Samstag, 25. Juli 2020

3 From Hell

Vierzehn Jahre nachdem der Firefly-Clan in Gestalt von Baby und Otis zusammen mit dem heruntergekommenen Clowns-Darsteller Captain Spaulding die Filmwelt in The Devil's Rejects unsicher machte und Aufgrund des eigentlich unmissverständlichen Shoot Outs am Ende des Films ein Sequel ausgeschlossen schien, schickt Regisseur Rob Zombie seine Redneck-Familie erneut auf Mordtour. Seine erdachte teuflische Sippe springt wie durch ein Wunder dem Schnitter von der Schippe und überlebt den auf sie niedergeprasselten Kugelhagel, was 3 From Hell seinem Publikum in semi-dokumentarisch gehaltenem Mix aus Nachrichten-Meldungen und Reportagen zu erklären versucht. Mehr noch ist es Zombies Zugeständnis, dass er mehr als wild fluchende und auf gesellschaftliche Normen und Regeln scheißende Rednecks, die ohne Sinn und Verstand durch die Staaten Amok laufen, nichts kann. Was mit dem stilistisch interessanten aber leicht überfrachteten House of 1000 Corpses (Besprechung hier) begann und mit dem bei aller Wildheit weitaus geordneter erscheinenden The Devil's Rejects fortgesetzt wurde, baut der Musiker und Filmemacher nun zu einer Trilogie aus.

Obwohl der Vergleich leicht hinkt, sehe ich Zombies letzten Film als seinen persönlichen Mother of Tears: lange Jahre warteten die Fans auf einen Abschluss von Argentos Drei Mütter-Trilogie und als es dann nach gefühlt unendlicher Zeit des Wartens soweit war, enttäuschte der Italiener mit seinem Abschlussfilm maßlos. Der Unterschied, der den Vergleich hinken lässt: auf 3 From Hell hat (bis vielleicht auf wenige Die Hard-Fans von Zombies Filmschaffen) niemand gewartet. Versöhnten die beiden vorangegangen Werke meine Haltung gegenüber Zombies Gesamtwerk mit meinen erneuten Sichtungen ein Stück weit, hagelt es hier wieder an Minuspunkten. Bei geringer Erwartungshaltung, entstanden durch eindeutig negative Stimmen nach seiner Veröffentlichung in meiner Twitter-Bubble und bei letterboxd, fällt mein Urteil über dieses Werk verglichen mit den bisher darüber verlorenen Worten leicht milder, aber nicht minder negativ aus. 

Beginnt die Aufarbeitung und Erklärung der Geschehnisse direkt nach dem Ende von The Devil's Rejects streckenweise interessant, schimmert deutlich durch, dass Sequels ihre eigenen Gesetze besitzen und in Zombies überdrehten Filmwelten Logik nicht als zwingend notwendig erachtet wird. Vollzieht man am inhaftierten Captain Spaulding die Todesstrafe, ein erzählerischer Kniff um den gesundheitlich bereits stark angeschlagenen Sid Haig schnell aus dem Film zu nehmen, gelingt Otis mit der Hilfe seines von Zombie aus dem Hut gezauberten Warden "Midnight Wolfman" Harper, einem entfernten Verwandten der Fireflys, die Flucht. Zusammen versuchen die beiden Psychopathen, mit der Geiselnahme von Gefängnisdirektor Warden, seiner Frau und einem befreundeten Ehepaar, Baby aus ihrer Haft freizupressen. Nachdem dies gelungen ist, will sich das Trio auf der Flucht nach Mexiko absetzen ohne zu ahnen, dass in dem kleinen Dorf, in dem sie stranden, eine alte Fehde beglichen werden soll, die Otis während seiner Haft entfacht hat.

Zombie spult dabei sein bekanntes Programm herunter, mehr noch: anstatt wirklich etwas neues zu erzählen, variiert er einfach verschiedene Parts des Vorgängers um dazwischen sein übliches B-Movie-Lover-Gehabe in die Story zu kippen. Halbwegs neu im Sortiment ist diesmal die im Stile von Home Invasion-Thrillern geglaubte Art der Inszenierung der Geiselnahme, welche im Kern das Martyrium der Musiker nach ihrem Zusammentreffen mit der irren Sippschaft aus The Devil's Rejects variiert. Dazu kommt Babys Gefängnisaufenthalt in dem der Regisseur für seine Verhältnisse beinahe konservativ das Subgenre des Frauengefängnis-Films in seine White Trash-Welt einbaut und merkt, dass ihm deren schmierige Grundhaltung nicht liegt. In den darin gezeigten Gewaltszenen fühlt er sich wohler, während Babys Duell mit Wärterin Greta, die in lethargischer Gleichgültigkeit von Genre-Ikone Dee Wallace verkörpert wird, dem Film einzig eine längere Laufzeit schenkt und dem Zuschauer einiges an Geduld abverlangt. Nach der Zusammenführung von Baby, Otis und Waren, den Zombie regelmäßig in den Dialogen zwischen ihm und Otis als "Psycho zweiter Klasse" degradiert und ihn wahrhaftig zu einem nervigen und zweitklassigen Charakter werden lässt, läuft der Film aus dem Ruder.

Drittklassig gebiert sich 3 From Hell in seiner Gesamtheit, dessen sattsam bekannte Orgie aus schnöde zelebrierter Hillbilly-Amokfahrt und B-Movie-Spielarten-Flickenteppich dem beschränkten Kosmos des Regisseurs nichts neues hinzufügen kann. Einzig wenn es zum Duell zwischen den mexikanischen Gangstern mit ihren Lucha Libre-Masken und dem Trio kommt und Zombie letztendlich auf seinem wilden Ritt durch die Arten des B-Films beim Italowestern oder Frühwerken von Robert Rodriguez ankommt, weht der heiße Wüstenwind einen Anflug von Spannung in den Film. Es bleibt eine wenig wuchtige Explosion, die aus der Gleichgültigkeits-Trance aufrüttelt, bevor man den bisher letzten Eintrag in der Saga um die Firefly-Familie weniger als würdige Fortsetzung dieser, sondern mehr als krampfhafte Fortführung wahrnimmt, deren Belanglosigkeit präsenter ist als die wenigen guten Momente. Zumindest muss man Zombie zu gute halten, dass er seinem von Beginn seiner Filmkarriere an geschaffenen Stil, den er aus seinem Wirken als Comic-Zeichner und Musiker zwischen Industrial Metal, Alice Cooper und Horror-Punk in diese mitgebracht hat, treu geblieben ist, weil - seien wir da ehrlich - er leider wohl nicht mehr kann oder der Meinung ist, dass sein Publikum nur dafür empfänglich ist. Egal, dass es in seiner Filmographie kleine  Ausreißer aus diesem stark abgegrenzten Gebiet gibt.
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