Mittwoch, 22. Dezember 2021

Cage Fighter + Cage Fighter II - Arena of Death

Ein schmutziger Stadtteil mit vom Wetter und der Zeit gezeichneten Gebäuden, die Schatten werfen, welche sich und die Menschen, die dort leben, immer wieder in ihrem undurchdringlichen Schwarz verschlucken. Kein Normalsterblicher würde sich, zumindest allein, in diese Gegend trauen. Labyrinthe aus schmalen Gängen führen in halb verfallenen Bauwerken zu Kellergewölben, deren Wände durch die vielen in ihm befindlichen Leute unaufhörlich schwitzen. Sie versammeln sich vor einem Käfig, aus klapprigen Maschendrahtzaun-Wänden zusammengebaut, in dem sich zwei Athleten scheinbar ohne Regeln einen Kampf auf Leben und Tod liefern. Eine Szenerie, wie sie nach dem Erfolg von Bloodsport viele B-Filme aufgebaut haben. Illegale Turniere mit Athleten, welche verschiedenste Kampfkünste repräsentieren, um den Champion der Champions unter sich auszumachen.

In den ausgehenden 80ern und den sich ankündigenden 90ern versprühten Videos mit Vale-Tudo- bzw. Free Fight-Kämpfen einen Hauch verlockender Illegalität, die interessierte Menschen in den Underground des Vollkontaktsports sogen. Über die Jahrzehnte hat sich das Ganze stark verändert. Irgendwann entstand der Begriff des Shootfightings, wie in Japan Mixed Martial Arts-Veranstaltungen bezeichnet wurden. Letztere Bezeichnung gilt heute als Überbegriff für einen seit Jahren erfolgreichen Kampfsport, der nicht nur in Deutschland harsche Kritik wegen seiner rohen Brutalität über sich ergehen lassen musste. Geld haben Organisationen wie Ultimate Fighting Championship oder Bellator trotzdem zu Hauf gescheffelt und dort bekannt gewordene Athleten wie Ronda Rousey oder Matt Riddle wechselten zum eher auf Show setzenden Wrestling und begannen durchaus erfolgreiche zweite Karrieren. Entgegengesetzt verbuchten vom Wrestling kommende Fighter wie Brock Lesnar oder Bobby Lashley in ihren MMA-Karrieren beachtliche Erfolge. Der Kreis hat sich längst geschlossen. Shootfight-Pioniere wie Ken Shamrock oder Minoru Suzuki gelten heute in beiden Bereichen - Wrestling und MMA - als Legenden.

Noch einen drauf setzt die in den USA beheimatete Indie-Wrestling-Liga Game Changer Wrestling. Diese veranstaltet - vorausgesetzt das keine Pandemie unser aller Leben aus den alltäglichen Fugen hebelt - einmal im Jahr eine Shoot Style-Wrestling-Veranstaltung namens "Bloodsport". Dort wird auf das herkömmliche Booking - das durchplanen des Kampfverlaufs und Bestimmen des Siegers - verzichtet und lässt in einem Turnier die stärksten der Starken gegeneinander antreten. Die Bereiche verschwimmen an manchen Stellen, obwohl sich MMA und Wrestling ansonsten weiter versuchen voneinander abzugrenzen. Wenn Hauptdarsteller Lou Ferrigno in den Cage Fighter-Filmen im Käfig steht und seinen Kontrahenten die Grütze aus dem Körper hämmert, erinnerte mich nicht nur das mehr an Wrestling- als an Shootfight-Kämpfe. Der als Hulk in der gleichnamigen TV-Serie bekannt gewordene Ex-Bodybuilder hätte in der Entstehungszeit beider Filme schon wegen seiner Körperstatur wunderbar in das Big Men-Universum der damals noch als World Wrestling Federation firmierenden Company von Vince McMahon gepasst.

Die Inszenierung der Kämpfe, Herzstück aller Action-Kloppereien, die illegale Kampf-Turniere als Aufmacher ihrer sonst austauschbaren Story nutzen, mutet schwerfällig an. Mitreisende Dynamik wird in Cage Fighter (1989) nicht entfacht, wenn Ferrigno als ehemaliger Soldat Billy, der bei einem Vietnam-Einsatz eine schwere Kopfverletzung davontrug, im Käfig seine Fäuste benutzt. Die kurz gehaltenen Fights scheinen Beiwerk für den Film zu sein, der eigentlich mit seinen Titel genau für diese wirbt. Bevor Billy in den Squared Circle stapfen muss, widmet sich Cage Fighter für diese Spezies Film überraschend detailliert der Beziehung zwischen Ferrignos Figur und ihrem Freund Scott Brown. Der Prolog führt nach Vietnam bzw. dem, was das schmale Budget uns versucht weiszumachen, dass dies das ostasiatische Land sei. Billy rettet Scott im letzten Monat aus einem verloren geglaubten Gefecht und fängt sich leider einen Kopfschuss ein, der ihn geistig auf den Stand eines Kindes zurückwirft. Mit viel Schmalz im Titellied zeigt uns der Vorspann die mühsame Reha Billys, mit Scott als treuem Freund an seiner Seite.

Hat man dies überstanden, werden in Scotts Kneipe zwei hochverschuldete Schmalspur-Ganoven Zeuge einer Schlägerei, bei denen sie von Billys Kräften beeindruckt werden. Da das Duo es auf normalen Wege nicht schafft, Scott oder Billy davon zu überzeugen, für sie bei illegalen Kämpfen anzutreten, schmieden sie einen niederträchtigen Komplott. Sie lassen Scotts Bar abfackeln und locken Billy mit einer Finte zu sich und überreden ihn, am Turnier teilzunehmen, in dem sie ihm glauben lassen, er kann damit Geld für das abgebrannte Lokal verdienen. Dies ruft Scott auf den Plan, der versucht, seinen Brother from another mother aus den Fängen der Kriminellen zu befreien. Erstaunlich ist daran, dass alles, was Cage Fighter bis dahin präsentiert, so auch in anderen Werken präsent und meist besser inszeniert ist. Regisseur Lang Elliott weist den Weg durch das Script kurzsilbig und grobmotorisch. Szenen strecken sich oder stehen offensichtlich nur deswegen im Drehbuch, um die Laufzeit zu dehnen. Auf optischer Seite sieht es nicht besser aus. Cage Fighter wirkt durchgehend heruntergekommen und zeigt dem Zuschauer damit ohne Scham, dass er für ein paar schmale Taler zusammengezimmert wurde.

Der Shabby Style des Films wirkt optisch wie narrativ Wunder. Diese mögen schmal sein, aber wirksam. Ferrignos Charakter ist nervig wie liebenswert; zumindest in der deutschen Fassung, da dessen Synchronsprecher Thomas Wolff mit seiner hohen, manchmal quäkigen Stimme entgegen den Strich gecastet erscheint, aber für Billys Wesen gut passt. Kumpane Scott wird von Reb Brown verkörpert, dem ich (wie dem ganzen Film) persönlich jedes Mal beim Genuss von Antonio Margheritis Einer gegen das Imperium (hier besprochen) heimliche Luftküsse entgegen schleudere. Beide Hauptdarsteller sind meilenweit von einer Oscar-verdächtigen Leistung entfernt, Brown wirkt nicht nur in den Actionszenen steif, aber die Chemie auf dem Bildschirm stimmt. Sie sind sympathische B-Buddys, die in ein quatschiges Storyumfeld geschrieben worden sind. Wenn man sich dem Film gegenüber öffnet, sorgen auch die wenigen flachen, humoresken Einschübe für eine erhöhte Kurzweil. Objektiv ist das Käse, den man nicht weg diskutieren kann. Die subjektive Ebene bzw. Wahrnehmung des Zuschauers kann Cage Fighter durchaus für sich gewinnen.

Manchmal riecht es gegen Ende etwas offensichtlich nach Bloodsport-Kopie. Der Bolo Yeung-Ersatz für den allmächtigen Champ bleibt bis zum unausweichlichen, letzten Duell leider recht bass. Dessen Darsteller Tiger Chung Lee, der von 1982 bis 1988 in den USA in den Wrestling-Ring, u. a. auch für die WWF (heute WWE), stieg. Mit vielen weiteren bekannten Gesichtern wie James Shigeta, Al Leong oder Al Ruscio fühlt sich Cage Fighter wie ein nicht immer angenehmes Wiedersehen mit alten Bekannten an, dass mit einigem Abstand betrachtet doch wieder okay ist. Der Film wandelt auf dem schmalen Grat zwischen B- und C-Action, von dem seine Fortsetzung Cage Figher II - Arena of Death (1994) stolpert und sich selbst ein T. K. O. verpasst. Darin hat das Cage Fighting einen halben Schritt aus dem Untergrund gewagt und wird im Kabelfernsehen übertragen. Strippenzieher sind weiterhin windige Geschäftsmänner, die es abermals mit Billy und Scott zu tun bekommen. 

Bei einem Überfall auf einen Supermarkt bzw. dem, was das noch schmälere Budget uns weiszumachen versucht, dass dies ein Selbstbedienungsladen sei, wird Scott nach dem Schusswechsel zunächst für tot geglaubt. Abgesehen haben sie es auf Billy, den sie betäubt und entführt haben. Unter Droge gesetzt, zwingen sie ihn wieder auf die Matte und kreieren aus ihm den neuen Undisputed Champ der Liga. Derweil macht Scott die Bekanntschaft zweier Interpol-Agenten, welche ihm helfen wollen, seinen Freund aus den Fängen der Drahtzieher hinter dem Kampfspektakel zu befreien. Dem ungeschriebenen Sequel-Gesetz folgend, schenkt die Rückkehr in die Arena dem Zuschauer mehr von allem. Mehr Fights, mehr Leerlauf, mehr Quatsch. So simpel wie effektiv sich der erste Teil präsentierte, so ärgerlich plump wirkt der zweite. Ferrignos Billy scheint hier zu mahnen, dass auch im sanftesten Riesen eine Bestie steckt und diese hervorgelockt werden kann. Häufig aus der Frosch-Perspektive gefilmt, ist der zugedröhnte Veteran eine Larger Than Life-Version der Figur des Vorgängers.

In seiner Wirkung nutzlos ist dieser Ansatz, da Cage Fighter II es verspielt, abermals die bekannten Konventionen seines Genres mit Charme aufzuwerten. Lang Elliott geht mit seiner Regie noch grobschlächtiger um und kreiert viele dröge Momente, durch die es sich zu kämpfen gilt. Der in die Story eingewobene Ansatz einer Love-Story zwischen Billy und seiner von seinem Boss bestellten,, persönlichen Dienerin schlägt dem Fass den Boden aus. Anstrengende Momente voll angestrengter Emotionalität, die eine leere Hülle an Dramatik zurücklässt und einzig die Laufzeit aufbläst. Ferrigno spielt den gleichen Charakter, der nicht mehr der selbe ist. Was Cage Fighter erschaffen hat, wird im Sequel willkürlich umgekrempelt. Schwerlich möchte man von neuen Perspektiven auf eine Figur sprechen. Dafür wird im Vergleich mit dem Erstling zu wenig variiert. Mehr kopiert man sich beim Versuch Neues zu erschaffen, selbst. Und das nicht mal gekonnt. Die Action mag kompakter erscheinen und lahmt hintergründig sichtbar. 

Die Arena of Death entpuppt sich als schaler Aufguss des ersten Teils mit verschobenen Konstellationen und ist mehr als Cage Fighter ein austauschbarer und dämlicher Actionfilm. Er bietet mehr und gibt dem Zuschauer weniger. Man darf froh sein, dass das halbwegs offene Ende nicht zu einem dritten Film geführt hat. Eventuell wäre das qualitativ nochmal eine oder mehr spuren erbärmlicher gewesen. Sollte man Lust auf simpel gestrickte Action mit viel Muskelpower aus der güldenen, bereits leicht verblassenden Videotheken-Zeit bekommen, darf man gerne einen Blick auf Cage Fighter werfen. Den zweiten Teil wiederum sollte man in einer Gegend, in die man sich zumindest allein niemals traut, verfrachten und in versteckten Kellergewölben in einen Käfig sperren. Und den Schlüssel wegwerfen. Oder sich durch andere der dutzenden Käfigkämpfer-Filme wühlen, welche bis dato produziert werden und zumeist weiterhin kämpferisch fachkundiges Hauptdarsteller-Personal wie z. B. in Cagefighter: Worlds Collide aufstellt. Darin ist der ehemalige AEW-World Champion Jon Moxley, bei WWE dem Mainstream-Publikum unter dem Namen Dean Ambrose bekannt geworden, zu sehen, welcher sich mit einem MMA-Champion ein verbissenes Duell liefert. Nur vom abgeranzten Charme des Untergrunds eines Cage Fighters ist darin leider längst nichts mehr zu spüren.

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Sonntag, 12. Dezember 2021

Klauen des Todes (AKA The Outing AKA The Lamp)

Natürlich ist es nach Jahren oder Jahrzehnten des Buckelns schön, die Früchte seiner harten Arbeit zu ernten. Trotz aller Entbehrungen und des Aufopferns können diese nach all der langen Zeit magerer ausfallen als erhofft. Wenn es richtig schlecht kommt, bleibt der Mammon aus und es hagelt nur anerkennendes Hände drücken oder heuchlerischer Applaus vom Balkon aus. Während in der Realität faule oder waghalsige Gestalten ihre kriminelle Energie abrufen, um schnell zu Geld, Ruhm oder was auch immer zu gelangen, versucht der Mensch in Erzählungen wie dem Märchen "Aladin und die Wunderlampe" oder ähnlichen Geschichten mittels mächtiger Geistwesen, die jeden Wunsch erfüllen können, ihr Begier einzufordern. Die negativen Seiten der verlockenden Aussicht, dass alle Sehnsüchte in Windeseile befriedigt werden können, zeigte uns 1997 der Horrorfilm Wishmaster, welcher schon mit seiner Tagline gemahnte: Be careful what you wish for.

Zehn Jahre zuvor versuchte die kleine, in Texas entstandene Indie-Produktion Klauen des Todes einen weniger gut gelaunten Dschinn in der Horrorwelt auszusetzen. Bis der auf der Bildfläche des Films erscheint, vergeht viel Zeit und man beobachtet zunächst drei Rednecks beim Bruch in eine alte Villa mit einer noch viel älteren Hausbesitzerin, der man eine orientalische Lampe abknüpft, bevor sie vom psychopathisch veranlagten Kopf des Trios in die Arme des Sensenmanns gestoßen wird. Eine unsichtbare Macht, die von der Lampe auszugehen scheint, schickt die drei Rüpel postwendend hinterher und die Story zieht zur Schülerin Alex weiter, die Stress mit ihrem Ex-Freund hat, weil sie diesen für einen anderen sitzen gelassen hat. Zur Ablenkung will sie mit ihrer Clique sich nach einer Schulexkursion in dem besuchten Museum einschließen, in dem ihr Vater als Kurator arbeitet. In diesem ist auch die Öllampe gelandet, deren innewohnende Macht von Alex Besitz ergreift und dem nächtlichen Abenteuer der Jugendlichen eine gefährliche Note verleiht.

Ist in Robert Kurtzmans Saga um einen übellaunigen Flaschengeist eben jener Fokus der Geschichte macht bei Klauen des Todes unter anderem der narrative Aufbau schnell klar, warum diesem nicht nur allein wegen seiner (in Deutschland) schlechten Verfügbarkeit weniger Beachtung vom Horrorfan geschenkt wird. Der Film verplempert sein Potenzial, eine originelle Idee spannend umzusetzen, wenn nach seinem atmosphärischen Einstieg ein großer Teil der Laufzeit damit verschwendet wird, die Exposition festzusetzen. Das aus allen Ecken und Enden triefende 80er-Highschool-Movie-Feeling steht dem Horroraspekt des Films im Weg und lässt die Geschichte im Leerlauf fahren. Man sollte ein generelles Faible für Produktionen aus dem kultisch verehrten Jahrzehnt mitbringen, um den Film komplett durchstehen zu können. Gelangt dieser an den Punkt, an dem der Horror einsetzt, verkommt der auch als The Outing (Originaltitel) oder The Lamp (Alternativtitel, unter dem er vor kurzem auch von Vinegar Syndrome in den USA nochmal auf Blu Ray aufgelegt wurde) zu einer mauen Abfolge verschiedener, durchaus kreativen Todesszenerien.

Der umständlich wie verschlafene Aufbau der Story hat zur Folge, dass diese keinen großen Impact besitzen und trotz der guten Effektarbeit wirkungslos verpuffen. Man lächelt die netten Ideen weg und bedauert viel mehr, wie der Film seine zur damaligen Zeit recht frische Idee größtenteils uninspiriert umsetzt. Hin und wieder punktet Klauen des Todes mit guten Kameraeinfällen oder einer fast argentoesken Ausleuchtung, bevor an der nächsten Ecke die Belanglosigkeit lauert und zuschlägt. Manchen wenigen - mich eingeschlossen - mag der Gesamteindruck des Films dennoch gefallen: er ist eben unübersehbar ein Kind der 80er und für Horror aus dieser Zeit habe ich irgendwo in meinem Herz immer ein kleines Fleckchen frei. Auch dann, wenn es sich wie hier um einen mehrheitlich leider durchschnittlichen Horrorfilm handelt, der viel zu wenig aus seinen Einfällen herausholt, obwohl die Idee zu dieser Geschichte laut Produzent Warren Chaney lange vor der tatsächlichen Umsetzung existierte. Gut ausgereizt wurde diese bedauerlicherweise nicht, da man sich lieber auf bekannte Rezepturen aus der 80er-Horror-Küche verließ.



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