscheint sogar gerade zu als willkommene Frischzellenkur, eine kleine aber feine Sensation, die - mächtig durch das Internet gehypt - zu größerem Ruhm gekommen ist, als von den Machern erwartet. Das von Braindead- und Herr der Ringe-Regisseur Peter Jackson geförderte Werk kostete im Vergleich zu anderen Filmbudgets "günstige" 30 Millionen Dollar und entstand durch den Umstand, daß Blomkamp als Regisseur bei der geplatzten Verfilmung des Videogames Halo geplant war. Jackson überließ ihm die genannte Summe und gab dem Regisseur grünes Licht und absolute Narrenfreiheit, was daß Thema das Films anbelangt.

Herausgekommen ist dabei eben jener District 9, die Langfilmversion des 2005 enstandenen Kurzfilms Alive in Joburg, der allein schon durch seinen Schauplatz punkten kann. Nicht etwa die USA oder ein anderes reiches, westliches Land ist der Schauplatz dieses extraterrestrischen Flüchtlingsdramas, sondern das pulsierende und chaotisch wirkende Johannisburg, Hauptstadt von Südafrika, welches dem Film allein dadurch schon eine leichte Exotik schenkt. Vor allem schenkt Blomkamp seinem Werk und dem Zuschauer hier einen kinderleicht zu meisternden Spagat zwischen intelligent inszenierter Parabel und trotzdem explosiven und mitreißendem Unterhaltungskino der gehobenen Klasse, welches gerade festgesteckt auf das Genre der Science-Fiction so einige narrative Standardmuster außen vor läßt und seinen völlig eigenen Weg einschlägt, bei dem man gerne bereit ist, diesen von Anfang bis zu Ende zu gehen. Blomkamp schafft keine atmosphärisch düsteren und dichten Werke wie etwa einen Blade Runner oder eine schon beinahe technoid-kalte bzw. steril anmutende Stimmung, wie man sie etwa beim frühen George Lucas-Werk THX 1138 oder Tron vorfindet. District 9 ist keine futuristische Science Fiction, nennt keinen allzu genauen Zeitpunkt, ist aber tief in unserer Gegenwart verwurzelt und kommt in einem realistischen, nüchternen Stil daher. Dabei erweißt es sich als äußerst passend, daß Blomkamp seinem Film einen dokumentarischen Erzählstil verpaßt hat. Wie von diversen TV-Dokus bekannt, kommen hier Augenzeugen der Geschehnisse bzw. den Protagonisten nahestende Figuren bzw. auch die Protagonisten selbst in Interviewsequenzen zu Wort, eingeblendete Zeitangaben leiten neue Szenen ein und fügen sich wie selbstverständlich in die eigentliche Spielfilmhandlung ein.

Dabei nimmt sich District 9 vor allem auch die Zeit, seine Geschichte aufzubauen und den Zuschauer mit genügend Hintergrundinformationen zu füttern. Er beginnt mit einem sichtlich aufgeregten Wikus, der Probleme beim Anstecken seines Mikrofons hat und läßt durch verschiedene Personen die Geschichte der Aliens seit ihrem Auftauchen Revue passieren. Es zeichnet sich ein rohes Bild der Verhältnisse zwischen den außerirdischen Einwanderern und den Menschen ab, was zu scharfen regularien der "Hausherren" führt und so zu einer Abhandlung des Rassismus- und speziell für Südafrika des Apartheid-Themas im phantastischen Gewand wird. Aus den farbigen Mitmenschen werden hier rüpelhafte Wesen, für die allein schon wegen ihrer Herkunft Knigge für immer ein Fremdwort bleiben wird. Aus der damals in Südafrika vorherrschenden Rassentrennung, die sich auch in den Wohnräumen der verschiedensten Gruppen niederschlug, wird hier das zuerst vorherrschende Grundthema des Films. Der Titelgebende District 9 ist ein von Müll überzogenes Wohngebiet, umzäunt, mit Stacheldraht gesichert und von einem Privatunternehmen scharf bewacht und reguliert. Es scheint fast so, als möchte der Film in der Schilderung der Aliens zu Beginn das damalige Bild der weißen Bevölkerung gegenüber der schwarzen bzw. anderen Rassen aufzeigen. Trotz das es sich um fremdartige und fiktive Wesen handelt, resultieren daraus nicht minder brisante und vor allem aufwühlende und befremdliche Bilder, die trotz ihrer Schrägheit und surrealer Momente immer wieder die damaligen Verhältnisse im südlichsen Land Afrikas im Hintergrund des Zuschauers aufruft.

Hier tritt nun auch die MNU auf den Plan, welche nicht nur der südafrikanischen Regierung die Arbeit mit diesen illegalen Einwanderern abnimmt sondern hierbei auch noch eigene Ziele verfolgt. Das Unternehmen ist zugleich auch noch einer der größten Waffenhändler weltweit und ist vor allem an der fremdartigen Waffentechnologie der Aliens interessiert, die Menschen allerdings nicht für sich nutzen können, da diese mit der Genetik der Außerirdischen verbunden ist. Die MNU und deren Führung, allen voran Wikus Schwiegervater, wird hier als skrupellose Macht dargestellt die weit ab jeglicher ethischen Verhaltensweisen darauf hinarbeitet, ihren Nutzen aus den hilfslosen Kreaturen zu ziehen. Sie pflegen mit den "Shrimps" einen harten, gewalttätigen Umgangston, die militarisierten Truppen werden als durchgedrehte Schießwütige dargestellt die beim kleinsten Aufbegehren einen nervösen Finger am Abzug ihrer Waffen bekommen. Da werden vorschnell Aliens ohne Skrupel erschossen oder illegale Gebärstationen zerstört um die Zahl der Außerirdischen zu regulieren. Das wird dann voller Stolz und mit Selbstverständlichkeit Abtreibung genannt und detailliert von den Personen vor der Kamera erklärt. Durch seinen bereits erwähnten dokumentarischen Touch erhält District 9 so eine ungeheure Wirkung, auch weil hier die gewohnte Erzählweise eines Films aufs mindeste reduziert wird. Dabei geht man nicht den konsequenten Weg einer kompletten Authentizät wie die jüngsten Handkamera-Schocker aus der Horrorschiene á la Cloverfield und Co., schafft aber trotzdem einen angenehm frischen Look und trotz des sich zeitlassenden Erzählstil Blomkamps durch die Kameraarbeit eine Dynamik, die keine Längen aufkommen läßt.

Gerade hier zeigt sich aber auch, daß die zentrale Figur des Films, der MNU-Angestellte Wikus Van de Werde, nichts anderes als ein kleines, für seine Vorgesetzten unbedeutendes Zahnrad in der Maschinerie bzw. eine Marionette in ihrem kleinen Theaterspiel darstellt, die sie gut verstehen zu steuern. Wenig selbstbewußt und nervös erscheint er, als er mit der kompletten Truppe des Unternehmens in den Distrikt einmarschiert, zudem reichlich naiv, was sein Weltbild und Denken angeht. Die Shrimps sind die ungehobelten, unangepaßten und einfach nur gemeingefährlichen Kreaturen, die ohne die Regulierung seines Arbeitsgebers eine Gefahr für uns Menschen darstellt und ein (friedliches) Zusammenleben fast unmöglich macht. Vorurteile und vorgekaute Meinungen bestimmen den jungen Mann, der kaum eine eigene Meinung zu besitzen scheint. Doch im Verlauf des Filmes verwandelt er sich, charakterlich wie auch äußerlich. Beides geht langsam von statten, ersteres noch etwas mehr als die äußerliche Metamorphose, welche durch Wikus in Berühung kommen mit einer fremdartigen Flüssigkeit eingeleitet wird. Ersten Symptomen wie Hustenreiz und Übelkeit folgt eine beeindruckende graphische Mutation, die sogar etwas an Jeff Goldblums Verwandlung in David Cronenbergs Die Fliege erinnert.

An diesem Punkt angekommen, läßt Blomkamp die Metaebene des Films und die ganze Rassenthematik außer acht und widmet sich dafür einem äußerst effektreichen, aber nicht minder uninteressantem Part, der mehr Remineszenzen an actionreichere Science Fiction- oder ähnlichen Werken aus der Phantastik enthält. Wobei er die Thematik nicht gänzlich unter den Tisch fallen läßt sondern eher etwas mehr in den Hintergrund treten läßt. Grade Wikus verzweifeltes Suchen nach einer entsprechenden Methode, seine Mutation rückgängig zu machen, läßt den Protagonisten nicht nur als gänzlich zum Opfer gewordenen darstellen. Er findet unter diesen angeblich so gewalttätigen, rücksichtslosen Kreaturen Helfer, ist allerdings eher um sein eigenes Schicksal besorgt und bekommt so sehr egoistische Züge geschenkt, so daß ihm der Zuschauer meist nicht die komplette Sympathie zukommt. Wobei er allerdings im Gegenzug zu den MNU-Jägern weitaus gewisssenhafter agiert und dabei auch mit in den Medien verbreiteten, gänzlich falschen Fakten zu kämpfen hat. Menschlicher Gegenspieler ist dabei neben dem Schwiegervater auch der Kommandant der militärischen Truppen, eine Figur, wie es sie auch in vielen anderen Filmen gibt und die gerne mit allerlei schwerem Gerät der Waffengattung zu tun hat und nach der Maxime "erst schießen, dann fragen" zu handeln scheint. Blomkamp verläßt sich nach der anfänglichen frischen Motiven auf diverse bekannte dramatische Kniffe, schafft es aber, durch gekonnten Umgang mit dem dem Stoff in narrativer Hinsicht sehr gut Spannung aufbauen kann.

Dem langsamen Aufbau der Geschichte folgt ein entfesseltes Actiongewitter, das fast schon etwas zu ungebremst über den Zuschauer hereinbricht. Wikus hadern mit dem eigenen Schicksal, gejagt von seinem alten Arbeitgeber und mit seiner Flucht in den District auch aufkommende Probleme mit den ansässigen nigerianischen Gangstern versprechen einiges an herben Szenen, wobei die Nigerianer mit ihrem durchgedrehten Chef, welche geschlossen daran glauben, daß die Kräfte der Außerirdischen durch das Verspeisen deren Fleischs in sie übertritt, davon zeugen, daß Blomkamp so viele unterschiedliche Elemente wie nur möglich in den Film einbringen wollte. Diese sind nicht gänzlich unpassend, allerdings in einigen Momenten erst einmal sehr irritierend. So scheinen die nicht sehr gut wegkommende und relativ eindimensional dargestellten Nigerianer vor allem dafür gut zu sein, einige herbere oder actiongeladene Szenen einzuleiten, was eine kleine Durststrecke in Blomkamps Ideenreichtum sein könnte. Es funktioniert aber und beschert District 9 einige wirklich nette Szenen, die effektvoll umgesetzt worden sind. Und trotz seiner zwei Gegensätzlichkeiten, langsam aufgebaute Rassismus-Parabel und knochentrockenem Science Fiction-Actioner muss man dem Werk immer wieder attestieren, daß dies einfach paßt.

Der Spannungsbogen wird akzentuiert aufgebaut und erreicht zu den richtigen Zeitpunkten seine Höhepunkte, die in einem zwar auch recht konventionell aufgebauten, aber auch nicht uninteressanten Finale gipfeln. Hier feuert man wortwörtlich aus allen Rohren und ging es schon zuvor teils nicht gerade zimperlich zur Sache, so haut hier Blomkamp noch eine Kelle drauf, was den Action- als auch Blutgehalt angeht. Selbst hier halten Elemente des Splatterfilms einzug, zerplatzen so einige Körper oder werden Teile von diesen abgetrennt. Es kann auch Zufall sein, doch das Schicksal des MNU-Kommandanten erinnert dabei doch sehr an das sehr ähnliche Ende der Figur des Captain Rhodes aus Romeros Day of the Dead. Man kann die Vorwürfe, daß District 9 zu diesem Zeitpunkt zu sehr auf standardisierte, altbekannte Konstrukte des Action-Kinos baut, nicht gänzlich von der Hand weisen, trotzdem schafft es der Film, über seine ganzen zwei Stunden den Zuschauer bei der Stange zu halten. Egal ob actionreiche Szenen, Wikus verzweifelte Suche nach einem Ausweg aus seinem Dilemma oder die sozialkritischen Untertöne, die Mischung die uns hier Neill Blomkamp auftischt, ist einfach schmackhaft. Fast komplett unkitschig kommt er aus, schwankt dabei zwischen bitterem und Happy Ending und gerade der Schluß, wenn über den Verbleib von Wiku spekuliert wird und das anschließende letzte Bild zeigt nochmal die ganzen stärken von District 9 auf.

Es ist eine ungewöhnliche, frische Mixtur aus Rassendrama, eine Parabel auf die schreckliche Zeit der südafrikanischen Rassentrennungen und Rassismus an sich, darauf - daß fast jeder Mensch nicht gänzlich frei von Vorurteilen gegenüber anderen Rassen ist und zugleich straightes Action-Kino, daß mit seiner tristen Stimmung nicht zu abgehoben daherkommt. Getragen wird der Film nicht nur durch den etwas anderen Erzählstils des Films, sondern auch durch seine sehr gut gelungenen Effekte, der die Shrimps sehr lebendig und faszinierend aussehen läßt und dem wirklich guten Spiel von Sharlto Copley, welcher wohl gemerkt kein ausgebildeter Schauspieler ist. District 9 ist ein sehr guter Science Fiction-Film, zurecht von allen Seiten gehyped und ein klarer Kandidat für die besten Filme des Jahres 2009 der einzig und allein vielleicht daran etwas krankt, daß es Blomkamp bei der Story etwas zu gut gemeint hat und zuviele Ideen auf einmal in das Buch gesteckt hat. Es mag für einige anstrengend oder unpassend erscheinen, doch zu oberflächlich in der zweiten Hälfte auf die Action der Geschichte fokussiert - aber trotzdem im Schicksalsweg von Wiku immer noch dramatisch gefärbt. Dieser Film ist wahrlich mehr als nur einen flüchtigen Blick wert. Herr Blomkamp, daß haben sie wirklich sehr gut hinbekommen.