In einigen Filmen von John Dahl sind die Figuren nicht selten on the run. Irgendwie immer in Bewegung, kaum im Stillstand und öfter auf der Flucht befindlich. Selbst wenn sie wie in Red Rock West in einer Schleife festzustecken und an das im Filmtitel befindliche Kaff gefesselt zu sein scheinen. Meist beiläufig nutzt Dahl für seinen Erzählstil die Straße dafür, wofür sie auch im realen Leben gedacht ist: als Transportmittel, ein Instrument, um Charaktere und Handlung wortwörtlich in Fahrt zu halten. Als Auteur bevölkert er seine Geschichten mit Driftern, welche sich den Asphalt unter ihren Rädern oder Füßen bemächtigen. Sie stehen weiterhin im Vordergrund, während sie Runde um Runde drehen, Kilometer fressen und trotzdem nicht von der Stelle kommen, da Dahl dieses Movement seiner Figuren mit endlos erscheinender Wüsteneinöde wiederum so einschränkt, dass letztendlich eine Konfrontation mit Gegenspielern, dem eigenen Schicksal etc. stattfinden muss. Mit Joy Ride - Spritztour war der Amerikaner on the road again, welcher sichtlich von Spielbergs Made-for-TV-Thriller Duell inspiriert wurde. Hier wird die Straße nun klar in den Mittelpunkt gerückt; ist Schauplatz für eine einfache Geschichte um zwei charakteristisch so unterschiedliche Brüder.
Der Saubermann der beiden, Fuller, ist auf dem Weg zu seiner besten Freundin Venna und muss auf seinem Trip einen Abstecher machen, um den Chaoten, Fuller, nach einer Nacht im Gefängnis abzuholen. Eigenmächtig schließt sich Fuller seinem jüngeren Bruder auf dessen Trip an und ersteht ein CB-Funkgerät, mit dem sie einen Trucker, der sich "rostiger Nagel" nennt, einen bösen Streich spielen. Als Frauen getarnt locken sie ihn mit einer Liebesnacht als Versprechen in ein Motel. Sie ahnen allerdings nicht mit der gewalttätigen Reaktion ihres Opfers, als dieser im direkt neben dem Zimmer der Geschwister gelegenen Raum anstatt einer verführerischen Schönheit einen Kerl vorfindet. Der wütende Lkw-Fahrer dreht noch mehr auf und beginnt, als er die Urheber der unschönen Verarsche ausfindig machen kann, diese kreuz und quer durch die Ödnis zu jagen. In Joy Ride erhebt sich die Straße in der Filmographie des Amerikaners vollends zum Dreh- und Angelpunkt. Dabei stammt das Script nicht mal von ihm selbst. Für dieses zeichnen sich Clay Tarver und J. J. Abrams verantwortlich, welche eine minimalistische, aber ungeheuer ausgeklügelt auf Spannungsmomente abzielende Geschichte verfasst haben. Fast ständig mit dem Fuß auf dem Gas brettert Dahl full throttle durch den Film und beweist sein Gespür für effektiven Thrill. Die beiden Autoren erschufen für ihren Macher auf dem Regiestuhl ein Biotop, in dem sich dieser spürbar wohlfühlt und austoben kann. Bis zu seinem Höhepunkt ist der Film ein mitreißender Road-Thriller, der seine Schwächen - eher stereotyp angelegte Teen-Figuren und die an sich überkonstruierte Handlung - schnell vergessen macht. Beinahe ironisch erscheint es, dass der hier nur auf die Inszenierung konzentrierte Dahl in einem von seinen selbst verfassten Werken gar nicht so weit entfernten Schauplatz-Konstrukt letztendlich selbst aus dem erzählerischen point of no return insofern den Ausbruch schafft und beweist, dass er nicht nur eine gewisse Art von Genre kann.
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