Donnerstag, 27. September 2018

Loving Vincent

Ein Budget von Fünf Millionen Dollar, 100 professionelle Künstler, 853 verschiedene Ölgemälde und über 65.000 einzelne Frames. Loving Vincent beeindruckt bereits mit seinen Zahlen und verzaubert mit seinen wortwörtlich bewegten Bildern. Wahrhaftig lebendig werdende Kunst, Bilder aus der späten Phase Vincent van Goghs, lassen den Zuschauer staunen und in dieser neuartigen wie bezaubernden Welt versinken. Loving Vincent ist vielleicht der ultimative Kunstfilm und sicherlich ließen sich noch mehr Wortspiele über den Stil des Films machen. Die animierten Ölgemälde, im Stil des Niederländers gehalten, in denen vor Greenscreen abgefilmte Darsteller wie Christ O'Dowd, Douglas Booth oder Saoirse Ronan von van Gogh auf Leinwand festgehaltene Menschen wie Dr. Gachet, Père Tanguy oder Joseph Roulin Leben einhauchen, können bei aller Schönheit nicht verstecken, dass sich Loving Vincent es sich einfach macht und auf seinem Stil ausruhen will.

Die Geschichte selbst ist eine leichte, altbacken wirkende Crime Mystery, die ihren Beginn ein Jahr nach dem Tod van Goghs nimmt. Ein nie abgeschickter Brief des Malers taucht auf und Postmeister Roulin schickt seinen Sohn Armand los, ihn Vincents Bruder Theo zuzustellen. Widerwillig macht sich dieser nach Auvers-sans-Oire auf, wo van Gogh seine letzten Monate verbrachte. Dort lernt er in Gesprächen mit den Dorfbewohnern, dass der sensible Maler immer etwas als Außenseiter galt und bei vielen auf Ablehnung stieß. Je länger Armand Nachforschungen über die letzten Tage Vincents anstellt, desto faszinierender findet er den Künstler. Bald hegt er Zweifel über die offizielle Version, dass van Gogh sich selbst erschoss. Entschlossen macht sich Armand auf die Suche nach der Wahrheit über Vincents Ableben. In vielen Gesprächen erfährt der Sohn des Postmeisters und der Zuschauer viel über die letzten Monate des anscheinend nervenkranken van Gogh. Schwarzweiß gehaltene Rückblenden wollen für uns und den Hobbydetektiv Licht ins Dunkel bringen.

Wenig erscheint zwingend. Armand treibt mehr wie ein versprengter Urlaubsreisender ohne Ziel, der in der kleinen Ortschaft längere Zeit Rast einlegt durch die Handlung. Der Film deutet an. Ein Mordkomplott, nett erscheinende Charaktere, unter deren Oberfläche ein kleines Geheimnis lauern könnte, eine leichte Amour fou. Eine bestimmte Richtung schlägt Loving Vincent nicht ein. Die Regisseure Dorota Kobiela und Hugh Welchman unterwerfen die Story ganz dem Stil des Films. In der zweiten Hälfte, wenn die Story ihrem Ende entgegenfließt, können die durchgehend hübschen und faszinierenden Bilder nicht kaschieren, dass dies der größte Schwachpunkt des Films ist. Weder die Handlung noch Armand schreiten mit konkretem Ziel dem Finale entgegen. Loving Vincent ist ein Fest der Beiläufigkeit, dass mit Charme und traumwandlerischer Art davon ablenken kann, dass das alles als normaler Spielfilm weit weniger toll und hübsch wäre.

Sieht man den Film als Huldigung des Künstlers van Goghs, so ist er eine bezaubernde Liebeserklärung an einen zu Lebzeiten unverstandenen Künstler, der erst postum die ihm gebührende Anerkennung erlangt hat. Einzig die in der Handlung aufkommenden Zweifel am Suizid des Malers, obwohl jüngere Theorien in der Tat von einem Unfall oder Mord ausgehen, mögen hier nicht in das Gesamtbild passen. Sie trüben leicht den sonnig-leichten Tonfall des Films, der einem der weltweit bekanntesten und beliebtesten Künstler seine Ehre erweisen möchte. Wahre Kunstliebhaber dürften noch verzückter bei Loving Vincent als Filmliebende sein; für diese ist das Ganze liebreizend und hübsch, aber auch seichtes Krimimysterium, welches man mit bösen Absichten als Spannungskino für von öffentlich-rechtlichen Einfaltskriminalserien begeisterte Ü60er ansehen kann. So böse möchte ich mit dem Film nicht ins Gericht gehen. Die sorgfältige Auswahl der Darsteller, ein sich der Schönheit der Bilder anpassender Score und sein über allem thronender Stil sorgen dafür, dass Loving Vincent Kino für graue Sonntage ist, um diese mit Farbe und Charme einzufärben. Style Over Substance in formvollendeter Perfektion.
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Samstag, 22. September 2018

Die fliegende Guillotine 2

Leider war es für mich nicht eruierbar, wie viele Menschen sich Anno 1977 Die fliegende Guillotine in den westdeutschen Lichtspielhäusern anschauten. Sein Erfolg könnte gut, aber nicht gut genug gewesen sein, um die in seinem Heimatland entstandenen Fortsetzungen auch nach Deutschland zu holen. Der zweite und der dritte Teil des heutzutage als Klassiker angesehenen Martial Arts-Films schafften es nicht über den Ozean und erst vor kurzem wurden sie vom österreichischen Nischenanbieter Shock Entertainment als Deutschlandpremiere auf DVD und Blu Ray, sogar mit eigens angefertigter Synchronisation, veröffentlicht. Nicht gut genug könnte die erste Fortsetzung auch hinsichtlich seiner Qualität gewesen sein, dass die Bahnhofskinoverleiher der Republik die Finger von diesem ließen.

Bevor in den 80ern begonnen wurde, sie inflationär zu nutzen, waren in den Jahrzehnten davor Sequels eher eine Ausnahme bei besonders großen Kassenerfolgen, die Potenzial für eine Fortsetzung erkennen ließen. Selbst in der Prä-Film-Franchise-Ära schien das eiserne Gesetz zu gelten, dass der Zweitling mehr von dem zu bieten hat, was den Ursprungsfilm ausmachte. Im Falle von Die fliegende Guillotine 2 heißt das, viel mehr Fights als in Teil 1. Ruhigere Passagen werden hier immer wieder von Situationen durchbrochen, in denen sich ein weiterer Kampf anbietet. Die gibt es in der im Vergleich zu Teil Eins nur leicht abgewandelten Story zu Hauf. Wieder wird eine Leibwache für den bösen Kaiser geformt, die speziell an der Guillotine ausgebildet wird. Dieses Mal sind es 12 Frauen, die für das Leibeswohl des Regenten sorgen sollen, nichtsahnend, dass die Anführerin der Damen, immerhin Tochter eines kaiserlichen Ministers, zu einer Gruppe von Rebellen gehört. Mit beharrlichem Drängen schafft sie es, das Vertrauen des Kaisers zu gewinnen, dass er sie und ihre Gefährtinnen zur persönlichen Leibwache ernennt.

Um der Story noch mehr Pfiff zu verleihen, gibt es auch hier wieder Verrat und Intrigen, die dafür sorgen, dass der Kaiser Wind davon bekommt, dass sein Palast von Rebellen infiltriert wurde, zu denen auch der aus dem ersten Teil bekannte Ma Teng gehört. Es entbrennt ein unerbittlicher Kampf zwischen dem Mandschu-Regenten und den Han-Rebellen, in dem es nicht nur um die Pläne der effizient wie gefährlich weiterentwickelten fliegenden Guillotine, sondern auch um das Leben der Rebellenführer sowie des Kaisers geht. Zwar muss man auf Chen Kuan-Tai verzichten, dafür schaut mit Ti Lung ein anderer Shaw-Star vorbei, der dieses Mal den Rebellenhelden Ma Teng verkörpern darf. Viel Screentime erhält der Mime nicht. Die Story konzentriert sich auf die weiblichen Heldinnen und kann damit seine formellen Schwächen ausbügeln. Die fliegende Guillotine 2 mag männliche Helden bieten; sie spielen in der Geschichte eine untergeordnete Rolle. Die Protagonisten verkörpert hier die entschlossene, mutige und aufrechte Heroin, die für die guten Werte einsteht und dem bösartigen Kaiser entgegengestellt wird.

Die in dieser Zeit aufblühenden radikal-feministischen Exploitation-Filme des US-Kinos á la Coffy oder Switchblade Sisters schienen ihre Einstellung bis nach Asien zu streuen, während gleichzeitig Europa, allen voran deutsche Genreware, standhaft Sexismus und Misogynität die Stange hielt. Das Endergebnis punktet durch diese Ebene, während der Rest durch routinierte, aber uninspiriert repetitives Storyhandling auffällt, dem weitere neue Aspekte fehlen. Lieber kleistert man alles mit zugegeben gut choreographierten Fights zu, während die Handlung beginnt, auf der Stelle zu treten. Die eingeführte Rebellengruppe, die weiblichen Assassinen des Kaisers und selbst das geupgradete Mordwerkzeug bleiben in der umständlichen Handhabung des Stoffs durch die Regisseure hängen. Brillierte schon Die fliegende Guillotine mit holprigen Schnittfolgen, ist das Pacing hier noch fürchterlicher. Dieses filmische Kammerflimmern durchbricht den mühsam aufgebauten Erzählrhythmus und als Zuschauer muss man sich wie die nach Rückschlägen gebeutelte Rebellengruppe neu ordnen.

Das geht zu Lasten des Gesamteindrucks. Die fliegende Guillotine 2 ist kein Totalausfall, kann aber zu keinem Zeitpunkt an den großartigen Erstling heranreichen. Der Film möchte viel, schafft komplett wenig, um vollends zu überzeugen. Ein Sequel mit den typischen Fehlern, die man in einer Fortsetzung machen will, um damit den Vorgänger zu toppen. Sich mit diesem zu messen und eine Latte draufzulegen, ist ein leicht gescheitertes Unterfangen. Wäre da eben nicht die feministische Note, dem sich auch das chinesische Festland in den 70ern nicht entziehen konnte. Begannen erste Frauenrechtsgruppen schon kurz nach der Revolution 1911, für eine Änderung in der chinesischen Gesellschaft zu kämpfen, erstarkten diese auch in China mit dem weltweiten Feminism Movement. Einzig hier toppt man das Original mit den politischen Parallelen; der Film wirkt sogar freier und offener in der Verarbeitung dieser in seinen Plot. Da ist es doppelt schade, dass der Film als reiner Martial Arts- bzw. Action-Film nicht aus dem Durchschnitt ausbrechen kann.
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Mittwoch, 19. September 2018

Die fliegende Guillotine

Der Film und das titelgebende Mordwerkzeug haben eine Gemeinsamkeit: beide besitzen aus unterschiedlichen Gründen einen Legendenstatus. Die wurfscheibenförmige Waffe soll Beteuerungen nach wirklich existiert haben; leider gibt es weder erhaltene Exemplare der fliegenden Guillotine noch offizielle Überlieferungen. Von Mund zu Mund und von Ohr zu Ohr hallten die Geschichten über das effektive Wurfgerät und schufen eine Legende, deren Wahrheitsgehalt nicht mehr feststellbar ist. Dem Vernehmen nach soll sie in der Qing-Dynastie entwickelt und eingesetzt worden sein. Der von den Shaw Brothers produzierte Film gehört für viele Fans zu den Großtaten des Genres und des Studios selbst. Häufig wird er in einem Atemzug mit weiteren Klassikern wie Die 36 Kammern der Shaolin, Zhao - Der Unbesiegbare oder Duell ohne Gnade genannt und vereint wie diese die klassischen Motive des Genres. Im Kern behandelt der Film die Rebellion gegen den tyrannischen Kaiser Yung Cheng, der getrieben von seiner Paranoia eine mächtige Waffe, jene fliegende Guillotine, entwickeln lässt um speziell an dieser ausgebildete Assassinen Attentate auf vermutete Feinde und unliebsame Naturen ausüben zu lassen.

Die Rebellion kommt wie von Yung Cheng befürchtet nicht von außen, sondern aus dem Inneren selbst. Ma Teng, bester Kämpfer in der für den Kaiser gebildeten Attentäter-Geheimstaffel, kann nicht länger seine Zweifel an der Richtigkeit der vom Kaiser erlassenen Aufgaben unterdrücken und wirft die Brocken hin. Mit seiner Angebeteten, der Straßensängerin Ping Yu baut er ein neues Leben als Farmer auf, ohne zu wissen, dass ihn seine ehemaligen Kameraden im Auftrag des Kaisers versuchen aufzuspüren um den Deserteuren zu töten. Das Drehbuch greift Themen wie Loyalität und deren schlimmen Auswüchse der blinden Gehorsamkeit, politische Unterdrückung von Minderheiten und Resultate despotischer Regierungen auf und bettet sie in eine leichtfüßig wie bodenständig erzählte Geschichte. Der Fokus von Regisseur Ho Meng-Hua liegt viel mehr auf der persönlichen Ebene und dem Drama um Ma Teng als dem Zuschauer reihenweise spektakuläre Kämpfe zu bieten. Die fliegende Guillotine ist sorgfältige Erzählkultur innerhalb des trivialeren Kinos, das Werte wie Loyalität, Aufrichtig- und Ehrlichkeit hoch hält und mit Ma Tengs Werdegang verknüpft. Der vom ansonsten in anderen Filmen eher starrgesichtige Chen Kuan Tai dargestellte Protagonist ist ein Held der alten Schule, der mit einer ganzen Reihe intriganter Geschehnisse konfrontiert wird und sich diesen siegreich stellt.

Die fliegende Guillotine deckt in seiner Machart ein breites Spektrum des Easterns ab, dass man ihn mit Die 36 Kammern der Shaolin als perfekten Einsteigerfilm für Interessierte ansehen kann. Er bietet tolle Sets und Kostüme, eine Mischung aus der typischen, unwirklich und märchenhaft erscheinenden Studio-Atmosphäre der Shaws kombiniert mit Außenaufnahmen, manchmal sehr hübschen Kameraeinstellungen und gut choreographierten wie platzieren Kämpfe. Wer zuvor nicht mit dem für manchen Westler und bisher Eastern-unberührten Wuxia und dessen übertriebenen Fantasy-Elementen in Berührung gekommen ist, bietet The Flying Guillotine einen weiteren Grund, ihn als idealen Einstieg bei Interesse am Shaw Universum anzusehen. Den wenigen Fights Mann gegen Mann zum Trotz kommt die Guillotine natürlich nicht zu kurz und es dürfen einige Leute wortwörtlich ihren Kopf verlieren. Obwohl dies für mich die Zweitsichtung des Films darstellte, die erste war schon etliche Jahr her, hatte ich bis auf eine Szene keine große Erinnerung an diesen. Es war eine schöne Wiederentdeckung die bis auf das hin und wieder schreckliche Pacing (nur der zweite Teil ist da noch schlimmer) rundum funktionierte.

Noch interessanter wird es, wenn man versucht, die Augen zusammenzukneifen und zwischen den Zeilen zu lesen. Der wirklich existierende Yong Cheng war trotz despotischer Ansätze im Regierungsstil weit weniger tyrannisch wie im Film dargestellt und sorgte für einige positive Umwälzungen während seiner Regierungszeit und soll massiv gegen damalige Korruption vorgegangen sein. Es können Überlieferungen aus dem Volksmund sein, die ihn in Die fliegende Guillotine zum gnadenlosen mandschurischen Kaiser, der Han-Chinesen als seine größten Feinde ansieht, macht. Historisch gesehen wurden die Mandschu-Traditionen und Bräuche friedlich von der der Han über die Jahre assimiliert. Eher scheint Yong Cheng für das zu stehen, was zur damaligen das chinesische Festland regierte und zum Beispiel keinerlei Kritik am Regierungskörper zuließ. Viel besser wird dies lustigerweise im nicht an den Erstling heranreichenden Sequel und seinen geringen Abwandlungen der Ursprungsgeschichte deutlich. Die damals noch britische Kronkolonie Hong Kong, in der man damals nicht mal im Traum daran dachte, das sie jemals an China zurückgegeben werden würde, schaut geprägt von westlichen Einflüssen und chinesischer Tradition auf das Mutterland, welches in der eisernen Hand der kommunistischen Einheitspartei war. Hochpolitisch oder subversiv mögen die Filme der Shaw Brothers nie gewesen sein; die von volkstümlichen Überlieferungen beeinflussten Geschichten eigneten sich in ihrer Zeitlosigkeit für die Drehbuchautoren, um damit gewisse politische Parallelen zu ziehen.

Das ausgeklammert ist Die fliegende Guillotine ein zurückgenommener, aber durch sein bescheidenes Wesen glänzendes Stück Eastern. Er macht zuerst einmal Spaß und auch wenn die Guillotine das Werkzeug des Bösen ist, freut man sich diebisch, wenn diese in der Luft zu ihrem nächsten wehr- und ahnungslosen Opfer rauschen um ihm mehr Platz auf den Schultern zu verschaffen. Den Film, der insgesamt zwei Fortsetzungen und dutzende Ableger bzw. Nachahmer mit sich zog, kann man zurecht als Legende bezeichnen. Wer interessiert am Martial Arts-Genre bzw. dem Eastern als solches ist, der sollte sich umgehend mit diesem Film beschäftigen. Es lohnt sich.
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Samstag, 15. September 2018

Another Deadly Weekend

Es gibt zwei Wörter, die Another Deadly Weekend treffend beschreiben: egal und another. Umschreibt letzteres zuerst einmal doppeldeutig, dass es sich um ein weiteres tödliches Wochenende handelt, womit der deutsche Verleih wahrscheinlich zusätzlich auch eine zuvor nicht vorhandene Verbindung zum Indie-Horror Deadly Weekend aufbauen möchte, beschreibt es gleichzeitig auch das größte Problem des Films. Es ist eben ein weiterer Horrorfilm unter vielen. Bei dem großen Angebot an kleinen Low- und No Budget-Produktionen einfach noch einer. Aus der Masse herauszustechen ist eine Hürde, die es zu überwinden gilt. Steve Wolsh, Autor und Regisseur, kann man bei seinem Debüt beobachten, wie er in Zeitlupe und kurzen Anlauf nehmend frontal in diese Hürde prescht und sich formidabel auf die Schnauze legt. Sein Start verspricht auf den ersten Metern zuerst interessant und rasant zu sein. Wo andere Slasher Handlungsminimalismus zelebrieren und mit wenigen Szenen einen schwammigen Aufbau kreieren, Figuren grob skizziert, den Mördern unscharf gezeichnete Hintergründe schenkt, pfeift der im Original schlicht Muck betitelte Film darauf.

Wolsh lässt seine gesichtslosen Männer und Frauen jüngeren Alters in schwarzer Nacht panisch durch ein Moor stolpern, welche sich eilig zusammensuchen und dabei menschliche Verluste verzeichnen. Wie es der erste fade Einfall des Filmemachers will, findet man alsbald ein einsames Gebäude mitten in der Pampa aufragen, in welches sich die Gruppe rettet. Es gilt sich zu sortieren, eine Inventur unter den Freunden vorzunehmen und Notfallpläne zu schmieden. Der verletzte Sprücheklopfer der Freunde lässt zwar minütlich Blut, doch die Libido ist so stark wie eine Herde Jungbullen. Auch unter größten Schmerzen will er die gut gebauten Frauen des Trupps begatten, den Schmerz mit vorgefundenem Fusel wegsaufen und den Beschützer raushängen lassen. Man teilt sich und während irgendein Sonnyboy seine Angebetete zurücklässt um Hilfe zu holen, erkundet der weniger mitgenommene Rest das Haus. An dieser Handlungsweggabelung lernen wir, dass die im Gebäude verbliebenen von einem kalkweisen Kane Hodder mit schlechter Maske und seinen ebenfalls dürftig geschminkten Kreaturenfreunde verfolgt werden und dass St. Patricks Day ist.

Ob die namenlosen Dämonen schlechtgelaunte Handlanger irgendeines Leprechauns sind, bleibt unklar wie unwichtig. Wolshs Drehbuch schert sich bei der Ankunft des auserkorenen Retters in einem Pub um Ernsthaftigkeit und präsentiert häufiger wie zuvor die weiblichen Castmitglieder als halbnackte Babes und "wichtige" Szenen wie z. B. dem Klamottentausch zweier Freundinnen auf der Damentoilette, um den hilfesuchenden Strahlemannanwärter besser anzubaggern zu können. Die Szene im Pub wird absurd in die Länge gezogen, birgt unfreiwillige Komik und lässt einen wieder bemerken, dass ältere Filme das Ablenken von der kaum vorhandenen Handlung mit nackter Haut und/oder matschigem Gekröse viel charmanter hinbekommen. Irgendwann kommen noch drei weitere Menschen dazu, deren genaue Rolle man während ihrer spärlichen Einführung schon wieder vergisst und die in schrecklich lang gezogenen Kneipenszenen während eines Dates vorgestellt werden. Der nervige Typ ist, soweit es die Erinnerung zulässt, ein Verwandter des im Pub eingekehrten Pseudohelden und wie seine zwei Begleiterinnen einfach nur Kanonenfutter. Ab einem gewissen Zeitpunkt ist bis auf das stetige Erhoffen des Endes alles andere Egal. Another Deadly Weekend ist ein Low Budget-Slasher, der - recherchiert man hinterher im Internet - ein gewagtes Konzept gekonnt in den Sand setzt.

Es ist der Anfang einer Trilogie und unkonventionell wie sich Steve Wolsh wohl selbst einschätzt, beginnt man eben einfach mit dem Mittelteil. Another Deadly Weekend schafft es nicht, das man als Zuschauer auch nur im geringsten Interesse daran bekommt, was überhaupt mit den durchs Moor hetzenden Kids geschehen ist. Im Hintergrund grüßt ständig das schwache Grundkonzept mit zwanghaftem Betteln dem grobschlächtigen Fandom gegenüber, das ganze jetzt bitte geil zu finden, weil manchmal Blut und noch viel öfter knapp beschürzte Damen noch knapper oder gar nicht mehr Textilien am Leib tragen. Stilecht feierte der über eine Kickstarter-Kampagne finanzierte Film im Playboy Mansion seine Premiere und in der Tat: mit diesem Wissen fühlt sich das noch mehr als verkappter Versuch eines Horrorfilms der Softsex-Kabel-TV-Abteilung des Männermagazins an. Die bescheuerte Idee Wolshs ein schwaches, theoretisch nettes Konzept pausenlos mit ärgerlichen Blödsinn an die Wand zu donnern, bedarf kurzes, respektvolles Nicken, das schnell wieder von fassungslosem Kopfschütteln darüber, wie schlecht alles umgesetzt wurde, abgelöst wird. Another Dealdy Weekend wird von einem weiteren Wort äußerst gut beschrieben, besser noch: zusammengefasst: schal.
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Montag, 10. September 2018

Horrorctober 2018: 13 Days Of Fright



Die Cinecouch hat wieder gerufen. Wobei schon bevor die geschätzten Kollegen den diesjährigen Horrorschocker-Monat ausgerufen haben, viele Bloggerkollegen und weitere Filmbegeisterte Werke zusammengetragen und ihre Listen veröffentlicht haben. Nach den letzten zwei Jahren bin auch ich wieder mit von der Partie.

In diesem Jahr gibt's zu meiner eigenen Überraschung viele Filme, die um die Jahrtausendwende und danach entstanden sind, auf der Liste. Ich musste mich sogar ein wenig anstrengen, etwas ältere Filme reinzupacken. Mit Suspiria und Die Stunde, wenn Dracula kommt gibt es Rewatchs zweier meiner liebsten Horrorfilme überhaupt. Im Moment entdecke ich den aktuelleren Horror wieder etwas mehr für mich. Da wurde schnell der ursprüngliche Plan verworfen, einiges an Gothic Horror-Filmen der Hammer Studios auszuwählen. Mit dem freudigen Wiedersehen zweier Favoriten wurden die 70er abgedeckt, auch mein liebstes Jahrzehnt der 80er ist wieder mit dabei und insgesamt wird mehr entdeckt als nochmal angeschaut. Selbst einige erneute Sichtungen sind fast wie nochmal neu schauen: richtig erinnern kann ich mich an The Descent und Die Mächte des Wahnsinns leider kaum noch, dafür an Shaun Of The Dead auf den ich unlängst mal ohnehin wieder richtig Lust hatte.

Meine komplette Liste habe ich bei letterboxd veröffentlicht (am Ende des Eintrags zu finden), welche man sich hier anschauen kann. Ich persönlich finde sie trotz des Fokus auf "frischere" Filme sogar noch etwas runder als die Auswahl in den letzten zwei Jahren. Sicherlich hat es aber auch da schon Spaß gemacht, sich durch die Liste zu pflügen. Vielleicht kann ich auch schon in der ersten Oktoberwoche, in der ich wegen meines Geburtstags traditionell Urlaub habe, so einiges davon abarbeiten. Wer Lust bekommen hat, ebenfalls 13 Filme aus dem Horrorbereich auszusuchen, zu schauen und darüber zu schreiben: nur zu! Es lohnt sich wirklich und macht wahnsinnig Spaß.

Die diesjährige Allesglotzer-Liste für den Horrorctober
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Samstag, 8. September 2018

The Entity

Es fällt schwer zu glauben, dass ein Film über eine von einem Poltergeist vergewaltigten Frau dies nicht mit einer vor Exploitation-Momenten nur so triefenden Story erzählt sondern das Thema überraschend ernst angeht. Findige Produzenten und geistig dauerwolllüstige Drehbuchautoren würden massig am guten Geschmack vorbeiziehende, durchkalkulierte Schmierszenen kreieren, die den Zuschauer und dessen voyeuristischen Neigung befriedigen. The Entity ist anders. Es ist einer dieser Filme, der ein absonderlich klingendes Thema komplett ernsthaft anpackt und mit seinem schnell etablierten, nüchternen Stil eine Distanz zur Geschichte aufbaut. Unbewusst zieht er die Menschen vor dem Schirm damit in seinen eigentümlichen Bann. Die Kamera klebt unentwegt an ihren Darstellern, ist dicht dran an ihren Körpern und Gesichtern, um deren Minenspiel einzufangen und jede kleinste Regung darin zu dokumientieren. Dies geschieht in ungewöhnlichen Einstellungen; die schrägen Kamerawinkel geben die filmische Realität als ein verzerrtes Bild aus. Diese ungewöhnliche Fotografie schafft eine Intensität, die das ebenso engagierte Schauspiel unterstützt.

Dort brilliert Hauptdarstellerin Barbara Hershey als Carla Moran, die ohne große Vorwarnungen, diese kleinen Anfängen jeglicher Spukphänomene, welche die Gänsehaut von uns Zuschauern und den Verlauf der Spannung steigern, Abends in ihrem Schlafzimmer vergewaltigt wird. Der vermutete Einbrecher bleibt gesichtslos. Verschwunden. Unsichtbar. Die Frau gibt sich ihrer besten Freundin preis, die ihr rät, sich einer psychiatrischen Behandlung an der Uniklinik zu unterziehen. Nach weiteren Attacken, bei denen der Angreifer abermals unsichtbar bleibt, ist die stark verwirrte und traumatisierte Frau nahe eines Nervenzusammenbruchs, während ihr behandelnder Therapeut Dr. Sneiderman das Problem in der schlechten Kindheit seiner Patientin sucht. Diese glaubt, entgegen ihres Arztes, immer mehr, von einem Poltergeist heimgesucht zu werden. Sie schildert ihr Problem zwei Parapsychologen, deren Gespräch über Geister sie in einer Buchhandlung zu Gehör bekommt. Die Wissenschaftler nehmen sich der Frau an und untersuchen ihren Fall. Sehr zum Missfallen des rationalen Dr. Sneidermans, der die Parapsychologen als Quacksalber darzustellen versucht.

Der auch heute inflationär benutzte "Based on a true event"-Stempel mag im Zusammenhang mit der Geschichte des Films vorschnell als billige Marketingmasche abgetan werden. Zu unrecht. Die im Film und seiner Buchvorlage behandelte Story trug sich wirklich zu, auch wenn Frank DeFelitta (hierzulande am ehesten durch die Buchvorlage zu Audrey Rose - Das Mädchen aus dem Jenseits bekannt) die wahren Begebenheiten für den dramatischen Effekt zurechtbog. Die wahre Carla Moran trug den Namen Doris Bither, deren Fall in den USA für ein gewisses Medieninteresse sorgte. Barry Taff, einer der Parapsychologen, der mit Bither zu tun hatte, wurde sogar Berater während der Dreharbeiten und versorgt den Zuschauer in der Featurette der vor einiger Zeit erschienenen Blu Ray von Koch Media mit weiteren interessanten Informationen. Verständlich, dass die Schaffenden allein aus Respekt vor dem Opfer der Poltergeistattacken The Entity zu einem um Seriosität bemühten Geisterfilm gemacht haben. Das lässt ihn zeitgleich nüchtern und spröde wirken, was den Effekt der Attacken verstärkt. Spätestens der Angriff auf Carla vor den Augen ihrer Kindern dürfte die Zuseher nicht komplett unbeeindruckt zurücklassen. Zugegebenermaßen ist Furies Film der wohl am wenigsten spektakuläre Horrorfilm. Im Bemühen um Authentizität bleibt der große Knalleffekt aus, der sich auf ein unausweichliches, groß wirkend wollendes Finale zusteuert und gleichzeitig zeigt, wie unspektakulär ärztliche und parapsychologische Arbeit aussehen kann.

In heutigen Zeiten würde so ein Werk gegen all die Conjuring- und Insidious-Teile und ähnlichem Horrorkrams beim Publikum nicht bestehen können. Leider war dies auch in seinem Entstehungsjahr der Fall. Gegen den einige Monate später gestarteten, kürzlich gesehenen Poltergeist hatte The Entity keine Chance. Dafür bot die Spielberg'sche Produktion mehr Spektakel und der lauteste findet meistens immer mehr Beachtung. Bedauerlich, bietet The Entity einige eindringliche, durch die Haut gehende Szenen und eine interessant ernsthafte Herangehensweise an das Thema. Vielleicht war Furies Werk dem Publikum schon in den 80ern zu unangenehm, kann man ihn doch auch als psychologische Studie einer Frau sehen, die dem reellen Horror einer echten Vergewaltigung ausgesetzt war. Diese unerquickliche Thematik und der zurückgenommene Stil des Films der ohne überspektakuläre Effekte auskommt, lässt seiner Metaebene den Raum zur Entfaltung. Gleichzeitig bleibt er genug Horrorfilm um Grusel und Schrecken zu verbreiten. In diesem Falle mit einer emotional stark angreifenden Wirkung, unterstützt durch einen mal bedrohlich im Hintergrund ansteigenden, mal unaufhörlich elektronisch dissonant hämmernden Soundtrack. Selten war ich von einem Geisterfilm so irritiert und fasziniert. Sidney J. Furie gelang ein intensiver Horrorfilm, der seine Kraft entgegen des Geisterthemas aus dem realen Unterbau seiner Geschichte zieht und gleichzeitig auch die vordergründige Story damit verstärkt.
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Freitag, 7. September 2018

Sveta Shubinas Comic-Filmplakate: Große Klassiker einmal durchgepulpt



Folgendes ist einfach zu schön und zu klasse, um es nur in der endlos ladenden Favoriten-Liste von Instagram vergammeln zu lassen. Sveta Shubina ist eine russische Grafik-Designerin, die ihren stark von den Comics und Cartoons der 50er und 60er beeinflussten Stil nicht nur auf Vintage-Sportklamotten knallt, sondern auch Logos entwirft oder einfach wild drauf los zeichnet und in ihren Werken einen großen popkulturellen Einfluss erkennen lässt.

Vor einigen Tagen präsentierte sie auf ihrem Instagram-Account ihre Version von Filmplakaten von bekannten Klassiker wie Taxi Driver oder Apocalypse Now. Ihr angenehm pulpiger Stil, der zu keiner Zeit zu dick aufträgt, lässt insgesamt acht Werke zu etwas völlig anderem werden. Manche fühlen sich an, als wäre es die lang verschollene Vorlage aus wilden B-Movie-Zeiten zu den Klassikern, andere Filme wirken allein durch das Comicplakat wie ein sleaziger Midnight Movie.

Das tolle an diesen Plakaten ist, dass man sie auch sofort in Svetas Etsy-Shop ordern und an die Wand hängen kann (Nachtrag: konnte. Derzeit sind die Poster leider nicht mehr verfügbar). Ich persönliche hoffe, dass die äußerst talentierte Dame uns in naher Zukunft mit einigen weiteren Plakatinterpretationen beglückt.

gefunden in den Tiefen von Instagram
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