Die Crux bei X-Ray ist die, dass man sich im Endeffekt seinem kaputten Charme nicht verwehren kann. Auch wenn man es möchte und den Film ganz nüchtern betrachtet. Wenn man dies macht, so ist er eigentlich ein mit vielen Logiklöchern ausgestatteter Slasher, der von den Produzenten in der Hochphase des Horror-Subgenres Anfang der 80er (genauer gesagt im April 1982) auf die Leute losgelassen wurde. Produziert wurde er von Menahem Golan und Yoram Globus, die unter dem Label Cannon Films das der Jahrzehnt der 80er mit ihrem (mal mehr, mal weniger tollen) Output bereicherten. Die beiden Isrealis holten sich für X-Ray mit Boaz Davidson, uns am besten als Regisseur der Eis am Stiel-Filme bekannt, auf den Regiestuhl.
Ganz grob orientiert sich X-Ray beim Setting an John Carpenters Halloween 2: Im Jahr 1961 rächt sich Harold, Verehrer der kleinen Susi, an deren Freund und Spielgefährten, als sie seinen Valentinsgruß hämisch belächeln und zerknüllt in die Ecke werfen. Harold hängt den Jungen schnurstracks mit dem Hals voran an die Garderobe, lächelt der zu Tode erschrockenen Susi nochmal durch das Fenster diabolisch zu und macht sich dann aus dem Staub. In der Gegenwart angekommen, ist aus Susi Susan und eine hübsche Frau geworden, die -ebenfalls an einem Valentinstag - wegen der Ergebnisse zu ihrem Routine-Check Up auf dem Weg ins Krankenhaus ist. Dort geht es allerdings nicht mit rechten Dingen zu: ihre untersuchende Ärztin ist nirgends zu finden, die eigentlich so guten Ergebnisse scheinen es doch nicht zu sein und bewegen die in Geheimnissen redenden Ärzte dazu, Susan für weitere Tests im Krankenhaus zu lassen. Was man als Zuschauer selbstredend schon längst weiß und wie auch bald die junge Frau erfahren muss, schleicht außerdem ein als Arzt verkleideter Killer durch die Gänge des Krankenhaus.
Dies muss als Handlung reichen um nun Susan im doppelten Sinne leiden zu lassen. Strapaziert in der ersten Hälfe die Jagd nach den Untersuchungsergebnissen ihre Nerven, kommt ihr in der zweiten Hälfte der nach ihr trachtende Mörder immer näher und bringt sie an den Rande des Wahnsinns. Hier entwickelt X-Ray auch seinen ganz eigenen Charme. Als ein ernstzunehmender Horrorfilm fällt er recht schnell durch. Zu einfallslos präsentiert er sich und seine Ideen, die schon damals - zu Beginn der Slasher-Hochphase - sicher nicht als "state of the art" galten. Er spult sein Programm brav ab, die dabei versessene Arbeitsweise des Mörders, um Susan übel mitzuspielen (ohne groß spoilern zu wollen, hat er etwas mit den komischen Testergebnissen zu tun), muss lange Zeit ohne Erklärung auskommen und bringt so manchen unlogischen Moment zurück. Er schlitzt und sticht sich dabei nebenher u. a. durch das Krankenhauspersonal, welches in Stellvertretung für die ansonsten meist jugendlichen Opfer in Slasherfilmen als Kanonenfutter herhalten muss.
Zudem krankt X-Ray ganz stark daran, dass das Buch auch sehr halbherzig versucht, Fährten in Richtung Identität des Mörders zu legen. Versuche sind da - hier sind nur die vielen sich seltsam verhaltenden Ärzte genannt - doch richtig ausgearbeitet und durchdacht ist nichts davon. Schnell wird einem klar, wer Susan im Krankenhaus terrorisiert und ans Leder will. Das große Aber, welches mir den Film sehr stark aufgewertet hat, ist in dieser Seltsamkeit seiner Stimmung und Figuren belegt. Punkten kann er mit seiner Atmosphäre, die das Krankenhaus als einen sehr merkwürdigen Ort darstellt: die langen, trostlosen Gänge, Patienten die mehr an Insassen einer Psychiatrie durchgehen und Ärzte, die im bestreben, sie geheimnisvoll darzustellen, ebenfalls eher groteskes Verhalten an den Tag legen. Einzig ein junger Arzt, der Susan helfen möchte, schnell wieder aus dem Hospital rauszukommen, mutet ziemlich normal an. Diese Art von Tortur, welcher die Protagonisten ausgesetzt ist, lässt X-Ray beinahe schon wie eine Groteske auf das damalige Gesundheitswesen oder den Krankenhausalltag an sich anmuten.
Diese Eigenheit bewahrte den Film für mich auch vor dem Absturz in die Hölle der Mittelmäßigkeit, die er formal betrachtet auch erreicht. Nachdem in der zweiten Hälfte das Tempo und der Blutzoll durch selbstzweckhafte Mordszenen erhöht wird, steigert sich damit auch die Absurdität des Films. Wenn Susan auf der Flucht vor dem Killer in einen Raum mit drei im Ganzkörpergips liegenden Patienten kommt, welche wild zappeln oder ihre schrulligen Genossinnen ihres Zimmers, die urplötzlich auftauchen, ins Bild wackeln, kann so manches Lachen nicht unterdrückt werden. Verstärkt werden diese Szenen mit einem Synthiescore, der immer etwas neben der Spur zu sein scheint, in seiner Art her allerdings auch eine gewisse Mysteriösität bewahrt. Man kann dazu natürlich erstmal das Verb trashig gebrauchen, viel mehr sehe ich darin einfach eine stark übertriebene Steigerung der Absurdität des Treibens auf dem Bildschirm. Ob dies nun gewollt ist, sei dahingestellt. Dem halbwegs blutigen Treiben und einigen wenigen spannend zu nennenden Szenen zum Trotz ist X-Ray eher wegen dieser Eigenheit einen kleinen Blick wert. Als Slasher selbst kann man ihn zu den Mittelmäßigen seiner Zunft zählen.
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