Maurizio Merli in diesem Film ohne seinen ikonischen Schnauzbart zu sehen ist so ungewöhnlich wie es Highway Racer selbst ist. Stelvio Massi mag das Genre nicht neu erfinden, doch sollte der zum Ende der 70er Jahre entstandene Poliziotto Sprint, so der Originaltitel, eine Auffrischung für das Image seines Hauptdarstellers und den italienischen Actionkrimi darstellen. Richtig frisch ist an Merlis Figur nur die glattrasierte Visage; gleich bleibt, dass er einen aufbrausenden und temperamentvollen Bullen verkörpert, der anders als in den Filmen, die er mit Umberto Lenzi drehte, einen Klumpfuß auf dem Gaspedal seines Polizeiwagens geparkt hat und nicht nach dem Credo "erst schießen, dann fragen" handelt. Als einfacher Polizeibeamter auf den Straßen scheint er mehr dem persönlichen Geschwindigkeitsrausch als bösen Buben hinterherzujagen.
Zumindest einer ist in Person von Jean-Paul Dossena auch in Highway Racer präsent. Der "Nizzaer" gilt als Teufelskerl hinter dem Lenkrad und nutzt mit seinen Kumpanen dieses Talent, um die Polizei bei ihren Banküberfällen reihenweise mit Tricks und verwegenen Fahrmanövern zu foppen. Auf den Fersen ist ihm Kommissar Tagliaferri, der mit seiner Einheit für Recht und Ordnung auf den Straßen sorgen möchte. Leider schießt ihm der großmäulige und von sich selbst übermäßig überzeugte Marco Palma mit seinen Alleingängen ständig über das Ziel hinaus. Dies zieht einige Konflikte mit sich, die in einer Suspendierung Palmas gipfeln, als der ständig von einem schnelleren Auto träumende Polizist bei einer nicht abgesegneten Verfolgungsjagd einen weiteren Unfall inklusive Todesopfer zu verantworten hat. Ganz ohne Palma scheint es leider nicht zu gehen, da ihn sein Chef für eine verdeckte Ermittlung im direkten Umfeld des Nizzaers zurückholt.
Bereits bei der kanadischen Speed Metal-Band Annihilator wurde "Acceleration, I've gotta gotta go faster / Give me more speed" gesungen und diese Textzeile lässt sich passend auf das Hauptaugenmerk im Script und für Hauptfigur Marco Palma übertragen. Mit böser Zunge ließe sich sagen, dass Highway Racer eine auf gut hundert Minuten langgezogene Verfolgungsjagd mit Unterbrechungen ist. Massi gelingt es Anfangs, vergnügliche Szenen zu kreieren. Im Vergleich zu anderen Werken aus dem Genre streift der Regisseur mit weniger grimmen Zwischentönen durch die italienische Hauptstadt und manche Szenen zwischen Palma und seinem wegen dessen "schnittigen" Fahrstils ständig ängstlichen Partners schenkt dem Film einfachen, aber gut funktionierenden Humor. Highway Racer hätte ein lockerer und wortwörtlich temporeicher Poliziottesci, weit weg von den ständig schalen Brandt-Zoten durchzogenen Toni Maroni-Filmen, werden können.
Die Anbiederung an ein jüngeres Publikum lässt den Biss anderer Polizeifilme vermissen und die Zuwendung zur Beziehung zwischen Palma und seinem Vorgesetzten Tagliaferri bietet wenig Tiefe, als dass diese wirklich förderlich für die Geschichte ist. Stop and go im Plot und der Motor des Highway Racers gerät ins Stottern. Der zur väterlichen Figur wachsende Tagliaferri nimmt den selbstgefälligen Palma unter seine Fittiche um ihn zu dem zu Formen, was er in diesem zu sehen glaubt. Die stereotype Auslegung beider Charaktere bringt dem Film kein Weiterkommen sondern nur Längen. Das alte Film-Ich Merlis wird quasi auf Spur gebracht, gerade gerückt; Tagliaferri ist die moralische Instanz, um der angesprochenen Zielgruppe aufzuzeigen, dass der von Palma beschrittene Weg der falsche ist. Ebenso flott, wie sich Highway Racer im Gesamten präsentieren möchte, wird daraufhin die Story um Palmas Undercover-Einsatz abgefrühstückt.
Der wird aufs Wesentliche begrenzt und die in Erscheinung tretenden Tropes hastig über die Bühne gebracht. Das Erzähltempo wirkt gefühlt verschleppt und leider bleibt der fade Beigeschmack, dass man den restlichen Film bis hin zum Finale halbherzig zu Ende geführt hat. Die sehenswerten Stunts von Remy Julienne, der später u. a. bei sechs James Bond-Produktionen die Stunt-Koordination übernehmen sollte, und die schnittigen Verfolgungsjagden allein ergeben leider keinen vollends überzeugenden Film, außer man ist Freund von PS-geschwängerten Verschrottungs-Epen. Massi begab sich in den 80ern mit Filmen wie Speed Cross - Zwei geben Vollgas oder Der Todesfahrer noch eingehender auf das Terrain des auf rasende, motorisierte Untersätze konzentrierten Actionfilms und Highway Racer kann man als gewissen Anstoß hierzu ansehen. Ob Massi diese runder und griffiger inszeniert hat, entzieht sich meiner Kenntnis; sein erster von insgesamt sechs mit Merli in der Hauptrolle gedrehten Filmen stellt sich leider als mäßig unterhaltsame Standardware heraus.
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