Dienstag, 10. September 2024

Das erste Omen

Wenn in den Köpfen der Schreiber keine frischen Ideen mehr sind, kehren totgeglaubte Reihen in die Kinos zurück. Mit jener in den Produktionsstudios Hollywoods so beliebten Rolle Rückwärts schaffte es jüngst auch die Saga um den Sohn des Teufels zurück in die Kinos und gibt in Das erste Omen preis, was zeitlich vor Richard Donners Das Omen (hier besprochen) geschehen ist. Die Frage, ob dies unbedingt nötig war, lässt sich eigentlich schnell mit einem klaren Nein beantworten, da Prequels generell oft Spannung vermissen lassen, wenn der Ursprungsfilm bekannt ist. Deswegen ist es kaum verwunderlich, dass die Vorgeschichte des Horrorklassikers, wenn auch nicht ausgeprägt, ebenfalls daran krankt und von Beginn an offensichtlich ist, worauf die Geschichte hinarbeitet. Weitaus positiver fällt dafür der weitgehende Verzicht auf allzu simples diabolisches Tamtam auf und dass die konspirativen Thriller-Elemente von Donners Film aufgegriffen werden. Ihre dunkle Seite, die zwei Gesichter, welche die Kirche besitzt, bietet sich für solch einen Stoff an und so versucht dieser nicht nur, von einer satanistischen Verschwörung innerhalb ihrer Mauern, sondern gleichzeitig noch über dortigen Missbrauch zu erzählen. Warum das Waisenmädchen Carlita, derer sich die frisch in Rom und einem kirchlich betriebenen Waisenhaus angekommene Novizin Margaret annimmt, von den dortigen Ordensschwestern und anderen Mädchen ausgegrenzt und gequält wird, versucht diese herauszufinden. Sie stößt auf eine Mauer des Schweigens und Warnungen, dass mit Carlita etwas nicht stimme. Mysteriöse Ereignisse befeuern die Nonnenanwärtin in ihrer Entscheidung, Nachforschungen anzustellen, mit denen sie auf ein dunkles Geheimnis, von dem sie ein Teil zu sein scheint, stößt.

Das Das erste Omen die Missbrauchsthematik nicht in den Mittelpunkt rückt und erzählerisch den phantastischen Elementen gegenüber dem damit in der Story verankerten reellen Horror den Vorzug gibt, ist eine nachvollziehbare und kluge Entscheidung. Die weibliche Perspektive, welche Regisseurin und Co-Autorin Arkasha Stevenson etabliert, ist gewiss als sehr positiv hervorzuheben. Allerdings entgleitet den Schreibern das Script in der zweiten Hälfte so sehr, dass wegen der dort aufkommenden Ungereimtheiten auch Feingefühl gefehlt hätte. Was angenehm ruhig aufgebaut wurde, gerät derart ins Wanken, weil man sich erzählerisch häufig verbiegen muss, damit man den Anschluss an Das Omen hinbekommt. Man macht Zugeständnisse, lässt die zuvor mit Sorgfalt erschaffene Stimmung schwanken und bietet dann leider, wenn man genau hinschaut, doch nichts Neues im Bezug auf die Geschichte über den personifizierten Antichristen. Es ist nicht unbedingt nur Horror von der Fahnenstange, da man dem Film auf der anderen Seite einen hübschen Vibe schenkt, der auch durch seinen Spielort mitunter an den italienischer Horrorfilme aus den 70ern erinnern lässt. Damit das neu dazugekommene, junge Publikum bei Laune gehalten wird, trägt man nur dermaßen dick auf, dass auch Reminiszenzen bzw. klare Bezüge zum '76-Film nur deswegen existieren, damit es Omen gibt, wenn's eben schon auf der Packung steht. Stevenson besitzt mit ihrer Regie jedoch so viel Verve, das Das erste Omen immer auch das hinbekommt, wofür er letztendlich realisiert wurde. Er unterhält im Ganzen durchaus als Verschwörungs-Horror, dem es hin und wieder an Feinschliff fehlt. 


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Montag, 9. September 2024

Omen IV: Das Erwachen

Als sich 1981 der Sargdeckel für die Das Omen-Reihe schloss, machte es den Eindruck, als sei dies eine dauerhafte Entscheidung gewesen. Nach Übernahme von 20th Century Fox durch den Medienmogul Rupert Murdoch Mitte der 80er, entschloss man, einige populäre Produktionen des Studios für die Fernsehsparte wieder aufleben zu lassen. Dabei fiel die Wahl auch auf die Saga über den Sohn des Antichristen. Das dieser dabei im finalen Konflikt den Kürzeren ziehen musste und zurück in die Hölle geschickt wurde, störte die Verantwortlichen nicht sonderlich. Mit dem Waisenmädchen Delia ersann man einfach eine neue auf Erden wandelnde Leibesfrucht Satans, die vom Anwaltspaar Karen und Gene York adoptiert wird. Wie aus den Vorgängern bekannt, ist das Happy Life der Familie nicht von langer Dauer und wieder ist es ein Elternteil, diesmal Karen, die nach einigen düsteren und tödlichen Episoden im Umfeld der Adoptivtochter misstrauisch wird. Sie engagiert den Privatdetektiv Earl, der die leibliche Mutter der Kleinen ausfindig machen soll. 

Die Regie betraute man dem Schweizer Dominique Othenin-Girard, der durch seine Arbeit an Halloween 5- Die Rache des Michael Myers bereits Erfahrungen mit unnötigen Fortsetzungen hatte, und Jorge Montesi. Das Duo hat dem einfallslosen Script, welches überwiegend die ersten beiden Filme variiert und als einzige Abwechslung ein nun weibliches Teufelskind und Anflüge von Esoterik-Quark bietet, nichts hinzuzufügen. Brav arbeitet man sich augenscheinlich an für das Fernsehen geltende inszenatorischen Vorgaben ab, behält das geringe Budget im Blick und macht aus Omen IV: Das Erwachen einen so biederen Horrorfilm, der selbst zur Entstehungszeit - wenn überhaupt - nur übertrieben konservative Gestalten oder äußerst streng gläubige Christen erschrecken konnte. Am interessantesten ist der Film in den Momenten, wenn Schauspiel-Veteran Michael Lerner als Privatschnüffler Delias Mutter aufspüren soll. Nicht nur, dass deren abstruse Lebensgeschichte einen Hauch von Camp in den Plot bringt. Allein Lerner kann mit seiner Präsenz Mängel in der Regie wie fehlenden Schwung zwar nicht ausmerzen, aber gut genug davon ablenken. Dieser Akt allein kann gegen den restlichen, uninspirierten und spannungsarmen Teil des Films nichts ausrichten. Leider fühlt sich dieser vierte Teil somit wie Leichenfledderei an, um eine - den Erstling ausgenommen - mäßige Filmreihe final in den Orkus zu stoßen und dort verrotten zu lassen.


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Freitag, 6. September 2024

Barbara's Baby - Omen III

Er ist voll evil und trägt kein Horn: es ist der Damien, Nachname Thorn! Wem beim Lesen des einleitenden Satzes dieser Besprechung als erstes das Wort cringe in den Kopf gekommen ist, dem sei gesagt, dass sie ganz bewusst so begonnen wurde. Nicht, das der dritte Teil der Das Omen-Saga ein potenzieller Sieger von Peinlichkeits-Wettbewerben im filmischen Bereich wäre. Man kann dem finalen Konflikt um den Sprössling des Leibhaftigen zweifellos attestieren, dass er solide und routiniert gefilmt ist. Gleichzeitig sind dies Attribute, welche unter Umständen - die in diesem Falle bestehen - ein aber mit sich bringen. In Barbara's Baby ist Damien Thorn zum erwachsenen Mann gereift und an dem Punkt angelangt, den er als Ziel immer vor Augen hatte: an der Spitze des Konzerns Thorn Industries. Von dort aus könnte er eine Schreckensherrschaft einleiten, aber dunkle Wolken ziehen für ihn herauf, als ihm die Wiedergeburt Christi in England vorhergesagt wird. Mit dem US-Präsidenten unter seiner Fuchtel, lässt er sich von diesem zum Botschafter in London machen und versucht mit seinen treu Untergebenen, alle im betreffenden Zeitraum geborenen Kinder ausfindig zu machen und umzubringen. Zeitgleich versucht eine Gruppe von Mönchen Damien unter Zuhilfenahme der Dolche Megiddos zu töten.

Endlich ist der Antichrist voll ausgewachsen, eigenständig, handlungsfähig und mit Sam Neill in seiner ersten größeren Rolle ausgezeichnet besetzt. Die Suche nach Christi Wiedergeburt - auf die der deutsche Titel anspielt - mit dem gleichzeitigen Versuch der Gegenseite, den Sohn des Teufels ein für alle Male zu vernichten, hätte ein epischer Abschluss werden können. Glänzen kann Omen III bedauerlicherweise einzig in den Szenen, in denen Sam Neill seinem Damien eine düstere Aura und Unnahbarkeit schenkt, gehüllt in Überheblichkeit, weil ausgesprochen siegesbewusst. Das wiegt schwer und ist atmosphärisch dicht umgesetzt, allerdings bleiben die Figur wie der Film eindimensional. Beim Antichristen betont man allein das anti, was bedeutet, dass er nur allgegenwärtiger Gegenpol - nun insbesondere zu Christus - ist, aber nicht daran gearbeitet wurde, ihm Komplexität zu schenken. Einfach nur böse bzw. der Böseste von allen ist sein alleiniges Merkmal und im Endeffekt bleibt die Hauptfigur der Reihe immer etwas austauschbar. Wie in den Vorgängern liegt der narrative Fokus auf dem Antagonisten, ohne dass dieser jemals zu sowas wie einem Antihelden wird. Zumal Omen III im Handlungsablauf seinem direkten Vorgänger soweit ähnelt, dass man die dortigen um Damien wissenden und mit ihrem Leben zahlenden mit den Mönchen austauschen kann. Das Abspulen diverser Todesarten hat sich mit dem ersten Sequel soweit etabliert, dass man sich dieser Rezeptur einfach noch einmal bedient. Die Geistlichen verhalten sich dazu noch so dämlich bei den Versuchen, Damien umzubringen, was der Story bei allem phantastischem Grundgerüst einiges an Glaubhaftigkeit raubt und regelrechter Quatsch ist. Die Dramatik, welche der Film für sein Finale aufzubauen versucht, verpufft in großem Stil. Zwar bekommt er anders als Damien - Omen II (hier besprochen) die Kurve und baut keinen erzählerischen Loop auf, doch der anscheinend groß geplante, finale Akt im Kampf gegen Satans Sohnemann bleibt wie der bleibende Gesamteindruck des Films eher lau. Für den seinerzeit als Abschluss der Reihe geplanten Film ist das leider ein Armutszeugnis, auch wenn es weitgehend erträglicher und interessanter als der zweite Teil gestaltet ist.



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Freitag, 9. August 2024

Damien - Omen II

Bereits mit ihrem Titel macht die Fortsetzung von Das Omen (hier besprochen), welche bereits zwei Jahre nach dem Erstling in den Kinos startete, deutlich, dass der Junior-Antichrist Damien mehr im Fokus der Geschichte steht. Dieser ist nun 13 Jahre alt, an der Schwelle zur Pubertät und lebt bei seinem Onkel Richard Thorn, dessen zweiter Frau Ann und Richards aus erster Ehe stammenden Sohn Mark. Letzterer besucht mit Damien die selbe Militärakademie und ist nicht einfach nur sein Cousin, sondern auch gleichzeitig der beste Freund. Omen II folgt im Groben dem gleichen Schema des ersten Teils. Die Welt der Thorns scheint gänzlich unberührt von schlechten oder bösartigen Dingen zu sein, wenn da nicht ein düsteres Mysterium über Damien schweben würde. Es gibt Menschen, die vermuten oder wissen, dass mit dem Jungen etwas nicht stimmt und es sind - wie sollte es anders sein - wieder Günstlinge anwesend, die ihre schützende Hand über ihn halten. Neben einem Angestellten in Richards Firma ist das ein Sergeant an der Militärakademie, der seinen Schüler auf seine Bestimmung vorbereiten möchte. Falls doch mal jemand auf den Trichter kommt, was es mit dem Jungen auf sich haben könnte, sorgen "unglückliche Unfälle" dafür, diese von ihm fernzuhalten. 

Weil diese beim ersten Teil für das Publikum offenbar zu den Highlights zählten, rückt das Sequel diese ebenfalls mehr in den Vordergrund. Einer Fortsetzung gerecht sind diese bigger and badder und dominieren einen großen Teil des Films, dass ein regelrechter Death Loop entsteht. Damien ist durch diabolische Mächte besser abgesichert als staatliche Behörden. Das geringste Anzeichen einer Bedrohung sorgt dafür, dass Figuren auf kreative und manchmal äußerst grausige Weise (Stichwort: Fahrstuhl) aus dem Leben scheiden. Das mag nett anzuschauen sein, über die Zeit ist das sehr repetitiv und redundant, dass der restliche Teil der Geschichte darunter leidet. Wobei diese verglichen mit dem Vorgänger auch leider wenig Variation bietet. Wieder ist es die väterliche Figur, welche nach vorheriger Ignoranz eingestehen muss, dass der (Zieh-)Sohn eine Bedrohung für das nahe Umfeld und sogar die Menschheit darstellt. Omen II leidet unter der Sequel-Krankheit, dass Merkmale des erfolgreichen Vorgängers so ausgeprägt vorhanden sind, dass der gesamte Plot unter dieser Last ächzt und stöhnt. Und wieder behält man die boshafte Konsequenz bei der Gestaltung der Story bei, was löblich, aber eben auch uninspiriert ist. Die Konzentration auf Damien ist einzig dafür da, mehr Schock-Szenen zu generieren; das durchaus interessante Coming of Age und seine Identitätsfindung bleibt nettes, ungenutztes Beiwerk in einem insgesamt sehr mäßigen Sequel, dass zu sehr dem Kassenschlager von 1976 nacheifert.


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Donnerstag, 8. August 2024

Das Omen

Noch ein paar Jahre von der realen Satanic Panic entfernt, erschien 1976 ein Film in den Kinos, der laut der Schrift "Satanism" von Dr. Joseph P. Laycock, Professor an der Texas State University, diese Massenpanik zumindest mit beeinflusst haben könnte. Nach dem mehr subtil arbeitenden Rosemaries Baby und dem schockierend direkten, beinahe vulgären Der Exorzist machte sich Damien, Sohn des Antichristen, in Richard Donners Das Omen auf dem Weg in die Lichtspielhäuser dieser Welt. Allein der im Oscar-prämierten Soundtrack Jerry Goldsmiths hallende apokalyptische Bombast macht zu Beginn unmissverständlich klar, dass die Ankunft des Sprösslings des Leibhaftigen der Anbeginn der letzten Tage der Menschheit zu sein scheint. Dunkle, schwere Bilder verstärken die Stimmung und Wirkung der Geschichte des an einem 6. Juni um 6:00 Uhr zur Welt gekommen Kindes, dass dem Ehepaar Katherine und Robert Thorn von einem italienischen Priester untergejubelt wird, nachdem Katherine eine Totgeburt erlitten hat. Ahnend, wie schwerlich dieser Verlust für seine Frau wäre, lässt sich ihr Botschafter-Gatte auf die anonyme Adoption ein. Fünf Jahre später ist die Familie nach Großbritannien übergesiedelt und lebt bis zur Geburtstagsfeier ihres Sohns freudig vor sich hin. Auf dieser Party nimmt sich jedoch Damiens Kindermädchen vor der versammelten Gästeschar nicht sonderlich unspektakulär das Leben. Das ruft prompt ihre Nachfolgerin, die sinistre Mrs. Baylock, die einen außerordentlich guten Draht zu Damien hat, aus dem Nichts auf den Plan und ist der Beginn für mysteriöse und beunruhigende Ereignisse rund um den kleinen Jungen. 

Im Vergleich mit den beiden anderen genannten, großen Horrorfilmen der 60er und 70er Jahre mit diabolischem Grundthema, geriert sich Das Omen fast schon etwas bieder. Die vom Score famos unterstützte Atmosphäre entsteht zu einem großen Teil durch das Wissen des Publikums, was es mit Damien auf sich hat, während der Plot in langsamen Schritten dieser Auflösung für die Figuren entgegenschreitet. Donner passt seine Regie der klassisch aufgebauten Narration an, bringt die Geschichte ohne größere Hast voran, was die akzentuiert eingesetzten Schockmomente des Films hervorhebt und gewinnen lässt. Diese mittlerweile ikonisch gewordenen Szenen sind technisch perfekt umgesetzt - alleine der Schnitt sei hier hervorzuheben - und bringen, ohne Das Omen nun schlechter zu machen, als er ist, den gesamten Film aus einer erzählerischen Lethargie, die sich in manchen Momenten breit macht. Sie mögen einfach nur ein Zugeständnis an den damaligen Genre-Zeitgeist sein, sind auf der anderen Seite aber teils die Szenen, welche den größten Schrecken bringen. Wahrscheinlich wirkte Das Omen zu seiner Entstehungszeit bereits leicht angestaubt, obwohl man sich deutlich bemüht, die Story weitgehend interessant zu halten. Das klappt leider nur bedingt. Das teuflische Bohei um Damien ist wenig spannend, weil es vorauszuahnen ist und der als Darsteller des antichristlichen Knirps gecastete Harvey Stephens ist zwar eine gute Wahl, nur langt es nicht, den wortkargen Jungen überwiegend vielsagend boshaft in die Kamera blicken zu lassen. Stark ist Das Omen immer dann, wenn die Geschichte einen Schlenker in Richtung konspirativem Thriller macht und das er bis zum wortwörtlich bitteren Ende ohne Zugeständnisse an ein auf Erlösung hoffendes Publikum seine Story durchzieht. Es wäre für die Weltuntergangsstimmung des Films auch nicht förderlich gewesen. Ist es doch auch sie, die den Auftakt der Reihe über den Sohn des Teufels heute noch sehenswert macht.

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Samstag, 27. Juli 2024

Demon - Dibbuk

Als der in London lebende Piotr in seine Heimat Polen zurückkehrt, um seine Freundin Zaneta zu ehelichen, stößt er einen Tag vor der Hochzeit beim Graben im Garten des Hauses, das die gemeinsame Heimat des jungen Paares werden soll, auf Knochen. Vieles deutet darauf hin, dass diese menschlichen Ursprungs sind. Vielleicht auch aus Überforderung mit dem verstörenden Fund, entschließt sich der sein Brot als Architekt verdienende Bräutigam, das Loch wieder zu schließen. Aus den Augen, aus dem Sinn. Damit tritt er etwas los, dass seine Hochzeitsfeier in Chaos stürzen, seine Braut bis aufs Mark erschrecken und die Schwiegereltern im höchsten Maße stressen wird. Wie Piotr nach seiner Entdeckung üben sie sich in Ignoranz, Vergessen, Verdrängung. Themen, die Regisseur Marcin Wrona zum zentralen Thema seines Films macht. Der titelgebende Dibbuk ist in der jüdischen Folklore ein meist bösartiger Totengeist, der - so auch hier - in den Körper eines Lebenden eintritt und bei diesem irrationales Verhalten bewirkt. Der polnische Regisseur, der sich einen Tag nach der Welt-Premiere von Dibbuk das Leben nahm, erschuf einen doppelbödigen Horror, dem es weniger um die durch einen Geist hervorgerufene Besessenheit geht. Mehr möchte er mit seinen Werk zeigen, dass der wahre Schrecken in dem liegt, was nicht wahrgenommen, nicht gesehen wird. Und das aus voller Absicht heraus. 

Gänzlich vom Geist eines jüdischen Mädchens erfasst, wird der im Keller des Hauses versteckte Piotr zum Sinnbild dafür, wie ein großer Teil der polnischen Gesellschaft verdrängt, was den dort lebenden Juden im zweiten Weltkrieg widerfahren ist und das auch die Polen diese an die Nazis verrieten oder gar ermordeten, um an deren Besitztümer zu gelangen. So scheint es Wrona ein sehr persönliches Anliegen zu sein, diese von seinen Landsleuten verdrängten, tief verborgenen Erinnerungen wieder hervor zu holen. Die Gäste der Hochzeitsfeier werden zu einem verzerrten, aber augenscheinlich treffend dargestellten Abbild eines Volks, das geübt in Verdrängung und Schönrederei ist. Einige Szenen werden mit einer passenden Prise Humor aufgelockert, die darin wohnende, unangenehme Stimmung damit gleichzeitig aber auch verstärkt. Des Öfteren fühlt man sich bei dieser Atmosphäre an Thomas Vinterbergs Das Fest erinnert. Der Horror selbst beginnt, ähnlich wie in In den Krallen des Hexenjägers, mit dem Fund von Überresten. In Dibbuk ist der Schrecken realer wie man zuerst annehmen mag, gerät aber nie ins Hintertreffen, auch wenn Wrona ihn mehr dafür nutzt, den dramatischen Aspekt seiner Geschichte auszuarbeiten. Was nun mit Hanna, so der Name der im Garten aufgefundenen Toten, einst ein Mitglied der Dorfgemeinschaft, passiert ist, deutet der Film nur an. Ein Ausformulierung wäre allerdings auch zu viel des Guten. Der Film beunruhigt auch deswegen, weil er nur so viel wie Nötig zeigt, erzählt und überlässt den Rest dem Kopf des Zuschauenden. So kann jeder für sich selbst entscheiden, wie viel vom erzählten einen übernatürlichen oder doch ganz reellen Ursprung besitzt. Mit dem naturalistische Look und seiner erdigen Farbgebung ist Dibbuk moderner Folk Horror (der beispielsweise auch in der fantastischen Dokumentation Woodlands Dark And Days Bewitched: A History of Folk Horror erwähnt wird) und ein aufrüttelndes Drama, das durch sehr gute Leistungen vor und hinter der Kamera überzeugen kann.

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Freitag, 26. Juli 2024

The Faculty - Trau keinem Lehrer!

Der Quentin und der Robert. Beide galten zu Anfang ihrer Karrieren als Wunderkinder. Tarantino konnte sich trotz oder wegen seines verschrobenen Film-Nerdism einen Platz in Hollywood sichern, während sein Spezi Rodriguez es etwas schwerer hatte. Potenzial schlummerte sichtbar mannigfach in ihm, doch konnte er dies nie voll abrufen. Woran das liegt, kann man in den von ihm ab den 2000ern inszenierten Filmen gut erkennen. Der Amerikaner mag ein mit Talent gesegneter Theoretiker sein, der über die Zeit seinen Fokus stark auf die technische Seite des Filmens ausrichtete, nur fehlt in der Praxis seinen Werken vor allem das, welches selbst Tarantinos Copy-and-Paste-Mashup-Cinema besitzt: Seele. Technik und Effektkunst erhoben sich zum Leitmotiv von Filmen wie Sin City (hier besprochen), die beeindruckend, aber gleichzeitig auch unterkühlt sind und eine Regie aufzeigt, die weit weg, vom eigenen Werk distanziert, wirkt. The Faculty lässt den Weg, welchen Rodriguez einschlagen sollte, bereits etwas erahnen. Dessen kühle Stimmung passt allerdings treffend zum Plot, der einer Gruppe von Außenseitern folgt, darunter der scheue Casey, welcher an seiner High School eine schreckliche Entdeckung macht. Eine parasitäre, außerirdische Spezies übernimmt nach und nach die Körper von Lehrern wie Schülern, welche sich nach erfolgreicher Übernahme des Körpers - ähnlich wie in Die Dämonischen - seltsam verhalten und seelenlos erscheinen.

Casey und die wenigen Mitschülerinnen und Mitschüler, welche seinen Beobachtungen Glauben schenken, sollen natürlich ebenfalls Wirtskörper für die Aliens werden und so versucht die ungleiche Truppe von Jugendlichen gleichzeitig, diesen nicht zum Opfer zu Fallen und Gegenwehr zu leisten. Bis sie eine Lösung finden, um der extraterrestrischen Bedrohung Herr zu werden, ist es beinahe zu spät. Mit seinem Drehbuch scheint sich Kevin Williamson auf dem Erfolgsrezept des von ihm geschriebenen, zwei Jahre zuvor entstandenen Scream - Schrei!, auszuruhen. Auch The Faculty ist gespickt mit Anspielungen und Referenzen auf Klassiker des Genres - insbesondere dem Paranoia-Film der 50er Jahre - baut aber die Meta-Ebene weniger clever aus. The Faculty ist mehr Hommage, die übertrieben, klischeehaft, campy - und gerade deswegen unterhaltsam - ist. Die von ihm erdachten Figuren und Szenarien sind keine Neuerfindung des Rades, sondern allseits bekannt, aber eine sympathische Zusammensetzung von Versatzstücken. Rodriguez wiederum setzt die von Williamson ersponnenen Ideen mit einer flotten Inszenierung um, welche im Verlauf des Films einen hübschen Rhythmus bekommt. Die Beteiligten vor und hinter der Kamera haben spürbar Freude daran, einmal quer durchs Genre zu pflügen und keine Gefangenen zu machen. Die unterschwellige Gesellschaftskritik mancher Vorbilder aus alten Tagen wird zu Gunsten der jungen Zielgruppe und des Themas gegen ein Plädoyer für Individualismus in Gestalt der High School Misfits eingetauscht. Wobei hier wiederum das, was nach dem Finale geschieht, abstinkt und dieses Plädoyer ad absurdum führt. Das schmälert den Unterhaltungswert des Films kaum und zeigt Rodriguez nochmal mehr an der Basis eines von ihm inszenierten Films, bevor er in kommenden Jahren immer etwas über seinen eigenen Werken stand.

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