Der Filmfan mit Affinität zum kosmischen, namenlosen Schrecken aus dem Geiste Lovecrafts weiß: wo dessen Name drauf steht oder ein Bezug zu seinen Geschichten hergestellt wird, muss dieser nicht immer drin sein. Als solche Mogelpackung entpuppt sich auch Cthulhu Mansion, ein später Film im Œuvre des spanischen Regisseurs Juan Piquer Simón. Ursprünglich aus der Werbung kommend, entwickelte er im Laufe seiner Karriere hinter der Kamera als Produzent und Regisseur eine Hingabe zum Film und seiner phantastischen Seite. Solche Werke wie Slugs, der einer meiner liebsten Tierhorrorfilme ist, oder Pieces - Stunden des Wahnsinns mögen auf den ersten Blick keine große Würfe in der Filmgeschichte darstellen, entpuppen sich bei aller Limitation als unvollkommene, aber schmierig unterhaltsame und auf gewisse Weise charmante Werke. Bei Cthulhu Mansion müsste man großzügig eines oder beide Augen zudrücken, um den 1991 entstandenen Schocker als rundum gelungen bezeichnen zu können.
Bis auf das alte Buch, das der Magier Chandu in einem Antiquariat entdeckt und auf dem in großen Lettern der Name Cthulhu prangt, sucht man vergebens konkrete Bezüge zum Werk Lovecrafts, obwohl einem im Vorspann erzählt wird, dass folgender Film "inspired by the writings of H. P. Lovecraft..." sei. Dem Titel entsprechend ist der Film mehr eine Spukhaus-Geschichte um besagten Zauberer und einer Gruppe von Kleinkriminellen, die, nachdem sie einem Dealer eine größere Menge Koks abgeknöpft haben, dem Zauberer bei ihrem Fluchtversuch vom Jahrmarkt, auf dem Chandu auch seine Vorstellungen gibt, über den Weg laufen. Gehandicapt durch ein angeschossenes Bandenmitglied kapern sie das Auto des Zauberers um vom Wachpersonal unbemerkt das Gelände verlassen zu können. Die Idee, den Magier zu kidnappen und sich in seinem Anwesen zu verschanzen, erweist sich als schlechte Entscheidung. Im Keller der Villa verbirgt sich eine unbekannte Macht hinter einer verriegelten Stahltür, die sich mit dem Eintreffen der Bande verselbständigt und den Anwesenden nach dem Leben trachtet.
Jene bösartige, minutiös erstarkende und die Stahltür bis zum Bersten wölbende Macht gibt dem Drehbuch Anlass für viele unheimlich gemeinte Szenen, welche die innere Logik der dünnen Geschichte leider ignoriert. Das diese durch eine in der Vergangenheit Chandus stattgefundene Tragödie beschworen wurde und nun im Haus verbannt ist, wird mit minimalem Interesse daran verfolgt und ist mehr Initiator für die Effektszenen, die Cthulhu Mansion eine alptraumhafte Stimmung schenken wollen. Ein Problem, dass bei einigen auf traditionellen Grusel oder dem, was man dafür hält, bauenden europäischen Horrorfilmen aus der zweiten oder dritten Reihe beobachten kann. So richtig kann man - zumindest auf dem europäischen Festland - selten die Mechaniken des Haunted House-Horrors korrekt anwenden. Meist hapert es daran, die tragische Komponente der Geschichte schlüssig mit dem des Horrors zu verbinden. Auch Piquer Simón muss man attestieren, dass er Potenzial liegen lässt. Die wenigen stimmigen Momente zu Beginn müssen einer auf allerlei Grusel-Klimbim fokussierten, zähen Narration weichen.
Dazwischen hat der Film leider nicht viel zu erzählen. Die Geschichte tritt auf der Stelle, arbeitet sich mühsam Richtung Finale vor, in dem dann für die bescheidenen Verhältnisse des Films nochmal alles gegeben wird. Das Cthulhu Mansion keinen kosmischen Horror á la Lovecraft sondern mehr Haunted House-Horror bietet, ist nicht einmal das enttäuschende am Film. Mehr ist es die Problematik, dass innerhalb einer mehr auf Kommerz ausgerichteten Filmgattung so schludrig mit einer Ausgangslage umgegangen wurde, die eine durchaus interessante Story hätte bieten können. Leider reicht es in diesem Genre nicht, einfach nur ein paar bemüht gruselige Szenen zu präsentieren, die leider auch unfreiwillige Komik (Stichwort: Kühlschrank-Szene) mit sich bringt. Leider wurde das Ziel verfehlt und die wenigen atmosphärischen Momente können das Gesamtergebnis nicht retten. Cthulhu Mansion verliert sogar dabei, zumindest ein obskurer Vertreter des Genres zu sein; mehr ist es ein weiterer Beweis dafür, dass man im europäischen Genrekino die funktionsweise dieser Horrorspielart gar nicht bis sehr wenig verstanden hat und das es dort mehr braucht, als allerlei Seltsamkeiten, die den Zuschauer auf irgendeine Weise ängstigen sollen.
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