Donnerstag, 28. November 2019

Das Gehirn

Seinen Kopf anstrengen, diesen zum Rauchen bringen, Gedanken kreisen lassen; das Gehirn benutzen. Cogito ergo sum. Die kognitiven Fähigkeiten unserer Spezies lassen uns damit selbst an die Spitze der Evolution stellen und obwohl jeder Mensch ab einem gewissen Alter diese Fähigkeit verschieden ausgeprägt nutzt, können Denker, intellektuell als überlegen angesehene Persönlichkeiten mit oder durch ihr Hinterfragen für einige Zeitgenossen als bedrohlich wahrgenommen werden. Macht über den Menschen und dessen Gedanken erlangen, gleich ob beispielsweise in despotisch regierten Staaten oder religiös/spirituell geprägten Sekten, stellt für deren Führer die ultimative Kontrolle über uns dar; Querdenker unerwünscht. Diese aus der grauen, gleichgeschalteten Masse herausstechenden roten Punkte und ihre Nutzung des Gehirns lässt diese zu den angeblichen Frieden bedrohenden Störenfrieden werden. Überspitzt formuliert erscheinen diese und ihr Denkapparat in den Augen dieser blendenden Lenker als monströse Erscheinungen.

Es verwundert nicht, dass im phantastischen Film schon häufiger sich selbstständig machende, eigenständig operierende Hirne als monströse Antagonisten herhalten durften. Im amerikanischen Science-Fiction- und Horror-Kino der 50er und 60er Jahre des letzten Jahrhunderts, das nicht arm an paranoiden Motiven über Ängste vor fremden, invasiven Mächten und deren Versuch, den amerikanischen Traum und die Menschheit zu untergraben und auszuhöhlen ist, führte dies unter anderem zu Werken wie Die Augen des Satans. Die bösen Kommunisten, das Unbekannte was im nach und nach erschlossenen Weltall lauern könnte, Schattenseiten der weiter voranschreitenden Wissenschaft: die Furcht hatte viele Gesichter, was für Schöpfer kostengünstiger B-Streifen ein wunderbarer Nährboden dafür war, um das Kinopublikum mit ihren Visionen zu schocken. Monster, unsichtbare Feinde, Außerirdische und verrückte Wissenschaftler bestimmten den phantastischen Film dieser Tage.

Aus dieser Schnittmenge bedient sich auch Ed Hunts Das Gehirn und fügt dem Ganzen eine nicht gerade subversive Medienkritik über deren Macht, das Denken der Gesellschaft zu manipulieren und den in den 80ern in den USA groß im Kommen befindlichen TV-Gurus hinzu. Mittels seiner Sendung "Independent Thinking" versucht der Wissenschaftler Anthony Blakely mithilfe eines mutierten, extraterrestrischen Gehirns und seiner Fähigkeiten, seinen Zuschauern einer Gehirnwäsche zu unterziehen um somit die Kontrolle über deren Denken zu erlangen. Ihm dazwischen funkt der intelligente wie rüpelhafte Highschool-Chaot Jim Majelewski, dem nach einem weiteren Schulstreich bei dem er erwischt wurde, von seinem Direktor auferlegt wird, sich im Institut des Wissenschaftlers behandeln und läutern zu lassen. Bei Querdenker Jim funktioniert die Hirnwäsche nicht, einzig Halluzinationen machen ihm nach seinem Besuch in Blakelys Psychological Research Institute zu schaffen. Der Wissenschaftler kann den Fehlschlag nicht auf sich sitzen lassen und will Jim zurück in seinem Institut sehen. Seine Freundin Janet und sein bester Kumpel Willie versuchen dem Jungen zur Hilfe zu kommen und stehen ihm auch im zuerst ungleichen Kampf gegen Blakely und sein monströses Hirn zur Seite.

Die durchaus als hanebüchen zu bezeichnende Geschichte des Scripts wird ganz in Tradition der Vorbilder aus den 50ern mit notwendigem Ernst vorgetragen, nicht ohne hier und da eine Prise Humor einzuwerfen. Hauptfigur Jim wird als vager Feris Bueller-Verschnitt gezeichnet und sein Darsteller Tom Bresnahan gelingt es meist, genügend spitzbübischen Charme für seine Rolle abzurufen. Mit seinem Gegenspieler landete man mit David Gale einen kleinen Casting-Coup. Der durch Re-Animator bekannte und durch seine Rolle darin auch für Das Gehirn prädestinierte Mime darf als Dr. Blakely punkten, erreicht hier allerdings nicht die kongeniale Verrücktheit wie in Gordons Lovecraft-Adaption. Gale spielt zurückhaltender; die mit dieser Darstellung vermutlich beabsichtigte aalglatte Ausstrahlung der Figur möchte nicht immer zünden. Zumindest das Tempo stimmt; Ed Hunt pflügt regelrecht durch die Geschichte und kann durch die aufgenommene Geschwindigkeit zumindest halbwegs deren Leerlauf umkurven. Jims Kampf gegen Blakely und das herrlich krude dargestellte Monster-Gehirn, welches irgendwann im Film durch sein Wachstum sogar ein Gesicht erhält, tritt manchmal auf der Stelle.

Zu offensichtlich versucht Das Gehirn seine einzelnen Einfälle mit der Kreuzung durch Kritik an der manipulativen Kraft der Medien aufzupeppen und dem erzählten Schlock etwas mehr Seriosität zu schenken. Selten funktioniert das eindringlich; mehr kippt der Film in die Richtung des satirischen Horrorfilms, was weiter eher in seichten Fun-Splatter mündet. Richtig böse kann man den Schöpfern des Films nicht sein. Das Gehirn mag in einigen Momenten zu generisch erscheinen und sticht auch durch seinen dem geringen Budget geschuldeten, leider recht trist gehaltenen Look nicht weiter hervor wie einige andere damals diese Richtung beschreitenden Werke. Besäße er nicht größtenteils den spitzbübischen Charme seiner Hauptfigur, dem man seine Ausfälle eben so gerne verzeiht wie dieser und zum Schmunzeln einlädt. Da drückt man schon einmal ein Auge zu, wenn die Story auf der Stelle tritt oder das Finale regelrecht schlapp wirkt. Als dem B-Film der 50er nacheiferndes Werk geht Das Gehirn weitgehend in Ordnung.
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Samstag, 9. November 2019

Tanz der Dämonen

Als selbst ernannter Filmkritiker oder sowas, der angeblich kluge Dinge über große und kleine Filme in den Äther hinaus bläst und seine Gedanken dazu mit anderen Menschen teilt, hat man es manchmal schwer, bei manchen Filmen den eigens gesetzten Anspruch an seine Besprechungen einzuhalten. Die Credits rollen noch über den Bildschirm und im Kopf formt sich bereits die Frage, was man nun eigentlich genau über den eben gesehenen Film überhaupt schreiben soll. Einige stellen einen vor die Herausforderung, gefühlt nicht immer das gleiche zu schreiben und dies - hier gelangt man wieder an den eigenen Anspruch - in nicht nur einem oder zwei Sätzen abzuhandeln. Charles Philip Moores Demon Wind gehört wahrlich dazu, wird hier doch schon sein deutscher Titel zu einer überaus generischen Sache. Diesmal sind es keine Teufel sondern dem dünnen Plot des Films folgend Dämonen, die damals sogar im Kino und später in der Videothek ihren Balztanz um die Aufmerksamkeit der Zuschauer vollführten.

Das Plakat teasert mit seinem minimalistischen Motiv an, dass der Schauplatz der Sause hier wie in Sam Raimis Kultklassiker wieder eine Blockhütte ist, an dessen Fenster sich zwei klauenbewehrte Hände unter diesem durchschieben, während eine dämonische Fratze angsteinflößend auf den Betrachter blickt. Die blutroten Lettern des Titels legen sich aufdringlich nieder während die simple Tagline uns in der Hölle willkommen heißt. Weniger durch eine wahrhaft infernalische Sause sondern eher durch sein schleppendes Plotgerüst wähnt man sich einige Minuten nach Filmstart tatsächlich im Höllenfeuer. Tanz der Dämonen schleppt sich wie ein angeschlagener Athlet Meter für Meter auf seiner Plotstrecke dem zu erwartenden Höllenritt entgegen um dann verwirrt im undurchsichtigen Nebel seines Storygewirrs stecken zu bleiben. Mit dem Auftritt der Dämonen wird das Script zu einem lauen Evil Dead-Rip Off mit Zombiefilm-Anleihen und leiert das Einmaleins des Horrors herunter und subtrahiert gleichzeitig wahrscheinlich unnötig empfundene Spannungsbögen.

Es liegt an der seltsamen Stimmung in seiner ersten Hälfte, dass ich letzten Endes beinahe milde Töne für Tanz der Dämonen anstimmen kann. Nicht, dass man in dieser einen tatsächlich bzw. ansatzweise guten Horrorfilm erwarten sollte. In der schleppend verlaufenden Geschichte um Cory, der nach vielen Albträumen zur darin vorkommenden Ruine des alten Farmhauses seiner Großeltern pilgert um herauszufinden, welche dunklen Geheimnisse die Vergangenheit seiner Familie birgt, tauchen einige kleine Einfälle so plötzlich auf wie Corys Freunde auf dessen Weg zum ehemaligen Hof der Familie. Beginnend mit der Rast an einer alten Tankstelle mitsamt Imbiss, die - wie sollte es anders sein - von einem um die dort lauernden Gefahren wissenden älteren Herrn betrieben wird, wabert eine alptraumhafte Atmosphäre durch den Film, in der die wenigen netten Ideen wie Moorlichter aufblitzen um sich langsam im Nebel der Einfaltigkeit aufzulösen. Der beginnende Dämonentanz wird zu einem Ballett der Dämlichkeit, in dem sinnentleerte Dialoge, stark bemühte Mimen und mit Traumlogik versehene Gruselelemente aufeinander treffen.

Aufkeimendes Amüsement über Ideen wie der Verwandlung einer jungen Frau in eine Puppe wird zugunsten einfach getrickster Gore-Eskapaden aufgegeben, die in ihrem mühsamen Aufbau leider mehr dem Ende des Films als dem mit nicht vorhandener Spannung erwarteten Finale entgegenfiebern lässt. Die dunklen Erinnerungen an Tanz der Dämonen, von dem ich nur noch wusste, dass ich ihn vor einigen Jahren beim ersten Sehen sehr dürftig fand, wurden leider doch bestätigt. Wäre der Film einen Mittelweg zwischen Splatter und surrealem Horror gegangen, wäre er ein vielleicht ebenfalls anstrengender, aber leidlich interessanter Film geworden. Lieber verschenkten die Schöpfer das zu Gunsten einer Dauerberieselung mit Bluteffekten, die hinter dem oft angesprochenen Ofen nicht richtig hervorlocken können. So verklärt kann man auf den Film leider nicht blicken wie man möchte, um da die wenigen Dinge, die man doch irgendwie gut findet, als gänzlich positives Gesamtergebnis dastehen zu lassen.
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