Ein Treck wird im Tal des Todes vom Banditen El Condor und seinen Kumpanen überfallen und bis auf die blonde Janet über den Haufen geschossen. Da der Mexikaner dem Militär schon länger ein Dorne im Auge ist, setzt man einen fähigen Mann auf diesen an. Der eigentlich schon in Ungnade gefallene und im Gefängnis einsitzende Pat Scotty wird von seinem Onkel, dem General höchstpersönlich, aus dem Knast geholt um sich dann in die Bande von Condor einzuschleichen. Der einem luxoriösen Lebensstil nicht abgeneigten und immer am schnöden Mammon interessierte Scotty willigt ein und wird als vermeintlicher, in der Wüste nach Gold suchendem Gringo von Condor schon beim ersten Aufeinandertreffen in die Bande aufgenommen. In dessem Lager freundet er sich mit der Gefangenen Maja, einem Indianermädchen, an die dann auch noch ein Zünglein an der Waage spielt, als es doch nicht so einfach wie gedacht wird, Condor samt Schergen auszuschalten. Zumal der ebenfalls im Regiment des Generals befindliche Ehemann der gefangen genommenen Janet nach seiner Ehefrau sucht und dies die Lage ebenfalls nochmals etwas kompliziert.
Nur eine ganz so dramatische und spannende Sause ist die Geschichte dann doch nicht. Das mag man kaum glauben, inszenierte Regisseur mit weitaus mehr Elan und weniger Hemmungen den unglaublichen Giallo In The Folds Of Flesh (1970) der auch wohl zu seinem bekanntesten Streifen gehört. Vielleicht war Bergonzelli einfach noch nicht so richtig auf dem Schaffenshöhepunkt angelangt oder hat hier ganz einfach nur seinen Job erledigt. So genau werden wir es nie erfahren, verstarb Bergonzelli doch schon 2002. Der Regisseur, welcher Anfang der 50er Jahre seine Karriere im Filmgeschäft als Darsteller begann, war wie so viele seiner Kollegen in keinem bestimmten Genre zu Hause und versuchte sich überall. Dabei gingen sogar zwei Aufklärungsfilme aufs Konto, während er in der späten Phase seiner Regiekarriere sich eher erotischeren Stoffen widmete. Da schien er bei bereits erwähntem Giallo-Übersleazer auf den Geschmack gekommen sein. Neben Pronto Amigo hat er auch noch einige andere Italowestern vollendet, darunter mit Das letzte Gewehr (1964) einen der ersten in Italien gedrehten Western. Bekanntestes Werk aus dieser Schublade dürfte wohl der 1971 enstandene Sando Kid spricht das letzte Halleluja darstellen, bei dem allerdings auch der geborene Argentinier León Klimovsky seine Finger mit im Spiel hatte.
Bei Pronto Amigo gibt sich Bergonzelli aber recht zugeknöpft. Zurückhaltend wird hier eine Geschichte erzählt, die sich von den üblichen Rachegeschichten oder dem Kampf um den schnöden Mammon abhebt, wobei letzteres schon noch in der Story enthalten ist. Dem Regisseur und seinem Co-Autoren Ambrogio Molteni gelingt es auch, dass die verschiedenenen Elemente des Films zusammen passen und ineinander greifen. Das Hauptaugenmerkt richtet man auf die Beziehung zwischen Scotty und dem mexikanischen Wüstling, lässt allerdings auch die anderen Nebenstränge der Handlung nicht außer acht. Wobei man gegen Ende die dramatische Wendung in der Geschichte um Janet und ihren Ehemann ein wenig schnell abfrühstückt und somit abhakt. Dies erscheint so, als wollte man hier noch ganz schnell - ehe man es vergisst - einen Strich unter diese Sache setzen. Allerdings schafft es das Autorenduo nicht richtig die hohen Vorgaben die man sich vielleicht auch versehentlich gesetzt hat, umzusetzen. Während es andere Filme aus dem gleichen Genre verstehen, ihre beiden ungleichen Protagonisten ins rechte Licht zu rücken und deren Beziehung genaustens zu betrachten und zu analysieren so bleibt Bergonzelli hier schon zu Beginn auf der Strecke liegen.
Hauptdarsteller Bob Henry, für den Pronto Amigo gleichzeitig erster und letzter Film in der Karriere als Darsteller war, gibt einen betont lässigen und coolen Helden, der eher die typischen Züge der Hauptfiguren in klassischen Western aufweist. Auch wenn er wie einige Antihelden späterer Werke aus dem Italowestern wohl eher immer auf den großen Reibach bedacht ist, so trägt er sein Herz doch am rechten Fleck. Dies wird schon mit der ganz sachte auflodernden Beziehung zwischen ihm und der Indianerin Maya angedeutet. Er ist eben ein gütiger Mann, ein Heroe im althergebrachten Stil. Etwas differenzierter geht man es bei El Condor an, auch wenn dies nur Andeutungen sind. Der mit strenger Hand über sein Gefolge herrschende Kerl, der schnell mit roher Gewalt bei der Sache ist, wenn jemand aus der Reihe tanzt, scheint aber auch seine gute Seiten zu haben. Gottesfürchtig ist er und ein wohl umsorgender und liebender Vater, wenn er in Szenen mit seinem Kind zu sehen ist. Außerdem scheint er auch ein ausgemachter Tierfreund zu sein. Doch an und für sich haben wir es dann doch eher mit dem fiesen und gnadenlosen Banditen aus dem Nachbarland der Staaten zu tun.
Etwas ungewohnt erscheint bei diesem übrigens auch die Tatsache, dass der Mexikaner vom chinesischen (!) Darsteller George Wang verkörpert wird. Dabei macht der Schauspieler, welcher auch in ettlichen anderen Italowestern vor der Kamera stand, gar keine so schlechte Figur. Im direkten Vergleich mit seinem Gegenüber Henry geht er sogar als klarer Sieger aus dem Schauspielduell hervor. Wang scheint sichtlich Freude an der Rolle zu haben und stiehlt dem Rest der Belegschaft die Schau, wobei aber auch die anderen Kollegen eine gute Figur machen. Überraschen an Pronto Amigo ist dabei auch, dass in dem ansonsten sehr maskulin geprägten Genre diesmal zwei weibliche Figuren eine größere Rolle spielen. Als verschleppte Janet erleben wir dabei die in anderen Genreproduktionen ansonsten eher freizügiger auftretende Lucretia Love. Zarte Bande mit Held Scotty darf die gar nicht mal schlecht ausschauende Marisa Solas schließen, während im Gefolge der vor allem als Nebendarsteller in einigen Poliziotteschi bekannt gewordene Luciano Catenacci, stilecht mit blankem Schädel, auftaucht. Man macht seine Sache gut, ausreißer gibt es keine zu entdecken. Weder nach oben noch nach unten, was auch im Gesamteindruck von Pronto Amigo dessen Mängel ausmacht.
Bergonzelli hat hier einen Streifen geschaffen, den man als rundum okay betrachten kann, der allerdings keine Glanzstunde des Genres darstellt. Das wohl etwas geringere Budget konnte man gekonnt verstecken und die Settings, in denen der Film vorüberwiegend spielt, sind sogar ziemlich ansprechend geraten. Gerade die von El Condor besetzte Klosterruine weiß zu gefallen und verleiht dem Film noch etwas an Atmosphäre, die ihm wohl ansonsten verlustiert gegangen wäre. Geht man mal vor die Klostermauern, so ist es westernuntypisch ziemlich Grün vor der Haustür und die Wüste erscheint so, als habe man in den Drehpausen von Demofilo Fidani dessen Stammsteinbruch benutzt. Wobei Pronto Amigo bei weitem nicht so sehr nach Low Budget wie dessen Machwerke ausschaut und gegen Ende sogar mit einigen aufwendigen Massenszenen punkten kann, die man so gar nicht erwartet hätte. Da kommt sogar einiges an Action auf, die man sonst eher schmerzlich im Film vermisst und dem Gesamtpaket deutlich gut getan hätte. Der Western fließt wie ein Fluss in ruhigen Morgenstunden an einem vorbei, dann stürmt es ein wenig und ehe man sich versieht ist das ganze auch schon wieder vorbei.
Es ist ein ganz unaufgeregter und unauffälliger Film, der im Reigen der Italowestern irgendwo in der zweiten oder dritten Reihe steht und einem nicht weiter auffällt bzw. den man nach betrachten auch schnell wieder vergessen könnte. Richtig bemerkenswertes bleibt nicht hängen, außer die Tatsache, dass der Film auch nicht übermächtig weh tut. Bergonzelli hätte seinem Film ruhig mehr Biss verleihen können, so kommt Pronto Amigo ein wenig wie abgestandene Limo die an Geschmack und prickeln verloren hat rüber. Da passt sich auch der Score von Gian Piero Reverbi an, der auch recht unbemerkt im Hintergrund vor sich hin dudelt ohne dass er mal ganz prägnant in der Vordergrund tritt. Das ist weder Fisch noch Fleisch was einem Bergonzelli vorsetzt und auch wenn das ganze ein wenig fade erscheint, so war es im Endeffekt dann doch ganz in Ordnung. Mehr aber auch nicht. Verschenkte Möglichkeiten bietet der Film ebenfalls, gerade bei der Beziehung zwischen Condor und Scotty hätte man noch etwas mehr in die Tiefe gehen können, wenn das Gespür dafür vorhanden gewesen wäre. Oder einfach nur etwas mehr Schwung, Pepp und Action - das würde Pronto Amigo auch gut zu Gesicht stehen. Für einmal Anschauen reicht der Film aber dennoch aus. Auch wenn man weiss, dass der Herr Bergonzelli auch anders kann.
Credits
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Donnerstag, 27. Oktober 2011
Sonntag, 23. Oktober 2011
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