Donnerstag, 20. Januar 2022

X-Tro 3

Fox Mulder wollte daran glauben und mit ihm eine große Zahl der Fans, welche von der Erfolgsserie Akte X befeuert den Blick sehnsüchtig zum Sternenhimmel richteten und vom Besuch extraterrestrischer Intelligenzen träumten. Fake-Filme aus der sagenumwobenen Area 51, "I Want To Believe"-Poster all around the globe, Heftroman-Serien über UFO-Akten, Comics, dutzende günstig produzierte B-Filme. Die Außerirdischen boomten. Die Männchen aus dem All waren nicht mehr grün, sondern grau und mit großer Sicherheit vom grasierenden Hype befeuert, warf Harry Bromley Davenport 1995 ein zweites Sequel seiner X-Tro-Reihe auf den Markt. Dessen englischer Untertitel Watch The Skies kann man als mahnende Worte oder Empfehlung verstehen. Bereits Teils eins brachte seinem Publikum bei, dass nicht alle Außerirdischen freundlich sind und X-Tro 3 untermauert dies wortwörtlich.

Erneut muss eine militärische Spezialeinheit seine Köpfe und Gliedmaßen dafür herhalten, einen erzürnten Außerirdischen Besucher bei Laune zu halten. Dieser wurde über Jahrzehnte von amerikanischen Behörden in Beton gehüllt auf einer kleinen, namenlosen Insel festgehalten und sich selbst überlassen. In den 50er Jahren nahm man an diesem zahlreiche Experimente und Untersuchungen vor, bevor das ganze Projekt fallen gelassen wurde. Befreit wird er von der vom Agenten Fetterman angeheuerten Sprengstoffräumeinheit, die bei ihrer Arbeit auf dem Eiland versehentlich ein Loch in das Gefängnis des großen grauen Männchens sprengt. Zuvor liest die kleine Einheit unter Leitung von Major Kirns einen zotteligen, geistig verwirrten Mann auf, der sich als überlebender Beteiligter der Experimente aus den 50ern entpuppt und besonderes Interesse bei Fetterman weckt. Als die angespannte Lage auf der Insel eskaliert und der verwahrloste Überlebende aus dem Lager der Einheit türmt und das Alien mit mächtig Wut im Bauch über die Insel streift, macht sich der Agent mit seiner Assistentin aus dem Staub und überlässt Kirn und dessen Anhang sich selbst.

Zum ersten Mal tauchte X-Tro 3 als Unbekanntes Filmobjekt durch eine nächtliche Ausstrahlung in den 2000ern bei VOX auf meinem Radar auf. Damals waren private Fernsehanstalten für einige kleinere Überraschungen gut und so lief der Film im Fernsehen immer ungekürzt, während die deutsche Video-Veröffentlichung des Films geschnitten war. Seit geraumer Zeit liegt von dem Film eine mehr als saubere 2K-Abtastung auf Blu Ray von Vinegar Syndrome vor. Das Wiedersehen bescherte mir die gleichen Gefühle wie damals. Ein großer Wurf ist auch X-Tro 3 nicht. Der Gesamteindruck fällt weit weniger desolat als beim zweiten Teil aus, komplett erquicklich ist die Mixtur aus trister Militär-Action und teils krudem Alien-Horror nicht. Der eigentlich für die Hauptgeschichte nicht unwichtige Subplot um den Robinson-Lookalike schindet stellenweise einiges an Zeit und lässt diese nicht so zum Punkt kommen, wie es wünschenswert wäre. Es steht außer Frage, dass so manches Element der Story haarsträubend ist. Bromley Davenport beschreitet seinen Weg durch diese leider wenig effizient und zielgerichtet.

Den Actionszenen des Films raubt dies die Kraft und lässt X-Tro 3 fast eine Bruchlandung hinlegen. Minimalistische Predator-Anleihen werden schlecht kopiert und entpuppen sich als eine monotone Militär-Chose mit repetitiven Zügen. Einzig das Auftreten des Aliens bietet zwar keine neuen, aber halbwegs nette Ideen. Befeuert vom nicht beabsichtigten Subtext des Erstlings scheint Bromley Davenport einem übergroßen Anspruch in Bezug auf komplexe Storygestaltung zu besitzen und verrennt sich in der umständlichen Umsetzung seiner filmischen Visionen. Unerheblich wie groß diese waren, erwecken sie den Anschein, dass man den glücklichen Subtext-Zufall des Ursprungsfilm reproduzieren wollte. Es beißt sich erheblich mit den Anbiederungen an damalige Trends und größere filmische Vorbilder. Geradlinige Action, straighter Horror: um das zu bieten, fehlt es dem Film an einem sauberen Konzept. Allenfalls durchschnittlich ist das, was Bromley Davenport mit seinem Film abliefert. Ein Jahr zuvor zeigte Watchers: The Chase Is On, dritter Teil des 80er-Jahre-Horrors Watchers, dass kostengünstiger Action-Horror auch in knallig und kurzweilig geht (zugegebenermaßen ist er aber auch eine recht dreiste Kopie des McTiernan-Klassikers). Zumindest ist der letzte Teil der X-Tro-Reihe kein kompletter Ausfall und bietet mit Abstrichen einige nette, wenn auch niveaulose, Momente.

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Samstag, 15. Januar 2022

Xtro II - Die zweite Begegnung

Wenigstens ist Harry Bromley Davenport ehrlich, wenn er Auskunft über die Entstehung des ersten X-Tro-Sequels gibt. Aus Mangel an Moneten wurde für ein schnelles Cash-In ein Drehbuch zusammengeschustert, dass sich nicht weiter vom Ursprungsfilm entfernen könnte. Grund hierfür war, dass er zwar die Rechte am Franchise, jedoch nicht an der Story seines eigenen Films besaß. Deswegen orientiert sich Xtro II mehr an damals gängiger Videoregal-Massenware als eigene Akzente zu setzen. Von der kauzigen Eigentümlichkeit des Vorgängers ist leider nichts mehr vorhanden. Lieber leimt man im Script verschiedene Teile aus dem Baukasten für Außerirdischen-Horror zusammen, die im Endergebnis auf wackeligen Füßen stehen. Action-orientierte Komponenten, wie man sie aus Aliens kennt, treffen auf den Versuch, aus einem alten Lagerhallen-Komplex ein ähnlich todbringendes wie spannendes Labyrinth in James Camerons Film zu schaffen.

Zum Scheitern verurteilt ist das Vorhaben bereits durch die auf Komplexität gebürstete Geschichte, die mehr Quatsch als interessante Entwicklung bietet. Das Militär werkelt in einem unterirdischen Labor am Projekt Nexus, mit dem man versucht, in Parallel-Dimensionen vorzudringen. Nachdem Jahre zuvor das Vorhaben nach einem Unfall aufgegeben und vom damaligen Leiter Dr. Shepherd zerstört wurde, wagt man einen zweiten Versuch. Die Verbindung zum in die fremde Dimension vorgedrungene Team reißt ab und Leiterin Dr. Casserly sieht sich dazu gezwungen, den zurückgezogen lebenden Shepherd zu überreden, dass er ihnen und einer für die geplante Rückholaktion angeheuerte Einheit Marines hilft. Bei deren Durchführung holt das Team nicht nur eine Überlebende sondern auch eine fremde Kreatur ins Labor, welches von dieser unsicher gemacht wird.

Der von Christian Keßler geprägte Begriff des Krauchfilms, von diesem ursprünglich für Bruno Matteis Dystopien-Horror The Riffs III - Die Ratten von Manhattan kreiert, lässt sich prima auf Xtro II anwenden. Wenn der Film seine umständlich lange Exposition, in der mehr pseudo-wissenschaftliche Schwafelei als einem lieb ist über den Zuschauer ausgeschüttet wird, hinter sich gelassen hat, bietet er unspektakuläre Minimal-Action innerhalb von gefühlt endlos langen Wanderschaften der Mimen durch das Set. Der Film ist ein wahrhaftes Krauchwerk, der angesteckt von der berichteten und sichtbaren Lustlosigkeit von Hauptdarsteller und Ex-Airwolf Jan-Michael Vincent seinem Finale entgegen deliriert. Weitaus seltener kraucht an der Kamera das zu bekämpfende Monstrum vorbei, welches für wenige, halbwegs sehenswerte Effektarbeit sorgt.                                                             

Selten habe ich bei einem B-Film das Desinteresse seiner Schöpfer am Werk deutlicher wahrgenommen. Die vorherrschende Cash-In-Charakteristik nimmt dem Film jeden kleinsten unterhaltsamen Ansatz. Bevor Spaß aufkommt, wird die dünne Geschichte bereits wieder mit viel Füllmaterial aufgebauscht um auf eine spielfilmtaugliche Laufzeit zu kommen. Dazwischen spult der Film seine geliehenen Inspirationen derart belanglos ab, dass er - wäre er nicht Teil einer qualitativ wechselhaften Reihe - längst komplett vergessen worden wäre. Seinen Zweck scheint Xtro II - Die zweite Begegnung erfüllt zu haben. Bromley Davenport dürfte einigen Videothekengängern ein besser gefülltes Bankkonto verdanken zu haben und fünf Jahre später folgte mit X-Tro 3 ein zweites und letztes Sequel, für das sich der Brite abermals verantwortlich zeigte. 

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Dienstag, 4. Januar 2022

X-Tro - Nicht alle Außerirdischen sind freundlich

Strahlend blauer Himmel, alles ist friedlich, ein Junge spielt mit seinem Vater im Garten. Im nächsten Augenblick wird dieser friedliche Moment gebrochen. Das Firmament hat sich schwarz gefärbt, Blitze erhellen den in Dunkel getauchten Schauplatz und ein Sturm wütet. Eine Albtraumszenerie, die der kleine Tony durchlebt und ihn naxh seinem Vater rufen lässt. Seine ins Zimmer geeilte Mutter Rachel beruhigt ihn, dass ihn nur ein böser Traum ereilt hat um ihn im nächsten Moment auf den harten Boden der Realität zu schmettern, als sie hinterher schiebt, dass sein Vater Sam doch verschwunden ist. Tonys Einwand, dass Sam von Außerirdischen entführt wurde, schiebt Rachel mit allen Kräften der erwachsenen Ignoranz ins Reich der Fantasie. Sie scheint sich mehr um sich und ihre neue Beziehung mit dem Fotografen Joe als um ihren Sohn zu kümmern. 

Es ist der Auftakt für einen eigentümlichen Eintrag in der langen Liste der Alien-Rip Offs. Die Tagline von X-Tro, vom deutschen Verleih zum obligatorischen Untertitel befördert, macht unmissverständlich klar, dass die auftretenden Außerirdischen anders als der von Spielberg im gleichen Jahr in die Kinos geschickte E.T. - Der Außerirdische, zu keinen herzerwärmenden Momenten führen. Die bleiben auch aus, als Sam nach drei Jahren wieder auf der Matte steht. Der hat sich während seiner Abstinenz sehr verändert. Neben der Distanz zur Gattin und seinem Nebenbuhler scheint auch das Interesse am Sohn wenig mit väterlichen Gefühlen zu tun zu haben. Einzig Eingeweihter ist der Zuschauer, der die Landung eines extraterrestrischen Wesens beobachten konnte, das mit wortwörtlichem Körpereinsatz zum alten Sam in Menschengestalt mutierte. 

Was die konkrete Mission der Kreatur ist, lässt der Film offen. Sam gibt seine besonderen Kräfte in einem pervertierten Moment väterlicher Zuwendung an Tony ab, was ab dort X-Tro zu einem Horrorfilm zwischen surrealem Albtraum und krudem Alien-Body-Horror werden lässt. Wie bei Norman J. Warrens Samen des Bösen (AKA Inseminoid; hier besprochen) herrscht im Stimmungsbild eine durchdringende Kühle, die von traumartigen Sequenzen durchbrochen wird. Die britische Distanziertheit schenkt dem Film und seiner Ausgestaltung der Geschichte eine höchst interessante, bizarre Atmosphäre. Laut Regisseur Harry Bromley Davenport war dies nicht intendiert. Vermutlich war dies auch nicht der ansatzweise vorhandene Subtext des Films, der Sams Entführung durch Außerirdische als versuchte Trauma-Verarbeitung von Tony lesen lässt. Der Junge kanalisiert die Abwesenheit des geliebten Vaters durch diese Fantasterei und flüchtet sich in eine Fantasie-Welt nach dem Erhalt von Sams Kräften und verbringt seine Zeit mit dem von ihm zum Leben erweckten Spielzeug.

Viel daraus macht X-Tro leider nicht. Es ist ein Erklärungsansatz sowie ein Versuch zu verstehen, warum die vom Film groß beworbenen, unfreundlichen Außerirdischen wie einst Sam eine ganze Weile mit Abwesenheit glänzen. Die wilde Wundertüte, die Bromley Davenport vor uns ausschüttet ist ein Kabinett aus Kuriositäten, durch die sich die Geschichte um die Familie Phillips zwängen muss. Deren familiäres Drama ordnet sich dem unentschlossenen Gesamtbild des Werks unter. Der Film gibt vielen seiner Ideen Raum, von denen einige bedauerlicherweise ins Nichts führen. Auf der Gegenseite besticht X-Tro dadurch mit einer Anti-Attitüde, die ihn zu einem gegen den Strich gebürsteten Horrorfilm macht, der einen Fick auf Konventionen gibt obwohl er sich dieser gleichermaßen bedient. Die Versatzstücke, derer er sich bedient, sind nicht wenige und sattsam bekannt. Großer Pluspunkt des Films ist, wie er diese anpackt.

1982 existierten noch nicht viele Nachahmer von Ridley Scotts Alien. Was der Brite darin definierte, kopierten diese mit unterschiedlicher Anzahl von Variationen und schufen einerseits für nachfolgende Filme gewisse Standards eines Subgenres. Von diesen ausgehend, mutmaßt man als Zuschauer vorschnell, dass auch X-Tro ein Paket bestehend aus Monstren, Schleim, Blut und eventuell etwas nackter Haut ist. Der Film spielt mit den Erwartungen des Publikums, befriedigt diese in den ersten zwanzig Minuten sattsam bevor er genug davon hat und eigene Wege beschreitet. Hätte Bromley Davenport das Potenzial seiner Geschichte um eine absonderliche Art des Familiendramas um einen sich von der Familie entfremdenden und entfernenden Vater erkannt, der dessen schutzbedürftigstes Mitglied tief traumatisiert zurücklässt, eher erkannt, könnte X-Tro ein explosiver Knaller aus Schmodder und Subversion sein. Das Erleben des Films bleibt anders: die Eigenheiten stechen hervor, die der Genre-Welt einen überraschend interessanten Alien-Anarcho schenkten, von dem man sich gerne entführen lässt.

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