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Donnerstag, 17. Dezember 2020

Die Bande des Captain Clegg

Packt man gleich zu Beginn der Worte, die ich über die Produktion der altehrwürdigen Hammer Studios verlieren möchte, die Negativ-Kelle aus, dann kann man nicht abstreiten, dass Die Bande des Captain Clegg seine Geschichte auf überschaubaren Bahnen bewegt. Große Überraschungen bleiben aus; die als spektakuläre Twists geplanten Wendungen, die der Plot parat hält, kann man mit wenig Mühen erahnen. Und es ist nicht mal mein beim Schauen von Filmen des britischen Studios öfter aufkommender, verklärter Blick auf dessen Filme, selbst wenn sie sich als eher mäßig gebaren, dass mich auch dieses Film-Abenteuer gut unterhalten hat. Seinen Charme hat er sich bis heute bewahrt und zusammen mit dem verschmitzt aufspielenden Peter Cushing in der Hauptrolle kann der Film schnell die Zuschauer auf seine Seite ziehen. Selbst wenn dieser anhand der großen Gothic Horror-Tradition von Hammer mit seiner Quasi-Piraten-Thematik für den Unkundigen zunächst untypisch erscheinen mag.

Komplett verabschiedet man sich selbst in Die Bande des Captain Clegg aber nicht vom atmosphärischen Grusel. Gespenster sollen im Moor nahe einer kleiner englischen Ortschaft umgehen, erzählt man sich in dieser und auch dem dort ankommenden Captain Collier und dessen Truppe, welche auf der Suche nach einem angeblich in der kleinen Ortschaft operierenden Schmuggler-Ring sowie dem ebenso grausamen wie legendären Piraten-Kapitän Clegg sind. Collier, dem Clegg in der Vergangenheit bereits einmal entwischt ist, muss vom örtlichen Geistlichen Dr. Blyss erfahren, dass dieser mittlerweile verstorben und auf dem Dorf-Friedhof begraben ist. Richtig möchte dies der Captain nicht glauben und bei seinen Nachforschungen stößt er neben Hinweisen darauf, dass tatsächlich ein reger illegaler Handel mit Alkohol betrieben wird auch auf Hinweise, dass sein alter Widersacher Clegg noch am Leben sein könnte.

Während der amerikanische Verleih den Film Aufgrund der Szenen mit den Moor-Geistern den Film mehr in die Horror-Ecke zu drängen versuchte, sind deren Einsätze spärlich gesät. Insgesamt drei Auftritte gewährt man ihnen um das atmosphärisch dichte Abenteuer mit den bekannten Hammer Trademarks aufzuwerten, welches sich ansonsten am ersten Auftritt des literarischen Schmuggler-Königs Dr. Syn, "Dr. Syn: A Tale of the Romney Marsh" von 1915, orientiert. Da zur Zeit der Produktion Unklarheiten über die Rechte um Dr. Syn herrschten -Walt Disney hatte diese wie Hammer ebenfalls erworben und es galt zu klären, wer inwieweit nun tatsächlich die Filmrechte an den Büchern hielt - änderte man sicherheitshalber einige Teile der Geschichte und benannte Syn in Clegg um, bevor ein teurer Rechtsstreit drohte. Dass Peter Cushing ein großer Freund der Bücher war, merkt man seinem euphorischen Spiel an. Der Mime legt eine tolle Performance hin und kann wie das hübsche Set Design von den simpleren Momenten des Films gekonnt ablenken.

Die damit mitschwingende Naivität erinnert mich an Begegnungen in frühester Kindheit mit dem Medium Film, wenn ich - der öfter bei seiner Oma war als bei den Eltern - bei dieser ^^^^^^^^^^^^^^^^^^ihr im Wohnzimmer mit spielen beschäftigt war und von dem im Fernsehen laufenden bunten Kintopp, welches Anno dazumal im Vormittagsprogramm der damals noch spärlichen Spartensender der öffentlichen-rechtlichen liefen, plötzlich abgelenkt wurde und fasziniert dem Treiben auf dem Bildschirm folgte. Irgendwann wandte ich mich mehr wieder meiner eigenen Fantasie und dem Spielen zu, doch bevor ich in späteren Jahren durch den Horrorfilm komplett auf den Geschmack gebracht wurde und mich das Goutieren unzähliger B-Filme cineastisch sozialisierte, war dies die erste prägende Begegnung mit dem Medium. Dann unterhält Captain Clegg nicht einfach nur durch Mimen, welche der Geschichte förderlich in schwächeren Momenten unter die Arme greift (neben Cushing ist z. B. Hammer-Regular Michael Ripper als Sargmacher Mipps ein Genuss) und dem im richtigen Moment ansteigenden Tempo, sondern auch durch das von ihm hervorgerufene nostalgische Gefühl.

Dann ist man im Hinterkopf unmerklich in diese unbekümmerte Zeit zurückgekehrt, kann das, was man damals so ähnlich schon mit seinem kindlichen Gemüt von der Flimmerkiste aufgesogen hat, noch besser greifen und verstehen und sinkt mit dem ansteigenden wohligen Gefühl zufrieden in den Sessel und erfreut sich an diesem einfach gestrickten, aber mit viel Charme ausgestatteten Abenteuer. Hinzu kommt, dass die Darstellung der Figuren die Sympathien des Zuschauers auf die rational betrachtet eigentlichen Kriminellen lenkt. Die Macht emotionaler Manipulation beherrscht er mehr als ordentlich, so dass man ihm seinen steifen Nebenplot mit obligatorischer Liebesgeschichte mitsamt etwas blasserem Auftritt von Oliver Reed verzeiht. Die Bande des Captain Clegg ist einer dieser Sonntags-Filme, für die man nicht so viel Aufmerksamkeit braucht und der durch seine Gesamtwirkung jeden Tag zum Sonntag macht, wenn man ihn anschaut. Egal ob wie ich etwas mehr hintergründig oder vordergründig empfänglich für solcher Art Werke von früher, wo alles - auch die Abenteuer - besser war, ist: man kann durchaus seinen Spaß damit haben.

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Donnerstag, 15. März 2018

Das Grab der blutigen Mumie

Die beginnenden 70er Jahre bedeuteten auch für die ehrwürdigen Hammer Studios, Heimat der Dracula- und Frankenstein-Filme mit Christopher Lee und Peter Cushing sowie ein Garant für atmosphärisch stimmige Gothic Horror-Filme, einen Umbruch. Die Zeiten änderten sich spürbar, die 68er und die damit einhergehende Hippie-Kultur rüttelten an alten gesellschaftlichen Konventionen. Die Filme wurden offener, zeigten mehr nackte Haut und dank Herschell Gordon Lewis 1963 entstandenen Blood Feast, dem allerersten reinen Splatterfilm der Filmgeschichte und George A. Romeros Night Of The Living Dead wurde auch die Gewalt immer grafischer. Ein Christopher Lee rümpfte ob dieser Entwicklung die Nase, Hammer hatte mit dieser cineastischen Evolution zu kämpfen. Ihre gothischen Gruselfilme setzten nicht nur am Set Staub an. Die brave, aussparende und nur selten full frontal arbeitende Erzählart führte zu rückläufigen Einspielergebnissen. In Folge dessen wurden die Dekolletees tiefer und generell mehr nackte Haut präsentiert und der Blutgehalt höher.

In diese Phase fiel auch Das Grab der blutigen Mumie, eine Adaption von Bram Stokers Roman "Jewel of the Seven Stars" (im dt. "Die sieben Finger des Todes"), der sechs Jahre nach dessen Welterfolg "Dracula" veröffentlicht wurde. Es war nach Die Rache der Pharaonen (1959), Die Rache des Pharao (1964) und Der Fluch der Mumie (1967) der gleichzeitig letzte Mumienhorrorfilm der Hammer Studios. Einen untoten, in alte Binden und Leinen gewickelten Ägypter gibt es hier nicht zu sehen. Tera ist der Name einer toten, aber äußerst ansehnlichen, alten ägyptischen Königen, deren Leichnam und unruhiger Geist für Schrecken sorgt. Während Professor Fuchs diesen im tiefsten Ägypten in einer Grabkammer auffindet, gebiert seine Frau gleichzeitig im fernen England seine Tochter Margaret und stirbt dabei. Jahre später geht der Schnitter durch die Reihen der damaligen Expeditionsmitglieder. Die mysteriösen Todesfälle rufen den sinistren Corbeck auf den Plan, der böses im Schilde zu führen scheint. Nachdem auch ihr Vater beinahe die Reise über den Styx antritt, versucht Margaret Licht ins Dunkel zu bringen. Es scheint, als würde die junge Frau immer besessener von der Geschichte Teras und dieser selbst werden.

Die anvisierte Kombination aus (seichtem) Grusel und Psychothriller funktioniert leider nur bedingt. Die Geschichte wirkt häufig unausgeglichen, unentschlossen ändern die Autoren des Buchs bis zum Ende hin die Ausrichtung des Films. Das Grab der blutigen Mumie schwankt zwischen vergessenswerten und durchaus gelungenen, atmosphärischen Szenen. Dazu gehören neben dem durchaus stimmigen Intro, welches uns ins alte Ägypten versetzt, die Sequenzen, in denen die damaligen Expeditionsteilnehmer von einer zuerst unbekannten Macht in den Tod getrieben wird. Höhepunkt ist hier das Ableben des Museumsdirektors, der nach seinem Sturz aus dem Fenster in die Tiefe von Margarets Freund aufgefunden wird. Dies kann man symbolisch für den Übergang Hammers in eine neue Zeit ansehen, wenn letzterer durch das London der Gegenwart, Nebelverhangen wie in den viktorianischen Gothic Horror-Geschichten des Produktionsstudios, schleicht um nach der Quelle der verstörenden Geräuschquelle zu suchen. Dieser Übergang gestaltet sich für Hammer in Das Grab der blutigen Mumie schwer.

Neben dem konfusen Drehbuch, dass zu wenig vorantreibende Teile der Geschichte mit atmosphärisch dichten Momenten mischt, kämpfte man hinter den Kulissen mit schwierigen Produktionsbedingungen. Regisseur Seth Holt verstarb völlig überraschend im Alter von 47 Jahren während der Dreharbeiten an einem Herzinfarkt, Michael Carreras musste einspringen und den Film zu Ende bringen. Einen Tag nach Drehbeginn musste Peter Cushing, der eigentlich für die Rolle des Professor Fuchs vorgesehen war, die Dreharbeiten durch die schwere Erkrankung seiner Frau abbrechen. Für ihn sprang Andrew Keir ein. Eine schwierige Zeit für das Team, das als Endergebnis einen launigen Horrorfilm ablieferte, der den weiteren Weg von Hammer in den 70ern andeutete, in seinem unentschlossenen Wesen leider wenig komplett funktionierende Atmosphäre (die, mit Verlaub, auch durch die mäßige deutsche TV-Synchro noch etwas gemindert wird) bietet. Erst später bäumte sich das Studio nochmal auf uns lieferte mit Filmen wie z. B. Draculas Hexenjagd oder Circus der Vampire späte Klassiker ab. Darin funktionieren auch die blutigeren Szenen, die hier mit nicht weiter erklärten, offen und blutig klaffenden Halswunden, nachdem die Opfer von einer Art Windstoß umweht wurden (!), zu Buche schlagen und nicht richtig ins Grundkonzept des Films passen wollen.

Im Endeffekt ist Das Grab der blutigen Mumie ein eher mäßiger Abschluss der Mumienphase des britischen Kultstudios, der wenig aus seinem durchaus vorhandenen Potenzial rausholt. In seinen nicht richtig funktionierenden Szenen kann der Film durch die wirklich hübsche, auch als Bond-Girl bekannte Valerie Leon ablenken. Leon allein und ihre ebenfalls bemüht gegen die fahrige Story anspielenden Kollegen können nicht viel gegen diese ausrichten. So bleibt der Film mehr im Gedächtnis für den sichtbaren Übergang Hammers in die angesprochene neue Zeit und weniger, weil er ein guter oder vollends überzeugender und stimmiger Horrorfilm ist. Für Fans des Studios und Freunde von Mumienhorrorfilmen, die leider immer etwas unterrepräsentiert sind, zu denen ich mich zähle, ist der Film einen kleinen Blick wert. 
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