Der abgebrannte, verschuldete Privatdetektiv Jack Andrews steht mit dem Rücken zur Wand. Seine zwielichtigen Gläubiger möchten endlich ihre Kohle wiedersehen und setzen ihm ein Ultimatum. Glücklicherweise taucht kurz darauf Fay Forrester in seinem Büro auf und bietet ihm eine hohe Summe, wenn er ihr dabei hilft, sie vor ihrem gewalttätigen Ex-Mann Vince zu beschützen. Dabei soll Jack ihren Tod vortäuschen und ihr eine neue Identität verschaffen. Ungläubig und misstrauisch geht er mit Blick auf die stattliche Entlohnung, die ihm winkt, auf den Job ein. Als dieser vermeintlich erfolgreich ausgeführt wurde, muss der Schnüffler feststellen, dass sein Misstrauen gegenüber der attraktiven Fay nicht unbegründet war und muss sich zudem vor gegen seine ungeduldigen Gläubigern, Vince und der Mafia höchstpersönlich behaupten. Eine Classic-Noir-Story, sich zweifellos in der Zeit der ausgehenden 80er abspielend, in der kleine Details mit dieser Epoche bricht. Dahls Cineastik lässt die Zeit aufweichen. Fahrzeuge, diverse Szenenbilder, Kleidungsstil einzelner Figuren und nicht zuletzt Zitate filmischer Vorbilder: gleichermaßen Verweise auf die Epoche und Hochzeit des Genres, welche so stimmig platziert werden, dass das Konstrukt des Films zeitlos erscheint. Die Konzentration auf solcherlei Kleinigkeiten, scheinen den Regisseur so abzulenken, dass es selten gelingt, mit Verve und spannungsreich zu inszenieren. Die Reproduktion von Genre-Merkmalen funktioniert, komplett verinnerlicht hat Dahl dieses hier noch nicht. Dies sollte erst in seinen anderen Neo Noirs folgen. Gleichzeitig krankt Kill Me Again an seinem blassen Hauptdarstellern Val Kilmer und dessen damaliger Frau Joanne Whalley-Kilmer. So sollte man seinen Erstling eher als interessante, aber an sich ausbaufähige Fingerübung verstehen.
Credits
Samstag, 25. Mai 2024
Kill Me Again - Töten Sie mich
Donnerstag, 23. Mai 2024
Die Knochenfrau
Das die junge Frau mal ganz anders war, wie man sie zunächst kennenlernt, erzählen Rückblenden. Früher war sie in der alternativen und queeren Szene unterwegs, träumte mit der damaligen Freundin Octavia vom Ausbruch aus der einschränkenden Heimat. Doch die wilde, junge Frau entscheidet sich dagegen, will den Erwartungen ihrer Familie gerecht werden; die beiden verlieren sich aus den Augen. Durch Zufall treffen sich die beiden wieder, was Valeria an die damalige Zeit und ihre Wünsche und Träume erinnert. Ihr wird bewusst, dass das in ihr heranwachsende Kind nicht das ist, was sie sich wünscht. Sie sucht sich Hilfe bei einer Tante, die über altes Wissen verfügt, um mit archaischen Ritualen das Baby loszuwerden. An diesem Punkt ist Die Knochenfrau, die Huesera, längst zu einem Drama geworden. Der Horror spielt eine untergeordnete Rolle. Mehr schreit uns Cevera in leisen Tönen ihren Unmut über das Bild der Frau und dem von queeren Menschen in Mittelamerika hinaus. Wenn überhaupt, gehen Veränderungen langsam von statten. Alte Geschlechterrollen bleiben bestehen. Der Ausweg ist beschwerlich oder wie im dargestellten Leidensweg Valerias kaum möglich. Das Cevera in ihrer Sprache recht direkt ist, wenige Interpretationen bietet, zeugt mit Blick auf ihr Herkunftsland von Mut. Mit Blick auf den finalen Twist eine schwierige, weil offensichtlich, Entscheidung. Die Titelgebende Schreckgestalt entpuppt sich als Sinnbild. Dieses kann wiederum ist in seiner Darstellung, die zwischen Folk und Body Horror liegt, noch für genügend Schauer beim Publikum sorgen. Nicht zuletzt, da die Auflösung das ganze Ausmaß der Verzweiflung Valerias offenlegt. Die hier von Die Knochenfrau zur Schau getragenen Simplizität kommt Ceveras Absicht zu Gute. Der Film bleibt damit für das Publikum jederzeit zugänglich, die Wirkung der Geschichte gestärkt. Die Mexikanerin bietet mit ihrem Erstling ein beeindruckend selbstsicheres und sensibles Horrordrama über leider immer noch nicht überall so selbstverständliche, weibliche Eigenbestimmung.
Mittwoch, 22. Mai 2024
Don't Scream... Die - Spur in den Tod
Freitag, 17. Mai 2024
Thanksgiving
Dienstag, 14. Mai 2024
November
Einen roten Faden in der Geschichte gibt es schon, der von Liina und ihrer unerfüllten Liebe zu Hans, der hingegen Luise, die Tochter eines deutschen Barons, begehrt, welche er nach einer Messe kennenlernt. Damit der Angebetete sein Herz an sie verlieren soll, sucht Liina den Rat der Dorfhexe, die ihr die Tötung Luises empfiehlt. Hans wiederum versucht mit Hilfe des Teufels selbst, der somnambulen Luise nahe zu kommen. Doch ist sie für Sarnet mehr ein konventioneller Zugang für das Publikum seines sich zwischen Drama, Märchen und Folk Horror bewegenden Werks. Irgendeine Geschichte, die zur Orientierung dient, benötigen internationale Kinobesucher oder im Heinkino befindliche Cinephile dann schon. Den wenigsten dürfte die estnische Folklore vertraut sein, dass man sich problemlos durch die auf Andrus Kivirähks Roman "Der Scheunenvogel" basierende Geschichte bewegen kann. Einziger Knackpunkt ist, dass darin so viel los ist und passiert, dass die grundlegende Erzählung aus der Augen verloren und zum Beiwerk wird. Dafür bezaubert November mit seiner Widersprüchlichkeit zwischen geerdetem, naturalistischem Look und traumhaft surrealen Momenten. Man bedient sich bei Motiven der schwarzen Romantik, altertümlichen Mythen, packt derben Humor dazu und bettet alles in eine großartig umgesetzte Schwarzweiß-Fotografie. Das nicht jeder etwas mit so einem wilden wie poetischen Film-Ritt kann, liegt auf der Hand. Um Konventionen ist Sarnet nicht bemüht. Lieber will er uns und alle an dieser märchenhaften Filmwelt interessierten Menschen dazu einladen, sich für gut zwei Stunden von der strukturierten, berechenbaren Realität zu verabschieden. Wer ein Faible für solcherlei einzigartige Filmerlebnisse hat, soll jegliche Skepsis oder Scheu ablegen. Denn: zu träumen wecke sich, wer kann!
Dienstag, 7. Mai 2024
Castle Freak
Warum Castle Freak im Vergleich zu den beiden anderen Lovecraft-Vehikeln von Gordon nie die große Liebe vom Fandom erhielt, springt einem sofort ins Auge. Im Gegensatz zu diesen ist er keine zügellose, bunte, mit makabren Scherzen durchzogene Gore-Achterbahnfahrt sondern das komplette Gegenteil. Düster, stockernst und manches Mal leider auch stocksteif, nimmt man den Film als fast schon biedere Angelegenheit wahr. Dabei gestaltet Gordon wie auch Drehbuchautor Dennis Paoli die Geschichte mehr als gotisches Schauerstück, dass sich gleichermaßen dem DTV-Horror-Zeitgeist der 90er verschreibt und das für den amerikanischen Horrorfilm beliebte Motiv der dysfunktionalen Familie, die zusätzlich mit einer Bedrohung von Außen kämpfen muss, nutzt. Bevor diese in Form des titelgebenden Monstrums über den Reillys hereinbricht, nimmt sich die Geschichte viel Zeit für die innerfamiliäre Tragödie. Das in dieser wohnende Ungeheuer - namentlich Verlust genannt - kann man gleichzeitig als zentrales Thema des Films ausmachen. Jeder hat für sich etwas teures verloren. Die Reillys bei einem von John verursachten Unfall, bei dem Rebecca ihr Augenlicht verlor, den Sohn, Giorgios Mutter den sie betrügenden Mann und Giorgio wurde deswegen wiederum um ein normales Leben gebracht. Der vom Theater stammende Gordon geht die Gestaltung der aus bekannten Motiven konstruierte Geschichte ernsthaft an, kann darin vorkommende Längen durch den langsamen, bedachten und teils theatralischen Aufbau schlecht kaschieren. Auf der anderen Seite kann Castle Freak durch eine für Full Moon-Verhältnisse sehr schwermütige Stimmung und der famosen Maske und Darstellung Giorgios gefallen. So monströs bösartig, wie uns die Vermarktung des Films glauben lassen möchte, ist dieser nicht. Auch er ist tragisches Opfer, unbeholfen, welches in der für ihn unbekannten Welt ein Außenseiter ist, sich darin schwerlich zurecht findet und an der Gewalt, welche man ihm über Jahrzehnte angetan hat, in der Interaktion mit den nun im Schloss befindlichen Menschen, orientiert. Die Tragik seiner Geschichte erinnert entfernt an das Monster in Mary Shelleys "Frankenstein". Letztendlich stellt der Film, wenn auch wenig feinfühlig, fest, dass jener Verlust und daraus resultierendes Schicksal das eigentliche Monster ist. Um dem Publikum einige Schauwerte zu bieten, dürfen Sex und einige blutige Momente nicht fehlen, die Castle Freak einen kruden, aber nicht unbedingt üblen Gesamteindruck schenken. Um als um Ernsthaftigkeit bemühter, erwachsener Horrorfilm zu punkten, ist er leider doch eine Spur zu seicht, bietet allerdings eine durchaus ansprechende Präsentation und zudem ein so nicht zu erwartendes Ende.
Donnerstag, 2. Mai 2024
Schön bis in den Tod
Während das Original wie die Inspiration für Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast wirkt, so ist das Remake mehr ein mäßiger Abklatsch von diesem, der seinen Ursprungsfilm aus den frühen 80ern lediglich dazu benutzt, sein Abkupfern beim 1997 entstandenen Kinohit zu rechtfertigen. Schlecht sieht das ganze nicht aus, nur Eigenständigkeit wird vollends vermisst. Die junge Zielgruppe und Horrorfans werden mit - dem Subgenre gerecht - nackter Haut und Gore bei Stange gehalten, während eindimensionale Figuren in einem auch sonst nach Genrekonventionen funktionierenden Plot über bestehende Logiklöcher stolpern. Der Film orientiert sich deutlich an dem, was nach dem Erfolg von Wes Cravens Meta-Schlitzer Scream - Schrei! in die Kinos gespült worden ist. Handwerklich routiniert, aber so aalglatt und auf dem Reißbrett für die Masse konzipiert, dass Schön bis in den Tod zu einem schnell verblassenden Abziehbild seiner Vorbilder wird. Zwar bietet der Slasher im Gesamten leidlich unterhaltsamen Mainstream-Horror, aber ist auch so schnell vergessen und vergänglich wie die Schönheit, die zumindest dem deutschen Titel des Films nach bis über die Vergänglichkeit hinaus andauert.