Man schreibt das Jahr 2019 und auf der Welt hat es ordentlich gerumst: ein großer atomarer Krieg hat die Erde, wie man sie einst kannte, weitgehend zerstört. In der Hoffnung, doch noch irgendwie so etwas wie Zivilisation zu finden, folgen die letzten Überlebenden der Katastrophe einem ominösen Funksignal und ziehen so durch die Lande. Ungefährlich ist das Leben dieser Nomaden allerdings nicht, da es mit mit den Templern eine hochgradig gefährliche, sektenartige Bande gibt. Deren Führer One hat es sich in den Kopf gesetzt, die letzten Reste der Menschheit auszurotten, da diese es nicht weiter wert seien, auf dem Erdboden zu wandeln. Er möchte mit seinen Templern eine neue, bessere Rasse erschaffen. Mit allerlei Gemeinheiten im Kopf macht man so den Leuten das Leben noch schwerer als es ohnehin schon ist und mordet munter durch die Gegend. Dagegen hat allerdings Scorpion etwas. Der ärgste Feind von One, der auch dessen Schergen Shadow und Mako ein Dorn im Auge ist, spuckt den Templern in schönster Regelmäßigkeit in die Suppe. Als Mako, dem Liebling Ones, bei einem Hinterhalt auf Scorpion ins Gras beißt, eskaliert der Konflikt. Nicht nur, dass One es jetzt endgültig auf den Kopf Scorpions abgesehen hat, es gilt zudem auch noch eine größere Gruppe von Nomaden zu schützen, welche ins Visier der Templer geraten sind. Unterstützung erhält Scorpion vom geheimnisvollen Bogenschützen Nadir und einem kleinen Jungen, der handwerklich allerlei auf dem Kasten hat.
Das es dabei nicht gerade langweilig wird und ordentlich zur Sache geht, versteht sich von selbst. Zwischen seinem Endzeit-Doppelschlag The Riffs - Die Gewalt sind wir (1982) und The Riffs II - Flucht aus der Bronx (1983) fand Enzo G. Castellari noch genügend Zeit einen weiteren, in postatomarer Zukunft spielenden Streifen abzudrehen. Dabei schien der aus einer filmisch sehr umtriebigen Familie stammende Regisseur ordentlich Lust und Laune getankt zu haben, stehen doch alle drei Filme für zünftiges Entertainment in einer nicht allzu fernen Zukunft. Teilweise darf man den Italienern eben auch dankbar dafür sein, aus filmischen Trends so schnell und billig wie möglich ein paar Dollar bzw. Lire machen zu wollen. Anfang der 80er war Mel Gibson als Mad Max schon zwei Mal durch die Wüste getigert, wobei seine Abenteuer ebenfalls in einer postatomaren Zukunft angesiedelt waren. Der Erstling von 1979 als auch die Fortsetzung aus dem Jahr 1981 waren von Erfolg gekrönt und in Italien war dann Castellari einer der ersten, der dann die italienische Varianten des Endzeit-Actioners auf die Leinwand brachte.
Anstrengungen, eine eigenständige Geschichte zu entwickeln, hat man hier natürlich nicht gemacht. Italienische Endzeit-Streifen sind meistens Variationen altbekannter Geschichten die entweder bei Mad Max und seinen Fortsetzungen oder später auch beim Schwarzenegger-Vehikel Running Man (1987) abkupfern oder Versatzstücke beider Filme munter miteinander kombinieren. Unter all den kopierten Handlungselementen gab es hier und da aber auch gelegentlich Anwandlungen, eigene Ideen mit einzubringen. Metropolis 2000 bietet sich hier als gutes Beispiel an, erinnerte sich Castellari doch beim Verfassen der Geschichte an seine Zeit, als er auch noch Italowestern machte und brachte Elemente aus diesem Genre ein. Eine Bande, welche friedliche Menschen terrorisiert und denen sich ein Fremder ohne größer beleuchtete Vergangenheit entgegenstellt, hört sich ohnehin schon sehr stark nach Western made in Italy an. Die Namensgebung der Protagonisten scheint so also nicht von ungefähr zu kommen. Für Scorpion könnte man also auch ganz leicht Django oder andere Namen von Western-Helden nehmen, ebenso wie bei dessen Gegenspielern. Man sollte den im Original I Nuovi Barbari betitelten Film aber auch nicht nur als verkappten Spätwestern in futuristischem Gewand ansehen.
Dafür geht Castellari dann doch einen ganz anderen Weg. Grundzüge verschiedener Westerngeschichten sind vorhanden, im Finale blitzt hier und da auch inszenatorisch der Westerneinfluss auf. Alleine dann schon, wenn die Gegenüberstellung von Scorpion und One ganz klassisch wie ein Duell Mann gegen Mann mit für den Western ganz typischen Kameraeinstellungen gefilmt wurde. Eher zeichnet der Sprößling des Regisseurs Marino Girolami (das G. in Castellaris Namen steht übrigens für Girolami) das Bild einer hoffnungslosen, dunklen Welt. Auch wenn dies auf den ersten Blick gar nicht so recht auffallen mag. Immerhin versprüht Metropolis 2000 auch ein ganz starkes 80er Jahre-Feeling, der beim soliden und sehr dynamischen Score von Claudio Simonetti anfängt und in den teils unglaublichen Kostümen und Frisuren der Darsteller mündet. Irgendwo da draußen, in einem nicht näher bekannten Land, soll es noch eine wohl weitgehend intakte Zivilistion geben, von der die Menschen in diesem Film allerdings sehr weit entfernt sind. Die harmlosen Flüchtlinge, auf der Suche nach weiteren Menschen, getrieben von einem schwachen Funksignal, sind hier das schwächste Glied und sind den Gefahren dieser unwirtlichen Welt ausgesetzt. Der Glaube an eine bessere Welt, trotz der Zerstörung, die sie umgibt, ist hier ein kleiner Trost. Manche, wie der von Vater Moses angeführte Treck, sucht dabei zusätzlich Kraft in Gott.
Im krassen Gegensatz sind da die Templer unter der Führung des sadistischen Ones. Jedenfalls, was deren Ideologie angeht. Hoffnung kennen sie nicht und den Glauben an Gott haben sie auch schon lange aufgegeben bzw. diesen erst gar nicht besessen. Da ist auch die Einführung des Chefs der Bande, sehr schön von Luigi Montefiori alias George Eastman dargestellt, richtig klasse gelungen. Mit Leichtigkeit zerreißt er hier eine ganze Bibel (!) und spricht davon, dass genau solche Bücher der Untergang der Menschheit bedeutete und sie erst dahin gebracht haben, wo sie nun sind. Da war der gute Enzo ja schon ein ziemlicher Schelm, als er zusammen mit Tito Carpi und Antonio Visione am Script saß. Nicht nur, dass die Bande eines christlichen Ritterordens trägt: sie erinnert auch so sehr an eine Sekte, deren Jünger sich blindlings um den wahnsinnig Worte des Untergangs predigenden One scharen und seine Befehle ausführen. Als wäre dies noch nicht genug, so ist Metropolis 2000 zudem unterschwellig ein ziemlich schwuler Film. Dabei ist das Wort keinesfalls abwertend oder sogar homophob gebraucht. Es ist schlicht und ergreifend einfach eine Tatsache. Bei den Templern ist keine Frau zu finden und die genaue Beziehung von One zu Mako wird nie richtig angesprochen, sondern nur angedeutet. Es scheint aber die Grenzen einer Schüler-/Lehrer-Verbindung oder wie man es immer nennen mag, zu sprengen. Die unglaublichste Frisurenpracht ist ebenfalls bei den Templern zu finden. One rennt mit silbernen Strähnen im Haar rum, Shadow mit hochtoupierter Haarpracht die seinem bärtigen Antlitz eine etwas tuntige Note gibt und Mako mit schön gestyltem, lila-schwarzem Iro.
Diese leicht homosexuelle Note, die da die ganze Bande bekommt, gipfelt in der Szene, in der Scorpion in die Hände der Templer gefallen ist und von One bestraft werden soll. Da steht dieser also hinter unserem gepeinigten Händen mit einem gläsernen Messer und man erwartet eigentlich Mord oder Folter, doch legt One damit dann lieber Scorpions Hintern frei und setzt zur Vergewaltigung von diesem an. Nicht vergessen darf man die Kanonenläufen, die wie übergroße Phalli aus den Motorhauben der Templer-Gefährte ragen. Einen größeren Sinn für die homosexuellen Anspielungen was die Templer angeht scheint es wahrlich nicht zu geben und steht auch im krassen Gegensatz zu einer Aussage Ones, wo er doch eine neue, bessere Rasse züchten will. Dabei ist dies allerdings auch nur eine (aber auch die größte) der vielen Unglaublichkeiten, die Metropolis 2000 so zu bieten hat. Trotz seiner sichtlich kostengünstigen Umsetzung, wartet er allerdings mit allerhand Fantasie und gehörig vielen Actionszenen auf. Der billige Look von Locations, Kostümen oder auch den Gefährten stört nicht im geringsten sondern passt wie die Faust aufs Auge und verstärkt den ohnehin schon hohen Spaßfaktor des Films. Alleine schon die Gimmicks mit denen die Wägen bestückt sind wie ausfahrbare, kreisende Messer, Raketen- oder sogar Flammenwerfer sind großer Sport. Wenn dann auch noch Fred Williamson als Nadir mit den verschiedensten Sprengladungen als Pfeilspitzen um die Ecke kommt (da fühlt man sich ganz gering an die Comicfigur des Green Arrow erinnert), hat der Film das Herz des Zuschauers erobert.
Die kleineren Löcher der Handlung, die vom roten Faden der Fehde zwischen One bzw. den Templern und Scorpion zusammengehalten wird, stopft Castellari dabei mit netten Actionszenen. Wie in vielen seiner Filme reichert er diese auch mit einer Extraportion Zeitlupensequenzen auf, was mal mehr, mal weniger gut funktioniert. Einigen Szenen nimmt es dann doch ein wenig die Dynamik und lässt diese zu übertrieben aussehen, andere werden damit gut aufgemotzt. Wenigstens wird Metropolis 2000 niemals langweilig. Da stößt selbst das leicht blasse Spiel von Hauptdarsteller Giancarlo Prete, der sich hier hinter dem Namen Timothy Brent versteckt, nicht weiter sauer auf. Williamson sowie Eastman bügeln das ja wieder aus. Ferner wirken Giovanni Frezza, der kleine Junge aus Fulcis Haus an der Friedhofsmauer als Handwerker-King sowie Castellaris Brüderchen Ennio als Shadow mit. Die holde Weiblichkeit ist hier eher eine Randerscheinung und mehr als gut auszusehen darf auch Anna Kanakis nicht. Dafür macht sie diese Sache sehr gut. Ebenfalls sehr gut macht auch der Film seine Sache, der routiniert von Castellari umgesetzt worden ist und einige nette Einfälle sowie hier und da sogar ganz nette Kameraeinstellungen mit sich bringt. Metropolis 2000 ist bodenständige Endzeit-Action, die zwar trashig, aber trotzdem höchst vergnüglich ausgefallen ist. Massenware aus den 80ern, die wirklich zu den besseren ihrer Art zählt und sehr kurzweilig ausgefallen ist. Und wie schrieb Christian Keßler so schön über diesen Film: Metropolis 2000 ist wohl der beste Film, der in einem Steinbruch gedreht wurde. Einfach ein temporeiches und durchaus auch spannendes, post-atomares Vergnügen.
Eastman, Williamson und Co. jetzt bei Filmundo abgreifen.
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