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Donnerstag, 23. Mai 2019

The Destructor (Prey)

Die Freuden und Leiden der Schönheit: auf den ersten Blick betörend in seinem Äußeren, offenbart sich Ding wie Mensch näher betrachtet in seinem innersten hochgradig verdorben. Auf einen kleinen Mikrokosmos heruntergebrochen, betrachtet Norman J. Warrens Prey recht eigenartig die Auswüchse den verheißenden Verlockungen von Fassaden mit schönem Anschein. Die scheinbar von der restlichen Welt abgeschottet in einem alten Bauernhaus lebenden Frauen Jessica und Josephine mögen im pittoresken Landstrich ein harmonisches Leben führen, die traute Zweisamkeit ihrer Beziehung lässt schnell Risse durch Josephines herrisches Wirken erkennen. Die hübsche Erscheinung ihrer Partnerin zieht sie an und ängstigt sie zugleich. Mit wenig Selbstbewusstsein und Verlustängsten ausgestattet, mausern sich diese durch deren Wechselwirkung in eine langsam voranschreitende, psychisch unterschwellige Gewalt gegenüber Jessica.

Alles, was nur annähernd für den Verlust ihrer Partnerin sorgen könnte, sieht Josephine als potenzielle Bedrohung. Früh wird angedeutet, dass die Beziehung sehr einseitig zu sein und Jessica in diese hinein gezwungen scheint. Josephines Paranoia nimmt stärkere Züge an, als der verletzte und verwirrt wirkende Anders vor der Tür der beiden Frauen steht und um Hilfe bittet. Wenig begeistert vom Eindringling, gibt Josephine ihrer hilfsbereiten Freundin nach, den Mann zu versorgen. Dessen merkwürdiges Verhalten wird von den beiden Frauen verwundert wahrgenommen, jedoch nicht weiter hinterfragt; ohne zu ahnen, dass Anders ein Außerirdischer ist, der den Planeten auskundschaften soll. Bevor dessen wahre Identität aufgedeckt wird, stellt er für Josephine eine Gefahr für ihre Beziehung dar. Richtig abgeneigt scheint ihre Freundin vom attraktiven, mit Ted Bundy-Seitenscheitel ausgestatteten Alien nicht zu sein.

Dessen wahres Gesicht behält Prey - kürzlich als Bootleg unter dem Titel Alien Prey hierzulande auf Blu Ray veröffentlicht - dem Zuschauer vor. In einer vor Klischees triefenden Szene mitsamt im Auto fummelnden Pärchen und einer im falschen Zeitpunkt drückenden Blase des männlichen Parts präsentiert der Film den extraterrestrischen Beau als blutdürstige Bestie mit Raubkatzen-artigem Gesicht, der nach dem Mord am harnlassenden Herren dessen Gestalt annimmt. Die sichtbar kostengünstige Maske lässt den außerirdischen Einzelinvasor wie eine angestrengt böse wirken wollende Miezekatze mit süß geschminkter Stupsnase aussehen und lockte mir mit dem ersten Auftritt einen größeren Lacher hervor, lässt ihn im Zusammenspiel mit den beiden weiblichen Protagonistinnen zu einer metaphorischen Bedrohung heranwachsen.

Mit Blick auf das Entstehungsjahr erscheint die Entscheidung, ein lesbisch lebendes Paar als Hauptfiguren zu etablieren mutig wie frisch. Josephine verkommt zwar leider zur Klischeelesbe mitsamt obligatorischer Kurzhaarfrisur, ihre Gespielin Jessica wird ebenfalls wenig akzentuiert als schön anzusehendes wie naives Weiblein dargestellt, doch mit seinem lethargischen Blick auf das Leben der beiden Frauen und den seltsam erscheinenden Fremden entwickelt die Story ungeahnte Zwischentöne. Diese entstand, mag man der Trivia Section der IMDb glauben schenken, während des zehn Tage andauernden Drehs komplett während der Dreharbeiten. Das ungezwungene drauf los filmen und die Planlosigkeiten der dürftigen Ideen, welche zwischen Nutzung gängiger Horrorfilm-Muster und interessanten Einzelszenen schwankt, lässt The Destructor (dt. Videotitel) zu einem spontanen Sonntagsvideo des Horrorfilms werden. Die durch den streng abgesteckten, kleinen Mikrokosmos des Films und dem Anschein, dass die Macher dem inneren Willen, einfach drehen zu müssen, folgen, entrückte Atmosphäre lässt erahnen, wie es ausgesehen hätte, wenn Jess Franco einen Alien-Horror-Film gemacht hätte.
Dem spanischen Kult-Vielfilmer Franco gleicht dem in seinen kleineren Werken herrschenden Dilettantismus, den The Destructor mit sich bringt und gleichzeitig auf mich als Zuschauer eine Faszination ausübte. Die krude Story entwickelt sich zu einem ätzend langsamen Psycho-Horrordrama aus der Exploitation-Ecke - selbstredend lässt man bei den aufgebauten Konstellationen mögliche Sexszenen nicht aus - das gleichzeitig als Metapher auf die wortwörtliche Bedrohung der Bestie Mann auf den Feminismus der damaligen Zeit und der Frau an sich gesehen werden kann. Spekulativ, surreal und wie der von mir sehr gemochte Alien-Rip Off Inseminoid des Regisseurs Norman J. Warren atmosphärisch entrückt stellt der Film plumpe Exploitation halbwegs intelligenten Ansätzen wie mit dem Spiel der Rollen von Mann und Frau (Stichwort: Partyszene) gegenüber. Der mehr auf Stimmung und kaum aus den Puschen kommende Spannung bauende, merkwürdige Kammerspiel kulminiert in einer ultrablutigen Szene und einen Twist, den man gleichzeitig als abschließend bitteres Fazit der herrischen Männerrasse über die Frau sehen kann. Die Doppeldeutigkeit des Originaltitels im Bezug zum Filmplot ist ein nettes Wortspiel für einen Film, dessen Unterton und dem damit einhergehenden Potenzial für die Macher unbemerkt durch die unbekümmert bräsige Handlungsmonotonie waberte und ein faszinierendes wie eigentümliches Gesamtwerk hinterlässt; gerade wegen seiner eigenartigen Machart. 
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Donnerstag, 1. September 2011

Samen des Bösen

Griffige Werbesprüche bzw. Taglines sind das A und O, um das Publikum überhaupt auf einen Film aufmerksam zu machen und dieses dann in das Kino zu locken. Im Falle von Ridley Scotts Alien (1979) hat man da alle Arbeit geleistet und sich nicht nur einen einprägsamen sondern auch gar nicht mal so falschen Spruch ausgedacht. Bekanntlich lautet dieser "Im Weltall hört dich niemand schreien" und diese unendlichen Weiten verschlucken trotz ihrer Lautlosigkeit mit Sicherheit jeden Schreckensschrei, den man bei einer Konfrontation mit schlechtgelaunten Außerirdischen von sich gibt. Der im von Scotts düsterem Meisterwerk ausgelösten Boom zwei Jahre später in Großbritannien enstandene Samen des Bösen könnte aber die Tagline widerlegen. Denn die dort von Judy Geeson abgelassenen Schreie würden mit Sicherheit auch in den am weitesten entfernten Winkeln der Galaxie noch gehört werden.

Ihre Rolle als Sandy bietet ihr allen Anlass zum Schreien. Immerhin ereilt sie das Schicksal, als Mitglied einer auf einem nicht näher benannten, fremden Planeten stationierten Crew von Forschern von einem fremden Wesen nicht nur angegriffen, sondern auch vergewaltigt zu werden. Hinterher macht sie die von einigen davor geschehenen und unschönen Ereignissen gebeutelten Mitglieder einen Kopf kürzer und dezimiert einen Kollegen nach dem anderen. In ihrem Leib die Brut des Außerirdischen tragend. Die wenigen Crew-Mitglieder, die die Angriffe der hochschwangeren sowie hochaggressiven Frau überlebten, versuchen sich mit allen Kräften gegen diese zu wehren. Dies ist dabei der traurige Höhepunkt von seltsamen Vorfällen, seitdem bei einer Untersuchung eines Tunnels eine rätselhafte Explosion diesen zum Einsturz brachte und somit zwei der Forscher mehr oder minder schwer verletzte. Dabei gefundene Kristalle brachten noch mehr Geheimnisse mit sich und als einer der von der Explosion betroffenen Crew-Mitglieder scheinbar den Verstand verliert und auf seine Kollegen losgeht und den (mittlerweile geretteten) Kollegen retten will, ahnt noch niemand, was ihnen noch bevor steht. Denn Sandy legt auf den Terror innerhalb des Hauptquartiers noch eine ganze Schippe drauf.

Wer allerdings glaubt, dass dies auch der Film selbst tut, immerhin besticht er ja gerade wieder im deutschsprachigen Raum mit einem besonders reißerischen Titel, der irrt sich. Der im Originalen schlicht Inseminoid betitelte Film stellt im Wust der vielen Alien-Rip Offs, die in den 80ern entstanden sind, sogar eine angenehme Ausnahme dar. Regisseur Norman J. Warren präsentiert uns hier nämlich einen Alien-Horror bei dem das wichtigste Element, nämlich der allseits beliebte, schlecht gelaunte Extraterrestrier gar nicht mal die erste Geige spielt. Es rückt in den Hintergrund und wird für das Buch nur ein Mittel zum Zweck, um die Geschichte in ganz eigene Bahnen zu lenken. Die fremdartigen Aggressoren bekommen nicht mal an die fünf Minuten Screentime geschenkt. Also ist Samen des Bösen einfach nur eine riesengroße Mogelpackung? Mitnichten. Der mit einer recht interessanten Filmographie gesegnete Warren schafft es wunderbar, seinen Film durch diesen Umstand zu etwas besonderem zu machen. Es ist vielleicht nicht alles rund und sauber ausgearbeitet, aber im Gesamteindruck gibt sich der Film mehr als ordentlich.

Der Terror ist eher menschlicher Natur. Was zuerst der im Tunnel verunglückte und verletzte Ricky ist, der urplötzlich nicht mehr alle Murmeln beisammen hat und wohl von einer unbekannten Macht ergriffen wird und daraufhin ein wenig durchdreht, wird dann zu Sandy. Dieser Figur wird vorher gar nicht so viel Beachtung geschenkt und erst als sie und ihr Kollege im Tunnel, in dem sich diese seltsame Explosion ereignete Fotos machen soll, von einem fremden Wesen angegriffen werden, rückt sie in den Fokus der Handlung. Mit gemächlichem Tempo schreitet Warren hier durch diese und läßt sie langsam aufbauen. Das gelingt auch ganz gut, auch wenn sich trotzdem an manchen Stellen Längen einschleichen. Leider tauchen diese gerade dann auf, wenn Sandy sich daran macht, die restlichen Kollegen abzumurksen. Es gelingt dem Regisseur aus der Story soviel rauszukitzeln, dass eine gewisse bedrohliche Stimmung erzeugt wird, die durch den kalten Grundton des Films untermauert wird. Der klaustrophobische Unterton des Films kann aber nicht allzu stark Spannung aufbauen.

Geeson mimt voller Inbrunst. Ihr Overacting sticht hervor und überstrahlt die Kollegenschaft, die allerdings auch redlich bemüht ist, ihre Sache gut zu machen. Aber schnell merkt man, wer der eigentliche Star des Films ist. In den besten Momenten von Samen des Bösen blitzt nicht nur das Talent und Potenzial von Warren auf, es beginnt sogar für kurze Momente zu strahlen. Es gelingt ihm aus den  für die Produktion - an der immerhin auch Run Run Shaw, Begründer der für ihre Martial Arts-Filme bekannten Shaw Brother-Studios, beteiligt war - zur Verfügung stehenden geringen Mitteln  das nötigste herauszuholen. Der Planet erscheint unwirtlich, unfreundlich und die Forschungsstation mit ihren langen, unterirdischen Gängen kommt dann und wann auch erfreulich unheimlich rüber. Untermauert wird die vorherrschende bedrohliche und kalte Stimmung durch einen sehr wabernden Synthiesound der mehr auf Soundcollagen, denn auf Harmonien setzt und diese nur als kleine, aber starke Akzente einsetzt.

Der Film funktioniert, hat aber noch so einige Ecken und Kanten zu bieten. So vergißt man in der allgemeinen Hysterie um Sandy schon so einige Dinge innerhalb der Geschichte, die auch nie wirklich geklärt werden. So wird nie genau geklärt, was es eigentlich mit den rätselhaften Kristallen die im Tunnel gefunden werden, auf sich hat. Dies ist ein Missstand, den der Film immerhin dank seines ganz eigenen Charmes noch ausbügeln kann. Das auch vieles über den genauen Sinn der Mission der Forscher und auch die Hintergründe des Planeten im Dunkeln bleibt, macht auch nicht viel aus und steigert so sogar noch die Stimmung von Inseminoid. Eine genauere Struktur hätte der Story trotzdem gut getan. Dafür bietet der Umstand, dass man es hier mit Alienhorror bei dem eben das Alien fehlt, zu tun hat, einiges an Freude. Warren legt seinen Space-Schocker wie einen Thriller aus, in dem ein Serienkiller bzw. hier eben eine Schwangere die zeigt, dass die von Hormonschwankungen von sich in anderen Umständen befindlichen Damen gar nicht so schlimm sein können, wütet. Er baut eher auf Spannung, was allerdings nur bedingt funktioniert. Da hätte die Story ruhig noch etwas straffer sein können.

Trotzdem schafft es der Film mit einigen guten Szenen zu punkten (zum Beispiel die verzweifelte Aktion einer Forscherin, sich aus einer misslichen Lage zu befreifen). Wer sich dank des deutschen Titels aber eine wüste Orgie aus Sex und Gewalt erhofft, der liegt falsch. Auch wenn der Härtegrad gegen Ende deutlich zunimmt, so versprüht Samen des Bösen eher angenehm oldschooligen Charme. Selbst die Schlüsselszene des Films, der Akt des Aliens mit Sandy, ist alles andere als geschmacklos inszeniert worden. Für viele andere Filmschaffende wäre dies der perfekte Moment gewesen um mit der Kamera auf fleischliche Action zwischen dem interstellaren Wesen und der Erdenfrau drauf zu halten. Um die damals strenge Zensur der BBFC, dem britischen Gegenstück zur FSK, zu umgehen, inszenierte Warren die Vergewaltigung zwischen eindeutig und angedeutet. So mutiert der Penis des Außerirdischen zu einer gläsernen Röhre, durch die der Samen des Wesens in die arme Sandy hineingepumpt wird.

Allein diese wirklich gut umgesetzte Szene zeigt, was da hätte alles aus dem Film werden können. Doch das Drehbuch macht dem ganzen etwas einen Strich durch die Rechnung, hält sich zu sehr bei der Figur von Sandy auf und Warren gibt diesem einfach nach. Doch dank der liebevollen Umsetzung von Samen des Bösen kann man dem Regisseur gar nicht mal so sehr böse sein. Dafür funktioniert der Film dann doch recht gut, auch wenn die Längen immer wieder an der Grenze zum Unangenehmen kratzen. Doch diesem ganz besonderen, etwas verschrobenen Reiz des Films kann man sich nicht verwehren. Es ist wohl einer der seltsamsten, aber gerade deswegen auch so interessantesten Alienhorrorstreifen, die seit den frühen 80ern entstanden sind. Warren hätte noch etwas mehr aus dem Stoff rausholen können, war aber vielleicht auch etwas durch die angesprochene strenge Zensur damals auf der Insel gehemmt. Geleistet hat der Brite dafür dennoch etwas gutes. Wer also kein Problem mit leicht gemächlichen Geschichten bzw. Filmen hat, der sollte mehr als nur einen Blick riskieren. Mit klein gedrehten Erwartungen entdeckt man hier einen durchaus gut gelungenen Film den man lieb haben kann.
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