Donnerstag, 17. Juni 2021

Viking Vengeance

Wenn ich beim Gedanken an Viking Vengeance angestrengt schnaufe, hat dies weniger etwas mit dem Film, sondern mehr mit seinem vom deutschen Verleih verpasst bekommenen Titel zu tun. Wenn dem Durchschnittsinteressierten nicht durch einen Untertitel ein prägnanter Punkt der Handlung angepriesen wird, muss man sich seit Jahren durch generischen Einheitskram oder einen weit hergeholten Titel, der sich auf bekannte Vorbilder bezieht oder beim Käufer im Kopf eine Verknüpfung dazu erstellen lässt, kämpfen. Mit durch Serien wie Vikings oder The Last Kingdom populär gewordenen Wikingern können auch Jochen und Annette etwas anfangen und obwohl es hier nicht im geringsten um die räuberischen Nordmänner geht, schusterte man für den im Original viel passenderen The Head Hunter benannten Film irgendwas martialisch klingendes und mit Wikingern verbundenen Verleihtitel zusammen.

Besagter, namenloser Kopfgeldjäger verortet man nicht im frühmittelalterlichen, skandinavischen Raum sondern in einer nicht näher benannten Fantasy-Welt, die von allerlei scheußlichen Monstren bewohnt wird. Tag für Tag ist der Ablauf für den Monster Hunter gleich: zunächst bereitet er seine Waffen und Rüstung für die nächste Jagd vor, bis ein weit entferntes Horn zur nächsten Quest ruft. Kontinuierlich verbringt er so seine Lebenszeit, reiht Kopf an Kopf der erlegten Kreaturen als Trophäe an einer Wand seiner kargen Hütte, einzig darauf bedacht, dass er jenes Monster findet, welches ihm seine Tochter nahm. Was zunächst als dialogarmes, interessantes und trotz geringem Budget ansehnlich ausgestatteter Film beginnt, wandelt sich schnell zu einer repetitiven Angelegenheit. Selbstverständlich trifft der nach Rache dürstende Kämpfer auf besagtes Monster und bietet sich mit diesem einen verbissenen Kampf. Bis man an diesen Punkt gelangt, ist das Grundmaß an Interesse sowie Spannung an Viking Vengeance längst verflogen.

Leider nutzt man die nicht sonderlich komplexe Story mehr dazu, um der Ausstattung, Ausleuchtung und Effektarbeit viel Platz zur Entfaltung zu schenken. Das schaut bei gerade einmal 20.000 Dollar Produktionskosten tatsächlich gut aus, nur fühlt sich der Film bei einer kurzen Laufzeit von gerade einmal 72 Minuten furchtbar lang an. Das, worauf die Handlung abzielt, hätte man knackiger und pointierter in einen Kurzfilm gepackt. Durch seine düstere Stimmung und den um Realismus bemühten Fantasy-Unterbau kann man Viking Vengeance zunächst zwischen eingangs erwähnten Serien oder Game of Thrones verorten. Das stumpfe Vorantreiben der Story mit einem Protagonisten der mit den auftauchenden Kreaturen Hack and Slay betreibt, sich wahrlich durch die Handlung grindet und zwischen den einzelnen Kämpfen mit dem Verbessern von Gesundheit und Ausrüstung beschäftigt ist, lässt dies wie ein verfilmtes Rollenspiel wirken.

Das ist mehr Skyrim und Co. als Vikings und lässt manchmal den Eindruck entstehen, dass man einen in die länge gezogenen Fanfilm schaut. Was aus dem beschränkten Budget gemacht wurde, lässt sich durchaus sehen, nur was an Story auf Papier gezaubert wurde, mag beschränkt im Gaming-Bereich, filmisch jedoch kaum funktionieren. Am Setting hat man sich schnell satt gesehen und so originell die Prämisse des Films erstmal klingt und der von diesem gelebte Minimalismus wirkt, so muss man dem Werk attestieren, dass narrativ noch viel Luft nach oben ist. Um im Gamer-Jargon zu bleiben, sollte Regisseur Jordan Downey seine Skills weiterhin verfeinern und noch einiges an Erfahrungspunkte dazu gewinnen, um das nächste Level zu erreichen. Das er durchaus Atmosphäre erzeugen kann, ist in Viking Vengeance ersichtlich. Nur muss er nun die Welten, die er als nächstes erschafft, mit Leben und mehr Geschichte bevölkern.

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Freitag, 4. Juni 2021

Der Leichenwagen

Wenn ich nach meinen persönlichen Einstellungen und Ansichten auf Bereiche des Lebens und der Gesellschaft gehe, ist für mich das Wort konservativ eher negativ behaftet. Konträr dazu, bewege ich mich subkulturell in der eher konservativ geprägten Heavy Metal-Szene und auch so manche Horrornase bzw. das, was man Szene nennen möchte, ist nicht unbedingt für ihre Weltoffenheit bekannt. Noch weiter auf mich selbst bezogen, stelle ich mit jedem Jahr, das ich älter werde, fest, dass der nostalgisch geprägte Blick auf das, was als "gute alte Zeit" dargestellt wird, immer interessanter wird. In manchen Dingen mag ich es altmodisch; womöglich als Gegenpol zum sich ständig wandelnden bzw. weiterentwickelten Rest der Welt. Bezogen auf seinen Ansatz im Umgang mit dem Genre und dem klassischen Mysteryplot, welchen der Film erzählt, müsste Der Leichenwagen demnach voll mein Ding sein. 

Während die ersten frühen Slasher häufiger auf der vordersten Plätzen des Box Office landeten und die Splatterwelle dem Horrorfilm einen zweiten oder dritten Frühling bescherte, verwehrt sich der 1980 entstandene Film gänzlich diesen Einflüssen. Auf alteinher gebrachte Weise lässt er seine Protagonistin Jane Hardy die Schrecken des verlassenen Hauses ihrer verstorbenen Tante erleben, in welches sie nach einer hässlichen Scheidung, zunächst für einen Sommer geplant, einzieht. Was es mit dem Spuk auf sich hat und wieso sie gleichzeitig von den Einwohnern der kleinen Ortschaft gemieden wird, entfaltet sich in gediegenem Tempo. Zunächst fokussiert sich die Geschichte auf die von Trish Van Devere dargestellte Jane, eine im Vergleich zum restlichen Film angenehm modern dargestellte Frau, die sich gegen skeptischen Argwohn und Furcht der Bewohner sowie ziemlich misogyne Kerle behaupten muss.

Unterstützung und Halt findet sie im Sohn des Lebensmittelhändlers sowie dem hübschen wie mysteriösen Tom Sullivan, der ihr recht schnell Avancen macht. Weiter macht ihr der meist aus dem Nichts auftauchen zu scheinende, titelgebende Leichenwagen, das Leben schwer. Seit ihrer Ankunft in der kleinen Ortschaft kreuzen dieser und sein stummer Fahrer Janes Wege und bringen ihre angeschlagene Psyche ins Wanken. Ob tatsächlich übernatürliche Erscheinung oder von der ablehnenden Ortsgemeinschaft angefachter Terror, der zu paranoiden Vorstellungen führt, soll im Storykonstrukt lange offen bleiben, aber relativ zügig erahnen, wohin die Reise geht. Der Leichenwagen ist klassischer Stoff, der negativ betrachtet schon zur Zeit seiner Entstehung hoffnungslos veraltet wirkte.

Auf der Haben-Seite ist seine dichte Atmosphäre hervorzuheben. Auf der Schwelle in ein neues Jahrzehnt befindlich, ist der Film noch mehr in den 70ern verortet und besitzt die Ausstrahlung von in dieser Zeit entstandenen US-TV-Produktionen. Das ländlich-gemütliche Flair des Spielorts wird gut einfangen und alles fühlt sich angenehm vertraut an. Der Leichenwagen lebt mehr von dieser Stimmung als von akzentuiert eingesetzten Gruselszenen, die zwar präsent sind, aber wenig bis kaum Wirkung besitzen. Dagegen kommen die beherzten Darstellungen des Casts - allen voran Trish Van Devere - nicht an. Der Leichenwagen fühlt sich zu konservativ in seiner Gesamtheit an, um als reiner Horrorfilm komplett zu überzeugen. Regisseur George Bowers geht das Genre zu handwerklich an und lässt Subtilität vermissen, die dem Film gut getan hätte. Dann hätte der Film als leichte Grusel-Mystery mit Tragödiemaneil im Gesamteindruck noch ein Stück besser funktioniert.

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