Unter dem Banner Strange Cinema lädt man im Union-Studio für Filmkunst in Kaiserslautern, das auf eine mittlerweile hundertjährige Geschichte zurückblicken kann, einmal im Monat, jeden vierten Freitag, dazu ein, Klassiker des Kinos, des Genrefilms oder andere abseitige Werke auf der großen Leinwand zu entdecken. Nachdem ich im letzten Jahr bereits für das interessante Double Feature zu Halloween bestehend aus Hellraiser und The Endless hier im Blog die Werbetrommel rührte, gibt es im noch frischen Jahr 2020 ein kleines und höchst interessantes erstes Highlight zu vermelden.
Am 28. Februar 2020 wird der argentinische Science-Fiction-Film Moebius aufgeführt. Dieser ist die Verfilmung der 1950 entstandenen Kurzgeschichte "A Subway Called Moebius" von A. J. Deutsch und wurde bereits 1992 von Matthias Geschonneck verfilmt. In Moebius verschwindet im unübersichtlichen U-Bahn-Netz von Buenos Aires ein Zug mitsamt der Fahrgäste. Ein junger Mathematiker wird vom Direktor der Bahngesellschaft zur Problemlösung hinzugezogen, um die vom eigenen Streckennetz überforderten Bahnmitarbeitern zu unterstützen und Licht ins Dunkel zu bringen. Nach einiger Zeit der Recherche entwickelt er die Theorie, dass der Zug sich weiterhin auf dem Streckennetz befindet, dabei allerdings in einer anderen Dimension feststeckt. Mit der für die Bahnoberen abstus klingenden Erklärung stößt der Mathematiker leider auf taube Ohren und versucht diese verzweifelt vom Gegenteil zu überzeugen.
Moebius erfuhr einzig 1997 - ein Jahr nach seiner Entstehung - eine Kinoauswertung in Deuschland. Seitdem wurde er weder auf Video, DVD oder Blu Ray veröffentlicht. Gezeigt wird eine 35mm-Kopie des Films. Beginn wird gegen 22:30 Uhr sein; der Eintritt beruht dabei auf Spendenbasis: gezahlt wird, was einem die Sache Wert ist. Die Macher der Reihe und das Kino selbst wären sehr dankbar, wenn vielleicht noch ein Getränk, etwas zu knabbern oder beides noch dazu genommen wird. Wer aus dem näheren oder erweiterten Umkreis wie z. B. der Rhein-Main-Region kommt und die Gelegenheit nutzen möchte, um diesen Science-Fiction-Exoten auf der Leinwand zu genießen, sei herzlich dazu eingeladen!
Credits
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Freitag, 31. Januar 2020
Montag, 27. Januar 2020
It Comes At Night
Inmitten einer sich im Chaos auflösenden Welt erweist sich der Alltag der drei Protagonisten Paul, Sarah und Trevor als gut durchstrukturiert. Die kleine Blase der Drei scheint intakt, soweit der vorherrschende Ausnahmezustand es zulässt. Ein nicht näher benannter Virus grasiert auf dem Globus und rafft die Menschheit gnadenlos dahin. Bei allen hochkriechenden Emotionen beim Verlust von Sarahs Vater verfolgt und betreut Familienvater Paul hochkonzentriert und abgeklärt dessen letzten Minuten. Nach der mit Nachhilfe erfolgten Erlösung erscheint die Beerdigung einer Entsorgung gleich; Der Leichnam wird einige Meter vom Haus der kleinen Familie verbrannt. Inmitten des sonnendurchfluteten Tags und seines friedlichen Eindrucks ist der Tod in jedem Winkel präsent und sitzt dem Trio auf der Lauer. Jeder kleinste Fehler könnte die letzten Stunden des Lebens einläuten, in dem man am Körper versehen mit pestschwarzen Flecken apathisch, umnachtet von der Schwärze des schleichenden Exitus, seinem Ende entgegen dämmert.
Wer erwartet, dass mit der eintretenden Nacht der Schrecken in Gestalt austauschbarer Untoten, schleimiger, Tentakel-bewehrter Monstrositäten oder blutrünstiger, extraterrestrischer Invasoren, auftaucht, der hat falsch kalkuliert. Der Eindringling entpuppt sich als Mensch: Will, der seine kleine Familie viele Meilen zurückgelassen hat, um sich auf die Suche nach Wasser und anderem Proviant zu begeben. Anfängliches Misstrauen und Argwohn hinter sich lassend, geleitet Paul den Fremden zu dessen Behausung um dessen Frau Kim und ihren kleinen Jungen Andrew zu holen um sie bei sich aufzunehmen. Die durchbrochene Blase schließt sich langsam, nimmt die Neulinge auf, Harmonie wächst wie ein zerbrechlich wirkender Ableger einer Pflanze. Auf ihr selbst bleibt ein feiner Riss bestehen; nie versiegende Vorsicht legt sich wie dünne Schicht auf die Stimmung zwischen den Figuren. Größer wird der Riss, als bei den Gastgebern der Verdacht aufkommt, dass einer ihrer Gäste sich mit dem Virus infiziert haben könnte.
Uninteressiert an den üblichen postapokalyptischen Szenarien des Genrefilms mit seinen Killervirus- oder Zombie-Fantasien, nutzt Regisseur Trey Edward Shults zum Aufbau seines Werks grundlegende Formeln des Zombiefilms um dann lieber tief in die kleine, bisher halbwegs intakte Welt seiner Figuren zu blicken. Die beschriebene Extremsituation dient ihm dazu, zu zeigen, wie Menschen innerhalb solcher ihre Kalkül und Beherrschung abgeben. Vielleicht ist It Comes At Night der leiseste Survival-Film aller Zeiten; der sich steigernde Verlust der Contenance um das eigene Überleben um jeden Preis zu gewährleisten gebiert viele unangenehme Szenen, explodiert im Finale in Schockmomente, in denen die kleine Familie und der Zuschauer gewaltig aus ihrer Komfortzone gerissen werden. Nur welchen Preis zahlt man, um in solchen Umständen weiterhin zu bestehen? Shults Film blickt in die das Bild zerfressende Schwärze einer Ungewissheit, die stilistisch die Protagonisten umgibt. Die titelgebende Nacht präsentiert sich als schwerer Schleier, der um die fahlen Lichtquellen der in der dunklen Hütte sich bewegenden Charaktere wie ein Raubtier lauert, zuzuschlagen.
Die Antwort darauf, was in der oder den Nächten kommt, ob es wirklich Monstrositäten in dieser erdachten Welt gibt, bleibt uns Shults schuldig. Viel möchte er nicht erklären. Mit der Ungewissheit, mit der der Film spielt, die seine Figuren umgibt, in der Atmosphäre ständig spürbar ist und in den intimeren Momenten mit Jungspund Travis zu interessanten Augenblicken führt, muss auch der Zuschauer leben. An einigen Stellen lässt It Comes At Night einige Fragen zu viel offen. Vielleicht ein absichtlicher Zug für die Narration des Films, um uns das ansatzweise spüren zu lassen, was seine Charaktere spüren. Zugang erhält man leider nur zu Travis; Paul rückt erst zum Schluss in den Fokus, während Sarah grob umrissen wird und ihre Gäste lediglich der Auslöser für das größere Ganze des Films sind. Durchaus clever behandelt er in seiner ruhig erzählten, sich zuspitzenden Thrillerhandlung die Auswirkung von Isolation, selbst innerhalb des Verbunds der Familie. Travis' Abgrenzung gegenüber seiner Eltern, räumlich durch sein weit im hinteren Teil des Hauses liegenden Zimmers dargestellt, kann als Loslösung des heranwachsenden von diesen als auch als bewusstes ziehen einer Grenze zu diesen interpretiert werden.
Die Welt dieser scheint er nicht an sich heranlassen zu wollen und flüchtet sich aus dem beschwerlichen Alltag heraus ohne es zu schaffen, gänzlich aus diesem auszubrechen. Die existierende Blase des Trios benötigt ihn als funktionierendes Zahnrad im kleinen Getriebe, um die weitere Existenz zu sichern. Die Angst vorm Verlust dieser, Sorgen, egal wie groß oder winzig, Nöte, Gedanken die um existenzielle Fragen kreisen; begleitet vom Zwang des Funktionierens in der großen wie hier kleinen Welt dürfte jedem Zuschauer bekannt sein. In seinen weitgehend guten Momenten schafft es It Comes At Night klar zu machen, was da nun kommt, wenn die Lichter gelöscht sind: eben diese Konstrukte unseres Geistes können zu weitaus beängstigerenden Monstren heranwachsen als praktisch oder mittels CGI kreierte Kreaturen. Endgegner Existenzangst, der ewig präsente Tod, der auch die Familie erschüttert und deren Blase zum Platzen bringt, ist nicht aus unserem Leben auszuschließen. Das ängstigt seit Jahrhunderten und lässt Kreative seit eben dieser Zeiten mittels ihrer Imagination versuchen, dies zu umgehen. Das diese Grundängste im genutzten, beschränkten Raum allgegenwärtig und für den Zuschauer fühlbar sind, macht It Comes At Night zu einem lediglich teils in der Logik und den offenen Fragen bezüglich des World Buildings schwächelnden, sonst sehr sehenswerten Thriller-Drama in einer dystopischen Welt.
Wer erwartet, dass mit der eintretenden Nacht der Schrecken in Gestalt austauschbarer Untoten, schleimiger, Tentakel-bewehrter Monstrositäten oder blutrünstiger, extraterrestrischer Invasoren, auftaucht, der hat falsch kalkuliert. Der Eindringling entpuppt sich als Mensch: Will, der seine kleine Familie viele Meilen zurückgelassen hat, um sich auf die Suche nach Wasser und anderem Proviant zu begeben. Anfängliches Misstrauen und Argwohn hinter sich lassend, geleitet Paul den Fremden zu dessen Behausung um dessen Frau Kim und ihren kleinen Jungen Andrew zu holen um sie bei sich aufzunehmen. Die durchbrochene Blase schließt sich langsam, nimmt die Neulinge auf, Harmonie wächst wie ein zerbrechlich wirkender Ableger einer Pflanze. Auf ihr selbst bleibt ein feiner Riss bestehen; nie versiegende Vorsicht legt sich wie dünne Schicht auf die Stimmung zwischen den Figuren. Größer wird der Riss, als bei den Gastgebern der Verdacht aufkommt, dass einer ihrer Gäste sich mit dem Virus infiziert haben könnte.
Uninteressiert an den üblichen postapokalyptischen Szenarien des Genrefilms mit seinen Killervirus- oder Zombie-Fantasien, nutzt Regisseur Trey Edward Shults zum Aufbau seines Werks grundlegende Formeln des Zombiefilms um dann lieber tief in die kleine, bisher halbwegs intakte Welt seiner Figuren zu blicken. Die beschriebene Extremsituation dient ihm dazu, zu zeigen, wie Menschen innerhalb solcher ihre Kalkül und Beherrschung abgeben. Vielleicht ist It Comes At Night der leiseste Survival-Film aller Zeiten; der sich steigernde Verlust der Contenance um das eigene Überleben um jeden Preis zu gewährleisten gebiert viele unangenehme Szenen, explodiert im Finale in Schockmomente, in denen die kleine Familie und der Zuschauer gewaltig aus ihrer Komfortzone gerissen werden. Nur welchen Preis zahlt man, um in solchen Umständen weiterhin zu bestehen? Shults Film blickt in die das Bild zerfressende Schwärze einer Ungewissheit, die stilistisch die Protagonisten umgibt. Die titelgebende Nacht präsentiert sich als schwerer Schleier, der um die fahlen Lichtquellen der in der dunklen Hütte sich bewegenden Charaktere wie ein Raubtier lauert, zuzuschlagen.
Die Antwort darauf, was in der oder den Nächten kommt, ob es wirklich Monstrositäten in dieser erdachten Welt gibt, bleibt uns Shults schuldig. Viel möchte er nicht erklären. Mit der Ungewissheit, mit der der Film spielt, die seine Figuren umgibt, in der Atmosphäre ständig spürbar ist und in den intimeren Momenten mit Jungspund Travis zu interessanten Augenblicken führt, muss auch der Zuschauer leben. An einigen Stellen lässt It Comes At Night einige Fragen zu viel offen. Vielleicht ein absichtlicher Zug für die Narration des Films, um uns das ansatzweise spüren zu lassen, was seine Charaktere spüren. Zugang erhält man leider nur zu Travis; Paul rückt erst zum Schluss in den Fokus, während Sarah grob umrissen wird und ihre Gäste lediglich der Auslöser für das größere Ganze des Films sind. Durchaus clever behandelt er in seiner ruhig erzählten, sich zuspitzenden Thrillerhandlung die Auswirkung von Isolation, selbst innerhalb des Verbunds der Familie. Travis' Abgrenzung gegenüber seiner Eltern, räumlich durch sein weit im hinteren Teil des Hauses liegenden Zimmers dargestellt, kann als Loslösung des heranwachsenden von diesen als auch als bewusstes ziehen einer Grenze zu diesen interpretiert werden.
Die Welt dieser scheint er nicht an sich heranlassen zu wollen und flüchtet sich aus dem beschwerlichen Alltag heraus ohne es zu schaffen, gänzlich aus diesem auszubrechen. Die existierende Blase des Trios benötigt ihn als funktionierendes Zahnrad im kleinen Getriebe, um die weitere Existenz zu sichern. Die Angst vorm Verlust dieser, Sorgen, egal wie groß oder winzig, Nöte, Gedanken die um existenzielle Fragen kreisen; begleitet vom Zwang des Funktionierens in der großen wie hier kleinen Welt dürfte jedem Zuschauer bekannt sein. In seinen weitgehend guten Momenten schafft es It Comes At Night klar zu machen, was da nun kommt, wenn die Lichter gelöscht sind: eben diese Konstrukte unseres Geistes können zu weitaus beängstigerenden Monstren heranwachsen als praktisch oder mittels CGI kreierte Kreaturen. Endgegner Existenzangst, der ewig präsente Tod, der auch die Familie erschüttert und deren Blase zum Platzen bringt, ist nicht aus unserem Leben auszuschließen. Das ängstigt seit Jahrhunderten und lässt Kreative seit eben dieser Zeiten mittels ihrer Imagination versuchen, dies zu umgehen. Das diese Grundängste im genutzten, beschränkten Raum allgegenwärtig und für den Zuschauer fühlbar sind, macht It Comes At Night zu einem lediglich teils in der Logik und den offenen Fragen bezüglich des World Buildings schwächelnden, sonst sehr sehenswerten Thriller-Drama in einer dystopischen Welt.
Mittwoch, 22. Januar 2020
Nacht der Vampire
Als Nacht der Vampire das erste Mal über die Leinwände der Lichtspielhäuser flimmerte, verkörperte der "spanische Lon Chaney" Jacinto Molina, den meisten unter seinem Pseudonym Paul Naschy besser bekannt, den mit einem Werwolf-Fluch belasteten Waldemar Daninsky bereits zum vierten Mal. Was 1968 mit Die Vampire des Dr. Dracula begann zog sich bis ins Jahr 2004, als Molina für den US-Trash-Vielfilmer Fred Olen Ray in dessen Tomb of the Werewolf nochmal zum tragischen Lykanthrop wurde. Meinen bisher einzigen Berührungspunkt mit Naschys Kult-Figur hatte ich mit dem im Fandom kultisch verehrten Dracula jagt Frankenstein, in dem dessen Figur im allgemeinen Chaos seiner Story etwas untergeht. Ist dieser durch seine bierernste und naiv vorgetragene Sensationsschau durchaus kurzweilig und vergnüglich, betrachte ich den für mich nunmehr ersten reinen Daninsky-Film leider mit gemischten Gefühlen.
Gern würde ich dieses Stück Zelluloid gewordenen Groschen-Schauerroman im Geiste so innig knuddeln wie manchen Vertreter italienischer Zunft oder wie den gothischen Horrorstücken aus den englischen Hammer-Studios anerkennend zunicken. Nur sitzt Nacht der Vampire für mich zwischen den Stühlen. Wobei ich den Ansatz der damaligen spanischen Filmemacher, auch des schmalen Budgets wegen, bekannte Formeln des gothischen Horrors in die Gegenwart zu holen, interessant finde und durchaus mag. Zusammen mit seinem Co-Autoren Hans Munkel zimmerte Molina ein buntes Horror-Mosaik, dessen einzelne Bestandteile merklich locker in ihren Fugen wackeln. Was mit einer Obduktion in der Leichenhalle eines Friedhofs beginnt, bei dem zwei rational denkende Polizeibeamten die Leiche Daninskys untersuchen sollen und diesen in ihrem Tun wieder ins Leben holen, versucht im Verlauf der Geschichte ein breit aufgestelltes Epos zu sein, bei dem nicht nur Werwölfe, sondern auch Vampire eine Rolle spielen.
Die weiblichen Hauptfiguren Elvira und Genevieve sind indes nur dazu da, um sie mit dem nun auf einem Schloss zurückgezogen lebenden Daninsky zu vereinen, als die beiden Studentinnen auf der Suche nach dem Grab der Hexe Wandessa mit dem Auto liegen bleiben und selbstverständlich die angebotene Hilfe des verschlossenen Herren, auf ihrem Schloss unterzukommen, annehmen. Die üblichen tragischen Zufälle führen dazu, dass beim Fund des Grabes eine der Damen sich unglücklich schneidet und das auf das Gerippe der Hexe tröpfelnde Blut diese wenig später wiedererweckt. Die Geschichte nimmt ihren Lauf: die wieder fit durch die spanische Botanik umhergeisternde Vampir-Hexe Wandessa erwächst für die beiden Frauen und ihren Gastgeber zur untoten Bedrohung und zum naiven Horror damaliger Tage gesellt sich eine Liebestragödie zwischen Elvira, die im Taumel ihrer Gefühle zu ihrem Verlobten und zu Waldemar steckt und für das dramatische Finale zum Zünglein an der Waage wird.
Beschaulich wandert die Geschichte auf dieses zu und funktioniert dann am Besten, wenn die von den Machern beabsichtigten Schauwerte auf den Plan gerufen werden. Sobald Naschy in seiner Werwolf-Maske steckt, Wandessa auftaucht, Barbara Capell (Genevieve) oder Gaby Fuchs (Elvira) ins rechte Licht gerückt werden oder sogar alle zusammen aufeinander treffen wird Nacht der Vampire zu einem kurzzeitig vergnüglichen und naiven Kintopp, dass seinen großen Vorbildern aus England oder den Universal-Klassikern der 30er Jahre hoffnungslos kurzatmig hinterher hoppelt. Die dramatische Liebesgeschichte indessen gebiert sich flach; weder Fuchs noch der stoisch agierende Naschy können im Schwulst des Scripts leise Feinheiten erwecken lassen. Regisseur León Klimovsky - auch in anderen Bereichen eher Mann fürs Grobe - schafft es dafür, in den besten Momenten des Films eine annehmbar gothische Atmosphäre zu kreieren.
Verständlich nicht so elegant wie die Créme de la Créme der Hammer-Filme, eher trashig und charmant doof. Davon bietet der Film für durchgehendes Pläsier doch zu wenig. Wenn der Fokus auf die dünne Liebelei zwischen Elvira und Daninsky gesetzt wird oder die Handlung anderweitig vorangetrieben wird, entpuppt sich Regisseur Klimovsky als annehmbarer Imitator des Erzähltempos eines Jess Franco; in diesen Momenten fühlt sich Nacht der Vampire nach Gothic mit dezenten Franco-Vibes ohne die spezielle Tonalität dieser Filme an. Zu wenig ist das auf beiden Seiten: für Freunde traditioneller Gothic Horror-Mären und Liebhaber von durchgehend trashigen Werken. Wäre da nicht die sympathische Naivität und Ernsthaftigkeit, die auch Nacht der Vampire ausstrahlt und dazu führt, dass man dem Film für seine Schwächen nicht gänzlich böse sein kann.
Gern würde ich dieses Stück Zelluloid gewordenen Groschen-Schauerroman im Geiste so innig knuddeln wie manchen Vertreter italienischer Zunft oder wie den gothischen Horrorstücken aus den englischen Hammer-Studios anerkennend zunicken. Nur sitzt Nacht der Vampire für mich zwischen den Stühlen. Wobei ich den Ansatz der damaligen spanischen Filmemacher, auch des schmalen Budgets wegen, bekannte Formeln des gothischen Horrors in die Gegenwart zu holen, interessant finde und durchaus mag. Zusammen mit seinem Co-Autoren Hans Munkel zimmerte Molina ein buntes Horror-Mosaik, dessen einzelne Bestandteile merklich locker in ihren Fugen wackeln. Was mit einer Obduktion in der Leichenhalle eines Friedhofs beginnt, bei dem zwei rational denkende Polizeibeamten die Leiche Daninskys untersuchen sollen und diesen in ihrem Tun wieder ins Leben holen, versucht im Verlauf der Geschichte ein breit aufgestelltes Epos zu sein, bei dem nicht nur Werwölfe, sondern auch Vampire eine Rolle spielen.
Die weiblichen Hauptfiguren Elvira und Genevieve sind indes nur dazu da, um sie mit dem nun auf einem Schloss zurückgezogen lebenden Daninsky zu vereinen, als die beiden Studentinnen auf der Suche nach dem Grab der Hexe Wandessa mit dem Auto liegen bleiben und selbstverständlich die angebotene Hilfe des verschlossenen Herren, auf ihrem Schloss unterzukommen, annehmen. Die üblichen tragischen Zufälle führen dazu, dass beim Fund des Grabes eine der Damen sich unglücklich schneidet und das auf das Gerippe der Hexe tröpfelnde Blut diese wenig später wiedererweckt. Die Geschichte nimmt ihren Lauf: die wieder fit durch die spanische Botanik umhergeisternde Vampir-Hexe Wandessa erwächst für die beiden Frauen und ihren Gastgeber zur untoten Bedrohung und zum naiven Horror damaliger Tage gesellt sich eine Liebestragödie zwischen Elvira, die im Taumel ihrer Gefühle zu ihrem Verlobten und zu Waldemar steckt und für das dramatische Finale zum Zünglein an der Waage wird.
Beschaulich wandert die Geschichte auf dieses zu und funktioniert dann am Besten, wenn die von den Machern beabsichtigten Schauwerte auf den Plan gerufen werden. Sobald Naschy in seiner Werwolf-Maske steckt, Wandessa auftaucht, Barbara Capell (Genevieve) oder Gaby Fuchs (Elvira) ins rechte Licht gerückt werden oder sogar alle zusammen aufeinander treffen wird Nacht der Vampire zu einem kurzzeitig vergnüglichen und naiven Kintopp, dass seinen großen Vorbildern aus England oder den Universal-Klassikern der 30er Jahre hoffnungslos kurzatmig hinterher hoppelt. Die dramatische Liebesgeschichte indessen gebiert sich flach; weder Fuchs noch der stoisch agierende Naschy können im Schwulst des Scripts leise Feinheiten erwecken lassen. Regisseur León Klimovsky - auch in anderen Bereichen eher Mann fürs Grobe - schafft es dafür, in den besten Momenten des Films eine annehmbar gothische Atmosphäre zu kreieren.
Verständlich nicht so elegant wie die Créme de la Créme der Hammer-Filme, eher trashig und charmant doof. Davon bietet der Film für durchgehendes Pläsier doch zu wenig. Wenn der Fokus auf die dünne Liebelei zwischen Elvira und Daninsky gesetzt wird oder die Handlung anderweitig vorangetrieben wird, entpuppt sich Regisseur Klimovsky als annehmbarer Imitator des Erzähltempos eines Jess Franco; in diesen Momenten fühlt sich Nacht der Vampire nach Gothic mit dezenten Franco-Vibes ohne die spezielle Tonalität dieser Filme an. Zu wenig ist das auf beiden Seiten: für Freunde traditioneller Gothic Horror-Mären und Liebhaber von durchgehend trashigen Werken. Wäre da nicht die sympathische Naivität und Ernsthaftigkeit, die auch Nacht der Vampire ausstrahlt und dazu führt, dass man dem Film für seine Schwächen nicht gänzlich böse sein kann.
Freitag, 10. Januar 2020
[Rotten Potatoes #4] Melancholie der Engel
In jüngeren Jahren wäre mein Standpunkt gegenüber Melancholie der Engel eindeutiger gewesen. Obwohl ich mich selbst als aufgeschlossenen Filmliebhaber sehe und damals schon sah, hätte dieser kleine Underground-Film alle konservativen Sinne gereizt, um in einer Besprechung mit dem Holzhammer auf diesen einzuhämmern. Mangels größerem Interesse bisher immer übergangen, wagte ich mich für meine Rundgänge durch den deutschen Genrefilm an den selbsternannten kontroversen Film. Abstreiten möchte ich ihm diese Bezeichnung nicht ganz. Obwohl ich mich zur Zeit seiner Veröffentlichung noch in einschlägigen Horror-Foren rumtrieb, ignorierte ich Threads darüber weitgehend und hakte ihn schnell als nicht meine Interessen ansprechendes Amateur-Filmchen ab, während ein Freund Aufgrund seiner angeblich krassen Bilderfluten in Schwärmereien ausbrach.
Sein Regisseur Marian Dora, ein Schüler Ulli Lommels, watet in seinem Werk zusammen mit Co-Autor und Hauptdarsteller Carsten Frank - der hier das Pseudonym Oliver Frank nutzt - durch menschliches und filmisches extrem und verzichtet weitgehend auf eine schlüssige Handlung. Den Rahmen bildet eine Begegnung der zwei Männer Katze und Brauth, alte Freunde, die über einen Jahrmarkt streifen und die beiden jungen Frauen Melanie und Bianca kennenlernen. Nach deren anfänglicher Ablehnung den beiden Fremden gegenüber, gelingt es den alten Freunden, die Frauen in einen Nachtclub einzuladen um von dort in Begleitung von Anja, welche sich dort der Gruppe anschließt, zu einer alten Hütte, mit der Brauth und Katze Erinnerungen an ihre gemeinsame Vergangenheit verbinden, zu locken. Mit der Ankunft des geheimnisvollen Heinrich und seiner im Rollstuhl sitzenden Begleitung Clarissa gleiten die von Drogen und philosophischen Exkursen dominierten Abende in eine mehrere Tage andauernden, hemmungslosen wie gewalttätigen Orgie ab.
Etwas mehr als zweieinhalb Stunden nimmt Dora den Zuschauer mit auf eine schonungslose Reise menschlicher Verderbtheit. Ohne jemals die Motivation der Figuren zu erfahren, wieso die Figuren zu solchen Taten schreiten, bricht nach einem ruhigen, einlullenden Aufbau ein ewig langer Exzess zwischen ausufernder Gewalt und sexueller Extremen über den Zuschauer herein. Die menschliche Verderbtheit und die düstersten Seiten unserer Existenz ziehen sich ebenso durch Doras Filme wie sein thematischer Fokus auf die Sterblichkeit des menschlichen Individuums. Nachdem der Fall um den "Kannibalen von Rotenburg" Achim Meiwes landesweit die Medien bestimmte, wurden zwei diesen Fall behandelnden Filme produziert. Nachdem der durch eine Klage Meiwes' ewig im Giftschrank gehaltenen Rohtenburg nahm sich Dora dem ganzen mit seinem Cannibal an und lieferte einen durchaus sehenswerten Beitrag ab, der seine exploitative Seite hinter einer nicht uninteressanten, pseudo-anspruchsvollen Fassade verstecken konnte.
Dieses Konzept weiten Dora und Frank in Melancholie der Engel aus; ihre düsteren und verstörenden Visionen versteckt das Duo hinter weichgezeichneten Einstellungen. Das verwendete Material und seine Bearbeitung schenkt dem Film eine dunkle, getrübte Stimmung, welche die schonungslos zur Schau getragene Behandlung des Verfalls der menschlichen Körperlichkeit passend untermalt. Dora scheint besessen, getrieben von dieser Thematik zu sein, die sich bis in sein jüngstes Werk Carcinoma - einer Art düsterem wie krassen Krebs-Splatter-Drama -zieht. Neben der unumgänglichen Sterblichkeit, auf die wir Menschen zusteuern, bedient sich Melancholie der Engel einer rigorosen Darstellung des seelischen und moralischen Verfalls. Dieser Interpretationsansatz des Films und die Deutung seiner (männlichen) Figuren als verschiedene Verkörperungen menschlicher Eigenschaften wird von diesem selbst erstickt. Seine kryptische Chiffre lässt sich einzig von den Schöpfern entschlüsseln. Der - wenn überhaupt vorhandene - tiefere Sinn der gezeigten Flut an Gewalt, sexueller Ausschweifung und Körperausscheidungen bzw. -flüssigkeiten, beschränkt auf einen engen Raum, dessen Ausstaffierung mit für das Horror-Genre üblicher Symbolik des Verfalls überhäuft wurde, bleibt verborgen.
Die pseudo-tiefgründige Erscheinung von Melancholie der Engel raubt ihm die Glaubhaftigkeit, sich mit den angekratzten Themen ernsthaft auseinandersetzen zu wollen. Freunde von Tabubrüchen am laufenden Band dürften dafür ihre helle Freude haben, wenn Dora z. B. in langen Einstellungen künstliche Darmausgänge brutal fingern lässt oder sich die Darsteller ihre Körper gegenseitig mit ihren Ausscheidungen schmücken. Hinzu kommt, dass der Film u. a. durch die an den jungen Frauen ausgeübten Taten nicht ganz frei von misogynen und behindertenfeindlichen Tönen ist, was den Film leider wie eine Umsetzung von in Dora und Frank schlummernder Gewaltfantasien erscheinen lässt. Trauriger Höhepunkt ist die Animal Cruelty, die eine höhere Dichte aufweisen lässt, als mancher italienischer Kannibalenfilm. Zwar beteuerten die Macher, das alles gestellt ist, was man Anhand der Bilder nur schwer bis gar nicht glauben mag. Das traurige ist, dass die beiden dies nicht einmal nötig hätten. Vielleicht möchte man krasser wie die Filme Buttgereits wirken, oder dem amerikanischen Körperflüssigkeiten-Splatters aus dem tiefsten Untergrund nacheifern. Dahingehende Einflüsse sind spürbar, nur bettet man die plumpen Provokationen in ein künstlerisches Bett ohne Substanz. Das angestrebte Slaughtered Vomit Arthouse entpuppt sich als langgezogener Bullshit ohne erkennbaren, tieferen Sinn.
Die Leere hinter der Fassade von Melancholie der Engel lässt die mit der voranschreitenden Laufzeit gezeigten, krasser werdenden Extreme offensichtlich belanglos erscheinen und den Zuschauer fast unbeeindruckt zurück. Weniger verkopfte, um die Ecke philosophierte Symbolik und - soweit das überhaupt möglich ist - sinnvoll eingestreute Exzessivität hätten den Film zu einer Art filmischer Neuer Deutscher Todeskunst formen können, wenn überhaupt jemals die Absicht besteht bzw. bestand, sich ernsthaft innerhalb des Films mit dem steten Verfall von Körper sowie Geist auseinanderzusetzen. Nur sein visueller Stil und der stimmige Soundtrack, der sich auch bei fremden Kompositionen von Gerhard Heinz und dem Schauspieler David Hess (Last House On The Left) bedient, fallen gänzlich positiv auf. Der Rest schreitet bei allen unter der dicken Schicht Dreck und Verfall aufblitzenden, guten Ansätzen auf den tiefen Abgrund der Belanglosigkeit zu. Wäre da nicht die Tatsache, dass mir der Film auch einige Tage nachdem ich in gesehen hatte, im Kopf nachhallte. Leider nicht, weil sein Umgang mit der von Dora und seinem Co-Autoren aufgegriffenen Thematik tief beeindruckte, sondern weil er einen lange ratlos zurücklässt, was denn nun überhaupt der Sinn des Ganzen ist. Wäre früher daraus zu 99 Prozent ein gnadenloser Verriss geworden, zuckt man mittlerweile ratlos die Schultern, was dieser Arthouse-Splatter bar jeden wahren Verstands überhaupt soll.
Sein Regisseur Marian Dora, ein Schüler Ulli Lommels, watet in seinem Werk zusammen mit Co-Autor und Hauptdarsteller Carsten Frank - der hier das Pseudonym Oliver Frank nutzt - durch menschliches und filmisches extrem und verzichtet weitgehend auf eine schlüssige Handlung. Den Rahmen bildet eine Begegnung der zwei Männer Katze und Brauth, alte Freunde, die über einen Jahrmarkt streifen und die beiden jungen Frauen Melanie und Bianca kennenlernen. Nach deren anfänglicher Ablehnung den beiden Fremden gegenüber, gelingt es den alten Freunden, die Frauen in einen Nachtclub einzuladen um von dort in Begleitung von Anja, welche sich dort der Gruppe anschließt, zu einer alten Hütte, mit der Brauth und Katze Erinnerungen an ihre gemeinsame Vergangenheit verbinden, zu locken. Mit der Ankunft des geheimnisvollen Heinrich und seiner im Rollstuhl sitzenden Begleitung Clarissa gleiten die von Drogen und philosophischen Exkursen dominierten Abende in eine mehrere Tage andauernden, hemmungslosen wie gewalttätigen Orgie ab.
Etwas mehr als zweieinhalb Stunden nimmt Dora den Zuschauer mit auf eine schonungslose Reise menschlicher Verderbtheit. Ohne jemals die Motivation der Figuren zu erfahren, wieso die Figuren zu solchen Taten schreiten, bricht nach einem ruhigen, einlullenden Aufbau ein ewig langer Exzess zwischen ausufernder Gewalt und sexueller Extremen über den Zuschauer herein. Die menschliche Verderbtheit und die düstersten Seiten unserer Existenz ziehen sich ebenso durch Doras Filme wie sein thematischer Fokus auf die Sterblichkeit des menschlichen Individuums. Nachdem der Fall um den "Kannibalen von Rotenburg" Achim Meiwes landesweit die Medien bestimmte, wurden zwei diesen Fall behandelnden Filme produziert. Nachdem der durch eine Klage Meiwes' ewig im Giftschrank gehaltenen Rohtenburg nahm sich Dora dem ganzen mit seinem Cannibal an und lieferte einen durchaus sehenswerten Beitrag ab, der seine exploitative Seite hinter einer nicht uninteressanten, pseudo-anspruchsvollen Fassade verstecken konnte.
Dieses Konzept weiten Dora und Frank in Melancholie der Engel aus; ihre düsteren und verstörenden Visionen versteckt das Duo hinter weichgezeichneten Einstellungen. Das verwendete Material und seine Bearbeitung schenkt dem Film eine dunkle, getrübte Stimmung, welche die schonungslos zur Schau getragene Behandlung des Verfalls der menschlichen Körperlichkeit passend untermalt. Dora scheint besessen, getrieben von dieser Thematik zu sein, die sich bis in sein jüngstes Werk Carcinoma - einer Art düsterem wie krassen Krebs-Splatter-Drama -zieht. Neben der unumgänglichen Sterblichkeit, auf die wir Menschen zusteuern, bedient sich Melancholie der Engel einer rigorosen Darstellung des seelischen und moralischen Verfalls. Dieser Interpretationsansatz des Films und die Deutung seiner (männlichen) Figuren als verschiedene Verkörperungen menschlicher Eigenschaften wird von diesem selbst erstickt. Seine kryptische Chiffre lässt sich einzig von den Schöpfern entschlüsseln. Der - wenn überhaupt vorhandene - tiefere Sinn der gezeigten Flut an Gewalt, sexueller Ausschweifung und Körperausscheidungen bzw. -flüssigkeiten, beschränkt auf einen engen Raum, dessen Ausstaffierung mit für das Horror-Genre üblicher Symbolik des Verfalls überhäuft wurde, bleibt verborgen.
Die pseudo-tiefgründige Erscheinung von Melancholie der Engel raubt ihm die Glaubhaftigkeit, sich mit den angekratzten Themen ernsthaft auseinandersetzen zu wollen. Freunde von Tabubrüchen am laufenden Band dürften dafür ihre helle Freude haben, wenn Dora z. B. in langen Einstellungen künstliche Darmausgänge brutal fingern lässt oder sich die Darsteller ihre Körper gegenseitig mit ihren Ausscheidungen schmücken. Hinzu kommt, dass der Film u. a. durch die an den jungen Frauen ausgeübten Taten nicht ganz frei von misogynen und behindertenfeindlichen Tönen ist, was den Film leider wie eine Umsetzung von in Dora und Frank schlummernder Gewaltfantasien erscheinen lässt. Trauriger Höhepunkt ist die Animal Cruelty, die eine höhere Dichte aufweisen lässt, als mancher italienischer Kannibalenfilm. Zwar beteuerten die Macher, das alles gestellt ist, was man Anhand der Bilder nur schwer bis gar nicht glauben mag. Das traurige ist, dass die beiden dies nicht einmal nötig hätten. Vielleicht möchte man krasser wie die Filme Buttgereits wirken, oder dem amerikanischen Körperflüssigkeiten-Splatters aus dem tiefsten Untergrund nacheifern. Dahingehende Einflüsse sind spürbar, nur bettet man die plumpen Provokationen in ein künstlerisches Bett ohne Substanz. Das angestrebte Slaughtered Vomit Arthouse entpuppt sich als langgezogener Bullshit ohne erkennbaren, tieferen Sinn.
Die Leere hinter der Fassade von Melancholie der Engel lässt die mit der voranschreitenden Laufzeit gezeigten, krasser werdenden Extreme offensichtlich belanglos erscheinen und den Zuschauer fast unbeeindruckt zurück. Weniger verkopfte, um die Ecke philosophierte Symbolik und - soweit das überhaupt möglich ist - sinnvoll eingestreute Exzessivität hätten den Film zu einer Art filmischer Neuer Deutscher Todeskunst formen können, wenn überhaupt jemals die Absicht besteht bzw. bestand, sich ernsthaft innerhalb des Films mit dem steten Verfall von Körper sowie Geist auseinanderzusetzen. Nur sein visueller Stil und der stimmige Soundtrack, der sich auch bei fremden Kompositionen von Gerhard Heinz und dem Schauspieler David Hess (Last House On The Left) bedient, fallen gänzlich positiv auf. Der Rest schreitet bei allen unter der dicken Schicht Dreck und Verfall aufblitzenden, guten Ansätzen auf den tiefen Abgrund der Belanglosigkeit zu. Wäre da nicht die Tatsache, dass mir der Film auch einige Tage nachdem ich in gesehen hatte, im Kopf nachhallte. Leider nicht, weil sein Umgang mit der von Dora und seinem Co-Autoren aufgegriffenen Thematik tief beeindruckte, sondern weil er einen lange ratlos zurücklässt, was denn nun überhaupt der Sinn des Ganzen ist. Wäre früher daraus zu 99 Prozent ein gnadenloser Verriss geworden, zuckt man mittlerweile ratlos die Schultern, was dieser Arthouse-Splatter bar jeden wahren Verstands überhaupt soll.