Verkorkst. Müsste man Humongous mit genau einem Wort beschreiben, würde dies auf einigen Ebenen den Film treffend bezeichnen. Gleichzeitig wäre es voreilig anzunehmen, dass in den folgenden Zeilen ein Verriss eines Werks folgt, welches allgemein eher schlechte Stimmen, maximal durchschnittliche Urteile, abbekommt. Bei vielem, was ihm vorgeworfen wird, kann ich sogar zustimmen. Einfallsreich geht anders, wandelt man doch zwischen frühem Slasher und seichten Mystery-Gefilden und schenkt allem eine ganz eigene Definition von Backwood-Setting. In diesem stolpert eine Gruppe austauschbarer Jugendlicher über die sogenannte Hundeinsel, auf welche diese sich nach einem Unfall mit ihrem Boot retten. Der überzeichnete wie gleichzeitig verkorkste Nick bekommt in einem Anfall aus Wut und Eifersucht auf seinen Superduper-Bruder Eric die Idee, während ihres kleinen Trips das Boot des Nachts wieder auf Kurs nach Hause zu bringen. Dem Disput mit Eric folgt eine Rangelei, mit unglücklicher Kettenreaktion aus Auflaufen auf einem Felsen, ausbrechenden Feuer und einer Explosion.
Zuvor erfuhren die jungen Leute vom gekenterten und von ihnen geretteten Bert vom geheimnisumwitterten Eiland, auf dem Ida Parsons mit ihrem Sohn und ihren Hunden zurückgezogen leben soll. Nach einem nicht näher bekannten schweren Schicksalsschlag soll sich die Frau auf die Insel zurückgezogen haben und wurde seitdem fast nicht mehr gesehen. Im Prolog des Films lernen wir Zuschauer, dass Idas Sohn aus einer intensiv wie böse gefilmten Vergewaltigung entstanden ist. Um schnelle Rettung bemüht, will sich ausgerechnet Nick durch den dichten Wald der Insel zum Anwesen Parsons durchschlagen. Als dieser nicht zurückkommt, machen sich Eric und seine Freundin Sandy ebenfalls auf dem Weg zum Haus in der Mitte der Insel um den verschollenen Bruder und Parsons Haus zu finden und entdecken dabei die Skelette der wilden Hunde und machen, den Regeln des Genres brav folgend, am Ziel angekommen Bekanntschaft mit dem augenscheinlich schlecht gelaunten und mörderisch veranlagten letzten Bewohner der Insel.
War das von Humongous zum größten Teil bediente Slasher-Genre 1982 auf seinem ersten Höhepunkt angekommen, scheinen die Macher für ihren Film dessen Grundgerüste einzig dafür zu nutzen, eilig zusammenkonstruierte Spannungsszenen aneinander zu leimen ohne großes Gespür für die Story zu haben. Regisseur Paul Lynch beschränkt sich darauf, die Geschichte im Minimalprinzip ihrem Ende entgegen zu bringen. Er ist weiter nichts als der Zivi, welcher dem fragilen, weil dünn zusammengehaltenen, damals wohl als alt(backen) wahrgenommenen Konstrukt an Genre-Fragmenten in reiner Arbeitsroutine feststeckend zum Ende hilft. Mehr hätte Lynch nicht aus dem Stoff herausholen können, dessen konservative Auslegung von Horror und Spannung so vorhersehbar ist, dass der Film zum größten Teil unspektakulär vor sich hin plätschert. Wäre da nicht - zumindest für mich - dieses kleine aber, was mich den Film mögen lässt. Manchmal gibt es diese ereignislosen, in ihrer Tiefe leeren Filme, in denen ich mich aus den verschiedensten Gründen verlieren kann.
Transportiert durch eine melancholische Stimmung des Verfalls, durchzieht diese Leere Humongous und macht ihn zu einem objektiv langweiligen Film, dessen Atmosphäre einen betörenden Duft süßer Schwermut verströmt. Verspricht der Anfang durch die im Off stattfindende, mit subjektivem Shot auf den Täter bedrohlich intim und brutal eingefangene Vergewaltigung und dem von getragenen Jazz-Klängen und vergilbten Fotografien geprägten Vorspann einen ansprechenden Film. Gebrochen wird es direkt im Anschluss an diesen mit Figuren, die wenig Empathie beim Zuschauer aufkommen lassen, die bis auf wenige Ausnahmen unsympathisch gezeichnet sind und einer Handlung, deren Bestandteile man woanders schon ansprechender gesehen hat. Dann sind da aber diese Bilder, die Kameraarbeit beschert dazu ein paar hübsche Einstellungen, die vom Verfall durchzogen grob eine ähnliche Stimmung erzeugen wie im von mir sehr geschätzten Dead & Buried. Im Vergleich mit diesem fehlt es Humongous an feinerer Ausarbeitung.
Die grobschlächtige Art und manchmal fehlende Feinfühligkeit ist eine Eigenschaft des B-Horror-Kinos, das in seiner Nutzung einfachster Mittel zur Erzeugung von Effektivität seit jeher einen Reiz auf mich ausübt. Gebremst wird dies in den als entscheidend deklarierten Szenen des Films durch seine viel zu dunklen Nacht-Szenen. Der Day-For-Night-Filter (einige dieser im Trailer vorkommenden Szenen, z. B. Nicks Flucht durch den Wald, spielen darin bei hellichtem Tag) ist leider eine ganze Spur zu dunkel geraten. Der Wechsel auf die Tagszenen kommt da richtig einer Wohltat gleich und erinnert weniger an das schauen eines x-fach kopierten Videotapes. Bei Humongous ist es äußerst bedauerlich, dass man es sich hier zu einfach machte. An Obskuritäten (Stichwort: Blaubeer-Dekolleté), gorigen Schauwerten, richtige Entscheidungen für die Handlung (selbst wenn man schnell erahnt, wer auf der Insel für Tod und Verderben sorgt, wird der Killer erst im Finale richtig vor der Kamera präsent) um alles wenigstens irgendwie aufzuwerten oder den Zuschauer bei der Stange zu halten, bietet er zu wenig. Wäre da subjektiv wahrgenommen nicht diese modrig hübsche Stimmung von der ich mich gerne einlullen ließ. Christian Keßlers Urteil über Matteis The Riffs 3 - Die Ratten von Manhattan, dass dieser "geil langweilig" ist, ist ebenso gut auf Humongous anzuwenden. Steigernd lässt sich über den Film urteilen, dass er bei allen negativen Punkten geil verkorkst ist. In den kommenden Jahren lasse ich mich sicherlich gerne immer mal wieder mit einer modrig umschmeichelnden Böe aus Langeweile an den Strand der Hundeinsel treiben.
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