Sonntag, 17. Dezember 2023

Sisu

Jalmari Helanders Film wurde von den Machern des Fantasy Filmfest als Crowdpleaser bezeichnet und tatsächlich macht er es einem größeren Teil seines Publikums wohl sehr leicht, Sympathien für diesen zu entwickeln. Im Jahr 1944, kurz vor Ende des zweiten Weltkriegs, angesiedelt, kreuzt ein Trupp Nazi-Soldaten den Weg eines einsiedlerischen Goldschürfers. Als diese bei ihrer Kontrolle des wortkargen Mannes feststellen, was der in seinen Taschen mit sich führt, machen sie Jagd auf den vermeintlich wehrlosen Alten und seinen Schatz. Auf dem Rückzug befindlich, wollen die Soldaten das Gold dafür nutzen, um sich von ihrer Schuld frei zu kaufen. Der Goldgräber entpuppt sich allerdings als hartnäckig und eine in seiner Heimat andächtig verehrte Kriegslegende, die an die 300 Mitgliedern der russischen Armee das Leben genommen haben soll, als diese seine Familie umbrachte. Im in sieben Kapitel unterteilten Streit um den Edelmetall-Fund, der für den von den Russen nur als "Der Unsterbliche" bezeichnete Ex-Elite-Soldaten einen letzten Halt und Wegbereiter in ein wahrscheinlich besseres und ruhiges Leben darstellt, zeigt dieser den deutschen Dumpfbacken, wer der wahre Übermensch ist.

Laut Texttafel zu Beginn des Films ist Sisu im Finnischen ein schwer zu übersetzender Begriff, der eine besondere Form höchster Entschlossenheit bzw. Kampfesgeist im Angesicht schier unüberwindbar scheinender Umstände, beschreibt. Kaum ist diese beim Protagonisten entfacht, entwickelt sich der Film zu einem martialischen Action-Spektakel, der den ewig währenden Kampf zwischen Gut und Böse simpel wie effektiv zum Besten gibt. Im Kern ein Italowestern im Weltkriegs-Gewand, weiß Sisu mit seiner hohen Dynamik und körperlichen Wucht zu begeistern. Düstere, dystopische Bilder und ein scheinbar im Schmutz des Krieges versunkenes Lappland sind die Kulisse für einen Film, der Versatzstücke verschiedener Spielarten des Exploitation-Kinos dafür nutzt, um eine per se simpel zusammengezimmerte Rache-Geschichte zu erzählen. Das dabei der zuerst im Angesicht der zahlenmäßigen Überlegenheit der Soldaten als vermeintlicher Außenseiter wahrgenommene Protagonist einen Nazi nach dem anderen das Lebenslicht ausbläst, ist allerdings angesichts der realpolitischen Lage vieler Länder kein grimmiger Kommentar zum Rechtsruck.

Mehr kann man Sisu als Eskapismus verstehen, der mit seiner comichaften Gewalt und einem stark überzeichneten Finale die Realität merklich ausblendet und in der Inszenierung auf Feelgood-Momente setzt, die bestens funktionieren. Auf der anderen Seite bleibt bei der Darstellung der Hauptfigur und dem gewählten Begriff als Filmtitel ein schaler Beigeschmack. Der grimme Rächer, fiktiver Held, Bezwinger eines kleinen Teils der Besatzungsmacht, kann als Repräsentant nationaler Merkmale seines Volks verstanden werden. Er mag zwar aus persönlichen Motiven die Nazis bezwungen haben, kann aber gleichzeitig als das verstanden werden, was diese als gegenüber anderer Volksstämme überlegen angesehen haben. Auch im Hinblick auf ein aktuell so weit wie noch nie nach rechts gedriftetem Finnland eine Sache, die man nach dem Schauen des Films nicht so einfach aus dem Hinterkopf bekommt. Auch wenn es im Endeffekt die Nazis mit voller Wucht trifft, das Publikum diesbezüglich befriedigt und eine mehr als gute Show abliefert.

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