Für die deutsche Kinofassung schnitt man großzügig einige womöglich uninteressant erscheinende Passagen heraus, drehte unter der Leitung von Günter Hendel ein paar plumpe Sexszenen nach, welche in den Film integriert wurden, blafaselt in der lange als verschollen gegoltenen Synchronfassung im ursprünglich komplett stummen Prolog etwas vom Grafen Dracula und seiner Verwandtschaft, damit der deutsche Kinogänger wenigstens irgendeinen Bezug herstellen konnte und stopfte diese Version in die bundesdeutschen Lichtspielhäuser. Der reißerisch im Titel deklarierte Sexual-Terror mag zunächst marktschreierisch darauf abzielen, Besucher ins Kino zu locken. Gleichzeitig offenbart die Wahl des Titels hintergründig die ablehnende wie hochnäsige Haltung gegenüber einer neuen Art von Kunst, die gleichzeitig Avantgarde und Anspruch mit Pulp und Trash verbinden konnte. Für den Geist des deutschen Bundesmief eine schier unmögliches Ding.
Der schon immer stark dem Surrealismus zugewandte Rollin wandelt zwischen pur traumartigen und erotisch aufgeheizten Szenenkompositionen, um den Zuschauer in einen nackten Rausch aus auf der einen Seite kunstvollen und auf der anderen Seite darum bemühte, die Schauwerte ins rechte Licht rücken zu wollenden Szenen zu stürzen. Eingebettet sind sie in der Geschichte über das frisch verheiratete Ehepaar Isa und Antoine, die auf dem Weg in die Flitterwochen einen Abstecher zu Isas Cousins machen wollen. Bevor sie bei den auf einem Schloss in der tiefsten Provinz lebenden Herren ankommen, erfahren sie von Bewohnern des nahegelegenen Dorfs, dass diese vor einem Tag verstorben seien. Auf Isas Wunsch hin macht sich das Paar auf dem Weg zum Schloss und wird von den Dienerinnen der Cousins in Empfang genommen. Nach kurzer Zeit bemerken die Zwei seltsame Vorgänge in dem alten Gemäuer. Während Isa Bekanntschaft mit der geheimnisvollen Isolde macht und in deren Bann gezogen wird, wächst in Atoine die Skepsis und lässt diesen Nachforschungen anstellen.
Bereits mit seinem ersten Langfilm Le viol du vampire (Die Vergewaltigung des Vampirs) stellt sich Rollin gegen jede filmische Regel, was er mit Sexual-Terror der entfesselten Vampire weiter etabliert. Sein Avantgardismus ist gleichermaßen ein Bruch mit bestehenden gesellschaftlichen Konventionen der Entstehungszeit. Wie Chabrol innerhalb der Nouvelle Vague oder Luis Buñuel stellt er sich im Rahmen seiner referenziellen, künstlerischen Erzählung, ohne die Scharfzüngigkeit der genannten Filmschaffenden zu erreichen, gegen die Bourgeoisie und veraltete Gesellschaftsnormen. Recht eindeutig lässt sich das vampirische Volk als Anti-Establishment dechiffrieren, dass auf Ehe und heteronormativ ausgerichtete Lebensart pfeift. Bisexualität, polyame Beziehungskonstrukte oder wechselnde Sexualpartner ohne sich auf einen festzulegen sowie Kritik gegenüber des wohlhabenden Bürgertums sprechen klar die Sprache der 68er-Bewegung. Der bisher bestehende Symbolismus des Vampirs wird invertiert. Rollins Blutsauger stehen nicht mehr für den machthungrigen Aristokraten, die den einfachen Bürger aussaugen und blutleer dahinsiechen lassen.
Sie symbolisieren mehr eine neue, lockende Freiheit und sind einzig für den nach Beischlaf und damit vollkommenen Ehevollzug schmachtenden Antoine. Weiter ist die sexuelle Anziehung des Vampirs keine verborgene Hintergründigkeit sondern offen zur Schau gestellt. Die inkohärente Haltung des Films gegenüber Regelwerken macht leider nicht davor halt, in manchen Szenen zum alten Bild des Vampirs zurückzukehren, wenn Rollin mehr der Schauerliteratur vergangener Zeiten seinen Tribut zollt. Davon abgesehen ist der Film ein höchstinteressanter, künstlerischer und entdeckenswerter Trip der einen unweigerlich in eine Art Zwischenwelt zieht, die so verführerisch wie Isolde für Protagonistin Isa ist. Der katholische Filmdienst riet damals in seiner knappen Besprechung ab. Heutzutage sollte jeder aufgeschlossene Cineast ruhig einen Blick auf das Werk von Jean Rollin und diesen Film wagen, den ich wärmstens ans Herz legen kann.