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Dienstag, 15. Januar 2019

Red Sparrow

Fernab seiner reichlich gewöhnlichen Spionage-Story ist Red Sparrow unangenehmes Kino der Körperlichkeit. Diese setzt Hauptdarstellerin Jennifer Lawrence, mit hunderprozentigem Körpereinsatz vor der Kamera dabei, gut in Szene, zelebriert allerdings keineswegs seine attraktive Hauptdarstellerin noch den weiblichen Körper. Dieser fungiert im Film als Waffe, den die Sparrows, eine speziell ausgebildete Einheit des russischen Geheimdienstes, dafür einsetzen, um die Bedürfnisse ihrer Ziele zu analysieren und diese psychisch wie physisch zu manipulieren und zu verführen. In der Ausbildungssequenz erleben wir, wie die Aspiranten, männlich wie weiblich, geistig wie körperlich gebrochen werden. Dieser Bruch zieht sich durch das Leben der von Lawrence dargestellten Protagonistin Dominika. Ein falsch getimter Sprung ihres Partners lässt ihre aussichtsreiche Karriere als Tänzerin jäh beenden. Der Beinbruch ist zu kompliziert, um hinterher erfolgreich weiter Zeit auf den Bühnen zu verbringen.

Auftritt Dominikas Onkel Vanya. Wenig subtil verpackt deutet das Drehbuch dessen sexuelles Begehren der Nichte an; auf Blicke folgen kleine Annäherungsversuche, welche die hübsche Frau verwehrt. Letztendlich muss sich Dominika auf anderer Weise dem Verwandten fügen. Damit weiter die schwer kranke Mutter versorgt bleibt, nimmt sie widerwillig sein drängendes Angebot wahr, für die Sparrows zu arbeiten, welche ihm als Vize-Direktor des Geheimdiensts unterstellt sind. Den Stolz, die Selbstbestimmtheit und eisig-kalte Unnahbarkeit der jungen Frau legt Vanya als beste Voraussetzungen für eine große Karriere bei den Sparrows aus. Deren Ausbildung erweist sich als zermürbende Tortur für Körper und Geist, welche darin kontinuierlich gebrochen werden soll. Erniedrigung, psychische Machtspiele, sexuelle Gewalt. Genüsslich hält die Kamera in Red Sparrow dabei drauf. Der Film erschafft einen nie komplett zu Ende gegangenen kalten Krieg, lässt kein Klischee über den vermeintlich bösen Russen aus und lässt Charlotte Rampling als Ausbilderin zu einer hollywood'schen Möchtegern-Ilsa werden, welche in diesen Klischees aufgeht und ihr Spiel auf bemühtes fies sein reduziert.

Red Sparrow entwickelt sich zu einem atmosphärisch düster gewollten, fahl ausgeleuchteten Spionage-Thriller mit exploitativen Zügen. Allen Widerwärtigkeiten zum Trotz, mit denen einige männliche Figuren dargestellt werden, bleibt deren Existenz bloß eine gewisses Alibi für das Drehbuch, damit dieses regelmäßig seinen fragwürdigen Körperkult durch die unnötig aufgeblähte Story schimmern lassen kann. Dessen Zelebrierung in der Dekonstruktion des Körpers kulminiert in einigen harten, deplatziert wirkenden Folterszenen. Die Anbiederung an der guten, alten Zeit und das Wildern in Mechanismen des Exploitation-Films lässt nicht übersehen, wie Red Sparrow bei allen falschen Anzeichen, dass sich eine gar nicht mal so schwach erscheinende Frau gegen finstere wie eklige Penisträger behaupten kann, gleichzeitig die Frau wieder einmal als eine Art Bedrohung für das männliche Geschlecht dargestellt wird. Dominika muss sich fügen, notgedrungen, im ewig gleichen wie langweiligen Machtspiel zwischen Herr und Dame. Selbstbewusstsein und sexuelle Eigenbestimmung gehört für manche anscheinend immer noch ins Reich der Märchen.

Der ganze Rest, die Suche nach einem amerikanischen Maulwurf innerhalb der russischen Reihen gestaltet sich als ungelenker Thriller, der häufig mit seinen Längen zu kämpfen hat. Dominikas Ansetzung auf einen CIA-Agenten wird selten spannend und gefühlt aberhunderte Wendungen lassen trotzdem die Aufmerksamkeit weiter schwinden. Lieber ergehen sich das Drehbuch und Regisseur Francis Lawrence darin, die Weiblichkeit in schmierigen, männlichen Allmachtsfantasien hinter dem neuerlich vorgezogenen eisernen Vorhang nieder zu machen. Getreu dem Motto "Wenn du zum Weibe gehst, vergiss' die Peitsche nicht" werden Frauen hier über zwei Stunden äußerst unangenehm dargestellt um am Ende als Alibi Dominika trotz aller Erniedrigungen als Gewinnerin dastehen zu lassen. Die vorherige Dekonstruktion der Körper im Film und die pure Ausnutzung des weiblichen Körpers als Waffe des Mannes gegen das eigene Geschlecht mag in Bahnhofskino-Filmen ab den 60er Jahren besser funktionieren. Mag es sein, dass man diese noch mehr im Kontext des damals vorherrschenden Zeitgeists sieht, leicht ironisch goutiert oder sie - anders als Red Sparrow - bei all' dem fragwürdigen Frauenbild gar keinen Versuch unternehmen, mit fadenscheinigen Entscheidungen in der Geschichte das Publikum versöhnlich zu stimmen, dass ja alles gar nicht so gemeint ist. Darin scheitert Lawrence' Film sehr schnell und entwickelt sich in seiner Überlänge schleppend zu einem durchschnittlichen Spionage-Thriller mit unangenehmen Unterton.

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