Eigentlich möchte ich gleich zu Beginn gar nicht so harsch mit Nobody Sleeps in the Woods Tonight ins Gericht gehen. Eine Sache wurmt mich persönlich bei diesem Film dann doch viel zu sehr, um sie nicht anzusprechen: der in Polen entstandene Backwood-Horrorfilm könnte viel mehr Potenzial aus seinem für das Genre exotisch anmutenden Entstehungsland und die Anspielungen an die dort vorherrschenden Zustände herausholen. Es reicht aber leider nicht aus, eine der ansonsten papierdünn charakterisierten Figuren als offen homosexuell darzustellen oder dass in der Post-Credit-Sequenz zwei voll bis oben hin durch den Wald torkelnde Saufkumpane stellvertretend für den mehr als unangenehmen Part des nationalistisch eingestellten Teil der Bevölkerung des Landes stehen. Im Kontext zum restlichen Film sind das zwei durchaus interessante, aber nur angerissene Themen, die leider nicht weiter verfolgt bzw. vertieft werden.
Geschenkt hätten sie ihm mehr Eigenständigkeit, weil sich Autor und Regisseur Bartosz M. Kowalski am (Sub-)Genre brav abarbeitet und ihm einen stark amerikanisierten Touch schenkt. Eine Gruppe von Jugendlichen wird von ihm ins polnische Hinterland in ein Offline-Camp geschickt, in dem diesen ihre exorbitante Handy-, Game- oder Internet-Nutzung abgewöhnt werden soll. Nach der Einweisung in die Camp-Gepflogenheiten durch den übertrieben motivierten Campleiter, der frisch, fromm, fröhlich, frei mit den Schutzbefohlenen zu Werke gehen möchte werden Gruppen gebildet, welche bei einem Wanderausflug zueinander finden sollen. Die ins Zentrum der Handlung gestellte Gruppierung bietet mit dem blonden Püppchen, der verschlossenen Außenseiterin, einem sportlichen Beau und dem feigen Nerd alte Slasher-Bekannte, die im Verlauf des Films auf zwei im Wald lebende riesige, verformte und mordlustige Zwillinge treffen, die im steten Durst und Hunger nach Blut und Fleisch in den Teens die passende Beute sehen.
Hierbei zitiert Kowalski quer durch das Slasher- und Backwood-Genre und lässt durch eine Szene zusätzlich vermuten, dass er Der Blob ebenfalls sehr schätzt. Das macht er so sorgfältig wie es der Aufbau der Story sein soll, welche mit Fokus auf die schweigsame Zosia und Schwenks auf ihre schicksalsschwere Vergangenheit diese ausdehnt um zwischen all' den bekannten Genre-Koventionen eine Identifikations-Figur für den Zuschauer zu etablieren. Leider sind die Beschränkungen auf erwähnte Konventionen so stark, dass auch sie nicht mehr als ein schon oft im Horrorfilm erblicktes Final Girl wird, dass sich gegen die Übermacht der deformierten Zwillinge anscheinend erwehren kann. Mit einem kleinen Subplot um einen Geistlichen und Rückblenden auf Zosias Vergangenheit möchte Nobody Sleeps in the Woods Tonight seine straight runtergerotzte Story etwas mehr in die Breite dehnen, anstatt seinem Publikum ausschließlich Blut und Gekröse zu bieten. Davon gibt es im Film einiges; die praktischen Effekte sind ansehnlich und versprießen hübsch oldschooliges Flair. Aber: Gore allein macht nicht glücklich.
Zumindest nicht im Falle von Nobody Sleeps in the Woods Tonight, der merklich darum bemüht ist, es so wie die zitierten Vorbilder zu machen. Bis zu einem gewissen Punkt bietet das einen Spaß-Faktor, der am Punkt, wenn Kowalski seinen Lieblingen huldigt, endet. Zwar greife auch ich in manchen Bereichen des Horrorfilms zum Kredo "Besser gut kopiert als schlecht selbst gemacht", nur bleibt der Film in seinem oberflächlichen Aneinanderreihen bekannter Genre-Szenerien stecken. Dann entpuppen sich die durchaus interessanten Killer als bloße Mordwerkzeuge des Autors um die flachen Figuren meist ziemlich blutig aus der Handlung scheiden zu lassen. Das gebiert sich so schmucklos wie man sich das polnische Hinterland wohl auch vorstellt und hinterlässt den Zuschauer mit Schulterzucken. Mehr als Durchschnittsware mit hohem Blutgehalt ist das nicht, deren größtes Alleinstellungsmerkmal einzig sein Entstehungsland ist. Andere Produktionen bieten bei gleichem konventionellem Verlauf mehr Profil und verstehen es auch mehr, die Vorlieben der Schöpfer spritziger einzubetten.
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