Scheiß auf Blair Witch Project! Sicher: dank seines kommerziellen Erfolges und der damit verbundenen Etablierung kann man ihn als Mutter des Found Footage-Horrors ansehen. Erst der 1999 entstandene, kleine Film sorgte, dank seines cleveren, viralen Marketings dafür, dass man über die Jahre einige mit verwackelter Handkamera, als vermeintlich authentisch verkauftes Material, gedrehte Horrorfilme ins Rennen schickte. Gefundene, vorgeblich wenig bis gar nicht editierte Filmereien als einen Teil der Handlung zu nutzen und diese damit zu erzählen, geht auf den italienischen Kannibalenfilm Cannibal Holocaust zurück, welcher mit diesem Storyaufbau die Regeln für das Found Footage-Genre aufstellte. Was liegt also näher, die Grundgeschichte des Films schamlos dafür zu benutzen, mit wenig Geld und wenig talentierten Darstellern und diesmal richtig verwackelter Kamera, da war das Original brav in den traditionellen Erzählbahnen des Kinos verhaftet, sowas nochmal zu bringen?
Mit diesem Gedankengang legte wahrscheinlich Jonathan Hensleigh, Regisseur des zweiten, 2004 entstandenen Punisher-Aufgusses, ein sehr dürftiges Drehbuch seiner Ehefrau vor. Dies ist seit 1995 Gale Anne Hurd, Ex-Frau von Brian de Palma und James Cameron und immerhin Produzentin solcher Kassenmagneten wie The Terminator, Aliens oder Armageddon - Das jüngste Gericht. In Hurds Kopf und Augen blinkten dann wohl mehr die hübschen grünen Dollarzeichen und überstimmten sicher (oder hoffentlich) den letzen rationell denkenden Teil, der Cannibals, der im Ausland als Welcome To The Jungle auf die nach Frischfleisch lechzenden, alles verschlingenden Horrorfans losgelassen wurde, als weniger tollen Beitrag zum Genre erkannte. Wenn dem so war, dürfte auch Hurd nicht entgangen sein, dass Hensleighs Drehbuch vier eindimensionale Figuren, einen Sunnyboy, seine engagierte, einfach nette Freundin, eine wilde Partymaus und den Kumpel des Sunnyboys, mit gleichgültiger wie abgefuckter Lebenseinstellung gesegnet, in den Dschungel von Papua-Neuguinea schickt um dort nach dem seit 1961 verschollenen Milliardärssohn Michael Rockefeller zu suchen.
Cannibals ist allerdings weniger ein schonungsloser Found Footage-Bericht und erfolgreicher Aufguss des Kannibalenfilms im damals trendigen Genre, sondern eher die nüchterne Erkenntnis, dass Hensleigh es schafft, selbst bei einer kurzen Laufzeit von 74 Minuten jede einzelne Sekunde mit Langeweile vollzupacken. Mehr ist das ein dröges Urlaubsvideo, ein Bericht über vier Freunde, die in hübscher Kulisse davon träumen, mit dem Fund des vermeintlich lebenden Rockefellers reich und berühmt zu werden. Der Bekannte eines Kumpels des Sunnyboys hat gehört, dass im unberührten Dschungel des indonesischen Teils der zweigeteilten Insel, ein an die 70-jähriger, weißer Mann gesehen wurde. Mit Dollarzeichen im Kopf und in den Augen streben die jungen Herzen in das dichte Grün des Eilands. Während des Trips zeigt sich, dass der Kumpel und die Partymaus das auch mehr als Urlaub, denn irgendwas wie Arbeit ansehen. Den streng gesteckten Zeitplan mit zeitigem Aufstehen etc. verschlafen und versaufen sie regelmäßig, was zu Streitereien führt. Irgendwann setzen sich die zwei unvernünftigen des Quartetts nach erneutem Gezanke eigenmächtig mit einem aufgefundenen Floß ab.
Auf dem Fluss treibend, schwappen sie langsam in die Arme des gesuchten Kannibalenstamms der bald merkbar seinen Unmut darüber zeigt, dass der völlig neben der Spur laufende Kerl des Gespanns an einer Grabstätte einen Schädel eines toten Stammesangehörigen mitgenommen hat. Auch Herr Sunnyboy und seine Freundin kommen alsbald an diese Stelle, finden kleine Spuren ihrer verschollen geglaubten Freunde und ebenfalls den besagten Stamm vor. Bis dorthin quält Cannibals mit nichtigen Szenen, unnötigem Geblubber der Protagonisten innerhalb eines um Authentizität bemühten Settings. Dies Ansinnen schafft der Wackelkamera-Menschenfresserschocker nicht richtig, Hensleigh erklärt den Umstand in seinem im filmischen verweilenden Werk bemürt damit, dass die vier mit zwei Kameras unterwegs sind und das Material nacheinander gezeigt wird. Die authentische Langeweile eines unnützen Urlaubsvideos gelingt dem Regisseur und Autoren; die Aufhebung des fiktiven Charakters hin zu einem reell wirkenden Augenzeugenvideo, um seiner Erzählung die gewünschte wahrheitsgetreue Wirkung zu verleihen, schafft er nicht einmal.
Lediglich das Ende, wenn Herr Sunnyboy samt Sunnygirl dem Stamm begegnen, ist atmosphärisch dank der natürlichen Beleuchtung und dem Schlussgag, wenn auch vorhersehbar, ganz nett. Nett ist, das dürfte bekannt sein, die kleine Schwester von scheiße. Dieses unflätige Wort sollte meines Erachtens nicht (häufig) wirklich in Filmbesprechungen auftauchen, aber ein Haufen Kot bleibt eben diese stinkende Ausscheidung, selbst wenn man ihn immer wieder Samtkissen oder blumig frischen Duftdung nennt. Cannibals, der sich auch noch erbärmlich billig bei einer Schlüsselszene von Cannibal Holocaust bedient und mit dem Found Footage-Stil halbwegs entschuldbar die von damaligen Filmen gewöhnten Gore-Eskapaden ausspart, bleibt aber eben das. Anders kann man das nicht ausdrücken. Nix mit Spannung, nix mit Figuren mit denen man mitfiebern und sich identifizieren kann. Lediglich ein durchschaubarer mauer Aufguss eines Subgenres mittels eines neuen, um etwas Kohle zu scheffeln. Das das anders geht, zeigte ausgerechnet Eli Roth mit dem netten, wenn auch zu braven Green Inferno (hier besprochen).
Credits
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Freitag, 30. März 2018
Atomic Blonde
Eigentlich ist Atomic Blonde in seiner Konzeption en vogue: es ist ein technisch gekonnt umgesetzter Film mit einigen guten Szenen, mitsamt einfallsreicher Fotografie. Seine Geschichte spielt nicht nur in den ausgehenden 80ern zur Zeit der bevorstehenden Wende in Deutschland, kurz vor dem Zusammenfall des eisernen Vorhangs, er bedient sich freudig bei der damals vorherrschenden Ästhetik. Es ist nicht einer dieser fancy retro movies, der vollends rückwärts gewandt mit verklärt nostalgischer Vita ganz vorgibt, aus einem anderen Jahrzehnt zu stammen. Atomic Blonde will wild, chaotisch, aufregend sein, wie die Zeit in der geteilten Stadt Berlin, in der seine Handlung spielt. Komplett erreicht er das leider nur bei seinem Soundtrack, der ungeniert in allen erdenklichen Stilrichtungen des Jahrzehnts wildert und so unterschiedliche Interpreten wie New Order, Nena, Peter Schilling, David Bowie, A Flock Of Seagulls, The Clash oder Siouxsee And The Banshees vereint.
Auf erzählerischer Ebene braucht David Leitchs Film wie einer der vielen zugezogenen Bewohner der Bundeshauptstadt eine ganze Weile um komplett anzukommen. Seine spröde Atmosphäre, die auch ästhetisch unterkühlt wirkt, die auch durch Wechsel zu wärmeren Farbpaletten in einigen Szenen nicht komplett verschwinden möchte, wahrt eine Distanz zum Zuschauer. Regisseur Leitch erklärte in Interviews zum Start des Films, dass er das vorherrschende Gefühl im damals noch geteilten Berlin, die dortige Stimmung, sein Aussehen, adäquat umsetzen wollte. Den Drehort Budapest haben die Set Designer mit beeindruckender Hingabe in die Stadt der deutschen Städte verwandelt, einigen historischen Unkorrektheiten zum Trotz, deren Bemängelungen mir vor einiger Zeit bei Twitter über den Weg liefen. Einem auf die Action und die Stimmung konzentrierten Film sollte man einige Unkorrektheiten verzeihen können; bei diesem Genre auf sowas zu achten und nörgelnd den Finger zu erheben ist meiner Meinung nach ebenso paradox (und unnötig) wie das ständige Verlangen einiger Menschen nach realistischem oder komplett logischem Handlungsverlauf in phantastischen Filmen.
Mehr zu bemängeln ist das Drehbuch, dass die Spionageposse um eine britische Agentin, die als Russin getarnt vom Geheimdienst ihrer Majestät nach Berlin geschickt wird, um einen Doppelagenten und eine Liste mit brisanten Informationen, die zuletzt im Besitz des ermordeten Agentenkollegen James Gasciogne war, ausfindig zu machen, höchst kompliziert erzählen möchte um den Zuschauer mit ständigen Wendungen zu überraschen. Anstatt eine Stimmung des Misstrauens zu erzeugen, stärkt er damit die Distanz des Films zum Zuschauer. In der Stadt ansässige Russen, ein Überläufer der Stasi mit fotografischem Gedächtnis der bei der Hatz auf die Liste zu einer wichtigen Person und Jagdobjekt wird, ein britischer Kollege mit zweifelhafter Einstellung bezüglich seiner Arbeitsmoral und dann auch irgendwie noch mitmischende französische Agenten bringen die Story zum überquellen. Auf visueller Ebene funktioniert Atomic Blonde und scheint sich wahrscheinlich gut an der Graphic Novel-Vorlage zu orientieren. Mit der verknoteten Narration hangelt man sich als Zuschauer von Szene zu Szene, erfreut sich an den hübschen Bildern und wartet, ja hofft, auf den einen Moment, der das Ruder herumreißen könnte.
Es dauert, aber: er kommt. Eine gut zehnminütige, ohne jeglichen Schnitt auskommende Sequenz, in der sich Hauptdarstellerin Charlize Theron mit dem angeschossenen Überläufer im Schlepptau durch ein ganzes Treppenhaus und eine Wohnung prügelt und schießt, ist eine der besten Actionszenen der letzten Jahre. Die fließende Steadycam, die immer nahe an der Protagonisten und dem Geschehen ist, bringt auch eine Annäherung zum Zuschauer selbst, der von der perfekten, knochentrockenen und -harten Choreographie von Beginn an mitgerissen wird. Danach funktioniert alles etwas leichter, der imaginäre Stock im Hintern des Films scheint mit Schwung raus gezogen worden zu sein. Der Funke ist übergesprungen; für einen komplett positiven Gesamteindruck zu spät. Unterkühlt kann man bis dahin nicht nur Therons Spiel nennen, die zeitgleich nicht nur den mit bösen Absichten durch Berlin stapfenden Spionagekollegen aus Russland, sondern dem ganzen Werk an sich in den Hintern getreten hat.
Wenigstens das ist ein weiterer Punkt, den man bei Atomic Blonde positiv verbuchen kann: Er stellt eine Frau in Mittelpunkt, eine verdammt starke und wortwörtlich schlagkräftige Heldin, die weit über den restlichen, männlichen Figuren positioniert ist. Der Film vertritt einen Kick Ass-Feminismus, der nicht einfach eine weibliche Protagonistin präsentiert, um damit genügend Frauen anzusprechen die mit Theron als Agentin mitfiebern können. Nebenbei, vielleicht unbeabsichtigt, vielleicht hinnehmend wenig vertieft und ausgearbeitet, zeigt Atomic Blonde dem mit vorwiegend männlichen Protagonisten arbeitenden Actionkino einen Mittelfinger und zeigt, dass auch coole Frauen durchaus ihren Mann stehen und einen Film tragen können. Immer nur Statham, Diesel und die restlichen, allseits bekannten (und langweiligen) Gesichter sind eintönig und das alle Actionhelden meistens mit einer großen Knarre als Phallussymbol unterstreichen, dass der Mann das sagen im Actiongenre hat, ist schrecklich überholt. Das wiederum macht Atomic Blonde richtig, auch wenn er formell auf erzählerischer Ebene eine Spur zu dick aufträgt und die Fäden seiner Geschichte schnell zu fest zurrt und verknotet. Aber man kann eben nicht alles haben.
Auf erzählerischer Ebene braucht David Leitchs Film wie einer der vielen zugezogenen Bewohner der Bundeshauptstadt eine ganze Weile um komplett anzukommen. Seine spröde Atmosphäre, die auch ästhetisch unterkühlt wirkt, die auch durch Wechsel zu wärmeren Farbpaletten in einigen Szenen nicht komplett verschwinden möchte, wahrt eine Distanz zum Zuschauer. Regisseur Leitch erklärte in Interviews zum Start des Films, dass er das vorherrschende Gefühl im damals noch geteilten Berlin, die dortige Stimmung, sein Aussehen, adäquat umsetzen wollte. Den Drehort Budapest haben die Set Designer mit beeindruckender Hingabe in die Stadt der deutschen Städte verwandelt, einigen historischen Unkorrektheiten zum Trotz, deren Bemängelungen mir vor einiger Zeit bei Twitter über den Weg liefen. Einem auf die Action und die Stimmung konzentrierten Film sollte man einige Unkorrektheiten verzeihen können; bei diesem Genre auf sowas zu achten und nörgelnd den Finger zu erheben ist meiner Meinung nach ebenso paradox (und unnötig) wie das ständige Verlangen einiger Menschen nach realistischem oder komplett logischem Handlungsverlauf in phantastischen Filmen.
Mehr zu bemängeln ist das Drehbuch, dass die Spionageposse um eine britische Agentin, die als Russin getarnt vom Geheimdienst ihrer Majestät nach Berlin geschickt wird, um einen Doppelagenten und eine Liste mit brisanten Informationen, die zuletzt im Besitz des ermordeten Agentenkollegen James Gasciogne war, ausfindig zu machen, höchst kompliziert erzählen möchte um den Zuschauer mit ständigen Wendungen zu überraschen. Anstatt eine Stimmung des Misstrauens zu erzeugen, stärkt er damit die Distanz des Films zum Zuschauer. In der Stadt ansässige Russen, ein Überläufer der Stasi mit fotografischem Gedächtnis der bei der Hatz auf die Liste zu einer wichtigen Person und Jagdobjekt wird, ein britischer Kollege mit zweifelhafter Einstellung bezüglich seiner Arbeitsmoral und dann auch irgendwie noch mitmischende französische Agenten bringen die Story zum überquellen. Auf visueller Ebene funktioniert Atomic Blonde und scheint sich wahrscheinlich gut an der Graphic Novel-Vorlage zu orientieren. Mit der verknoteten Narration hangelt man sich als Zuschauer von Szene zu Szene, erfreut sich an den hübschen Bildern und wartet, ja hofft, auf den einen Moment, der das Ruder herumreißen könnte.
Es dauert, aber: er kommt. Eine gut zehnminütige, ohne jeglichen Schnitt auskommende Sequenz, in der sich Hauptdarstellerin Charlize Theron mit dem angeschossenen Überläufer im Schlepptau durch ein ganzes Treppenhaus und eine Wohnung prügelt und schießt, ist eine der besten Actionszenen der letzten Jahre. Die fließende Steadycam, die immer nahe an der Protagonisten und dem Geschehen ist, bringt auch eine Annäherung zum Zuschauer selbst, der von der perfekten, knochentrockenen und -harten Choreographie von Beginn an mitgerissen wird. Danach funktioniert alles etwas leichter, der imaginäre Stock im Hintern des Films scheint mit Schwung raus gezogen worden zu sein. Der Funke ist übergesprungen; für einen komplett positiven Gesamteindruck zu spät. Unterkühlt kann man bis dahin nicht nur Therons Spiel nennen, die zeitgleich nicht nur den mit bösen Absichten durch Berlin stapfenden Spionagekollegen aus Russland, sondern dem ganzen Werk an sich in den Hintern getreten hat.
Wenigstens das ist ein weiterer Punkt, den man bei Atomic Blonde positiv verbuchen kann: Er stellt eine Frau in Mittelpunkt, eine verdammt starke und wortwörtlich schlagkräftige Heldin, die weit über den restlichen, männlichen Figuren positioniert ist. Der Film vertritt einen Kick Ass-Feminismus, der nicht einfach eine weibliche Protagonistin präsentiert, um damit genügend Frauen anzusprechen die mit Theron als Agentin mitfiebern können. Nebenbei, vielleicht unbeabsichtigt, vielleicht hinnehmend wenig vertieft und ausgearbeitet, zeigt Atomic Blonde dem mit vorwiegend männlichen Protagonisten arbeitenden Actionkino einen Mittelfinger und zeigt, dass auch coole Frauen durchaus ihren Mann stehen und einen Film tragen können. Immer nur Statham, Diesel und die restlichen, allseits bekannten (und langweiligen) Gesichter sind eintönig und das alle Actionhelden meistens mit einer großen Knarre als Phallussymbol unterstreichen, dass der Mann das sagen im Actiongenre hat, ist schrecklich überholt. Das wiederum macht Atomic Blonde richtig, auch wenn er formell auf erzählerischer Ebene eine Spur zu dick aufträgt und die Fäden seiner Geschichte schnell zu fest zurrt und verknotet. Aber man kann eben nicht alles haben.
Mittwoch, 28. März 2018
Graduation Day
Sport ist Mord. Das macht auch der kleine Slasher Graduation Day mehr als deutlich, wenn zu Beginn die junge Laura, Star des Läuferteams ihrer Schule, ein Rennen gewinnt und noch auf der Laufbahn tot zusammenbricht. Inklusive bemüht schmerzerfülltem Gesichtsfasching ihrer Darstellerin. Dieser tragische Tod ist der Anlass für eine Mordserie an der Schule, als sich der titelgebende Tag des Schuljahresabschluss nähert und Laura an diesem gesondert geehrt werden soll. Ein unbekannter Mörder geht auf dem Gelände und in den Hallen der Lehranstalt umher und bringt auf gewisse sportliche Weise die weiteren Mitglieder des Läuferteams nacheinander zur Strecke. Der Verdacht fällt auf Lauras von einem Auslandseinsatzes ihrer Navy-Gruppe heimkehrende Schwester, die sich - so will es das eiserne Gesetz des Subgenres - leicht seltsam verhält. Das trifft auch auf ihren mürrischen Vater und den hartherzigen Trainer des Teams zu. Bis die Auflösung endlich erfolgt, bemüht man sich, die Seiten des Drehbuchs und die Laufzeit des Films zu erhöhen und zwischen viel Leerlauf wenig gute, manchmal sogar kreative Todesszenen unterzubringen.
Unverständlich für mich ist dabei, wieso Graduation Day über all die Jahre eine Fanbase aufbauen konnte. Es mag daran liegen, dass der Film eine Produktion von Troma ist, einige Jahre bevor sich eines der ältesten Independent-Studios dazu entschloss, mit Filmen wie Toxic Avenger oder Class of Nuke 'Em High (wortwörtlich) rotzige Filme jenseits des guten Geschmacks zu produzieren. 1981 waren die Slasher ein gewisser Garant, selbst mit kleineren Produktionen Kohle in die Kassen spülen zu lassen. Regisseur und Autor Herb Freed, der den Film auch mitproduzierte, soll seiner Zeit den potenziellen Geldgebern versprochen haben, dass der Film mit Sicherheit sein Geld wieder einspielen würde. Angesichts der kaum vorhanden Qualitäten des Endprodukts eine gewagte Vorhersage, mit der er allerdings recht behalten sollte. Um beim sportlichen Jargon zu bleiben, ist Graduation Day ein zu Beginn zwar vielversprechender Rookie, steigt im weiteren Verlauf dann unaufhaltsam in die C-Klasse ab. Leider ist Graduation Day einer jener Slasher, der bei seiner limitierten, ungelenken Handlung, nicht mit herausragend guten Effekten, trotz einiger netter Ideen bei den Morden, ablenken kann.
Bis auf den zugegeben fiesen Mord an einem Stabhochspringer und dem recht originellen "Footballspeer" fallen die Kills nur leicht blutig und ziemlich unspektakulär aus. Dazwischen präsentiert man dem Zuschauer eine unspannend verlaufende Geschichte, in der Patch Mackenzie als Lauras Schwester Anne in ihre Heimatstadt zurückkommt, um deren Ehrung bei der Abschlusszeremonie beizuwohnen und irgendwann festzustellen, dass die Teammitglieder des Läuferteams den Staffelstab des Lebens früher als geplant abgeben mussten. Kurios dabei ist, dass die Hauptfigur sogar für gut eine halbe Stunde vollkommen entbehrlich zu sein scheint. Lieber konzentriert man sich dann auf eine überlange Musikszene in einer Rollschuhdisco, die von einem weiteren Mord "aufgelockert" wird und zotigen Späßen mit dem dauergeilen Schuldirektor und seiner Sekretärin. Da lässt der Film schon leicht durchschimmern, auf was für eine Reise spätere Troma-Produktionen gehen sollten. Noch kurioser erscheint, dass sich in der deutschen Fassung des Films einige bekannte Sprecher vor's Mikrofon verirrt haben. Darunter Georg Thomalla als deutsche Stimme des angesprochenen Direktors.
Leider sind diese Späße bemüht lustig und können nicht von der Tatsache ablenken, dass die angestrebte, spannende Murder Mystery des Film in keinster Weise fesselnd ist. Planlos werden Mord- mit Füllszenen aneinander gereiht und so viele Verdächtige wie möglich präsentiert, ohne das in irgendeiner Weise nachvollziehbar zu begründen. Da die für den Zuschauer ausgesuchte Bezugs- und Hauptperson lieber für belanglosen Quatsch fallen gelassen wird und die restlichen Figuren noch schwächer dargestellt werden als diese selbst, ist irgendwann alles egal und man fiebert dem Ende wie bei einem x-ten schlechten Spiel des HSV entgegen. Auch der damals schon Genre-erprobte Christopher George, der die Hauptrolle im ein Jahr zuvor entstandenen Ein Zombie hing am Glockenseil inne hatte, kann den Film nicht weiter retten. Er geht mit ihm zusammen so schnell unter, dass der Semitwist gegen Ende zwar ganz okay erscheint, aber seine gewollte Wirkung nicht komplett ausgespielt wird. In einer ganz kleinen Rolle sieht man, um das der Komplettheit halber noch aufzuzählen, Scream Queen Linnea Quigley, die durch viele Rollen in größeren oder noch kleineren (B-)Filmen bekannt wurde (und sich mir in den Kopf brannte, als sie sich in Night of the Demons einen kompletten Lippenstift in die nackte Brust schob). Zur Ehrenrettung von Graduation Day kann man sagen, dass er in seinen besseren (wenigen) Momenten einen guten, schmierigen Charakter hat und bei weitem nicht komplett ramdösig und vergessenswert wie der ähnliche Killerspiele (auch als Fatal Games bekannt) ist.
Unverständlich für mich ist dabei, wieso Graduation Day über all die Jahre eine Fanbase aufbauen konnte. Es mag daran liegen, dass der Film eine Produktion von Troma ist, einige Jahre bevor sich eines der ältesten Independent-Studios dazu entschloss, mit Filmen wie Toxic Avenger oder Class of Nuke 'Em High (wortwörtlich) rotzige Filme jenseits des guten Geschmacks zu produzieren. 1981 waren die Slasher ein gewisser Garant, selbst mit kleineren Produktionen Kohle in die Kassen spülen zu lassen. Regisseur und Autor Herb Freed, der den Film auch mitproduzierte, soll seiner Zeit den potenziellen Geldgebern versprochen haben, dass der Film mit Sicherheit sein Geld wieder einspielen würde. Angesichts der kaum vorhanden Qualitäten des Endprodukts eine gewagte Vorhersage, mit der er allerdings recht behalten sollte. Um beim sportlichen Jargon zu bleiben, ist Graduation Day ein zu Beginn zwar vielversprechender Rookie, steigt im weiteren Verlauf dann unaufhaltsam in die C-Klasse ab. Leider ist Graduation Day einer jener Slasher, der bei seiner limitierten, ungelenken Handlung, nicht mit herausragend guten Effekten, trotz einiger netter Ideen bei den Morden, ablenken kann.
Bis auf den zugegeben fiesen Mord an einem Stabhochspringer und dem recht originellen "Footballspeer" fallen die Kills nur leicht blutig und ziemlich unspektakulär aus. Dazwischen präsentiert man dem Zuschauer eine unspannend verlaufende Geschichte, in der Patch Mackenzie als Lauras Schwester Anne in ihre Heimatstadt zurückkommt, um deren Ehrung bei der Abschlusszeremonie beizuwohnen und irgendwann festzustellen, dass die Teammitglieder des Läuferteams den Staffelstab des Lebens früher als geplant abgeben mussten. Kurios dabei ist, dass die Hauptfigur sogar für gut eine halbe Stunde vollkommen entbehrlich zu sein scheint. Lieber konzentriert man sich dann auf eine überlange Musikszene in einer Rollschuhdisco, die von einem weiteren Mord "aufgelockert" wird und zotigen Späßen mit dem dauergeilen Schuldirektor und seiner Sekretärin. Da lässt der Film schon leicht durchschimmern, auf was für eine Reise spätere Troma-Produktionen gehen sollten. Noch kurioser erscheint, dass sich in der deutschen Fassung des Films einige bekannte Sprecher vor's Mikrofon verirrt haben. Darunter Georg Thomalla als deutsche Stimme des angesprochenen Direktors.
Leider sind diese Späße bemüht lustig und können nicht von der Tatsache ablenken, dass die angestrebte, spannende Murder Mystery des Film in keinster Weise fesselnd ist. Planlos werden Mord- mit Füllszenen aneinander gereiht und so viele Verdächtige wie möglich präsentiert, ohne das in irgendeiner Weise nachvollziehbar zu begründen. Da die für den Zuschauer ausgesuchte Bezugs- und Hauptperson lieber für belanglosen Quatsch fallen gelassen wird und die restlichen Figuren noch schwächer dargestellt werden als diese selbst, ist irgendwann alles egal und man fiebert dem Ende wie bei einem x-ten schlechten Spiel des HSV entgegen. Auch der damals schon Genre-erprobte Christopher George, der die Hauptrolle im ein Jahr zuvor entstandenen Ein Zombie hing am Glockenseil inne hatte, kann den Film nicht weiter retten. Er geht mit ihm zusammen so schnell unter, dass der Semitwist gegen Ende zwar ganz okay erscheint, aber seine gewollte Wirkung nicht komplett ausgespielt wird. In einer ganz kleinen Rolle sieht man, um das der Komplettheit halber noch aufzuzählen, Scream Queen Linnea Quigley, die durch viele Rollen in größeren oder noch kleineren (B-)Filmen bekannt wurde (und sich mir in den Kopf brannte, als sie sich in Night of the Demons einen kompletten Lippenstift in die nackte Brust schob). Zur Ehrenrettung von Graduation Day kann man sagen, dass er in seinen besseren (wenigen) Momenten einen guten, schmierigen Charakter hat und bei weitem nicht komplett ramdösig und vergessenswert wie der ähnliche Killerspiele (auch als Fatal Games bekannt) ist.
Bone Tomahawk
Man kann dem kurzlebigen, kruden Subgenre des Kannibalenfilms, der in den 70er und 80er Jahren des letzten Jahrhunderts die Leinwände der Kinos bewohnte, einiges vorwerfen. Sie sind pure Exploitation, sensationshaschend und einzig und allein dafür da, durch ein klappriges Grundgerüst an Handlung möglichst viele Abscheulichkeiten zu zeigen. Sie sprengen Tabus aus rein kommerziellem Gedanken, wenn leider in vielen der großen, bekannten Filme selbst vor echter Tötung von Tieren nicht zurückgeschreckt wird. Trotz der einfachen Handlungen transportieren sie darüber eine zweifelhafte Haltung gegenüber Fremden; dem Kannibalenfilm kann man diese hemmungslose Ausschlachtung, den selbstzweckhaften Einsatz von Gewalt um eben die Gier nach Grausamkeiten zu befriedigen sowie eine damit einhergehende xenophobe Grundhaltung vorwerfen. Nicht vergessen sollte man dabei, das der intelligenteste Vertreter des Genres, Cannibal Holocaust, diese Eigenschaften, die er ebenfalls besitzt gleichzeitig anprangert und in Frage stellt, was in den um Sensationen wetteifernden Medien wirklich noch real ist und selbst seinem eigenen Publikum mit seiner Doppelbödigkeit einen Spiegel vorhält.
Allen Widerwärtigkeiten zum Trotz kann man diese Kannibalenfilme auch als eine in der modernen, aufgeklärten Gesellschaft verwurzelte Urban Angst ansehen. Der in ein Stück unberührte Natur eindringende, technisch fortgeschrittene Mensch sieht sich in einer ihm unbekannten Welt, deren Gefahren nicht aus von ihm selbst geschaffenen Situationen oder Strukturen, sondern aus einer Wildnis, einem ursprünglich wirkenden Stück Erde entsteht. Mutter Natur schlägt zurück: ein Motiv, welches schon im aufgeklärten US-Horrorkino seit Beginn der 70er Einzug erhält, als in der Gesellschaft Themen wie Naturschutz immer höheren Stellenwert erlangte. Die Kannibalenepen italienischer Herkunft sind die pervertierte Mutation davon, in dem nun nicht einfach die Tierwelt, sondern gleich unser Ebenbild in einfacher, weniger intelligenter, aber doppelt gefährlicher Gestalt die Gefahr darstellt. S. Craig Zahler greift in seinem Debüt Bone Tomahawk diese Motive teilweise auf, wenn er das uramerikanische Genre des Westerns und die Menschen einer kleinen Siedlung mit urwüchsigen Wilden, die in ihrem Aussehen stark an die Menschenfresser aus Deodatos Meisterstück erinnern, konfrontiert bzw. kombiniert. Die aufs Minimum reduzierte Geschichte ähnelt dabei fast den italienischen Halbvorbildern.
Eine Veterinärin, ein Deputy und ein inhaftierter Landstreicher werden Nachts von zuerst für Indianer gehaltenen Wilden entführt. Der durch einen Beinbruch gehandicapte Mann der Ärztin (überraschend gut: Patrick Wilson), der Sheriff des Städtchens (mit gutem, reduziertem Spiel überzeugend: Kurt Russell), der alternde Deputy-Stellvertreter (grandios: Richard Jenkins) und der dandyhafte Brooder (ordentlich: Matthew Fox) machen sich auf den Weg, die entführten zu befreien. Dringen in den meist in Südamerika spielenden Kannibalenfilme Suchtrupps, Expeditionen, Forscher etc. in den Dschungel ein, um verschollene, fast verschluckte Menschen zu suchen oder zu befreien, wandelt das ungleiche Vierergespann durch eine triste Wüstenlandschaft um zu den Verschleppten zu gelangen. Zahler lässt seine Truppe spät auf den anthropophagen Schlag Menschen treffen. Zuerst wird Bone Tomahawk zu einem Trip, einem Prüfungsgang seiner Protagonisten, die auf ihrem Weg ihre unterschiedliche Wesen und Eigenarten zum gemeinsamen Sinn der Gruppe zusammenfügen müssen. Es ist ein Ritt in eine ungewisse Zukunft, wobei das Schicksal bedrohlich wie ein Aasgeier über sie schwebt. Die vier Reiter bringen nicht die Apokalypse, sie schreiten langsam aber sicher ihrem (persönlichen) Untergang entgegen. Mancher verdammt zu leben, mancher verdammt zu sterben.
Zahler konzentriert sich in seinem Script auf Kleinigkeiten, lässt die erste Prämisse seiner Protagonisten in den Hintergrund rücken und widmet sich wie zu Beginn des Films, der sich die Zeit nimmt, seine Figuren einzuführen (nicht um vorher aber typisch für das Horrorgenre ein Intro zu präsentieren, dass David Arquette und Sid Haig als erstes Opfer der Menschenfresser in deren Gebiet stolpern lässt und prophezeit, was den Hauptcharakteren blühen kann), lieber seinen Charakteren. Leider lenkt das manches Mal zu sehr von der eigentlichen Geschichte ab, aufkommende Konflikte innerhalb der Gruppe flackern manchmal so schwach wie ein langsam ersterbendes Lagerfeuer auf und verschwinden dementsprechend schnell wieder von der Bildfläche. Die schwerfällige Stimmung des Films, sein langsames Gemüt das in ebenfalls ruhigem Tempo die Ereignisse während der Reise steigert, weiß gut davon abzulenken. Leicht schwerwiegender negativ erscheint das Finale, wenn die Truppe im Gebiet der Menschenfresser ankommt. Letztere, die in ihrer bleichen Körperbemalung auch wie fleisch gewordene Schreckensgespenster anmuten, verlieren - abgesehen von den ersten Szenen in deren Höhle - mit steigender Screentime rapide an Bedrohlichkeit.
Das Potential des Unterbaus von Bone Tomahawk wird wortwörtlich schnell über den Haufen geschossen. Die Wilden verkommen zu Kanonenfutter in einer blutigen Reinkarnation der Hauptfiguren, allen voran der gebeutelte Arthur, Ehemann der entführten Frau, den man durch die bisherige Handlung fast abgeschrieben hätte. Die Anklage der auch im traditionellen Western mitschwingenden Xenophobie, verbunden mit seinem zweifelhaften Hurra-Patriotismus, macht Platz für eine leichte Heroenglorifizierung alter Westernschule. Dem Einfluss europäischer Genrefilme darf man danken, dass Zahlers Werk kein Happy End der schwülstigsten Sorte besitzt. Leider schwächt der Regisseur und Autor die Stärke seines Films ab und verwehrt ihm, dass ich in übergroße Jubelstürme ausbreche. Dennoch bleibt mein Fazit wohlwollend. Die minimalistische Handlung wird in den Händen von Zahler und seinem Team vor und hinter der Kamera zu einer weitgehend ruhigen, zweistündigen Reise, die durch ihre tolle Atmosphäre, dem Zusammenspiel der einzelnen Mimen und schöne Dialoge punkten kann. Übrig bleibt die gelungenste Verbindung von Western und Horror und den Verlust der Unschuld des verklärt dargestellten wilden Westens. Die aufsteigende, heranwachsende Zivilisation, von vier gänzlich unterschiedlichen Charakteren repräsentiert, hat mit ihrer vor-industriellen Urban Angst zu kämpfen, wenn die wie Urmenschen aus einer anderen Zeit über sie hereinfällt. Das angestrengte Aufbäumen führt zu einem Sieg mit bitterem Nachklang; für den Aufbau und Weiterbestand der Zivilisation müssen Opfer gebracht werden. Jahrzehnte früher zeigten uns die Italiener einerseits mit dem Italowestern eine vollkommen misanthropische bis nihilistische Version des wilden Westens und mit ihren Kannibalenfilmen den nächsten Versuch, einer mittlerweile industrialisierten, vorangeschrittenen Zivilisation gegen das (letzte?), gewaltsame Aufbäumen der Natur, des eigenen Ursprungs zu bestehen. Zahler lässt beim ganzen Zynismus dieser zwei Genres in seinem sehr gelungenen Debüt ein Stück weit Hoffnung, dass irgendwann alles wieder besser wird und die hier symbolisch schmerzlich und immer nahe gezeigten Wunden seiner Protagonisten, stellvertretend für die heutige Gesellschaft und Menschheit, bei aller immer noch herrschender Gewalt irgendwann einmal wieder verheilt sind.
Allen Widerwärtigkeiten zum Trotz kann man diese Kannibalenfilme auch als eine in der modernen, aufgeklärten Gesellschaft verwurzelte Urban Angst ansehen. Der in ein Stück unberührte Natur eindringende, technisch fortgeschrittene Mensch sieht sich in einer ihm unbekannten Welt, deren Gefahren nicht aus von ihm selbst geschaffenen Situationen oder Strukturen, sondern aus einer Wildnis, einem ursprünglich wirkenden Stück Erde entsteht. Mutter Natur schlägt zurück: ein Motiv, welches schon im aufgeklärten US-Horrorkino seit Beginn der 70er Einzug erhält, als in der Gesellschaft Themen wie Naturschutz immer höheren Stellenwert erlangte. Die Kannibalenepen italienischer Herkunft sind die pervertierte Mutation davon, in dem nun nicht einfach die Tierwelt, sondern gleich unser Ebenbild in einfacher, weniger intelligenter, aber doppelt gefährlicher Gestalt die Gefahr darstellt. S. Craig Zahler greift in seinem Debüt Bone Tomahawk diese Motive teilweise auf, wenn er das uramerikanische Genre des Westerns und die Menschen einer kleinen Siedlung mit urwüchsigen Wilden, die in ihrem Aussehen stark an die Menschenfresser aus Deodatos Meisterstück erinnern, konfrontiert bzw. kombiniert. Die aufs Minimum reduzierte Geschichte ähnelt dabei fast den italienischen Halbvorbildern.
Eine Veterinärin, ein Deputy und ein inhaftierter Landstreicher werden Nachts von zuerst für Indianer gehaltenen Wilden entführt. Der durch einen Beinbruch gehandicapte Mann der Ärztin (überraschend gut: Patrick Wilson), der Sheriff des Städtchens (mit gutem, reduziertem Spiel überzeugend: Kurt Russell), der alternde Deputy-Stellvertreter (grandios: Richard Jenkins) und der dandyhafte Brooder (ordentlich: Matthew Fox) machen sich auf den Weg, die entführten zu befreien. Dringen in den meist in Südamerika spielenden Kannibalenfilme Suchtrupps, Expeditionen, Forscher etc. in den Dschungel ein, um verschollene, fast verschluckte Menschen zu suchen oder zu befreien, wandelt das ungleiche Vierergespann durch eine triste Wüstenlandschaft um zu den Verschleppten zu gelangen. Zahler lässt seine Truppe spät auf den anthropophagen Schlag Menschen treffen. Zuerst wird Bone Tomahawk zu einem Trip, einem Prüfungsgang seiner Protagonisten, die auf ihrem Weg ihre unterschiedliche Wesen und Eigenarten zum gemeinsamen Sinn der Gruppe zusammenfügen müssen. Es ist ein Ritt in eine ungewisse Zukunft, wobei das Schicksal bedrohlich wie ein Aasgeier über sie schwebt. Die vier Reiter bringen nicht die Apokalypse, sie schreiten langsam aber sicher ihrem (persönlichen) Untergang entgegen. Mancher verdammt zu leben, mancher verdammt zu sterben.
Zahler konzentriert sich in seinem Script auf Kleinigkeiten, lässt die erste Prämisse seiner Protagonisten in den Hintergrund rücken und widmet sich wie zu Beginn des Films, der sich die Zeit nimmt, seine Figuren einzuführen (nicht um vorher aber typisch für das Horrorgenre ein Intro zu präsentieren, dass David Arquette und Sid Haig als erstes Opfer der Menschenfresser in deren Gebiet stolpern lässt und prophezeit, was den Hauptcharakteren blühen kann), lieber seinen Charakteren. Leider lenkt das manches Mal zu sehr von der eigentlichen Geschichte ab, aufkommende Konflikte innerhalb der Gruppe flackern manchmal so schwach wie ein langsam ersterbendes Lagerfeuer auf und verschwinden dementsprechend schnell wieder von der Bildfläche. Die schwerfällige Stimmung des Films, sein langsames Gemüt das in ebenfalls ruhigem Tempo die Ereignisse während der Reise steigert, weiß gut davon abzulenken. Leicht schwerwiegender negativ erscheint das Finale, wenn die Truppe im Gebiet der Menschenfresser ankommt. Letztere, die in ihrer bleichen Körperbemalung auch wie fleisch gewordene Schreckensgespenster anmuten, verlieren - abgesehen von den ersten Szenen in deren Höhle - mit steigender Screentime rapide an Bedrohlichkeit.
Das Potential des Unterbaus von Bone Tomahawk wird wortwörtlich schnell über den Haufen geschossen. Die Wilden verkommen zu Kanonenfutter in einer blutigen Reinkarnation der Hauptfiguren, allen voran der gebeutelte Arthur, Ehemann der entführten Frau, den man durch die bisherige Handlung fast abgeschrieben hätte. Die Anklage der auch im traditionellen Western mitschwingenden Xenophobie, verbunden mit seinem zweifelhaften Hurra-Patriotismus, macht Platz für eine leichte Heroenglorifizierung alter Westernschule. Dem Einfluss europäischer Genrefilme darf man danken, dass Zahlers Werk kein Happy End der schwülstigsten Sorte besitzt. Leider schwächt der Regisseur und Autor die Stärke seines Films ab und verwehrt ihm, dass ich in übergroße Jubelstürme ausbreche. Dennoch bleibt mein Fazit wohlwollend. Die minimalistische Handlung wird in den Händen von Zahler und seinem Team vor und hinter der Kamera zu einer weitgehend ruhigen, zweistündigen Reise, die durch ihre tolle Atmosphäre, dem Zusammenspiel der einzelnen Mimen und schöne Dialoge punkten kann. Übrig bleibt die gelungenste Verbindung von Western und Horror und den Verlust der Unschuld des verklärt dargestellten wilden Westens. Die aufsteigende, heranwachsende Zivilisation, von vier gänzlich unterschiedlichen Charakteren repräsentiert, hat mit ihrer vor-industriellen Urban Angst zu kämpfen, wenn die wie Urmenschen aus einer anderen Zeit über sie hereinfällt. Das angestrengte Aufbäumen führt zu einem Sieg mit bitterem Nachklang; für den Aufbau und Weiterbestand der Zivilisation müssen Opfer gebracht werden. Jahrzehnte früher zeigten uns die Italiener einerseits mit dem Italowestern eine vollkommen misanthropische bis nihilistische Version des wilden Westens und mit ihren Kannibalenfilmen den nächsten Versuch, einer mittlerweile industrialisierten, vorangeschrittenen Zivilisation gegen das (letzte?), gewaltsame Aufbäumen der Natur, des eigenen Ursprungs zu bestehen. Zahler lässt beim ganzen Zynismus dieser zwei Genres in seinem sehr gelungenen Debüt ein Stück weit Hoffnung, dass irgendwann alles wieder besser wird und die hier symbolisch schmerzlich und immer nahe gezeigten Wunden seiner Protagonisten, stellvertretend für die heutige Gesellschaft und Menschheit, bei aller immer noch herrschender Gewalt irgendwann einmal wieder verheilt sind.
Samstag, 24. März 2018
Ab in die Ewigkeit
Seit dem entflammen meiner Leidenschaft für den Horror, gefiel mir von allen Spielarten bzw. Subgenres der Slasher immer mit am meisten. Doch was liebe ich eigentlich an diesen "Schlitzerfilmen"? Sie sind im Grunde genommen leichte Unterhaltung, fühlen sich im Vergleich mit anderen Arten des phantastischen Kinos stumpfer an und können auch bei größerer Müdigkeit, mein jüngeres Ich spricht da aus Erfahrung, noch weggeglotzt werden. Die Filme stehen nicht nur, aber auch für kommerzielles, schnell produziertes B-Kino, mit denen meine filmische Sozialisation begann: zuerst wuchs im Teeniealter meine Vorliebe für Horror, nach und nach verfiel ich dem Medium, der Kunstform Film an sich, immer mehr. Von all' den auf Video aufgezeichneten TV-Ausstrahlungen ist einer der ersten Slasher, die ich sah, immer noch einer meiner liebsten: Angst - Das Camp des Schreckens, der im Fernsehen meist unter dem Titel Todesfalle am Mill Creek lief. Seine Hochphase waren die 80er Jahre und obwohl ich, Baujahr 1982, dieses Jahrzehnt nie richtig bewusst erlebte, bin ich heute eines dieser "schlimmen Retrokids", die mit verklärtem, nostalgischem Blick auf das Jahrzehnt blickt und dieses Subgenre unweigerlich mit diesem verknüpft. Last but not least entstand der Slasher filmhistorisch gesehen aus dem Giallo, den ich mit den Jahren ebenfalls sehr lieben lernte.
Trotz der Vorbildfunktion des Giallo orientierten sich die Filmemacher in den USA weniger offen an den italienischen Thrillern. In Werken wie di Leos Das Schloss der blauen Vögel oder Martinos Torso erkennt man eindeutige Elemente, die man später im Slasher immer wieder bewundern konnte. Giallo-Pionier Mario Bava legte in seinem Bay of Blood mit einer für den Film selbst sehr unwichtig erscheinenden Sequenz eine komplette Blaupause für den Ablauf vieler dieser Filme ab. Um so überraschter war ich, als ich nun eine Lücke schloss und mir den in der ersten, frühen Hochphase des Slashers Anfang der 80er entstandenen Ab in die Ewigkeit anschaute und feststellte, wie unverhohlen sich dieser bei den italienischen Kollegen bedient. Der auch unter seinem (viel schöneren) Originaltitel Happy Birthday To Me bekannte Film kombiniert eher Elemente beider Spielarten. Wie im Giallo selbst sehen wir hier einen Mörder, der der Reihe nach die Mitglieder einer Clique von Schülern einer Privatschule im Abschlussjahr, die sich selbst "Top Ten" nennt, umbringt und von dem man selbst nur die obligatorischen schwarzen Handschuhe zu Gesicht bekommt. Während zuerst fast niemand registriert, dass nach und nach die Freunde verschwinden, ist der Schrecken groß, als die ersten Toten gefunden werden. Die durch eine Gehirn-OP teilweise an Amnesie leidende Virginia, die als letzte zu dem ständig durch derbe Streiche auffallenden Grüppchen stieß, fürchtet durch ihre Aussetzer bald selbst, das sie die Mörderin sein könnte.
Nach wirklich sehr starken ersten zwanzig Minuten, in denen Ab in die Ewigkeit ein großes Tempo besitzt, dass hier dem Zuschauer einen ersten Mord, die Mitglieder der Clique und deren Sinn für den besonders provokanten, derben Spaß sowie eine atmosphärisch dichte Szene mit Gang über einen nebelverhangenen Friedhof, der in einem Fakescare endet, präsentiert, fällt dieses leider ebenso schnell ab. Schon während seinem ungestümen Beginn wächst die Erkenntnis, dass das Drehbuch nicht über die vollen, knappen zwei Stunden diese Geschwindigkeit gehen kann. Leider spannt es nach dem Einstieg einen umständlichen Bogen zwischen weiterer Etablierung der einzelnen Figuren mitsamt Hauptcharakter Virginia und der voranschreitenden Mordserie. Es wird ein sich seltsam anfühlender Kosmos entwickelt, in dem die einzelnen Mitglieder der Clique gleichzeitig in Freundschaft verbunden sind und offen Feindschaften und Streitereien pflegen. Es ist ein fühlbar erzwungener Kniff um überhaupt einen Mörder mit gewissen Gründen für sein tödliches Treiben in die Handlung integrieren zu können. Dessen Taten werden Streitigkeiten, meist ebenso konstruiert wirkend, vorangeschickt. Dazwischen quetscht man die mysteriöse Geschichte von Hauptfigur Virginia, für die man als Zuschauer durch die konfuse Handlung nie komplett Empathie entwickeln kann. Die eingestreuten Flashbacks der jungen Frau, welche über die Zeit Stück für Stück das mysteriöse Geheimnis um die Amnesie und ihre Gehirn-OP lüften, bringen die sprunghafte Handlung zusätzlich mehr ins Stottern als wohl beabsichtigt.
Ab in die Ewigkeit entwickelt sich zu einem fast schon anstrengenden, unentschlossenen Film, der - ebenfalls wie einige Gialli aus den 60ern - sich mehr dem klassischen Kriminalstück verbunden fühlt und zu einem Whodunit alter Schule wird. Durch sein Budget von 3,5 Millionen kanadischen Dollar besitzt der Film ein adäquates, sorgfältiges Auftreten; die Regie von J. Lee Thompson, der 1981 schon einige Jahrzehnte an Erfahrung mitbrachte und im weiteren Laufe der 80er Charles Bronson durch einige Selbstjustiz-Knaller von Canon Films jagte, ist routiniert. Thompson hätte es mit etwas mehr stringentem Wirken hinter der Kamera und angezogenen Zügeln allein aber auch nicht geschafft, gegen das weiter ausschweifende Drehbuch anzukämpfen. Dessen Unglaublichkeiten, die es im Finale abbrennt, retteten für mich den Film vor seinem Versinken in den großen Sumpf der Durchschnittlichkeit. An einem Punkt, als die blassen Nebenfiguren schon alle dezimiert wurden und die zunehmend häufiger an ihrem Verstand zweifelnde Virginia längst die letzten dünnen Fäden als Bezugsfigur für den Zuschauer abgekapselt hat und die Handlung hier schon leichte Anflüge von Abstrusität offenbart, übertrifft das Finale gefühlt alle überzeichneten, absurd wie wild konstruierten Auflösungen aller Gialli, für die ich dieses Subgenre unter anderem so liebe. Rational betrachtet ist das großer Schwachsinn; dieser wiederum besitzt einen eigenwilligen Charme, der mich zwischen diesen zwei Wahrnehmungen schwanken ließ.
Es ist komplett over the top, was in den letzten Minuten präsentiert wird. Erklärungen für die Motive des enttarnten Mörders wandeln auf einem schmalen Grat zwischen unglaubwürdig und positiv überspitzter Absurdität. Das Drehbuch von Ab in die Ewigkeit setzt immer wieder einen drauf, dass man fast meint, plötzlich eine Parodie auf das damals noch so junge Genre vor sich zu haben. Dies präsentiert er mit gebührendem Ernst und seien wir ehrlich: wer den Film und seine Auflösung kennt, der kann nicht abstreiten, dass diese eine ernsthaft schöne wie makabere Stimmung besitzt. Selten gibt es Filme, die sich durch sowas selbst vor ihrem eigenen Untergang retten können. Eigentlich wäre es ja nur einer unter vielen, der den Fans über die Jahre wohl nur durch den originellen wie seltsamen Mord mittels eines Fleischspießes, der auch auf dem Kinoplakat präsentiert wird und dem Umstand, dass er eben einer der ersten größeren Filme nach Halloween und Freitag der 13. war, im Gedächtnis haften blieb. Das Rad erfand der Film schon damals bei weitem nicht neu und die am Slasher ebenfalls so geschätzte, kreative Umsetzung der Mordszenen ist selbst bei kleineren Produktionen ausgefeilter und weit weniger an den Rand gedrängt, wie hier. Innerlich ließ mich sein herrlich überzogenes Finale lange Applaus klatschen; bin ich allerdings auch Liebhaber für filmische Obskuritäten. Happy Birthday To Me mag nicht der Beste unter den ersten Nachzüglern der aufkommenden Slasherwelle sein, allerdings ist er trotz seiner umständlichen Narration kein kompletter Ausfall.
Trotz der Vorbildfunktion des Giallo orientierten sich die Filmemacher in den USA weniger offen an den italienischen Thrillern. In Werken wie di Leos Das Schloss der blauen Vögel oder Martinos Torso erkennt man eindeutige Elemente, die man später im Slasher immer wieder bewundern konnte. Giallo-Pionier Mario Bava legte in seinem Bay of Blood mit einer für den Film selbst sehr unwichtig erscheinenden Sequenz eine komplette Blaupause für den Ablauf vieler dieser Filme ab. Um so überraschter war ich, als ich nun eine Lücke schloss und mir den in der ersten, frühen Hochphase des Slashers Anfang der 80er entstandenen Ab in die Ewigkeit anschaute und feststellte, wie unverhohlen sich dieser bei den italienischen Kollegen bedient. Der auch unter seinem (viel schöneren) Originaltitel Happy Birthday To Me bekannte Film kombiniert eher Elemente beider Spielarten. Wie im Giallo selbst sehen wir hier einen Mörder, der der Reihe nach die Mitglieder einer Clique von Schülern einer Privatschule im Abschlussjahr, die sich selbst "Top Ten" nennt, umbringt und von dem man selbst nur die obligatorischen schwarzen Handschuhe zu Gesicht bekommt. Während zuerst fast niemand registriert, dass nach und nach die Freunde verschwinden, ist der Schrecken groß, als die ersten Toten gefunden werden. Die durch eine Gehirn-OP teilweise an Amnesie leidende Virginia, die als letzte zu dem ständig durch derbe Streiche auffallenden Grüppchen stieß, fürchtet durch ihre Aussetzer bald selbst, das sie die Mörderin sein könnte.
Nach wirklich sehr starken ersten zwanzig Minuten, in denen Ab in die Ewigkeit ein großes Tempo besitzt, dass hier dem Zuschauer einen ersten Mord, die Mitglieder der Clique und deren Sinn für den besonders provokanten, derben Spaß sowie eine atmosphärisch dichte Szene mit Gang über einen nebelverhangenen Friedhof, der in einem Fakescare endet, präsentiert, fällt dieses leider ebenso schnell ab. Schon während seinem ungestümen Beginn wächst die Erkenntnis, dass das Drehbuch nicht über die vollen, knappen zwei Stunden diese Geschwindigkeit gehen kann. Leider spannt es nach dem Einstieg einen umständlichen Bogen zwischen weiterer Etablierung der einzelnen Figuren mitsamt Hauptcharakter Virginia und der voranschreitenden Mordserie. Es wird ein sich seltsam anfühlender Kosmos entwickelt, in dem die einzelnen Mitglieder der Clique gleichzeitig in Freundschaft verbunden sind und offen Feindschaften und Streitereien pflegen. Es ist ein fühlbar erzwungener Kniff um überhaupt einen Mörder mit gewissen Gründen für sein tödliches Treiben in die Handlung integrieren zu können. Dessen Taten werden Streitigkeiten, meist ebenso konstruiert wirkend, vorangeschickt. Dazwischen quetscht man die mysteriöse Geschichte von Hauptfigur Virginia, für die man als Zuschauer durch die konfuse Handlung nie komplett Empathie entwickeln kann. Die eingestreuten Flashbacks der jungen Frau, welche über die Zeit Stück für Stück das mysteriöse Geheimnis um die Amnesie und ihre Gehirn-OP lüften, bringen die sprunghafte Handlung zusätzlich mehr ins Stottern als wohl beabsichtigt.
Ab in die Ewigkeit entwickelt sich zu einem fast schon anstrengenden, unentschlossenen Film, der - ebenfalls wie einige Gialli aus den 60ern - sich mehr dem klassischen Kriminalstück verbunden fühlt und zu einem Whodunit alter Schule wird. Durch sein Budget von 3,5 Millionen kanadischen Dollar besitzt der Film ein adäquates, sorgfältiges Auftreten; die Regie von J. Lee Thompson, der 1981 schon einige Jahrzehnte an Erfahrung mitbrachte und im weiteren Laufe der 80er Charles Bronson durch einige Selbstjustiz-Knaller von Canon Films jagte, ist routiniert. Thompson hätte es mit etwas mehr stringentem Wirken hinter der Kamera und angezogenen Zügeln allein aber auch nicht geschafft, gegen das weiter ausschweifende Drehbuch anzukämpfen. Dessen Unglaublichkeiten, die es im Finale abbrennt, retteten für mich den Film vor seinem Versinken in den großen Sumpf der Durchschnittlichkeit. An einem Punkt, als die blassen Nebenfiguren schon alle dezimiert wurden und die zunehmend häufiger an ihrem Verstand zweifelnde Virginia längst die letzten dünnen Fäden als Bezugsfigur für den Zuschauer abgekapselt hat und die Handlung hier schon leichte Anflüge von Abstrusität offenbart, übertrifft das Finale gefühlt alle überzeichneten, absurd wie wild konstruierten Auflösungen aller Gialli, für die ich dieses Subgenre unter anderem so liebe. Rational betrachtet ist das großer Schwachsinn; dieser wiederum besitzt einen eigenwilligen Charme, der mich zwischen diesen zwei Wahrnehmungen schwanken ließ.
Es ist komplett over the top, was in den letzten Minuten präsentiert wird. Erklärungen für die Motive des enttarnten Mörders wandeln auf einem schmalen Grat zwischen unglaubwürdig und positiv überspitzter Absurdität. Das Drehbuch von Ab in die Ewigkeit setzt immer wieder einen drauf, dass man fast meint, plötzlich eine Parodie auf das damals noch so junge Genre vor sich zu haben. Dies präsentiert er mit gebührendem Ernst und seien wir ehrlich: wer den Film und seine Auflösung kennt, der kann nicht abstreiten, dass diese eine ernsthaft schöne wie makabere Stimmung besitzt. Selten gibt es Filme, die sich durch sowas selbst vor ihrem eigenen Untergang retten können. Eigentlich wäre es ja nur einer unter vielen, der den Fans über die Jahre wohl nur durch den originellen wie seltsamen Mord mittels eines Fleischspießes, der auch auf dem Kinoplakat präsentiert wird und dem Umstand, dass er eben einer der ersten größeren Filme nach Halloween und Freitag der 13. war, im Gedächtnis haften blieb. Das Rad erfand der Film schon damals bei weitem nicht neu und die am Slasher ebenfalls so geschätzte, kreative Umsetzung der Mordszenen ist selbst bei kleineren Produktionen ausgefeilter und weit weniger an den Rand gedrängt, wie hier. Innerlich ließ mich sein herrlich überzogenes Finale lange Applaus klatschen; bin ich allerdings auch Liebhaber für filmische Obskuritäten. Happy Birthday To Me mag nicht der Beste unter den ersten Nachzüglern der aufkommenden Slasherwelle sein, allerdings ist er trotz seiner umständlichen Narration kein kompletter Ausfall.
Sonntag, 18. März 2018
The Limehouse Golem
Manche Filme können mit einigen Voraussetzungen recht schnell mein Interesse wecken: unter anderem, wenn seine Thematik von Serienmördern handelt oder er zeitlich im viktorianischen England spielt und im besten Falle dabei einen leichten Touch von Gothic Horror mit sich bringt. The Limehouse Golem beinhaltet beides, weckte bei seiner Ankündigung für den heimischen Kinorelease mein Interesse und ging bei mir dann wie wohl beim übrigen Publikum leider etwas unter. Mein täglicher Besuch auf bestimmten Seiten, um mich zu informieren, was neu auf Netflix oder Amazon Prime hinzugefügt wurde, rief mir den zweiten Film von Juan Carlos Medina wieder ins Gedächtnis. Meinem manchmal stinkfaulem Gemüt kommt die Möglichkeit, sich Filme von zu Hause aus digital zu leihen, mehr entgegen als das damalige Konzept der Videothek. Man muss anders als früher nicht mehr die heimische Umgebung verlassen, um sich gegen schlanke Gebühr einen aktuelleren Film auszuleihen. Doppelter Gewinn, wenn man durch bestimmte Aktionen sogar nur einen Euro zahlen muss.
So ärgert man sich auch weniger, wenn, wie bei Get Out der Fall (siehe hier), der Film nicht überzeugen konnte. The Limehouse Golem ist das umgekehrte Beispiel: ohne jegliche Erwartungshaltung machte ich mich an diesen heran und wurde positiv überrascht. Seine Geschichte klingt dabei recht bekannt. Um 1880 geht im Londoner Hafenviertel Limehouse der Golem um, ein Mörder der scheinbar wahllos unter der Bevölkerung mit scharfer Klinge diese richtet. Eine Spur führt den ermittelnden Kommissar John Kildare zum unlängst verstorbenen Reporter und Theaterautoren John Cree, dessen Frau Lizzie, eine Berühmtheit in der Varieté-Szene, verdächtigt wird ihn vergiftet zu haben. Kildare sucht in Folge seiner Ermittlungen die inhaftierte öfter auf, um herauszufinden, was für ein Mensch Cree war und ob er und sein Assistent auf der richtigen Fährte sind. Lizzie schildert ihm dabei auch ihre eigene, tragische Kindheitsgeschichte und wie sie als Waise vom Komödianten Dan Leno unter seine Fittiche genommen wird und schließlich Cree kennenlernte.
Dies präsentiert der Film als munteres Springen in den Zeitebenen, lässt seine Figuren in der filmischen Gegenwart nach dem gesichtslosen Mörder suchen und lässt bei Lizzies Erzählungen ausgiebigen Rückblenden den Platz, um die bisherigen Ereignisse der Geschichte zu schildern. Dies mag ein Zugeständnis an die Romanvorlage sein, die stilistisch zwischen Briefen, Augenzeugenberichten oder Interviews aus der Perspektive verschiedener Figuren springt. Dem Buch des Engländers Peter Ayckroyd wird deswegen trotz größtenteils guter Besprechungen vorgeworfen, unübersichtlich zu sein. Durch sein hohes Tempo und der Etablierung vieler verschiedener Figuren, könnte man auch bei der Verfilmung schnell den Anschluss verlieren. Nach dieser kurzen Phase zu Beginn lässt sich das Drehbuch Zeit um ein düsteres Bild eines armen Londons und der Bewohner dieses Randgebiets zu zeichnen. Das nun ein Serienmörder in den engen, verworrenen Gassen von Limehouse sein Unwesen treibt, stellt der Film schnell an den Rand.
Dieser hält mehr die Geschichte zusammen und fügt mit Kildares Versuchen, die Unschuld Lizzies und gleichzeitig zu beweisen, dass in ihrem Ehemann ein wahres Monster steckte, die Geschichte um die junge Frau und ihren Aufstieg im Theater des charismatischen Dan Lenos, diese einzelnen Teile der Rückblenden, in ein sich mehr und mehr erschließendes Ganzes zusammen. Das die historische Person Dan Leno, der von 1890 bis 1904 lebte und tatsächlich ein zu seiner Zeit gefeierter Komödiant und Schauspieler war, in den Hintergrund rückt, scheint Absicht zu sein. Teile seiner Biographie und der Persönlichkeit gehen in die Hauptfigur der Lizzie über, Leno selbst wird ein kleiner Teil des größeren Ganzen. Hier besticht The Limehouse Golem inmitten seines herrlich üppigen, schweren und verfallenen Settings durch seine Doppelbödigkeit. Der simplen Serienmörder-Jagd steht gleichberechtigt ein Sittengemälde gegenüber und die Geschichte einer jungen Frau, die in einer strikt schwarz und weiß denkenden Gesellschaft, patriarchalisch geprägt, ihren eigenen Weg zu gehen versucht. Das funktioniert meist besser als der Thriller-Teil des Films, der durch die ausladend erzählten Rückblenden nicht kaschieren kann, dass das Drehbuch und der Täter nach einiger Zeit schon zu erahnen sind.
Sein Twist bleibt weniger überraschend wie geplant, wobei durch die straffe Erzählweise und der zielgeführten Regie Medinas sich trotzdem Spannung und ein leichtes Whodunnit-Gefühl aufbaut. Der zweite, in der finalen Einstellung präsentierte Twist wirkt hiermi bemüht, verfehlt aber nicht die durch seine schnell zu erratende Spur gewünschte Verwirrung des Zuschauers mit Interpretationsspielraum. Man fühlt sich an die so abwegigen wie herrlich verkomplizierten Auflösungen diverser Gialli erinnert. Die eingestreuten Mordszenen erinnern in ihrer Inszenierungsweise ebenfalls an diese italienischer Thrillerspielart, ohne allerdings die eigentliche Tat zu stark in den Vordergrund zu rücken. The Limehouse Golem stützt sich auf die erzählerische und mimische Stärke, der dank seiner Darsteller wie Bill Nighy, der den getriebenen Kommissar mimt, glänzen kann. Ihm zur Seite steht mit Olivia Cooke, welche mich schon in Bates Motel überzeugen konnte, eine bezaubernde und ebenfalls sehr gut aufgelegte Hauptdarstellerin, die Lizzie schön zwischen zerbrechlich und selbstbewusst springend darstellt.
Zuletzt fällt an The Limehouse Golem das wiederkehrende Thema der tabuisierten, weil von der Norm abweichenden Sexualität auf. Durch Lenos Auftreten, seine vielen weiblichen Rollen, dem androgynen Auftreten oder der immer wieder thematisierten, gerüchteten Homosexualität Kildares ist der Film ein leichter Blick in die Schwierigkeit des Anders sein, selbst wenn man sich schon am Rande der Gesellschaft, bei den "Freaks" der damaligen Zeit, befindet. Ausführlich behandelt wird dies nie, wie zur damaligen Zeit passend, schneidet es der Film an, ohne es aber großartig in die weitere Geschichte einzubauen. Lizzies selbstbewusste Seite und ihr damit verbundenes Auftreten passte wie das offene Ausleben seiner Persönlichkeit, fernab heterosexueller Normen, nicht richtig in das damals vorhandene Rollenbild. Diese Vielseitigkeit vereint The Limehouse Golem in ein stimmiges Gesamtbild, bei dem Fans richtiger Serienmörderschnetzeleien nicht zu viel roten Lebenssaft erwarten sollen. Mehr konzentriert sich Medina mit seinem Film auf das stimmige Gesamtbild seiner Geschichte, einem traditionellem Thriller mit dramatischer Note, der auch mit wirklich fantastischen Setdesign und seiner Atmosphäre punkten kann. Schade, dass der Film bisher so wenig Beachtung fand.
So ärgert man sich auch weniger, wenn, wie bei Get Out der Fall (siehe hier), der Film nicht überzeugen konnte. The Limehouse Golem ist das umgekehrte Beispiel: ohne jegliche Erwartungshaltung machte ich mich an diesen heran und wurde positiv überrascht. Seine Geschichte klingt dabei recht bekannt. Um 1880 geht im Londoner Hafenviertel Limehouse der Golem um, ein Mörder der scheinbar wahllos unter der Bevölkerung mit scharfer Klinge diese richtet. Eine Spur führt den ermittelnden Kommissar John Kildare zum unlängst verstorbenen Reporter und Theaterautoren John Cree, dessen Frau Lizzie, eine Berühmtheit in der Varieté-Szene, verdächtigt wird ihn vergiftet zu haben. Kildare sucht in Folge seiner Ermittlungen die inhaftierte öfter auf, um herauszufinden, was für ein Mensch Cree war und ob er und sein Assistent auf der richtigen Fährte sind. Lizzie schildert ihm dabei auch ihre eigene, tragische Kindheitsgeschichte und wie sie als Waise vom Komödianten Dan Leno unter seine Fittiche genommen wird und schließlich Cree kennenlernte.
Dies präsentiert der Film als munteres Springen in den Zeitebenen, lässt seine Figuren in der filmischen Gegenwart nach dem gesichtslosen Mörder suchen und lässt bei Lizzies Erzählungen ausgiebigen Rückblenden den Platz, um die bisherigen Ereignisse der Geschichte zu schildern. Dies mag ein Zugeständnis an die Romanvorlage sein, die stilistisch zwischen Briefen, Augenzeugenberichten oder Interviews aus der Perspektive verschiedener Figuren springt. Dem Buch des Engländers Peter Ayckroyd wird deswegen trotz größtenteils guter Besprechungen vorgeworfen, unübersichtlich zu sein. Durch sein hohes Tempo und der Etablierung vieler verschiedener Figuren, könnte man auch bei der Verfilmung schnell den Anschluss verlieren. Nach dieser kurzen Phase zu Beginn lässt sich das Drehbuch Zeit um ein düsteres Bild eines armen Londons und der Bewohner dieses Randgebiets zu zeichnen. Das nun ein Serienmörder in den engen, verworrenen Gassen von Limehouse sein Unwesen treibt, stellt der Film schnell an den Rand.
Dieser hält mehr die Geschichte zusammen und fügt mit Kildares Versuchen, die Unschuld Lizzies und gleichzeitig zu beweisen, dass in ihrem Ehemann ein wahres Monster steckte, die Geschichte um die junge Frau und ihren Aufstieg im Theater des charismatischen Dan Lenos, diese einzelnen Teile der Rückblenden, in ein sich mehr und mehr erschließendes Ganzes zusammen. Das die historische Person Dan Leno, der von 1890 bis 1904 lebte und tatsächlich ein zu seiner Zeit gefeierter Komödiant und Schauspieler war, in den Hintergrund rückt, scheint Absicht zu sein. Teile seiner Biographie und der Persönlichkeit gehen in die Hauptfigur der Lizzie über, Leno selbst wird ein kleiner Teil des größeren Ganzen. Hier besticht The Limehouse Golem inmitten seines herrlich üppigen, schweren und verfallenen Settings durch seine Doppelbödigkeit. Der simplen Serienmörder-Jagd steht gleichberechtigt ein Sittengemälde gegenüber und die Geschichte einer jungen Frau, die in einer strikt schwarz und weiß denkenden Gesellschaft, patriarchalisch geprägt, ihren eigenen Weg zu gehen versucht. Das funktioniert meist besser als der Thriller-Teil des Films, der durch die ausladend erzählten Rückblenden nicht kaschieren kann, dass das Drehbuch und der Täter nach einiger Zeit schon zu erahnen sind.
Sein Twist bleibt weniger überraschend wie geplant, wobei durch die straffe Erzählweise und der zielgeführten Regie Medinas sich trotzdem Spannung und ein leichtes Whodunnit-Gefühl aufbaut. Der zweite, in der finalen Einstellung präsentierte Twist wirkt hiermi bemüht, verfehlt aber nicht die durch seine schnell zu erratende Spur gewünschte Verwirrung des Zuschauers mit Interpretationsspielraum. Man fühlt sich an die so abwegigen wie herrlich verkomplizierten Auflösungen diverser Gialli erinnert. Die eingestreuten Mordszenen erinnern in ihrer Inszenierungsweise ebenfalls an diese italienischer Thrillerspielart, ohne allerdings die eigentliche Tat zu stark in den Vordergrund zu rücken. The Limehouse Golem stützt sich auf die erzählerische und mimische Stärke, der dank seiner Darsteller wie Bill Nighy, der den getriebenen Kommissar mimt, glänzen kann. Ihm zur Seite steht mit Olivia Cooke, welche mich schon in Bates Motel überzeugen konnte, eine bezaubernde und ebenfalls sehr gut aufgelegte Hauptdarstellerin, die Lizzie schön zwischen zerbrechlich und selbstbewusst springend darstellt.
Zuletzt fällt an The Limehouse Golem das wiederkehrende Thema der tabuisierten, weil von der Norm abweichenden Sexualität auf. Durch Lenos Auftreten, seine vielen weiblichen Rollen, dem androgynen Auftreten oder der immer wieder thematisierten, gerüchteten Homosexualität Kildares ist der Film ein leichter Blick in die Schwierigkeit des Anders sein, selbst wenn man sich schon am Rande der Gesellschaft, bei den "Freaks" der damaligen Zeit, befindet. Ausführlich behandelt wird dies nie, wie zur damaligen Zeit passend, schneidet es der Film an, ohne es aber großartig in die weitere Geschichte einzubauen. Lizzies selbstbewusste Seite und ihr damit verbundenes Auftreten passte wie das offene Ausleben seiner Persönlichkeit, fernab heterosexueller Normen, nicht richtig in das damals vorhandene Rollenbild. Diese Vielseitigkeit vereint The Limehouse Golem in ein stimmiges Gesamtbild, bei dem Fans richtiger Serienmörderschnetzeleien nicht zu viel roten Lebenssaft erwarten sollen. Mehr konzentriert sich Medina mit seinem Film auf das stimmige Gesamtbild seiner Geschichte, einem traditionellem Thriller mit dramatischer Note, der auch mit wirklich fantastischen Setdesign und seiner Atmosphäre punkten kann. Schade, dass der Film bisher so wenig Beachtung fand.
Donnerstag, 15. März 2018
Das Grab der blutigen Mumie
Die beginnenden 70er Jahre bedeuteten auch für die ehrwürdigen Hammer Studios, Heimat der Dracula- und Frankenstein-Filme mit Christopher Lee und Peter Cushing sowie ein Garant für atmosphärisch stimmige Gothic Horror-Filme, einen Umbruch. Die Zeiten änderten sich spürbar, die 68er und die damit einhergehende Hippie-Kultur rüttelten an alten gesellschaftlichen Konventionen. Die Filme wurden offener, zeigten mehr nackte Haut und dank Herschell Gordon Lewis 1963 entstandenen Blood Feast, dem allerersten reinen Splatterfilm der Filmgeschichte und George A. Romeros Night Of The Living Dead wurde auch die Gewalt immer grafischer. Ein Christopher Lee rümpfte ob dieser Entwicklung die Nase, Hammer hatte mit dieser cineastischen Evolution zu kämpfen. Ihre gothischen Gruselfilme setzten nicht nur am Set Staub an. Die brave, aussparende und nur selten full frontal arbeitende Erzählart führte zu rückläufigen Einspielergebnissen. In Folge dessen wurden die Dekolletees tiefer und generell mehr nackte Haut präsentiert und der Blutgehalt höher.
In diese Phase fiel auch Das Grab der blutigen Mumie, eine Adaption von Bram Stokers Roman "Jewel of the Seven Stars" (im dt. "Die sieben Finger des Todes"), der sechs Jahre nach dessen Welterfolg "Dracula" veröffentlicht wurde. Es war nach Die Rache der Pharaonen (1959), Die Rache des Pharao (1964) und Der Fluch der Mumie (1967) der gleichzeitig letzte Mumienhorrorfilm der Hammer Studios. Einen untoten, in alte Binden und Leinen gewickelten Ägypter gibt es hier nicht zu sehen. Tera ist der Name einer toten, aber äußerst ansehnlichen, alten ägyptischen Königen, deren Leichnam und unruhiger Geist für Schrecken sorgt. Während Professor Fuchs diesen im tiefsten Ägypten in einer Grabkammer auffindet, gebiert seine Frau gleichzeitig im fernen England seine Tochter Margaret und stirbt dabei. Jahre später geht der Schnitter durch die Reihen der damaligen Expeditionsmitglieder. Die mysteriösen Todesfälle rufen den sinistren Corbeck auf den Plan, der böses im Schilde zu führen scheint. Nachdem auch ihr Vater beinahe die Reise über den Styx antritt, versucht Margaret Licht ins Dunkel zu bringen. Es scheint, als würde die junge Frau immer besessener von der Geschichte Teras und dieser selbst werden.
Die anvisierte Kombination aus (seichtem) Grusel und Psychothriller funktioniert leider nur bedingt. Die Geschichte wirkt häufig unausgeglichen, unentschlossen ändern die Autoren des Buchs bis zum Ende hin die Ausrichtung des Films. Das Grab der blutigen Mumie schwankt zwischen vergessenswerten und durchaus gelungenen, atmosphärischen Szenen. Dazu gehören neben dem durchaus stimmigen Intro, welches uns ins alte Ägypten versetzt, die Sequenzen, in denen die damaligen Expeditionsteilnehmer von einer zuerst unbekannten Macht in den Tod getrieben wird. Höhepunkt ist hier das Ableben des Museumsdirektors, der nach seinem Sturz aus dem Fenster in die Tiefe von Margarets Freund aufgefunden wird. Dies kann man symbolisch für den Übergang Hammers in eine neue Zeit ansehen, wenn letzterer durch das London der Gegenwart, Nebelverhangen wie in den viktorianischen Gothic Horror-Geschichten des Produktionsstudios, schleicht um nach der Quelle der verstörenden Geräuschquelle zu suchen. Dieser Übergang gestaltet sich für Hammer in Das Grab der blutigen Mumie schwer.
Neben dem konfusen Drehbuch, dass zu wenig vorantreibende Teile der Geschichte mit atmosphärisch dichten Momenten mischt, kämpfte man hinter den Kulissen mit schwierigen Produktionsbedingungen. Regisseur Seth Holt verstarb völlig überraschend im Alter von 47 Jahren während der Dreharbeiten an einem Herzinfarkt, Michael Carreras musste einspringen und den Film zu Ende bringen. Einen Tag nach Drehbeginn musste Peter Cushing, der eigentlich für die Rolle des Professor Fuchs vorgesehen war, die Dreharbeiten durch die schwere Erkrankung seiner Frau abbrechen. Für ihn sprang Andrew Keir ein. Eine schwierige Zeit für das Team, das als Endergebnis einen launigen Horrorfilm ablieferte, der den weiteren Weg von Hammer in den 70ern andeutete, in seinem unentschlossenen Wesen leider wenig komplett funktionierende Atmosphäre (die, mit Verlaub, auch durch die mäßige deutsche TV-Synchro noch etwas gemindert wird) bietet. Erst später bäumte sich das Studio nochmal auf uns lieferte mit Filmen wie z. B. Draculas Hexenjagd oder Circus der Vampire späte Klassiker ab. Darin funktionieren auch die blutigeren Szenen, die hier mit nicht weiter erklärten, offen und blutig klaffenden Halswunden, nachdem die Opfer von einer Art Windstoß umweht wurden (!), zu Buche schlagen und nicht richtig ins Grundkonzept des Films passen wollen.
Im Endeffekt ist Das Grab der blutigen Mumie ein eher mäßiger Abschluss der Mumienphase des britischen Kultstudios, der wenig aus seinem durchaus vorhandenen Potenzial rausholt. In seinen nicht richtig funktionierenden Szenen kann der Film durch die wirklich hübsche, auch als Bond-Girl bekannte Valerie Leon ablenken. Leon allein und ihre ebenfalls bemüht gegen die fahrige Story anspielenden Kollegen können nicht viel gegen diese ausrichten. So bleibt der Film mehr im Gedächtnis für den sichtbaren Übergang Hammers in die angesprochene neue Zeit und weniger, weil er ein guter oder vollends überzeugender und stimmiger Horrorfilm ist. Für Fans des Studios und Freunde von Mumienhorrorfilmen, die leider immer etwas unterrepräsentiert sind, zu denen ich mich zähle, ist der Film einen kleinen Blick wert.
In diese Phase fiel auch Das Grab der blutigen Mumie, eine Adaption von Bram Stokers Roman "Jewel of the Seven Stars" (im dt. "Die sieben Finger des Todes"), der sechs Jahre nach dessen Welterfolg "Dracula" veröffentlicht wurde. Es war nach Die Rache der Pharaonen (1959), Die Rache des Pharao (1964) und Der Fluch der Mumie (1967) der gleichzeitig letzte Mumienhorrorfilm der Hammer Studios. Einen untoten, in alte Binden und Leinen gewickelten Ägypter gibt es hier nicht zu sehen. Tera ist der Name einer toten, aber äußerst ansehnlichen, alten ägyptischen Königen, deren Leichnam und unruhiger Geist für Schrecken sorgt. Während Professor Fuchs diesen im tiefsten Ägypten in einer Grabkammer auffindet, gebiert seine Frau gleichzeitig im fernen England seine Tochter Margaret und stirbt dabei. Jahre später geht der Schnitter durch die Reihen der damaligen Expeditionsmitglieder. Die mysteriösen Todesfälle rufen den sinistren Corbeck auf den Plan, der böses im Schilde zu führen scheint. Nachdem auch ihr Vater beinahe die Reise über den Styx antritt, versucht Margaret Licht ins Dunkel zu bringen. Es scheint, als würde die junge Frau immer besessener von der Geschichte Teras und dieser selbst werden.
Die anvisierte Kombination aus (seichtem) Grusel und Psychothriller funktioniert leider nur bedingt. Die Geschichte wirkt häufig unausgeglichen, unentschlossen ändern die Autoren des Buchs bis zum Ende hin die Ausrichtung des Films. Das Grab der blutigen Mumie schwankt zwischen vergessenswerten und durchaus gelungenen, atmosphärischen Szenen. Dazu gehören neben dem durchaus stimmigen Intro, welches uns ins alte Ägypten versetzt, die Sequenzen, in denen die damaligen Expeditionsteilnehmer von einer zuerst unbekannten Macht in den Tod getrieben wird. Höhepunkt ist hier das Ableben des Museumsdirektors, der nach seinem Sturz aus dem Fenster in die Tiefe von Margarets Freund aufgefunden wird. Dies kann man symbolisch für den Übergang Hammers in eine neue Zeit ansehen, wenn letzterer durch das London der Gegenwart, Nebelverhangen wie in den viktorianischen Gothic Horror-Geschichten des Produktionsstudios, schleicht um nach der Quelle der verstörenden Geräuschquelle zu suchen. Dieser Übergang gestaltet sich für Hammer in Das Grab der blutigen Mumie schwer.
Neben dem konfusen Drehbuch, dass zu wenig vorantreibende Teile der Geschichte mit atmosphärisch dichten Momenten mischt, kämpfte man hinter den Kulissen mit schwierigen Produktionsbedingungen. Regisseur Seth Holt verstarb völlig überraschend im Alter von 47 Jahren während der Dreharbeiten an einem Herzinfarkt, Michael Carreras musste einspringen und den Film zu Ende bringen. Einen Tag nach Drehbeginn musste Peter Cushing, der eigentlich für die Rolle des Professor Fuchs vorgesehen war, die Dreharbeiten durch die schwere Erkrankung seiner Frau abbrechen. Für ihn sprang Andrew Keir ein. Eine schwierige Zeit für das Team, das als Endergebnis einen launigen Horrorfilm ablieferte, der den weiteren Weg von Hammer in den 70ern andeutete, in seinem unentschlossenen Wesen leider wenig komplett funktionierende Atmosphäre (die, mit Verlaub, auch durch die mäßige deutsche TV-Synchro noch etwas gemindert wird) bietet. Erst später bäumte sich das Studio nochmal auf uns lieferte mit Filmen wie z. B. Draculas Hexenjagd oder Circus der Vampire späte Klassiker ab. Darin funktionieren auch die blutigeren Szenen, die hier mit nicht weiter erklärten, offen und blutig klaffenden Halswunden, nachdem die Opfer von einer Art Windstoß umweht wurden (!), zu Buche schlagen und nicht richtig ins Grundkonzept des Films passen wollen.
Im Endeffekt ist Das Grab der blutigen Mumie ein eher mäßiger Abschluss der Mumienphase des britischen Kultstudios, der wenig aus seinem durchaus vorhandenen Potenzial rausholt. In seinen nicht richtig funktionierenden Szenen kann der Film durch die wirklich hübsche, auch als Bond-Girl bekannte Valerie Leon ablenken. Leon allein und ihre ebenfalls bemüht gegen die fahrige Story anspielenden Kollegen können nicht viel gegen diese ausrichten. So bleibt der Film mehr im Gedächtnis für den sichtbaren Übergang Hammers in die angesprochene neue Zeit und weniger, weil er ein guter oder vollends überzeugender und stimmiger Horrorfilm ist. Für Fans des Studios und Freunde von Mumienhorrorfilmen, die leider immer etwas unterrepräsentiert sind, zu denen ich mich zähle, ist der Film einen kleinen Blick wert.
Mittwoch, 14. März 2018
Auslöschung
Auslöschung. Ein Wort mit negativer Ausstrahlung, welches man mit Gewalt und Brutalität assoziert. Der Duden umschreibt es mit "völlige Vernichtung". Kriegerisches Treiben unserer Spezies sorgte die letzten Jahrzehnte und Jahrhunderte dafür, dass man die dunkelsten Stunden der Menschheit damit verbindet. Verknüpft man dieses Wort mit Science-Fiction, tun sich Assoziationen mit gewaltsamen Invasionen der Erde von außerirdischen Wesen auf. In Alex Garlands Romanverfilmung, seinem zweiten Film nach seinem hochgelobten Debüt Ex Machina, steht es nicht für eine titelgebende, offen ausgetragene Zerstörungswut extraterrestrischer Wesen gegenüber der Menschheit, sondern für einen schleichenden Prozess. Den Beginn dazu liefert mit einem Meteoriteneinschlag in einen Leuchtturm allerdings etwas außerweltliches. Als würde damit ein stummer Beobachter von Außerhalb den Anstoß dazu geben, dass sich die Verhältnisse zwischen den auf unserem Planeten befindlichen Lebewesen neu ordnen.
In einem größeren Gebiet um den Leuchtturm herum, Area X genannt, geschehen bald mysteriöse Ereignisse. Erkundungstrupps, die sich durch den Schimmer, einem bunten Lichtphänomen, das die Grenze zum betroffenen Landstrich darstellt, wagten, kehrten bisher nie zurück. Bis auf Kane, Ehemann der Biologin und Dozentin Lena. Nach seiner überraschenden Rückkehr nimmt sie den bereits totgeglaubten Gatten im Wesen verändert, distanziert wahr. Als er über Unwohlsein klagt und er kollabierend ins Krankenhaus gebracht werden soll, wird der Krankenwagen von schwarzen Limousinen abgefangen. Diese bringen den Berufssoldaten und seine Frau in eine Forschungsstation, in der Lena von deren Leiterin Dr. Ventress über die letzte Mission ihres Gatten aufgeklärt wird. Sie schließt sich Ventress und ihrem Team an, als sie sich einen Tag später zu einer erneuten Erkundungstour in das Areal aufmachen. Dort findet das fünf-köpfige, weibliche Team eine vollkommen veränderte Natur mit mutierten Pflanzen und Tieren und Hinterbleibsel des letzten Erkundungstrupps vor.
So fremdartig die vorgefundene Flora und Fauna wirkt, erscheinen eher die Personen hier als Fremdkörper. Das stattgefundene Ereignis verwandelt das Areal in eine wilde, urzeitliche erscheinende Landschaft, unberührt vom Menschen und alle bisherigen, uns bekannten Naturregeln brechend. Die Erde selbst wird zu einer außerirdisch wirkenden Welt. Die Mutationen, welche das Leben der im Gebiet befindlichen Menschen bedrohen und die dort wirkenden Kräfte, ebenfalls für Leib und Leben eine Gefahr, sind Ergebnis eines uns vertrauten und hier so fremdartig wie bedrohlich wirkenden Prozess. Die hier stattfindende Evolution und Veränderung führt zur Auslöschung der für uns (be)greif- und sichtbaren Lebensformen, schafft gleichzeitig aber auch neue. Jedem Ende wohnt ein Anfang inne: der Tod erscheint lediglich als Übergang in eine andere Form des Lebens. Immer wieder nimmt die Geschichte querverweise zu unheilbaren Krankheiten auf, wenn Lena zu Beginn über Krebs referiert oder die bunt gefärbten, alles überwuchernden Pflanzen sie Anhand ihres Wachstumsart an Tumore erinnert. Am Ende, wenn Garlands Film der Geschichte Platz lässt für Stimmungen und Eindrücke, die keine konventionelle Erzählstruktur bedürfen, steht der Beginn für etwas Neues.
Im Leuchtturm selbst, den Ventress aufsuchen will um Erklärungen für den Schimmer und die mit ihm auftauchenden Phänomene zu finden, steigt Lena in einen durch den Meteoriteneinschlag geschaffenen Tunnel hinab in eine Höhle. Symbolisch scheint sie hier den umgekehrten Weg zurück in den Geburtskanal zu gehen um sich am warmen, dunklen Ziel ihrer langen Reise wortwörtlich zu erneuern. In diesem Finale lässt Auslöschung seine Geschichte, die in einigen Abschnitten mehr die Nähe zum Horror- als zum Science Fiction-Genre sucht und damit die ruhige, fast meditative Stimmung des Films durchbricht, zurück. Garland konzentriert sich auf die Atmosphäre und seine symbolhaften Bilder, bevor er mit der letzten Einstellung einen altbekannten, aber letztendlich ebenfalls interpretatonsreichen Twist präsentiert. Auslöschung schlägt damit eine Brücke vom erwachsenen, spröden Science-Fiction-Film der 70er Jahre, dessen Spirit er unleugbar versprüht, zum Paranoia-Kino der 50er Jahre á la Die Dämonischen. Ob nun wirklich eine außerirdische Macht versucht, die Menschheit zu infiltrieren und langsam auszulöschen, oder es einfach nur eine komplett vollzogene Veränderung Lenas darstellt, ist zu diskutieren.
Garlands Film ist herrlich erwachsenes Science-Fiction-Kino fernab von Effektdauerbeschallungsspektakeln des modernen Blockbusterkinos, welches mit seiner in beeindruckenden Bildern eingefangene Welt und ihren Details begeistern kann. Sein sperriges Wesen, sein Willen, eine deutungsreiche Geschichte zu präsentieren, bremst ihn gelegentlich aus, lässt ihn allerdings nicht, wie vom Produktionsstudio Paramount deklariert, zu intellektuell erscheinen. Auslöschung ist viel mehr ein Trip, eine Reise des Zuschauers mit der Protagonistin durch einen Lebensabschnitt der Umwälzungen verspricht. Trotz aller Gefahren, die um den symbolisch Rettung und Sicherheit versprechenden Leuchtturm lauern, schafft es Lena diesen zu erreichen um einen Abschnitt des bisherigen Seins zu beenden. Ob dies nun die Übernahme ihres Körpers durch eine außerirdische Macht ist oder es für eine erneute Zuwendung zu ihrem Mann steht, den sie gegen Ende in die Arme schließt, nachdem sein verändertes Wesen auch für die Entfremdung in einer Beziehung zwischen zwei Menschen steht, sei jedem selbst überlassen. Oder steht dies für die eventuell von außen gesteuerte Rache der Natur am Menschen für sein ignorantes, rücksichtsloses Verhalten dieser gegenüber? Der Tod, dem durch einige Einstellungen des Films eine makabre wie betörende Schönheit innewohnt, löscht aus und erschafft neu - so gefährlich und bedrohlich er für uns Menschen und unsere Existenz erscheint. Es kann einfach nur eine Übergang in eine neue Phase des Seines sein. Garlands Film kann man aus vielen Blickwinkeln sehen und diese Vielschichtigkeit, die Auschlöschung besitzt, der Gedanken aufwirbelt und wie die neuen, evolutionären Gesetze in der Area, neu zusammensetzt, machen ihn schon jetzt zu einem ersten Highlight des Jahres.
In einem größeren Gebiet um den Leuchtturm herum, Area X genannt, geschehen bald mysteriöse Ereignisse. Erkundungstrupps, die sich durch den Schimmer, einem bunten Lichtphänomen, das die Grenze zum betroffenen Landstrich darstellt, wagten, kehrten bisher nie zurück. Bis auf Kane, Ehemann der Biologin und Dozentin Lena. Nach seiner überraschenden Rückkehr nimmt sie den bereits totgeglaubten Gatten im Wesen verändert, distanziert wahr. Als er über Unwohlsein klagt und er kollabierend ins Krankenhaus gebracht werden soll, wird der Krankenwagen von schwarzen Limousinen abgefangen. Diese bringen den Berufssoldaten und seine Frau in eine Forschungsstation, in der Lena von deren Leiterin Dr. Ventress über die letzte Mission ihres Gatten aufgeklärt wird. Sie schließt sich Ventress und ihrem Team an, als sie sich einen Tag später zu einer erneuten Erkundungstour in das Areal aufmachen. Dort findet das fünf-köpfige, weibliche Team eine vollkommen veränderte Natur mit mutierten Pflanzen und Tieren und Hinterbleibsel des letzten Erkundungstrupps vor.
So fremdartig die vorgefundene Flora und Fauna wirkt, erscheinen eher die Personen hier als Fremdkörper. Das stattgefundene Ereignis verwandelt das Areal in eine wilde, urzeitliche erscheinende Landschaft, unberührt vom Menschen und alle bisherigen, uns bekannten Naturregeln brechend. Die Erde selbst wird zu einer außerirdisch wirkenden Welt. Die Mutationen, welche das Leben der im Gebiet befindlichen Menschen bedrohen und die dort wirkenden Kräfte, ebenfalls für Leib und Leben eine Gefahr, sind Ergebnis eines uns vertrauten und hier so fremdartig wie bedrohlich wirkenden Prozess. Die hier stattfindende Evolution und Veränderung führt zur Auslöschung der für uns (be)greif- und sichtbaren Lebensformen, schafft gleichzeitig aber auch neue. Jedem Ende wohnt ein Anfang inne: der Tod erscheint lediglich als Übergang in eine andere Form des Lebens. Immer wieder nimmt die Geschichte querverweise zu unheilbaren Krankheiten auf, wenn Lena zu Beginn über Krebs referiert oder die bunt gefärbten, alles überwuchernden Pflanzen sie Anhand ihres Wachstumsart an Tumore erinnert. Am Ende, wenn Garlands Film der Geschichte Platz lässt für Stimmungen und Eindrücke, die keine konventionelle Erzählstruktur bedürfen, steht der Beginn für etwas Neues.
Im Leuchtturm selbst, den Ventress aufsuchen will um Erklärungen für den Schimmer und die mit ihm auftauchenden Phänomene zu finden, steigt Lena in einen durch den Meteoriteneinschlag geschaffenen Tunnel hinab in eine Höhle. Symbolisch scheint sie hier den umgekehrten Weg zurück in den Geburtskanal zu gehen um sich am warmen, dunklen Ziel ihrer langen Reise wortwörtlich zu erneuern. In diesem Finale lässt Auslöschung seine Geschichte, die in einigen Abschnitten mehr die Nähe zum Horror- als zum Science Fiction-Genre sucht und damit die ruhige, fast meditative Stimmung des Films durchbricht, zurück. Garland konzentriert sich auf die Atmosphäre und seine symbolhaften Bilder, bevor er mit der letzten Einstellung einen altbekannten, aber letztendlich ebenfalls interpretatonsreichen Twist präsentiert. Auslöschung schlägt damit eine Brücke vom erwachsenen, spröden Science-Fiction-Film der 70er Jahre, dessen Spirit er unleugbar versprüht, zum Paranoia-Kino der 50er Jahre á la Die Dämonischen. Ob nun wirklich eine außerirdische Macht versucht, die Menschheit zu infiltrieren und langsam auszulöschen, oder es einfach nur eine komplett vollzogene Veränderung Lenas darstellt, ist zu diskutieren.
Garlands Film ist herrlich erwachsenes Science-Fiction-Kino fernab von Effektdauerbeschallungsspektakeln des modernen Blockbusterkinos, welches mit seiner in beeindruckenden Bildern eingefangene Welt und ihren Details begeistern kann. Sein sperriges Wesen, sein Willen, eine deutungsreiche Geschichte zu präsentieren, bremst ihn gelegentlich aus, lässt ihn allerdings nicht, wie vom Produktionsstudio Paramount deklariert, zu intellektuell erscheinen. Auslöschung ist viel mehr ein Trip, eine Reise des Zuschauers mit der Protagonistin durch einen Lebensabschnitt der Umwälzungen verspricht. Trotz aller Gefahren, die um den symbolisch Rettung und Sicherheit versprechenden Leuchtturm lauern, schafft es Lena diesen zu erreichen um einen Abschnitt des bisherigen Seins zu beenden. Ob dies nun die Übernahme ihres Körpers durch eine außerirdische Macht ist oder es für eine erneute Zuwendung zu ihrem Mann steht, den sie gegen Ende in die Arme schließt, nachdem sein verändertes Wesen auch für die Entfremdung in einer Beziehung zwischen zwei Menschen steht, sei jedem selbst überlassen. Oder steht dies für die eventuell von außen gesteuerte Rache der Natur am Menschen für sein ignorantes, rücksichtsloses Verhalten dieser gegenüber? Der Tod, dem durch einige Einstellungen des Films eine makabre wie betörende Schönheit innewohnt, löscht aus und erschafft neu - so gefährlich und bedrohlich er für uns Menschen und unsere Existenz erscheint. Es kann einfach nur eine Übergang in eine neue Phase des Seines sein. Garlands Film kann man aus vielen Blickwinkeln sehen und diese Vielschichtigkeit, die Auschlöschung besitzt, der Gedanken aufwirbelt und wie die neuen, evolutionären Gesetze in der Area, neu zusammensetzt, machen ihn schon jetzt zu einem ersten Highlight des Jahres.