Sonntag, 18. August 2013

Er - Stärker als Feuer und Eisen

Kaum schaffte es die von Robert E. Howard geschaffene Figur Conan der Cimmerier mit dem Kinofilm Conan, der Barbar im Jahr 1982 auf die Leinwand, schon hat der Film zusammen mit seinem Hauptdarsteller Arnold Schwarzenegger für einen Trend gesorgt. Damit ist allerdings nicht gemeint, dass ein großer Teil des Publikums plötzlich mit Bodybuilding oder Schwertkampf anfingen, da der Film sie plötzlich so beflügelt hat. Vielmehr sah man dann auf den Leinwänden plötzlich des öfteren fellbeschürzte Muskelmänner durch die Landschaft stapfen um gegen das Böse zu kämpfen. Ein Jahr später machte sich Umberto Lenzi daran, seine Barbarengeschichte auf die Menschen los zu lassen. Anders als seine italienischen Kollegen wie Lucio Fulci, der mit Conquest (1984), seinem Beitrag zur Barbarenwelle, auch noch ordentliche Fantasy-Elemente einspannte, orientierten sich die Schreiber bei Er - Stärker als Feuer und Eisen stark am großen Vorbild aus Hollywood.

Man schlägt sich weder mit Ungeheuern oder mystischen Kulten mit magischen Kräften, sondern eher mit dem niederträchtigen und machthungrigen Vood herum. Dieser kann es kaum abwarten, bis er endlich Anführer des Stammes wird, da sein Vater Aufgrund des Alters abtreten möchte. Doch Papa zweifelt durch die unbeherrschte Art seines Zöglings an diesem, was bei einem Angriff auf eine kleine Gruppe durch einen anderen Stamm von Vood schamlos ausgenutzt wird. Die Jagdbeute wird erfolgreich verteidigt, allerdings nutzt er die Situation aus, um seinen Vater zu erschlagen. Dumm nur, dass er dabei vom muskelbepackten Ela beobachtet und bei der Begräbnis-Zeremonie des Mordes beschuldigt wird. Vood wird vom Stamm ausgestoßen und entdeckt nach dem Ausbruch eines Vulkans eine Sache, die sein Leben verändern wird: Eisen. Fast noch dampfend, entdeckt er das Potenzial der länglichen und noch unförmigen Eisenstange und die wortwörtliche Durchschlagkraft.

Als er dann mit diesem Teil sich erfolgreich gegen einen Löwen wehren kann und auf die geheimnisvolle Lith trifft, ist es um ihn geschehen. Die Dame setzt ihm die Flausen in den Kopf, dass er mit dieser neuen Waffe nicht nur seinen Stamm, sondern gleich das ganze Tal und die anderen Stämme unterjochen kann. Musik in den Ohren Voods und mit der von der Gottheit Efferum gegebenen Waffe kehrt er zu seinem Stamm zurück, zeigt Ela was eine Harke ist und macht sich zum Anführer. Im Gegenzug stößt er Ela aus, der sich nun in der Wildnis allerlei Gefahren ausgesetzt sieht. Bis er auf die schöne Isa und deren friedfertigen Stamm trifft, der von Isas weisem Vater Mogo mit allerlei schlauen Sprüchen und pazifistischem Gedanken geführt wird. Allerdings ist auch Mogos Stamm schnell im Visier des äußerst blutrünstigen Voods, da dieser immerhin das gesamte Tal und die dort angesiedelten Stämme beherrschen möchte.

Aber immerhin hat man ja Ela, dargestellt vom durchtrainierten Sam Pasco, der hier durchaus eine passable Figur abgibt. Was ihm vor allem an darstellerischer Kraft fehlt macht er mit der starken Präsenz seines definierten Körpers wett. In den Actionszenen macht er sich wirklich gut, während Pasco - beinahe schon wie Arnie selbst in den zwei Conan-Filmen - mit wenig Gesichtsausdrücken auskommt. Selbst beim Lächeln muss sich der langmähnige Hüne arg anstrengen. Aber so eine Testosteronbombe auf zwei Beinen muss auch eher seiner Muskelkraft genügend Ausdruck schenken, was er auch bei der ständig lauernden Gefahr häufig tun darf. Eigentlich wäre der Herr also prädestiniert für Rollen in ähnlichen Filmen, auch wenn die Zeit der Barbarenfilme recht kurzlebig war. Doch schaut man auf die Filmographie des Herren, dann wird nur seine Hauptrolle im auch als Ironmaster bekannten Film aufgelistet.

Dabei hat er noch einige Filme mehr gemacht. Der wahrscheinlich schon verstorbene Pasco - seine Spur verliert sich recht schnell und er soll entweder an einem Leberschaden (wegen der vielen Steroide), einer Überdosis Drogen oder AIDS gestorben sein - kommt eigentlich aus der Schwulenporno-Szene (!) und hat es bei den Castings wegen seines eben recht gut definierten Körpers und dem Verschweigen des Umstands, bei welchen Werken er sonst noch so mitgewirkt hat, zu seiner Rolle als Ela geschafft. Doch schon nach der Arbeit an diesem Film soll es ihn wieder zu seiner gewohnten Arbeit - hier unter den Pseudonymen Big Max oder Max Spanner - zurückgekehrt sein. Einem starken Helden muss aber natürlich noch ein ebenbürtiger Gegner gegenüber stehen und hier hat man ebenfalls ein glückliches Händchen bewiesen. Egal ob mit seltsamer Löwenkopf-Mütze als großer Herrscher oder im knappen Fellhöschen: Luigi Montefiori aka George Eastman ist einfach der geborene Bösewicht, obwohl er auch in weniger negativen Rollen natürlich eine gute Figur macht. Aber wer so schön abgedreht und irre aus dem Löwenmäulchen schauen kann, dem darf man auch die Klingen der Macht in die Hand drücken.

Ganz klar, das der ja immer leicht am Overacting vorbeischrammende Eastman hier eine unheimlich tolle Schau abliefert und er durch das Drehbuch auch schnell zum ersten Eisen-Industriellen in der Geschichte der Menschheit aufsteigt. Es ist schon äußerst lustig anzuschauen, wenn Vood - kaum als Stammeschef etabliert - die neue Waffe seinen Mitstreitern bringt, ihnen dadurch Unbesiegbarkeit prophezeit und wohl irgendwo auch eine Anleitung zur Verarbeitung von Eisen im noch heißen Vulkangestein gefunden hat. Die Produktion der Schwerter macht wirklich unglaublich schnelle Fortschritte und bringt die Mundwinkel des Zuschauers öfter dazu, sich zu einem Grinsen zu verformen. Generell ist Er - Stärker als Feuer und Eisen ohnehin eine sehr spaßige Angelegenheit, welche den Kopf nicht allzu sehr anstrengt. Das Buch begeht wahrlich keine neuen Pfade und auch wenn es für Ela noch einige Gefahren - darunter sehr possierliche Affenmenschen (mit kleinen Pimmeln!) - birgt, so kann man sich denken, dass es auf das unumwindbare Duell zwischen dem blonden Helden und dem wahnsinnigen Machtgeier hinausläuft.

Bis es zu diesem kommt verläuft der Film in bekannten Bahnen. Man möchte das nicht einmal vorhersehbar schimpfen, aber die Geschichte ist eben auch eine altbekannte Abfolge von gefährlichen Situationen für den Helden, bis er auf einen friedlichen Stamm trifft, der eben schon ein vorbestimmtes Schicksal durch die fürchterliche Herrschaft Voods besitzt. Dafür darf William Berger - vor allem aus vielen Italowestern bekannt - mit Langhaarperücke den Barbarenhippie mimen, pazifistisch die Gewaltlosigkeit predigen und auch sonst sehr schlaue Sprüche rauslassen. Mit dem unheilsschwangeren Off-Kommentar zu Beginn des Films, der davon berichtet, wie ein Mensch eine neue, fürchterliche Waffe entdeckt und somit den Krieg erfindet sowie seinem leicht weichgespülten Ende versucht man ohnehin, eine Botschaft gegen die sinnlose Gewalt als kleine "Moral von der Geschicht'" zu installieren. Das kommt einem fast so vor wie die Erklärungen am Ende einer jeden Episode der He-Man-Zeichentrick-Serie.

Tiefgründig ist das ganze nicht, wobei die Autoren - darunter der allseits bekannte Dardano Sacchetti der u. a. auch für Fulci (Geisterstadt der Zombies oder auch Manhattan Baby), Dario Argento (Story für Die neunschwänzige Katze) aber auch die Bücher zu Die Gewalt bin ich (1977) oder Asphalt Kannibalen (1980) schrieb - bei einem Punkt der Geschichte einen kleinen und amüsanten Kniff einbauten. Die recht patriarchaische Geschichte in der Frauen als Beiwerk verkommen, bietet mit der hübschen Pamela Prati als Lith die Ideengeberin für Voods Gedanken, die Herrschaft über das Tal zu erlangen. Ohne ihre Implikationen könnte er vielleicht auch gar nicht oder wenn, dann erst recht spät, diesen Gedanken bekommen haben. Generell wird Prati auch immer so inszeniert, dass nie weit weg von Eastman steht. Im Hintergrund, im Schatten von Eastman. Ein Machismo, der allerdings auch anders gedeutet werden kann. Laut einer bekannten Redewendung steckt hinter einem erfolgreichen Mann auch immer eine starke Frau. Prati ist eine hinterlistige Schlange, biedert sich auch Ela in einer Szene an und könnte hiermit die wahre Lenkerin hinter Vood, dessen Gier sich allerdings auch schnell verselbständigt, sein.

Vielleicht nutzt sie ihn selbst nur als Instrument für ihre Rachegelüste, laut ihrer Aussage kommt die ansonsten kaum mit einem gewissen Hintergrund ausgestattete Figur Lith von einem fremden Stamm und wurde ausgestoßen. Schon die Berliner Rapper K.I.Z. bemerkten in einem ihrer Songs, dass hinter einem bösen Mann eine immer noch bösere, bösere, bösere Frau (sic) steckt. Trotz aller versuchter Deutungen ist der Ironmaster natürlich ein Aufhänger für einige Abenteuer-Szenen, die alle recht souverän umgesetzt worden sind, die mit einem geringen Spannungsanteil ausgestattet worden sind. Hier und da wird sogar garstig die Effekte-Kiste entmottet und gerade im Finale wird recht blutig hantiert. Er - Stärker als Feuer und Eisen bietet sich als perfekter, launiger Kandidat für einen faulen Sonntag an um gut eineinhalb Stunden Kurzweil zu bieten.

Sicherlich ist das ganze recht trashig und die Geschichte hangelt sich von Höhepunkt zu Höhepunkt, doch wenn sich schon Leerlauf andeutet, reißt man sich glücklicherweise am Riemen und steuert geradlinig auf die Zielgerade zu. Die kostengünstige Umsetzung beschert die Story um Ela und Vood einen gewissen naiven Charme und wunderbar abstrus ist eine Szene in einer Höhle, in der sich Ela, Mogo und andere Flüchtige aus dessen Stamm vor Voods Schergen verstecken. Plötzlich kommen da grausig entstellte Menschen aus der Ecke, die ganz vage an die Zombies aus Marino Girolamis Crossover-Epos Zombies unter Kannibalen (1980) erinnern. Er - Stärker als Feuer und Eisen ist vor allem eine äußerst spaßige Angelegenheit, filmisches Fast Food, welches zwar auch schnell wieder vergessen sein könnte aber im großen und ganzen nicht weh tut. Selbst wenn Umberto Lenzi mit seinem Können auf Sparflamme runterfährt, ist die ganze Chose immer noch sehr lustig.
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Freitag, 16. August 2013

Patrick lebt!

Ist die Rechnung des Produzenten voll aufgegangen und ist deren Film beim Publikum wie eine Bombe eingeschlagen, dann schielt man natürlich schon einmal gerne auf die Möglichkeit der Fortsetzung. Auch wenn es selbst mit dem Finale bzw. dem Plot des Ursprungsfilm vereinbar ist: winkt die Kohle, ist ein Sequel so gut wie sicher. Ein in der Filmwelt beinahe schon ausgestorbenes Kuriosum ist da die Quasi-Fortsetzung, die uns weiß machten will, dass sie der legitime Nachfolger des Blockbusters ist. Selbst, wenn dieser vielleicht gerade mal vor drei Monaten in den Kinos lief. Heute produzieren solche kleinen Indie-"Kaschemmen "wie z. B. Asylum Filme, die großen Blockbustern alleine schon vom Titel her sehr ähneln, deren Plot aber so weit abgewandelt ist, dass man nicht vom allergrößten, offensichtlichsten Plagiat reden kann. Es versteht sich von selbst, dass diese äußerst kostengünstig hergestellt werden.

Diese Quasi-Fortsetzungen wurden natürlich eben sehr günstig fortgesetzt und gerade die Italiener verstanden es sehr gut, abenteuerliche "Sequels" zu produzieren. Schnell wurden sie heruntergekurbelt, das Drehbuch mit heißer Nadel gestrickt und somit sieht man diesen Filmen noch stärker ihre stark kommerzielle Bestimmung an als anderen. Das da über die Jahrzehnte im Stiefelland so einiges zusammengekommen ist, kann man sich denken. Allerdings ist nicht jeder dieser Filme unbedingt als billig und schlecht abzustempeln. Wie überall auch gibt es qualitative Schwankungen, aber auch Woodoo - Die Schreckensinsel der Zombies (1979) von Lucio Fulci, der sehr wohl als einer der besten italienischen Zombiefilme angesehen werden kann, ist so ein Beispiel. Originaltitel ist nämlich Zombi 2 und sollte so als Nachzügler bzw. eben Quasi-Fortsetzung von Romeros Dawn of the Dead (1978) dargestellt werden.

Daneben gab es aus Italien zum Beispiel noch Alien - Die Saat des Grauens kehrt zurück (1980) der auf Ridley Scotts Alien (1979) abzielt, der mit Lee Majors besetzte Piranha II - Die Rache der Killerfische (1979) der vom damaligen deutschen Verleih den direkten Bezug auf Joe Dantes makaber-lustigen Knabberfischhorror verliehen bekommen hat. Die Handlung schielt stark auf das große Vorbild, im Original wurde er allerdings noch recht dezent Killer Fish benannt. Wobei dies nur zwei Beispiele sind, im Laufe der Zeit hat es da noch unzählige weitere Filme gegeben. Und auch Mario Landi hat es sich nicht nehmen lassen, so etwas mal auszuprobieren. Als im Jahre 1978 der australische Thriller Patrick über die Leinwand flimmerte, dachte man gar nicht, dass dieser einen doch recht ordentlich Erfolg darstellen sollte. Im Original aus Down Under rächt sich die titelgebende Figur, nach einem traumatischen Schock im Koma befindlich, an seinen Peinigern aus dem Klinikum, in dem er untergebracht ist. Dies geschieht, nachdem sich eine neue Schwester recht rührend um Patrick kümmert.

Bei Landi ist dies fast so ähnlich. Der italienische Patrick bekommt bei einer Autopanne aus einem vorbeifahrenden Auto heraus eine Flasche an die Murmel geworfen, hat das Gesicht blutig rot, wirft sich schreiend auf den Boden und liegt dann ebenfalls im Koma. Im Sanatorium seines Vaters wird er von diesem im Verborgenen weiter behandelt. In der Zeit zwischen den Saisons werden in dieses Personen ohne zuerst größeren Bezug zueinander eingeladen. Wie sich nach und nach herausstellt, können diese laut den Recherchen von Patricks Vater für den Unfall verantwortlich sein. Kein Wunder also, das die telekinetische Kraft von Patrick ausgenutzt wird, um sich ebenfalls an diesen Menschen recht heimtückisch und grausam zu rächen.

Das ganze ist dabei unheimlich schmierig und einfach runtergekurbelt worden. Mit einer gehörigen Kelle Schmuddel draufgeklatscht, wie sich bei Landi versteht. Mit gerade einmal zwei Filmen hat sich der Regisseur einen gewissen Ruf erarbeitet. Als der Giallo schon ziemlich an seinem Ende angelangt ist, schubste er mit seinem äußerst schmierigen Giallo A Venezia (1979) das Genre in sein Grab. Hier wird ohne großartigem Plot bzw. einem Gerippe von diesem ein blutiger Mord nach dem anderen zelebriert und dazwischen viel nackte Haut präsentiert. Das Grundgerüst auch vieler Gialli, nur das hier die Geschichte und die gesamte Art weit ansprechender umgesetzt worden sind. Auch wenn der Film nie einen deutschen Verleih fand, wurde er von der BPjM sogar beschlagnahmt. Auch Patrick lebt! verquickt einfach mal so nackte Haut und ordentlich Mettgut miteinander und versucht mit einer pseudointeressanten Handlung den Zuschauer bei der Stange zu halten. Das ganze mutet dann im Endeffekt sehr obskur an, was schon beim Einstieg sehr deutlich wird.

Ein Auto am Straßenrand mit offener Motorhaube und einem noch quicklebendigem Gianni Dei als Patrick, der seinem Vater gerade vermittelt, das der Schaden so nicht mehr zu beheben ist. Plötzlich rollt ein Auto an, Patrick ruft den Fahrern noch zu ob sie anhalten könnten, plötzlich fliegt die Flasche, Dei sieht rot, der Zuschauer auch (bei so vielem Kunstblut auf dem Gesicht auch kein Wunder) und dann sehen wir in schönstem Overacting die schmerzensvollen Schreie von Patrick. Dann blickt plötzlich ein Oberarzt im OP in unser Antlitz, sagt zu Doktor Herschell (Patricks Vater), dass sie alles versucht haben, aber nichts mehr zu machen ist. Das Koma ist unumweichlich. Im Hintergrund wabern Synthielines und der Vorspann beginnt. Das war im Grunde schon der ganze Aufhänger für das nun folgende.

Das Drehbuch bemüht sich zwar rühmlich, die Gesichte auszuweiten und den Figuren, die in dem Sanatorium einkommen, einen gewissen Hintergrund zu verleihen. Es geht um Termine, wie da geheimnisvoll um den eher lauwarmen Brei geredet wird. Diese müsse man einhalten und nach und nach lässt man die Hüllen der Story fallen, während gefühlt schon hundert mal diverse sekundäre Geschlechtsmerkmale weiblicher Darsteller prall durch die Kamera hüpften. Jeder hat irgendwie Dreck am Stecken, der Sohn eines Versicherungsinhabers beging nach einem Unfall Fahrerflucht, ein bekannter Politiker wird angeblich erpresst und seine zeigefreudige Gattin scheint an seiner Karriere nicht ganz unbeteiligt zu sein. Es wirkt arg bemüht, als ob man gekauten Kaugummi so lang wie möglich ziehen möchte ohne das dieser reißt.

Spannung ist da natürlich Fehlanzeige auch wenn man sich in Rahmen seiner Möglichkeiten daran versucht, den Zuschauer zu erschrecken. Die geringe bzw. gar nicht vorhandene Qualität schafft das allerdings auch, aber gruselig wird es nicht richtig. Man bemüht sich dem allseits bekannten Horror-Baukasten für Schnellschüsse und bei Freunden obskurer Rohrkrepierer rettet sich Patrick lebt! noch durch seine äußerst amüsanten Versuche, den Schrecken zu erzeugen. Da heulen die Hunde, der Wind pfeift und plötzlich erscheinen da au dem Nichts diese zwei (zu Patrick gehörenden) Glotzeaugen, die den Schrecken und den Tod ankündigen. Wenn es dazu kommt, wird ordentlich die Blutkelle ausgepackt und zugeschlagen. Die Figuren agieren hier nicht gerade logisch oder nachvollziehbar, nur ist dies auch in tausenden anderen Horrorfilmen dabei. Lustig anzuschauen ist auf jeden Fall dieser fragende, trottelige Blick mit dem Paolo Giusti den Haken anschaut, der ihm bald die Lebenslichter ausbläst.

Unter Splatterfans ist der Film durch seinen berühmt-berüchtigen Schürhaken-Tod bekannt geworden, bei dem dieser bei einem Opfer vaginal ein- und oral austritt. Sehr garstig und äußerst heftig umgesetzt, zumal das Eindringen nicht angedeutet sondern breit ausgeschlachtet und gezeigt wird. Sprichwörtlicher Hardcore-Horror. Selbstzweckhaft umgesetzt und die Anlässe, in denen die weiblichen Darsteller ihre Hüllen fallen lassen, sind beinahe schon richtig pornös umgesetzt. Zu allen möglichen und unmöglichen Zeitpunkte setzen sie ihre drallen Kurven vor die Kamera. Erotisch ist das natürlich auch nicht, aber dem voyeuristisch veranlagten Zuseher eine schöne Zugabe. Patrick lebt! versprüht einen ordentlichen Sexismus, bei dem so manche Emanze mächtig Schaum vor den Mund bekommen würde. Über allem schwebt dann diese obskure Stimmung, gerade wenn in einer Szene eine vollkommen betrunkene Dame das Abendessen sprengt, Streit mit der Politikergattin anfängt, diese sich dabei natürlich schön die Kleidung vom Leibe reißen und nur der Leiter des Sanatoriums so, als wäre das eine vollkommen ruhig-entspannte Gesellschaft, einfach weiter ißt.

Gehöriger Trash, der nur für Hartgesottene wirklich etwas bietet. Unfreiwillige Komik in einer Umgebung völligen Unvermögens und Schwachsinns. Es gibt liebenswerteren Schwachsinn, bei Patrick lebt! geht ja selbst der Charme flöten, doch die ganze Chose ist so ein gewisses filmisches Unikum, bei dem Freunde des Bodensatzes gerne mal danach fischen können. Noch obskurer erscheint der Film ja, wenn man sich die Karriere seines Regisseurs betrachtet. Landi besuchte die Accademia dell'Arte Dramatica und schloss sie sogar mit Diplom (!) im Fach Regie ab und inszenierte im kulturellen Zirkel Diogene in Mailand etliche Stücke. Zu Beginn der 50er feierte er mit der Musikkomödie Canzoni per le strade seinen Einstand beim Film um sich dann dem TV zu widmen. Hier blühte Landi auf und inszenierte einige Klassiker, die sogar Preise einheimsten. Die Serie Le inchieste de commissario Maigret (von ihm komplett alleine inszeniert) gehört sogar selbst heute noch zu einer der erfolgreichsten italienischen TV-Serien. Im Kino wurde es arg trivialer und wie hier oder eben Giallo A Venezia arg schmuddeliger. So gehen auch einige Erotikkomödien auf sein Konto. Nach Patrick lebt! blieb er dann beim TV und verstarb 1992 in Rom.

Die über- oder gar nicht agierenden Mimen haben auch so einiges auf dem Kerbholz und gerade Sacha Pitoëff sticht hier auch heraus. Der mit stoischer Mine den überruhigen Doktor Herschell mimende Darsteller war auch in Argentos Horror Infernal (1980) zu sehen und verdingte sich in vielen TV- und Kinofilmen. Bekannt wurde er mit dem überaus hochangesehenen und superben Letztes Jahr in Marienbad (1961). Noch obskurer ist, dass er ein in seiner Heimat Frankreich hoch angesehener Theaterregisseur war und dort als Institution galt. Patrick-Darsteller Gianni Dei braucht hier ja nur stur geradeaus zu stieren, keine große Leistung. Fragt sich, ob er auch so straight singt wie er hier glotzt. Ende der 80er hat er eine Sängerkarriere eingeschlagen, nachdem er seit den 60ern im Film zu Hause war. Dabei war er auch im sehenswerten und viel zu unbekannten Poliziotescho Killer sind unsere Gäste (1974) zu sehen. Bei den weiblichen Darstellern muss man auch noch kurz Mariangela Giordano erwähnen. Die Tochter eines Journalisten war sogar mal "Miss Ligurien" was sie auch zum Film brachte.

Hier durfte sie schon recht schnell ihre weiblichen Vorzüge zur Schau stellen. Zuerst in einigen Sandalen- und Abenteuerfilmen, dann wurde sie auch in Italowestern wie dem ballerwütigen Django und Sartana, die tödlichen Zwei (1969) oder Fünf blutige Stricke (1969). Mit dem Herrn Dei war sie übrigens auch schon bei Giallo A Venezia mit am Start und 1981 durfte sie in Andrea Bianchis Zombiegaudi Die Rückkehr der Zombies die Mutter von Peter Bark darstellen und im späteren Verlauf des Films von ihrem zum Zombie gewordenen Sohn sich die Brust wortwörtlich abkauen lassen. Apropos Die Rückkehr der Zombies: auf einer Suche nach einem geeigneten Drehort muss Bianchi mit Sicherheit Landi angerufen haben und von diesem dann einen tollen Tipp bekommen haben, das Haus, in dem sich Patrick lebt! abspielt durfte dann für Bianchi auch einige Zombies beherbergen. Mit dieser Hintergrundgeschichte bzw. der von Landi (und Pitoëff) mutet Patrick lebt! noch seltsamer als ohnehin schon an. Wer unbedingt Lust auf schlechte Filme hat, kann sich hier ruhig rantrauen, alle anderen dürften mit zuckendem Daumen an der Stop-Taste den Film "genießen".
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Samstag, 10. August 2013

Inbred

"Zurück zur Natur" heißt es ja immer so schön, doch seit John Boormans Beim Sterben ist jeder der Erste (1972) wissen wir, dass die abseitigen Schönheit auf diesem Erdenrund, fernab jeglicher Zivilisation, nicht nur durch die unberührte Natur selbst gefahren birgt. Immer wieder stört der (Stadt-)Mensch die Bewohner entlegener Winkel in ihrer Ruhe, welche sich dann mehr oder minder groberer Methoden bedienen, um diese lauten Störenfriede wieder los zu werden. Seitdem ist der Horror aus dem Backwood ein sehr beliebtes Mittel, um grausame Geschichten von noch grausameren Landbewohnern zu erzählen. Mit Landeiern ist eben nicht gut Kirschen essen, was im Laufe der Jahre nachfolgende Filme wie Wrong Turn (2003), Original (1977) als auch Remake (2006) von The Hills Have Eyes, der leider recht unbekannte aber hochklassige Rituals (1977) oder Blutige Dämmerung (1981) bewiesen. Das Genre geht stark Hand in Hand mit dem ebenfalls in den 70ern geborenen Subgenre des "Terrorfilms", dessen Geburt mit The Texas Chainsaw Massacre (1974) einhergeht, aber äußerst schwammig zu klassifizieren ist.

In den staubigen, entlegenen weiten wie eben den USA mit ihrer allgewaltigen Natur oder auch Australien kommt sowas natürlich für den Zuschauer und Liebhaber solcher Terrorepen auch sehr glaubhaft rüber. Doch selbst in Europa schicken sich Filmemacher an, im Hinterland bzw. ländlichen Gegenden blutrünstige Bewohner Durchreisenden oder Urlaubern an die Kehle zu lassen. Da hätte man aus Frankreich Frontière(s) (2006) oder Rovdyr (2008) aus Norwegen. Die meisten Backwood-Streifen kommen aber aus Großbritannien, wo unter anderem der mit viel schwarzem Humor angereicherte Severance - Ein blutiger Betriebsausflug (2006), Wilderness (2006) oder Eden Lake (2008) entstanden. Mit dem noch sehr frischen Inbred schickt sich der nächste an, in die Annalen der Backwood-Reißer einzugehen. Dabei bedient man sich eines Aufhängers, der wohlbekannt ist.

Die beiden Sozialarbeiter Jeff und Kate reisen mit einigen in der Vergangenheit straffällig gewordenen Kids auf ein entlegenes Cottage in der Nähe des verschlafenen Nests Mortlake. Von zündelnden Pyrokids (Tim), Einbrechern (Zeb) bis zu Schlägern mit ziemlich kurzer Leine (Dwight) ist das volle Programm vertreten. Während Jeff es am Durchsetzungsvermögen zu mangeln scheint und die Kids versucht, mit abgedroschenen Phrasen zum Team zu formen, erscheint seine Kollegin etwas fortschrittlicher und lockerer. Sie versuchen mit den Kids ein Wochenende zu verbringen und ihnen soziale Kompetenzen zu vermitteln, die man bei diesen wohl zu vermissen glaubt. Allerdings hat man nicht die Rechnung mit dem inzuchtsgeplagten Bewohnern des Ortes gemacht. Diese haben nichts gegen Fremde, jedenfalls wenn sie auf der eigenen Speisekarte auftauchen. Zuvor muss man aber einer sehr befremdliche und blutrünstige Zirkusshow beiwohnen. Das natürlich als Hauptattraktion. Durch einen blöden Unfall Jeffs und damit einhergehender Provokation einiger jüngerer Dorfbewohner sehen sich auch die Kids und eben die Sozialarbeiter schnell im Fokus der verrückten Dörfler.

Ausgedacht als auch realisiert hat dies Alex Chandon, welcher bisher noch gar nicht so viele Streifen auf der Filmographie vorzuweisen hat. Immerhin ist die Lücke zwischen seinem Backwood-Schocker und dem davor entstandenen Film zehn Jahre groß. Vor Inbred war seine äußerst merkwürdige und unbefriedigende Horror-Anthologie Cradle of Filth (2001) jedenfalls unter den Splatterfans das nächste große Ding, welches mit Danii Filth (sic) sogar den Sänger der britischen Black Metal-Band Cradle of Filth in einer Rolle bot. Noch einmal zehn Jahre davor machte er sich mit seinen äußerst drastischen aber nicht uninteressanten Kurzfilmen Bad Karma (1991) und Drillbit (1992) von sich reden. Gerade ersterer, welcher sich ein Massaker auf einer Party, ausgelöst von zwei Hare Krishna-Anhängern (!) dreht, wurde in der Horrorszene schnell berühmt-berüchtigt. Auch hier zelebriert er natürlich ausgedehnt blutige, happige Mordszenerien, welche es auch in Inbred zu bewundern gibt.

Chandon hat wenigstens schon so einige Genrefilme gesehen und verinnerlicht, so dass sein autodidaktischer Background zusammen mit dem verfeinern des Könnens über die Jahre genügend Fähigkeiten vorweist, dass man es hier mit einem durchaus ordentlichen Film zu tun hat. Die längere Pause und das hier wohl noch etwas größere Budget im Gegensatz zu den früheren Machwerken hat ihm sogar recht gut getan. So bringt er seine Geschichte, die natürlich äußerst dürftig und auf das nötigste reduziert ist, straight voran ohne große Langeweile aufkommen zu lassen. Immerhin ist dies ja auch die größte Schwäche, die so manche Splatterfilme haben können. Man merkt ohnehin schnell, dass die Story ein Aufzieher für die garstigen Szenen und Ideen des Schreiberlings sind. Mit solchen Feinheiten wie Charakterzeichnung oder sogar Suspense hält sich Chandon nicht auf und schreitet schon fast mit Sieben Meilen-Stiefeln durch die selbst ausgedachte Geschichte.

Wobei doch schon ein wenig Spannung aufkommt, gerade als eine kleine Hetzjagd zwischen den Kids und den Dorfbewohnern entsteht. Allzu fade oder eintönig ist das nun nicht, wenn sich der Film dem Ende neigt, ist man sogar recht überrascht, wenn schon der Abspann über die Mattscheibe flimmert. Da muss man schon wohlwollend in die Richtung des Regisseurs nicken. Vor allem ist es schön, dass er die Szenen der bizarren Zirkusshow gar nicht so sehr ausweitet, was ja gerade in den Zeiten des "Torture Porns" eine Ausnahme ist. Chandon zeigt uns zwar schon sehr früh wo der Hammer hängt und präsentiert schon einmal im Ansatz deftigen Splatter, nimmt sich aber nicht allzu sehr Zeit, was nun die verschiedenen Möglichkeiten des Ablebens von Filmprotagonisten angeht. Auch wenn der Film wie so viele Independent- bzw. semi-professionellen Produktionen durch das digitale Equipment sehr clean erscheint, so kann Chandon gerade in den Zirkusszenen eine gewisse verstörende Atmosphäre aufbauen.

Die missgestalteten Bewohner, teils maskiert, die hier als Publikum den Grausamkeiten der Bosse des Dorfs beiwohnen, sind so eine Art moderne Freakshow die sich präsentiert. Chandon invertiert den Zirkus, präsentiert einen Moderator mit schwarzem Clownsgesicht und die "Artisten" haben zum Beispiel einen rostigen, alten Helm aus dem mit Ästen und Gemüse ein bizarres Gesicht gebastelt wird. Zwischen den Zeilen wohnt außerdem grimmiger, schwarzer Humor der eine sehr makabre Schlagseite besitzt. Chandon muss ein Liebhaber davon sein und scheint eine Vorliebe für Monty Python zu haben. Deren brillante Absurdität taucht hier zwar nicht auf, aber der im Zirkus sitzende, nackte Orgelspieler erinnert ein wenig an den ebenfalls nackten Organisten aus deren Black Mail-Sketch. Da kann man sich ein kleines Grinsen einfach nicht verkneifen, allerdings wird es durch den rabiaten Umgang mit den Figuren schnell wieder aus dem Gesicht gefegt. Zimperlich ist Inbred nicht gerade und geizt nicht mit dem roten Lebenssaft.

Aber wie erwähnt, macht er nicht den Fehler und weitet irgendwelche Folterszenen gnadenlos in die Länge aus. Die Zirkusshow lebt also von ihrer bizarren Stimmung, der Gore ist hier das "i-Tüpfelchen" und sonst werden die Effekte gut in den Verlauf des Films eingebettet. Ab und an bemerkt man, dass CGI für die Realisation verwendet wurde, fällt allerdings nicht störend auf. Auch handgemachte F/X sind zu erblicken und lassen den Freund deftiger Film-Schlachtplatten frohlocken. Man sollte übrigens hier und da ein Auge zudrücken, was die Logik betrifft. Das Genre hat ja seine eigenen Gesetze, welche mit eventuellem unvermögen beim sorgfältigen Ausarbeiten des Storyverlaufs einhergeht. Glücklicherweise ist auch dieser Umstand kein größeres Ärgernis, zu sehr fiebert man dann mit den verbleibenden Figuren mit. Diese bleiben Schemen, kaum greifbar und ebenfalls bekannte Anrisse aus Filmen die mit solchen Szenarien spielen. Diese straffälligen Kids - wie man sie z. B. auch im Zeckenhorror C2 Killerinsekt (1993) sieht - könnte man sofort auch in andere, ähnlich gelagerten Filme einbauen.

Dafür schafft es Chandon deren Mimen gut zu führen, dass diese ihren Figuren doch etwas Leben einhauchen und vor allem dem Film entsprechend gut zu spielen. Preisträchtig sind die Leistungen nicht, aber für Inbred vollkommen genügend. Immerhin sind hier mit Schauspielern wie Jo Hartley oder James Doherty Darsteller am Werk, die genügend Erfahrung im TV oder Filmen sammeln konnten. Hartley zum Beispiel ist auch in dem Hooligan-Drama This is England (2006) zu sehen. Und selbst die jüngeren Menschen vor der Kamera können durch die Bank weg überzeugen. Eine Sache, die ja nicht in jeder Horror-Indy-Produktion so ist. Chandon bringt den Terror in die britische Provinz, die von den Außenaufnahmen doch so verschlafen wirkt. Von wegen. Zum Schlafen kommt man bei Inbred ohnehin nicht, durch seine zügige Art rauschen die gut eineinhalb Stunden flugs vorbei. Bis zum Ende behält Chandon seine Marschrichtung bei. Zeit für Gefühlsduseleien ist keine und auch nicht Intention des Films. Terror Cinema made in Britain, der ordentlich auf die 12 gibt und wirklich bis zum Schluss auch grimmig bleibt.

Eine moderne Splatter-Produktion, die für sich genommen wenig falsch macht, nur mit etwas mehr Suspense bzw. Spannung noch besser wegkommen würde. Inbred ist aber der richtige Weg für Chandon, der zeigt, dass er durchaus was auf dem Kasten hat. Der Film ist pure Standardware, das muss man sich immer vor Augen halten. Keine große Innovation, die Story ist bekannt, die Figuren austauschbar und in anderen Streifen einsetzbar. Aber die Straightness, die der Regisseur seinem Film verleiht, rettet ihn. Andere Filme und Autoren würden selbst bei so einem Film ein wenig mehr in die Tiefe gehen und dem Ort des Geschehens, den Protagonisten des Films sowie natürlich den metzelnden Herrschaften eine Backgroundstory schenken. Das fehlt doch schon stark, durch fallen gelassene Andeutungen kann man sich einiges denken, doch ein genauer Hintergrund fehlt. Das mag Absicht sein, ist aber doch schade. Dennoch bleibt Inbred unterhaltsam und positiv grausig. Mag zu hoffen sein, dass Chandon nicht wieder zehn Jahre für den nächsten Film braucht. Auf dem richtigen Weg ist er ja.
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Montag, 5. August 2013

Rammbock

Das Spiel mit den Untoten, die Inszenierung des wandelnden Leichnams, der durch seine aufs Wesentliche reduzierte Triebhaftigkeit getrieben wird, als Bedrohung der gesamten Menschheit benötigt mehr oder minder Fingerspitzengefühl. Egal ob das ganze nun eher actionlastig und effekthascherisch ausfällt wie bei Die Horde (2009), als blutdurchtränkter, atmosphärisch dichter Alptraum wie in Über dem Jenseits (1981) oder einem klautstrophobischen Thriller mit sozialkritischem Unterbau wie in dem Zombiefilm überhaupt, Dawn of the Dead (1978) ausfällt: das Talent und Können als Autor und/oder Regisseur ist immens wichtig. Natürlich nicht nur ausschließlich in diesem Subgenre. Dem Zombiefilm aus Deutschland konnte man diese beiden Dinge immer absprechen. Zu sehr ist das Subgenre im Fandom verwurzelt. Selbst wenn die Szene mittlerweile gerne von "Indie" spricht, das Budget sich im Laufe der Jahre um eine gewisse (wenn auch geringe) Summe erhöht hat: das ganze ist immer noch viel zu sehr amateurhaft. Egal ob die Macher dieser Filme nun Ittenbach, Schnaas oder Taubert heißen. Die Filme sind mehr oder minder dilletantisch, eventuell noch im unteren Durchschnitt angesiedelt.

Um so kurioser erscheint nun Rammbock, welcher seit gut drei Jahren in der Filmwelt umherwandelt. Ein Zombiefilm. Aus Deutschland. Produziert von ZDF. Dinge, von denen man vor einigen Jahren nie zu denken gewagt hätte. Für ihre Reihe "Das kleine Fernsehspiel" griffen diie Mainzer dem ambitionierten Filmemacher Marvin Kren unter die Arme um seinen gerade mal einstündigen Film zu realisieren. Um es vorneweg zu nehmen: der öffentlich-rechtliche Zombie - meist von den alternativen und oftmals aus der Metal-Szene stammenden Fans der blutig roten Unterhalten mit gerümpfter Nase beäugt - schlägt den "Indie"-Bruder um längen. Dies ist unter den bereits genannten Umständen natürlich auch kein Wunder.

Kren und sein Autor Benjamin Hessler schicken hier den Wiener Michael ins für diesen so ferne Berlin, um dort die Gabi, dessen Ex-Freundin, zu überraschen. Noch besser wäre es für den etwas naiv bzw. einfältig wirkenden Michael, wenn er diese auch wieder zurückerobern könnte. Doch kaum bei ihr angekommen, überschlagen sich die Ereignisse. Gabi ist nicht anzutreffen, dafür ein Handwerker, der zuerst seinen 15-jährigen Azubi Harper und dann auch noch Michael aus unerfindlichen Gründen an die Kehle will. Das ungleiche Duo rettet sich vor diesem in die Wohnung. Aus dieser sehen sie unglaubliche Szenen, wie Menschen beinahe wie tollwütige oder vor Wut rasende Tiere Passanten anfallen und töten. Die Regierung spricht eine Ausgangssperre aus, ein unbekannter Virus scheint Grund für dieses Verhalten zu sein. Man solle sich ruhig verhalten um nicht die Erkrankten auf sich aufmerksam zu machen. Das ungleiche Duo Harper und Michael, ersterer ziemlich still und in sich gekehrt, letzterer immer noch mit einer zu großen Portion Gabi im Kopf, muss sich zusammenraufen.

Über die Fenster kommunizieren sie mit anderen Überlebenden aus dem Gebäudekomplex durch den Innenhof hinweg. Wobei man allerdings natürlich immer noch einige Infizierte im Innenhof rumlungern. Jeder der Menschen hat sein eigenes kleines Schicksal zu erleiden; dadurch und Aufgrund der Isolation ist es allerdings nicht gerade das leichteste Unterfangen, einander zu helfen. Vor allem, wenn durch Missgeschicke die rasenden Blutdürstigen näher kommen als gewollt. Das interessante an Rammbock ist nun, das der Film ein zentrales Element des Zombie-Subgenres - die Isolation - herauspickt und geschickt als Leitmotiv für die Geschichte wählt. Mal mehr, mal wieder weniger Menschen schließen sich auf der Flucht vor den Massen an Untoten seit Night of the Living Dead (1968) immer wieder ein, um so eine Chance aufs Überleben zu wahren. Normalerweise wechseln sich diese mit Massenszenen ab, damit immer wieder die drohende Gefahr dem Zuschauer als auch den Protagonisten vor Augen geführt wird. Auch wenn schon Romeros Erstling seiner Ursprungstrilogie um die Untoten nicht gerade mit viel Budget auftrumpfen konnte, später folgende Filme - gerade während der in den 80ern grasierenden Zombiewelle - egal ob aus den USA, Italien oder sonstwo ebenfalls nicht gerade viel Öcken aufweisen konnten (jedenfalls bis der Zombie in den Mainstream taumelte): die No/ow Budget-Mentalität und -Infrastruktur der Amateurfilme können bedingt, wenn überhaupt, durch mangelnde Gelder, sowie Talent und Einfallsreichtum kaum bei sowas punkten. Der Freundeskreis von zehn Mann mit etwas Matsche im Gesicht auf irgendeinem Feld in der Umgebung des Wohnorts kann nicht wirklich bedrohliche, angsteinflößende Szenen erwirken. Daran krankt das Genre im von Leuten aus dem Fandom inszenierten generell. Wobei es auch hier wenige löbliche Ausnahmen wie z. B. den US-amerikanischen The Dead Next Door (1989).

Diese Szenen sind es auch, die den Zombiefilm generell auch immer wieder in die Richtung des Katastrophenfilms (siehe den brandaktuellen World War Z) drücken. Kren hat allerdings genau dieses Können und das richtige Händchen, aus der Geschichte einen sehr interessanten Mikrokosmos zu schaffen. Auch hier werden natürlich von nichts etwas ahnende Menschen von Zombiemassen überfallen. Doch diese Szenen sind akzentuiert in die Geschichte eingeflochten, bilden zu Beginn einen schönen Aufmacher um dann die Sicht auf die im Gebäudekomplex verbliebenen Menschen - zu allererst natürlich Michael und Harper - zu richten. Harper gibt sich arg verschlossen, hofft auf ein Überleben und die Besserung der Situation in der er nun steckt, Michael hofft immer noch auf ein Zeichen von Gabi. Über allem scheint seine Verflossene zu schweben, der Blick für das Wesentliche scheint ihm verwehrt. Selbst als Harper aus dem Besteck von Gabi Waffen baut, denkt Michael zuerst an das Zeter und Mordio von dieser, wenn diese das bei einer wahrscheinlichen Rückkehr in die Wohnung erblicken würde. Erst spät wandelt sich Michi, gerade als ihm alle Hoffnung auf bessere Tage genommen wird. Dessen Entwicklung wird von Michael Fuith wirklich sehr gut dargestellt. Die restlichen Figuren, welche den Film bereichern, bleiben etwas bleich wie die wandelnden Leichen selbst, verkommen allerdings nicht - wie in den anderen Werken ähnlicher Ausrichtung - zu bloßen Abziehbildern.

Dieser eigenwillige Blick auf eine bereits so oft beschworene Zombie-Apokalypse, wie Rammbock ihn bietet, ist es, was den Film so spannend macht. Etwas lakonischer, leiser Humor wird eingebaut und im konkreten hat man es mit einem kleinen Beziehungsdrama zu tun, einem Beinahe-Kammerspiel mit Zombies. Diese sind moderner Prägung, also sehr gut zu Fuss und rennen los, wenn irgendwo im Haus ein (zu) lautes Geräusch ertönt. Wenn sie zuschlagen, geht es auch recht deftig zur Sache, wobei Blut und Gekröse eigentlich eher Nebensache in Rammbock sind. Die klaustrophobische Stimmung, hervorgerufen durch die räumliche Einengung, steht im Vordergrund und wird von Anfang bis Ende sehr gut umgesetzt. Die knackige Laufzeit ist dadurch auch ein Garant für eine nicht abflachende, eher gleichbleibende und konstant hohe Spannungskurve. Natürlich erfindet Rammbock das Rad bzw. das Genre nicht neu. Aber sein Umgang mit diesem und auch die hier und da ironische Färbung sind wirklich gut zu betrachten. Mit einer eventuell längeren Laufzeit hätte man hier und da einige störende Kanten abrunden können. Doch auch so ist Rammbock ein interessantes Spiel mit altbekannten und zugleich der erste und einzige gute Zombiefilm aus deutschen Landen. Das ein guter Genrefilm dabei auch noch (ausgerechnet) vom öffentlichen-rechtlichen TV produziert wird, ist eine kleine ironische Fußnote.
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