In den ausgehenden 80ern und den sich ankündigenden 90ern versprühten Videos mit Vale-Tudo- bzw. Free Fight-Kämpfen einen Hauch verlockender Illegalität, die interessierte Menschen in den Underground des Vollkontaktsports sogen. Über die Jahrzehnte hat sich das Ganze stark verändert. Irgendwann entstand der Begriff des Shootfightings, wie in Japan Mixed Martial Arts-Veranstaltungen bezeichnet wurden. Letztere Bezeichnung gilt heute als Überbegriff für einen seit Jahren erfolgreichen Kampfsport, der nicht nur in Deutschland harsche Kritik wegen seiner rohen Brutalität über sich ergehen lassen musste. Geld haben Organisationen wie Ultimate Fighting Championship oder Bellator trotzdem zu Hauf gescheffelt und dort bekannt gewordene Athleten wie Ronda Rousey oder Matt Riddle wechselten zum eher auf Show setzenden Wrestling und begannen durchaus erfolgreiche zweite Karrieren. Entgegengesetzt verbuchten vom Wrestling kommende Fighter wie Brock Lesnar oder Bobby Lashley in ihren MMA-Karrieren beachtliche Erfolge. Der Kreis hat sich längst geschlossen. Shootfight-Pioniere wie Ken Shamrock oder Minoru Suzuki gelten heute in beiden Bereichen - Wrestling und MMA - als Legenden.
Noch einen drauf setzt die in den USA beheimatete Indie-Wrestling-Liga Game Changer Wrestling. Diese veranstaltet - vorausgesetzt das keine Pandemie unser aller Leben aus den alltäglichen Fugen hebelt - einmal im Jahr eine Shoot Style-Wrestling-Veranstaltung namens "Bloodsport". Dort wird auf das herkömmliche Booking - das durchplanen des Kampfverlaufs und Bestimmen des Siegers - verzichtet und lässt in einem Turnier die stärksten der Starken gegeneinander antreten. Die Bereiche verschwimmen an manchen Stellen, obwohl sich MMA und Wrestling ansonsten weiter versuchen voneinander abzugrenzen. Wenn Hauptdarsteller Lou Ferrigno in den Cage Fighter-Filmen im Käfig steht und seinen Kontrahenten die Grütze aus dem Körper hämmert, erinnerte mich nicht nur das mehr an Wrestling- als an Shootfight-Kämpfe. Der als Hulk in der gleichnamigen TV-Serie bekannt gewordene Ex-Bodybuilder hätte in der Entstehungszeit beider Filme schon wegen seiner Körperstatur wunderbar in das Big Men-Universum der damals noch als World Wrestling Federation firmierenden Company von Vince McMahon gepasst.
Die Inszenierung der Kämpfe, Herzstück aller Action-Kloppereien, die illegale Kampf-Turniere als Aufmacher ihrer sonst austauschbaren Story nutzen, mutet schwerfällig an. Mitreisende Dynamik wird in Cage Fighter (1989) nicht entfacht, wenn Ferrigno als ehemaliger Soldat Billy, der bei einem Vietnam-Einsatz eine schwere Kopfverletzung davontrug, im Käfig seine Fäuste benutzt. Die kurz gehaltenen Fights scheinen Beiwerk für den Film zu sein, der eigentlich mit seinen Titel genau für diese wirbt. Bevor Billy in den Squared Circle stapfen muss, widmet sich Cage Fighter für diese Spezies Film überraschend detailliert der Beziehung zwischen Ferrignos Figur und ihrem Freund Scott Brown. Der Prolog führt nach Vietnam bzw. dem, was das schmale Budget uns versucht weiszumachen, dass dies das ostasiatische Land sei. Billy rettet Scott im letzten Monat aus einem verloren geglaubten Gefecht und fängt sich leider einen Kopfschuss ein, der ihn geistig auf den Stand eines Kindes zurückwirft. Mit viel Schmalz im Titellied zeigt uns der Vorspann die mühsame Reha Billys, mit Scott als treuem Freund an seiner Seite.
Hat man dies überstanden, werden in Scotts Kneipe zwei hochverschuldete Schmalspur-Ganoven Zeuge einer Schlägerei, bei denen sie von Billys Kräften beeindruckt werden. Da das Duo es auf normalen Wege nicht schafft, Scott oder Billy davon zu überzeugen, für sie bei illegalen Kämpfen anzutreten, schmieden sie einen niederträchtigen Komplott. Sie lassen Scotts Bar abfackeln und locken Billy mit einer Finte zu sich und überreden ihn, am Turnier teilzunehmen, in dem sie ihm glauben lassen, er kann damit Geld für das abgebrannte Lokal verdienen. Dies ruft Scott auf den Plan, der versucht, seinen Brother from another mother aus den Fängen der Kriminellen zu befreien. Erstaunlich ist daran, dass alles, was Cage Fighter bis dahin präsentiert, so auch in anderen Werken präsent und meist besser inszeniert ist. Regisseur Lang Elliott weist den Weg durch das Script kurzsilbig und grobmotorisch. Szenen strecken sich oder stehen offensichtlich nur deswegen im Drehbuch, um die Laufzeit zu dehnen. Auf optischer Seite sieht es nicht besser aus. Cage Fighter wirkt durchgehend heruntergekommen und zeigt dem Zuschauer damit ohne Scham, dass er für ein paar schmale Taler zusammengezimmert wurde.
Der Shabby Style des Films wirkt optisch wie narrativ Wunder. Diese mögen schmal sein, aber wirksam. Ferrignos Charakter ist nervig wie liebenswert; zumindest in der deutschen Fassung, da dessen Synchronsprecher Thomas Wolff mit seiner hohen, manchmal quäkigen Stimme entgegen den Strich gecastet erscheint, aber für Billys Wesen gut passt. Kumpane Scott wird von Reb Brown verkörpert, dem ich (wie dem ganzen Film) persönlich jedes Mal beim Genuss von Antonio Margheritis Einer gegen das Imperium (hier besprochen) heimliche Luftküsse entgegen schleudere. Beide Hauptdarsteller sind meilenweit von einer Oscar-verdächtigen Leistung entfernt, Brown wirkt nicht nur in den Actionszenen steif, aber die Chemie auf dem Bildschirm stimmt. Sie sind sympathische B-Buddys, die in ein quatschiges Storyumfeld geschrieben worden sind. Wenn man sich dem Film gegenüber öffnet, sorgen auch die wenigen flachen, humoresken Einschübe für eine erhöhte Kurzweil. Objektiv ist das Käse, den man nicht weg diskutieren kann. Die subjektive Ebene bzw. Wahrnehmung des Zuschauers kann Cage Fighter durchaus für sich gewinnen.
Manchmal riecht es gegen Ende etwas offensichtlich nach Bloodsport-Kopie. Der Bolo Yeung-Ersatz für den allmächtigen Champ bleibt bis zum unausweichlichen, letzten Duell leider recht bass. Dessen Darsteller Tiger Chung Lee, der von 1982 bis 1988 in den USA in den Wrestling-Ring, u. a. auch für die WWF (heute WWE), stieg. Mit vielen weiteren bekannten Gesichtern wie James Shigeta, Al Leong oder Al Ruscio fühlt sich Cage Fighter wie ein nicht immer angenehmes Wiedersehen mit alten Bekannten an, dass mit einigem Abstand betrachtet doch wieder okay ist. Der Film wandelt auf dem schmalen Grat zwischen B- und C-Action, von dem seine Fortsetzung Cage Figher II - Arena of Death (1994) stolpert und sich selbst ein T. K. O. verpasst. Darin hat das Cage Fighting einen halben Schritt aus dem Untergrund gewagt und wird im Kabelfernsehen übertragen. Strippenzieher sind weiterhin windige Geschäftsmänner, die es abermals mit Billy und Scott zu tun bekommen.
Bei einem Überfall auf einen Supermarkt bzw. dem, was das noch schmälere Budget uns weiszumachen versucht, dass dies ein Selbstbedienungsladen sei, wird Scott nach dem Schusswechsel zunächst für tot geglaubt. Abgesehen haben sie es auf Billy, den sie betäubt und entführt haben. Unter Droge gesetzt, zwingen sie ihn wieder auf die Matte und kreieren aus ihm den neuen Undisputed Champ der Liga. Derweil macht Scott die Bekanntschaft zweier Interpol-Agenten, welche ihm helfen wollen, seinen Freund aus den Fängen der Drahtzieher hinter dem Kampfspektakel zu befreien. Dem ungeschriebenen Sequel-Gesetz folgend, schenkt die Rückkehr in die Arena dem Zuschauer mehr von allem. Mehr Fights, mehr Leerlauf, mehr Quatsch. So simpel wie effektiv sich der erste Teil präsentierte, so ärgerlich plump wirkt der zweite. Ferrignos Billy scheint hier zu mahnen, dass auch im sanftesten Riesen eine Bestie steckt und diese hervorgelockt werden kann. Häufig aus der Frosch-Perspektive gefilmt, ist der zugedröhnte Veteran eine Larger Than Life-Version der Figur des Vorgängers.
In seiner Wirkung nutzlos ist dieser Ansatz, da Cage Fighter II es verspielt, abermals die bekannten Konventionen seines Genres mit Charme aufzuwerten. Lang Elliott geht mit seiner Regie noch grobschlächtiger um und kreiert viele dröge Momente, durch die es sich zu kämpfen gilt. Der in die Story eingewobene Ansatz einer Love-Story zwischen Billy und seiner von seinem Boss bestellten,, persönlichen Dienerin schlägt dem Fass den Boden aus. Anstrengende Momente voll angestrengter Emotionalität, die eine leere Hülle an Dramatik zurücklässt und einzig die Laufzeit aufbläst. Ferrigno spielt den gleichen Charakter, der nicht mehr der selbe ist. Was Cage Fighter erschaffen hat, wird im Sequel willkürlich umgekrempelt. Schwerlich möchte man von neuen Perspektiven auf eine Figur sprechen. Dafür wird im Vergleich mit dem Erstling zu wenig variiert. Mehr kopiert man sich beim Versuch Neues zu erschaffen, selbst. Und das nicht mal gekonnt. Die Action mag kompakter erscheinen und lahmt hintergründig sichtbar.
Die Arena of Death entpuppt sich als schaler Aufguss des ersten Teils mit verschobenen Konstellationen und ist mehr als Cage Fighter ein austauschbarer und dämlicher Actionfilm. Er bietet mehr und gibt dem Zuschauer weniger. Man darf froh sein, dass das halbwegs offene Ende nicht zu einem dritten Film geführt hat. Eventuell wäre das qualitativ nochmal eine oder mehr spuren erbärmlicher gewesen. Sollte man Lust auf simpel gestrickte Action mit viel Muskelpower aus der güldenen, bereits leicht verblassenden Videotheken-Zeit bekommen, darf man gerne einen Blick auf Cage Fighter werfen. Den zweiten Teil wiederum sollte man in einer Gegend, in die man sich zumindest allein niemals traut, verfrachten und in versteckten Kellergewölben in einen Käfig sperren. Und den Schlüssel wegwerfen. Oder sich durch andere der dutzenden Käfigkämpfer-Filme wühlen, welche bis dato produziert werden und zumeist weiterhin kämpferisch fachkundiges Hauptdarsteller-Personal wie z. B. in Cagefighter: Worlds Collide aufstellt. Darin ist der ehemalige AEW-World Champion Jon Moxley, bei WWE dem Mainstream-Publikum unter dem Namen Dean Ambrose bekannt geworden, zu sehen, welcher sich mit einem MMA-Champion ein verbissenes Duell liefert. Nur vom abgeranzten Charme des Untergrunds eines Cage Fighters ist darin leider längst nichts mehr zu spüren.
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