Freitag, 26. Juli 2024

The Faculty - Trau keinem Lehrer!

Der Quentin und der Robert. Beide galten zu Anfang ihrer Karrieren als Wunderkinder. Tarantino konnte sich trotz oder wegen seines verschrobenen Film-Nerdism einen Platz in Hollywood sichern, während sein Spezi Rodriguez es etwas schwerer hatte. Potenzial schlummerte sichtbar mannigfach in ihm, doch konnte er dies nie voll abrufen. Woran das liegt, kann man in den von ihm ab den 2000ern inszenierten Filmen gut erkennen. Der Amerikaner mag ein mit Talent gesegneter Theoretiker sein, der über die Zeit seinen Fokus stark auf die technische Seite des Filmens ausrichtete, nur fehlt in der Praxis seinen Werken vor allem das, welches selbst Tarantinos Copy-and-Paste-Mashup-Cinema besitzt: Seele. Technik und Effektkunst erhoben sich zum Leitmotiv von Filmen wie Sin City (hier besprochen), die beeindruckend, aber gleichzeitig auch unterkühlt sind und eine Regie aufzeigt, die weit weg, vom eigenen Werk distanziert, wirkt. The Faculty lässt den Weg, welchen Rodriguez einschlagen sollte, bereits etwas erahnen. Dessen kühle Stimmung passt allerdings treffend zum Plot, der einer Gruppe von Außenseitern folgt, darunter der scheue Casey, welcher an seiner High School eine schreckliche Entdeckung macht. Eine parasitäre, außerirdische Spezies übernimmt nach und nach die Körper von Lehrern wie Schülern, welche sich nach erfolgreicher Übernahme des Körpers - ähnlich wie in Die Dämonischen - seltsam verhalten und seelenlos erscheinen.

Casey und die wenigen Mitschülerinnen und Mitschüler, welche seinen Beobachtungen Glauben schenken, sollen natürlich ebenfalls Wirtskörper für die Aliens werden und so versucht die ungleiche Truppe von Jugendlichen gleichzeitig, diesen nicht zum Opfer zu Fallen und Gegenwehr zu leisten. Bis sie eine Lösung finden, um der extraterrestrischen Bedrohung Herr zu werden, ist es beinahe zu spät. Mit seinem Drehbuch scheint sich Kevin Williamson auf dem Erfolgsrezept des von ihm geschriebenen, zwei Jahre zuvor entstandenen Scream - Schrei!, auszuruhen. Auch The Faculty ist gespickt mit Anspielungen und Referenzen auf Klassiker des Genres - insbesondere dem Paranoia-Film der 50er Jahre - baut aber die Meta-Ebene weniger clever aus. The Faculty ist mehr Hommage, die übertrieben, klischeehaft, campy - und gerade deswegen unterhaltsam - ist. Die von ihm erdachten Figuren und Szenarien sind keine Neuerfindung des Rades, sondern allseits bekannt, aber eine sympathische Zusammensetzung von Versatzstücken. Rodriguez wiederum setzt die von Williamson ersponnenen Ideen mit einer flotten Inszenierung um, welche im Verlauf des Films einen hübschen Rhythmus bekommt. Die Beteiligten vor und hinter der Kamera haben spürbar Freude daran, einmal quer durchs Genre zu pflügen und keine Gefangenen zu machen. Die unterschwellige Gesellschaftskritik mancher Vorbilder aus alten Tagen wird zu Gunsten der jungen Zielgruppe und des Themas gegen ein Plädoyer für Individualismus in Gestalt der High School Misfits eingetauscht. Wobei hier wiederum das, was nach dem Finale geschieht, abstinkt und dieses Plädoyer ad absurdum führt. Das schmälert den Unterhaltungswert des Films kaum und zeigt Rodriguez nochmal mehr an der Basis eines von ihm inszenierten Films, bevor er in kommenden Jahren immer etwas über seinen eigenen Werken stand.

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Freitag, 12. Juli 2024

Killing Birds

Wer mir auf diversen sozialen Netzwerken folgt, dem dürfte nicht entgangen sein, dass ich mein Sammlerherz seit längerem an das im US-Bundesstaat Connecticut beheimatete Filmlabel Vinegar Syndrome, welches dort auch eines von insgesamt drei Ladengeschäften und ein beachtliches Filmarchiv betreibt, verloren habe. Mit ihrem Programm, irgendwo zwischen Genre-cineastischen Highlights, kleinen Perlen, Käse - mal schmackhaft, mal stinkend - aus der B-Film-Hölle, Höhepunkten der goldenen Ära des Erwachsenenfilms und jüngst auch Arthouse und Autorenkino triggert man meinen Geschmack meist mit neunundneunzigprozentiger Sicherheit. Dabei schaffen es auch Filme wieder in die Sammlung, von denen man sich sicher war, dass man sie wegen ihrer mangelnden Qualität nimmermehr im Leben schauen wird. Ein Beispiel hierfür ist Claudio Lattanzis einzige Regiearbeit Killing Birds, der aus einer Zeit stammt, in der das italienische Genrekino damit begann, sich auf seinem Totenbett nieder zu betten. Die letzten Jahre seines langsam verblassenden Sterns gerieten weitgehend so prunklos und karg, wie sich der Film präsentiert. Mit Blick auf die glorreichen Jahre kopierte es sich sowie seine Vorbilder aus den USA bloß noch und ließ jegliche Kreativität zumeist vermissen. Wenngleich das Wiedersehen weniger schlimm wie erwartet ausfiel, muss ich eben dies auch dem von Joe D'Amatos Studio Filmirage produzierten Werk attestieren.

Der mitunter krude und wilde Ideenreichtum glorreicher Tage ist merklich vergangen. Krude ist höchstens noch, wie Lattanzi, der sich auch für das Script verantwortlich zeichnet, Genreversatzstücke kombiniert. Was mit dem Prolog - der Heimkehr eines Kriegsveteranen, der seine Gattin im Bett mit einem anderen erwischt und sein Kampfmesser zur blutigen Bestrafung zückt - einem Slasher gleicht, entwickelt sich mit der eigentlichen Story zu einem übernatürlichen Brimborium, in dem - selbstverständlich - Untote nicht fehlen dürfen. Der Farbgebung des Films ähnlich fahl folgt die Geschichte einer Gruppe von Studenten, die in der Wildnis Louisianas eine seltene Vogelart ausfindig machen wollen. Das einzige, was die Damen und Herren finden, ist ein heruntergekommenes Haus, in dem man sein Lager aufschlägt und nach einigen seltsamen Begebenheiten unliebsame Bekanntschaft mit Zombies macht. In der Art der Darstellung möchte Lattanzi merklich eine Brücke zu den frühen Horrorgroßtaten eines Lucio Fulci schlagen. Von diesem leiht er sich für seinen Film eine alptraumhafte Stimmung, die wie die Narration farblos, trüb ist und doch auf eine ganz eigene Weise zu gefallen weiß. Der durch die Sets wehende Hauch von Fulci ist aber doch mehr ein Miasma. Dieser über Killing Birds wabernde Pesthauch verleiht dem Film eine undefinierbare, eigenartige Schönheit der Verendung, wenn man wohl auch etwas wehmütig dabei zuschaut, wie der Film sich im schnöden Reproduzieren der Eigenheiten des Horrorfilms seines Entstehungslandes ergeht. Während spätere italienische Produktionen noch mehr Zeit verschwendendes Ärgernis waren, so kann man unter der faden Oberfläche eine Bemühung verzeichnen, den Schock vergangener Jahre nochmal aufleben zu lassen. Doch 1987 reichte es bei der Filmirage nur zu einer Großtat, die erstaunlicherweise in jenem Jahr mit Michele Soavis Aquarius - Theater des Todes noch einen der besten italienischen Horrorfilme der späten 80er Jahre veröffentlichten sollten.

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Montag, 8. Juli 2024

Die Zeit der Wölfe

Er wird geschätzt, verehrt und gefürchtet. Die Darstellung des Wolfes in den unterschiedlichen, existenten Mythologien ist vielschichtig und mehrdeutig. Nicht allein, aber auch durch die Christianisierung etablierte sich im Kopf der Menschen ein negatives Bild des Tieres, welches dort zu einem natürlichen Feind des Hirten (Gott) und seiner Schafe (die Gläubigen) wurde. Jahrzehnte später, in den 80ern, predigte auch Rock'n'Roll-Heiland Lemmy: "The wolf is here, he's at your side / You better fight him, or it's you that's gonna die". Im Grimm'schen Märchen über Rotkäppchen ist er das Sinnbild für den Fremden, von dem man als junges Mädchen besser Abstand und sich in Acht nimmt, bevor man vom rechten Weg abkommt und schlimmsten Falls seine Keuschheit verliert. Auch die feministische Autorin Angela Carter macht uns in Zeit der Wölfe mit Regisseur und Co-Autor Neil Jordan eigentlich unmissverständlich klar, dass man nicht vom Wege abweichen solle, da der Wolf - hier Sinnbild für Vertreter des männlichen Geschlechts - scharfe Zähne hat und man keinem fremden Manne trauen soll. Trotzdem setzt sich die Erwachsenen-Mär um das sich in eine fantastische Welt träumende Mädchen Rosaleen nicht allein auf diese simple Moral fest. Jordan und Carter formen deren Kurzgeschichten "Der Werwolf" und "Die Gesellschaft der Wölfe", auf denen der Film basiert, zu einem vieldeutigen Werk.

Die Pubertät hat längst von Protagonistin Rosaleen und ihrem Körper Besitz ergriffen. In einem unruhigen Fiebertraum erfährt sie als Red Riding Hood in einer mittelalterlichen Fantasiewelt am eigenen Leib die verführerischen Künste eines Wolfes, der nicht im Schafspelz, dafür in der Haut eines adretten wie attraktiven Jägers daherkommt. Die Warnungen ihrer Großmutter, von dieser in Geschichten gepackt, sind in diesem Moment längst in Vergessenheit geraten. Sie erliegt dem Reiz des verschlagenen Wolfes, scheint an ihn verloren, obwohl davor durch die von Angela Lansbury gemimte Oma Rosaleens in aller Deutlichkeit die moralische Keule geschwungen wird. Dabei entfernt sich Die Zeit der Wölfe an diesem Punkt einzig von einer eindeutigen, unmissverständlichen Schwarz-Weiß-Zeichnung und dem belehrenden Charakter der Volksmärchen. Die Widersprüchlichkeiten des Erwachsenwerdens, Rosaleens Coming of Age, verpackt der Film in eine wunderschön düstere Geschichte, die von kleineren Erzählungen aufgebrochen wird, bevor der rote Faden wieder in die Hand genommen wird. Manchmal lässt dies den erzählerischen Fluss brechen; das großartige Production Design lässt locker darüber hinwegsehen und begeistert mit einer wortwörtlich traumhaften Welt, durch die man gerne wandelt und von seiner proppenvollen Symbolik erschlagen lässt.

Die Zeit der Wölfe bezaubert - wieder wortwörtlich - ebenso durch seine progressive, feministische Haltung. Carter und Jordan nutzen die Symbolik des zu Grunde liegenden Märchens, lassen den Wolf zum Sinnbild für den Mann werden, ohne ihn zur Gänze abzulehnen. Mehr nutzt man die Syntax der Erzählungsform, um die vom männlichen Geschlecht ausgehenden Gefahren darzustellen und schildert in der Geschichte von jenem Erwachsen werden seiner Hauptfigur. Sexuelles erwachen und auch die Loslösung von den Eltern, das stehen auf eigenen Füßen; auch wenn dies ein großer Bruch bedeutet indem man dem inneren Tier den Vortritt lässt. Wenn die Wölfe in ihrer ungezügelten Wildheit in den Wald stürmen, darunter auch die verwandelte Rosaleen, dann ist dieses Ende weit weniger negativ, wie eventuell zuerst empfunden. Es ist mehr eine positive Haltung zu dem, was in einem auch in den Jahren des Heranwachsens schlummert und zu dem man stehen sollte. Das macht den Film zu einem wunderbar vielschichtigen Werk, ein folkloristisches Horror-Märchen, beseelt vom Geist des klassischen und Gothic-Horrorfilms, zu dem man immer wieder gerne zurückkehrt, weil er auch so viel bietet, worüber man sinnieren kann. 
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Samstag, 22. Juni 2024

Wolf Creek

Im weiten Outback Australiens hört man dich genauso wenig schreien wie im Weltraum. Nur das dort, wie es uns Greg McLean in Wolf Creek erzählt, keine mörderische, extraterrestrische Spezies, sondern eine Bestie in Menschengestalt auf die Jagd geht. Diese hört auf den Namen Mick Taylor, ein auf den ersten Blick etwas eigener, skurriler, aber auch nicht unsympathischer Kerl, der ungefähr wie damals Paul Hogan als Crocodile Dundee gewisse Klischees eines Bewohners des fünften Kontinents bedient. Wobei es mit Ivan Milat und Bradley Murdoch real existierende Vorbilder für die Figur Mick Taylor gibt. Beides verurteilte Mörder; Murdoch ist für die Tötung eines britischen, Milat gleich für mehrere Morde an Rucksacktouristen, verantwortlich. Deswegen brüstet sich der Film zu Beginn damit, dass er auf wahre Begebenheiten basiert und verwurstet Motive des für das Jahrzehnt seiner Entstehung typischen Torture-Horrors sowie des Serienmörder-Thrillers. In die Fänge des Outback-Rippers gelangen die Touris Kristy und Liz, die mit ihrer Bekanntschaft Ben einen Trip durch den Wolf Creek Nationalpark unternehmen, um sich dort einen riesigen Meteoritenkrater anzuschauen. Am Ziel angekommen, verreckt der Motor ihres Gefährts, was das Trio dazu zwingt, die Nacht im Auto zu verbringen. Bis eben jener Mick auftaucht und ihnen anbietet, sie mit seinem Truck abzuschleppen und ihr Auto zu reparieren. Die Gestrandeten willigen ein und merken, angekommen in der heruntergekommenen Behausung, irgendwo im Nirgendwo gelegen, nur langsam, dass ihr Helfer nicht so harmlos ist, wie er scheint.

Parallel zum Plot entwickelt sich Wolf Creek sukzessiv zum Torture-Serial-Killer-Hybriden und lässt der Exposition zunächst viel Zeit. McLean führt sein Hauptfiguren-Trio wie das Publikum langsam zum Kern seiner Geschichte, widmet sich lieber erst seinen Charakteren und deren Beziehungen untereinander. Der Australier ist sich der Wirkung seiner Heimat bewusst und macht bei der Reise zum Krater durch deren Fotografie deutlich, dass die karge Landschaft des Outbacks faszinierend und menschenunfreundlich ist. Im schlimmsten Falle kann sich diese, wie der vollständig vom Meer umschlossene Kontinent auch, zum Gefängnis entwickeln. Ausweg zwecklos. Das es noch dicker kommen soll, als nur im endlos erscheinenden Outback zu stranden, mag in der Luft liegen; selten gelingt es dem Film, Momente der Spannung zu entwickeln. Gleichzeitig ist jeder Zeit offensichtlich, wohin der Weg führen und Taylors Maskerade fallen wird. Wolf Creek ist nicht der erste Horrorthriller, der sich auf die Fahnen schreibt, eine auf wahren Begebenheiten basierende Geschichte erzählen zu wollen. Seine Bemühungen, gängige Genre-Dramaturgie zu nutzen und Authentizität vermitteln zu wollen, scheitern. Seine Geschichte wirkt überwiegend wie der kleinere Teil eines größeren, noch nicht erzählten oder dem Publikum verwehrten, Ganzen. Es ergeben sich Momente, in denen narrative Schwächen gleichzeitig wie Aussparungen innerhalb der erzählten Story wirken. Dazu verwechselt McLean den nervenzehrenden, psychologischen Terror mancher Genre-Klassiker mit dem stumpf-brachialen Folter-Modus des damaligen Horror-Zeitgeists. Zwar ist John Jarratt in der Rolle des Serienmörders überzeugend, dies kann man von Wolf Creek im ganzen leider nicht behaupten. Zu mehr als durchschnittlichem Outbackwood-Horror, weil manche Szenen in der ersten Hälfte recht gut funktionieren und der im Genre-Gros nicht herausstechende, aber gut umgesetzte, schmutzige Look gefällt, reicht es nicht.




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Freitag, 14. Juni 2024

Becky 2 - She's Back

Beckys Wut war zu groß für einen Film. Drei Jahre nach dem Achtungserfolg von Becky (hier besprochen) ist es wieder an der Zeit, dass die sympathische Rotzgöre durch faschistoide Menners-Gruppen pflügt, was zu allerlei rotzendem Gore führt. Der eingeschlagenen Linie des Vorgängers treu bleibend, entlädt ein erneuter Schicksalschlag für die Protagonistin den in ihr verborgenen, mannigfachen Zorn. Dieses Mal darf die Extremistengruppe "Noble Men" diesen spüren, nachdem drei ihrer Mitglieder ihren Unmut gegenüber der mittlerweile in einem Diner arbeitenden und vor allerlei Adoptiveltern geflüchteten Becky zu lautstark äußern müssen. Ein Vorfall auf der Arbeitsstelle des Mädchens bewegt ein Trio der rechtsextremen Gruppierung, ihr zu Hause einen Besuch abzustatten. Dieses haben Becky und ihr Hund Diego bei der allein lebenden Elena gefunden, um die sich die junge Frau kümmert. Dinge eskalieren, Elena wird ermordet, Diego entführt. Es gilt, den geliebten Vierbeiner zu retten. Daryll, Anführer des örtlichen "Noble Men"-Zweigs wird schnell aufgespürt und mit allerlei kreativen wie brutalen Mitteln versucht, den Hund aus den Fängen der Gruppierung, welche einen Anschlag auf eine Gouverneurin plant, zu befreien.

Als Daryll tritt Sean William Scott in Erscheinung, den man wie den im Vorgänger als Gegenspieler präsentierten Kevin James eher aus Komödien kennt. Scott mangelt es leider etwas an Präsenz und Charisma. Auf seine bekannteste Rolle anspielend, muss man ihm leider attestieren, dass seine Darstellung leider etwas stiff ist. Zumal er im Verlauf von Becky 2 als vermeintlicher Gegenspieler Lulu Wilsons abgelöst wird, wenn sich das wahre Mastermind hinter den "Noble Men" zu erkennen gibt. Dieser Moment ist die einzig etwas überraschende Szene in einem aus dem Vollen der Sequel-Regularien schöpfenden Film. Leider setzt man zu sehr auf zwar gefällig und kurzweilig umgesetztes, aber auch altbewährtes, dass glücklicherweise in eine knackig kurz umgesetzte Story gepackt wurde. Der Spuk ist überraschend schnell vorbei und wenn Becky mit Einfallsreichtum dem rechten Pack eins aufs Maul gegeben und über den Jordan geschickt hat, hätte man erwartet, dass da irgendwie noch mehr kommen müsse. Obwohl die Gewalt und manche Teile der Geschichte überzogen comicartig umgesetzt worden sind, fühlt sich das auch gehemmt an. Zurückgenommen, zurückhaltend, womöglich auch, um die angeteaserte und mittlerweile so gut wie bestätigte nächste Fortsetzung vorzubereiten. Dank der Präsenz von Lulu Wilson, um die der Film eindeutig gebaut wurde, ist auch Becky 2 ein in weiten Teilen unterhaltsames Sequel, dem mehr Variation gut gestanden hätte.


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Donnerstag, 13. Juni 2024

Tragic Ceremony

Riccardo Freda würde Tragic Ceremony sehr wahrscheinlich selbst jetzt noch - direkt aus dem Jenseits heraus - verleugnen. Der Italiener hasste den Film so sehr, dass er sich aus den Credits streichen ließ und ihn in seinen Memoiren gänzlich ausklammerte. In der Tat ist das, was im Film geboten wird, eine grotesk bis absurd zusammengeschusterte Ansammlung verschiedenster Spielarten des Horrorfilms. Übernatürlicher, Okkult- und eine Prise Gothic-Horror wurden eben irgendwie in ein Script gewurschtelt, bei dem unter anderem auch Schlockmaster Mario Bianchi seine Finger im Spiel hatte. Als MacGuffin und einer der Auslöser der vielen seltsamen Begebenheiten im Plot, muss eine Perlenkette mit gruseliger Hintergrundgeschichte herhalten, die eigentlich ein Geschenk von Industriellensohn Bill an seine Mutter war. Von dieser, wegen ihrer besagten, mysteriösen Vergangenheit abgelehnt, schenkt er das Schmuckstück während eines Trips mit Freunden seiner Liebelei Jane. Dort befindet sich die eigentlich mit einem Segelboot sich durch die Gewässer treiben lassende Gesellschaft auf Landgang, welcher bei einem Trip ins Landesinnere das Benzin ausgeht und durch ein Unwetter in der Villa von Lord Alexander und dessen Gattin aufschlägt. Nichtsahnend, dass das Ehepaar mit anderen Gästen eine schwarze Messe abhalten möchte. Zufällig werden die Teufelsanbeter bei ihrem Treiben von Jane überrascht, was der Auslöser eines Massakers und weiterer, tragischer Ereignisse wird.

Das über Figuren wie Publikum gleichermaßen plötzlich hereinbrechende Blutbad ist Dreh- und Angelpunkt, Climax, eines narrativ unaufgeräumten Films, der rote Fäden so schnell aufnimmt wie er sie fallen lässt. Dadurch entstehen in Tragic Ceremony einige alptraumartige, surreale Momente, die eine zuvor gemächlich vor sich hin bewegende Exposition ablösen. Bei allem Ärger, der ihm dieses Werk bescherte, könnte man zum Schluss kommen, dass Freda mit seiner Regie so gegen das konfuse Drehbuch ankämpfen will. Herr wird er über das darin herrschende Chaos nicht gänzlich. Dafür fehlt ihm doch merklich der Wille, sich ernsthaft zur Gänze diesem Film zu widmen. Gelegentlich blitzt guter Wille auf, beispielsweise in den sanft vom Gothic-Horror geküssten Szenen, in welchen beispielsweise Jane-Darstellerin Diane Keaton durch das Anwesen des von Luigi Pistilli gemimten Lords traumwandelt. Dem Script gleichtuend, womöglich resignierend, wirft Freda die meisten mühselig aufgebauten Szenerien einfach um. Darauf folgender Wieder- bzw. Neuaufbau gestaltet sich ebenso mühsam, was Tragic Ceremony durchaus einen ganz eigenen Reiz schenkt. Das Genre-Mashup, auf das sich italienische Genre- und Exploitation-Filmemacher bekanntlich durchaus verstehen, gestaltet einen wilden Ritt durch Subgenres, der zwar obskur ausfällt, aber überwiegend holprig ist. Es ist ein akausaler Film, der erahnen lässt, zu was italienisches Horrorkino Jahre später in der Lage war, aber in diesem speziellen Falle an zu hohen Ambitionen scheitert. Das macht ihn zu einem seltsamen Filmerlebnis, dessen Obskurität als Pluspunkt zu verbuchen ist, aber vor den Aversionen seines Regisseurs vor dem eigenen Werk kapitulieren muss.

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Mittwoch, 12. Juni 2024

Killerspiele

Bei einem im Hochleistungssportler-Milieu spielenden Slasher mit der Redewendung Sport ist Mord um die Ecke zu biegen, dürfte abgedroschener nicht sein. Wobei abgedroschen mit Blick auf Killerspiele ein mehr als passendes Stichwort ist. Objektiv betrachtet dürfte man den Film in irgendwelchen Rankings nirgends auf einem der Medaillenplätze vorfinden. Dafür ist seine Inszenierung in den für diese Spielart des Genres wichtigsten Szenen schlicht und ergreifend äußerst uninspiriert. Ein guter Grund hierfür dürfte der Umstand sein, dass Regisseur Michael Elliot laut Aussagen der Darstellerinnen und Darsteller kein Freund von Horrorfilmen war und manchmal merklich desinteressiert wirkte und seine Abscheu dem gegenüber an den Tag legte. So spult der Film das bekannte Teenie-Programm zwischen zarten Romanzen, Eifersucht, strengen Lehrern und an den Karriereträumen ihrer Sprösslinge zweifelnden Eltern ab und nutzt als Schauplatz eine "Falcon Ahtletic School" genannte Sportakademie. Dort trainieren die jungen Menschen für einen Platz bei den nationalen Meisterschaften, über die man sich wiederum für die olympischen Spiele qualifizieren kann. Ein kleiner Nebenplot erzählt noch einen Schwank über den Mannschaftsarzt, der den Athletinnen und Athleten diverse Mittelchen verabreicht, damit man mit den "hochgespritzten" Ostblock-Sportlern mithalten kann.

Selbstverständlich sind dieser und die anderen im Plot existierenden Themen nur dazu da, um so viel Zeit zu schinden, bis es wieder an der Zeit für eine Tötungsszene ist. Leider ist in diesen der drei Jahre früher entstandene und recht ähnliche Graduation Day etwas abwechslungsreicher. Bei Killerspiele beschränkt sich die Figur des Killers darauf, mit gekonnten Speerwürfen - sogar Unterwasser! - die Traumblase von der Goldmedaille sowie das Leben der Girls und Boys an sich zerplatzen zu lassen. Was das ganze seltsam werden lässt, ist der Umstand, dass die redundanten Rahmenhandlungen und das größtenteils unbemerkte Treiben des Mörders parallel nebeneinander her existieren. Beides greift spät ineinander und bis dahin wundern sich die Figuren zwar über den Verbleib ihrer Sportskameraden, gehen aber sogleich ihrem alltäglichen Athletentrott weiter nach. Eine abstruse Handlungsentscheidung, die zusammen mit den restlichen Banalitäten des Films ein guter Grund dafür sein dürfte, dem Film - wenn überhaupt - eine Mitleids-Medaille in Blech zu verleihen. Nur ist da dieser gewisse Faktor Cheesiness - welche schon mit dem pop-rockigen Titelsong beginnt, der mit jeder Note eine dicke Wolke 80er-Flair ausatmet - welcher dazu führt, dass neben der netten Früh-80er-Atmosphäre die Diskrepanzen von Killerspiele zumindest bei mir für eine gewisse Sympathie gesorgt haben. Man kann ihn mit dem krassen, in die Bundesliga aufgestiegenen Außenseiter vergleichen, der versucht, mit den Großen mitzuhalten, aber direkt wieder in die Zweitklassigkeit zurückgeführt wird. Vielleicht ist es in diesem Fall auch die Drittklassigkeit, aber der Versuch, innerhalb des Genres irgendwas zu reißen, ist ziemlich rührig. Wie heißt es doch - um bei abgedroschenen Sportweisheiten zu bleiben - so schön? Dabei sein ist alles. Dazu behandelt der Film im Plot sachte aufploppende queere Motive für seine Entstehungszeit überraschend wertefrei und klischeebefreit und schielt beim Twist im Finale merklich ins Sleepaway Camp rüber. Abgehärtete Horrorfans und Komplettisten, die Redundanz und Repetition nicht scheuen, können gerne - egal ob mutterseelnallanich oder mit Gleichgesinnten - einen Blick riskieren. Vorzugsweise auf die wie üblich tolle, im November 2023 veröffentlichte Blu-Ray von Vinegar Syndrome. In diesem Sinne: Es lebe der Sport!


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