Sonntag, 18. Oktober 2009

Das unheimliche Auge

Früher selbst als erfolgreiches (Nackt-)Modell unterwegs, läßt Gloria nun als erfolgreiche Verlegerin allerlei Nackedeis stilvoll für ihr Magazin Pussycat ablichten, welches sie seit dem Ende ihrer Karriere, die sie nach dem tödlichen Unfall ihres Ehemanns an den Nagel hing, leitet. Zusammen mit ihrer Freundin Evelyn, ihrem Bruder Toni und dem Fotografen Roberto bildet sie das Kernteam des Magazins und kann dank hohen und profitablen Auflagen die Übernahmeangebote ihrer Entdeckerin Flora ablehnen. Dann wird allerdings ihr Fotomodell Kim am Abend nach einem Fotoshooting brutal mit einer Mistgabel erstochen, was von Glorias am Rollstuhl gefesselten und jungen Verehrer Mark beobachtet wird. Da er sie allerdings öfters mit Telefonanrufen belästigt schenkt sie so lange keinen Glauben, bis ihr anonym Fotos von der Toten - abgelichtet vor einem Foto aus Glorias Modelzeiten - zugeschickt werden. Die Polizei um Inspektor Corsi versucht fleißig den Mörder zu finden, doch dieser schlägt immer wieder nach der gleichen Masche zu und gibt allmählich zu verstehen, daß er es eigentlich auf Gloria selbst abgesehen hat.

Somit folgt man nun einem mit einigem 80er Jahre-Hochglanz versehenen und im Reichenmilieu angesiedelten späten Giallo des Mario Bava-Sohnes Lamberto Bava. Wenn Papa schon mit seinem The Girl Who Knew Too Much (1963) und vor allem dem wunderbaren Blutige Seide (1964) dieses überaus langlebige und noch mehr beliebte Genre begründet hat, so musste sich auch Lamberto auch ab und an an dieser sehr italienischen Form des Krimalfilms bzw. später Thrillers versuchen. Doch als Lamberto damit anfing, dem Giallo zu fröhnen, war dessen größte Zeit schon lange vorbei. Durch die angesprochenen, von seinem Vater inszenierten Filme ins Rollen gebracht, wurde die ganzen 60er über immer mehr Werke dieser Art zu produzieren um dann, zu Beginn der 70er bis weit in die Mitte des Jahrzehnts den italienischen und auch internationalen Markt damit zu überfluten. Viel Durchschnittsware war dabei zu finden, doch auch sehr viele wirklich gute oder sogar herausragende Werke solcher Regisseure wie Aldo Lado, Sergio Martino oder vor allem Dario Argento, der sehr schnell mit seinen Filmen in einer eigenen Liga spielte. Bis zum Anfang der 80er wurden dann nur noch hin und wieder Gialli produziert, wie zum Beispiel der Mix aus Tanzfilm- und Giallo Murder Rock von Lucio Fulci oder dem sehr feinen Aquarius - Theater des Todes von Regietalent Michele Soavi. Drei Stück kann Bavas Junior auf seinem Konto verbuchen: dem recht netten A Blade in the Dark (Review) folgte der sehr durchschnittliche Midnight Ripper (Review). Mit seinem letzten Giallo Das unheimliche Auge legte er auch gleichzeitig noch seinen besten Giallo vor.

Dabei kann er vor allem auf ein sehr gefälliges Drehbuch von Gianfranco Clerici und Daniele Stroppa zurückgreifen, welche die Story eines weiteren Gialloveteranen umsetzten. Für diese zeigt sich Luciano Martino, Bruder und Produzent der meisten Filme von Sergio Martino, verantwortlich der auch für dessen Gialli schon öfters die Story ersonnen hat. Zwar hatte Luciano hier vielleicht nicht seinen besten Tag, kann allerdings trotzdem mit einer schönen und vor allem einigermaßen interessanten Geschichte punkten. Wobei man ja schon durch den vorherrschenden Look des Jahrzehnts einige kleine Pluspunkte verbuchen kann. Zwar ist er nicht ganz so stilisiert wie Fulcis Murder Rock, aber trotzdem wird hier mehr als nur einmal der typische Hochglanz der 80er Jahre zelebriert. Der Style ist bei einem Giallo eben nicht ganz unwichtig und stellt sich in manchen Fällen sogar noch vor die Geschichte selbst. Was man mit einem extravaganten Stil alles erschaffen kann, hat Bava oft genug auch schon als Regieassistent bei seinem Vater sehen können. Nun kommt Lamberto zwar nicht wie dieser aus dem Kamerafach, hat dafür aber einen sehr fähigen Mann gefunden, einige schön stylische Einstellungen umzusetzen. Gianlorenzo Battaglia zeigt hier sein können als Kameramann und fängt die gelungene Kombination aus 80er Look in Verbindung mit dem in der Welt der Reichen und Schönen angesiedelten Film in teilweise ebenso schönen Bildern ein. Dabei weiß man auch nie so genau, was man denn bitteschön am tollsten finden soll. Die teils unglaublich protzigen Sets, die typische Kleidung der damaligen Zeit, die noch viel unglaublicheren Frisuren oder aber: die Frauen.

Ein weiterer Kniff des Schreiberteams, um so wohl auch von der in der zweiten Hälfte etwas den Atem ausgehenden Story abzulenken. Das präsentierte Umfeld gibt Bava und seinen Kollegen ja häufig die Gelegenheit, allerlei hübsch anzuschauendes und vor allem nacktes Weibsvolk ansprechend zu präsentieren. Allen voran dabei Hauptdarstellerin Serena Grandi, wohl eines der italienischen Sexsymbole der 80er und 90er Jahre, die desöfteren blank ziehen und ihre üppigen Proportionen in die Kamera halten darf. Bekannt wurde sie durch Horrorfilme und vor allem sehr freizügigen und frivolen Komödien in denen sie auch desöfteren für die männliche Zuschauerschar ihre Reize zeigen musste. Da freut sich dann auch sichtlich Kultdarsteller George Eastman, dessen Rolle irgendwie unnötig erscheint man es aber den Autoren nicht weiter krumm nimmt, sieht man den Hünen doch sowieso recht gerne. Mit einem verschmitzten Grinsen taucht er als Schauspieler Alex, einem Ex-Freund von Gloria, in einem Fellkostüm auf (welches wohl indirekt für seinen im gleichen Jahr entstandenen Barbarenklopper Die Barbaren Werbung macht) und darf dann hin und wieder mal an den üppigen Rundungen der Frau Grandi naschen.

Zumal ist es ohnehin erstaunlich, was Bava hier an weiblichen Darstellern aufbringt. Da wären noch Argento-Gespielin Daria Nicolodi die als Evelyn recht zugeknöpft bleibt, genauso wie das ehemalige Model Capucine, das schon in solch großen Filmen wie Blake Edwards' Der rosarote Panther oder Satyricon von Federico Fellini auftauchte. Zudem darf auch mal Europopsternchen Sabrina Salerno, am besten für ihren Hit "Boys" bekannt, vor die Kamera treten und - wer hätte das gedacht - blank ziehen. Dem gegenüber stehen mit Lino Salemme und David Brandon ebenso bekannte männliche Darsteller vor der Kamera. Ein illustres Aufgebot also, das von Bava recht launig durch die mondänen Sets bewegt wird und für manche Freunde der eher dynamischeren Erzählstruktur etwas zu geschwätzig in den Szenen bleiben. Man nimmt sich Zeit, wohl auch um eben diese feinen Requisiten und Schauplätze ins rechte Licht zu rücken. Doch schafft man es durch fröhliches Stiebitzen einiger Versatzstücke Das unheimliche Auge auch einige Spannungselemente zu schenken. Bestes Beispiel ist hier die Figur des Mark, der durch an dem Rollstuhl gefesselt eine Obsession für seine hübsche Nachbarin Gloria entwickelt und diese am liebsten durch sein Fernrohr beobachtet. Dadurch sieht er auch den ersten Mord und wenn er dann telefonisch Gloria davon in Kenntniss setzt, sie ihm aber erst keinen Glauben schenkt - ZACK! - schon hat man ein wenig von Hitchcocks Das Fenster zum Hof geklaut.

Man hat aber glücklicherweise nicht komplett auf diese meisterliche Vorlage gesetzt, sondern baut eine recht eigenständige Geschichte auf, die bei den Mordszenen allerdings recht argentoesk inszeniert wurde. Die plötzlich auftauchenden Farbspielereien, die die Bilder in rotes und blaues Licht tauchen, erinnern sehr an Argento können allerdings auch durch typische italienische Schrulligkeit aufwarten. So fragt man sich bei den ersten beiden Opfern wirklich, wieso diese für kurze Zeit mit einem riesigen Augapfel als Kopf bzw. einem Wespenkopf auf den Schultern zu sehen sind. Elemente, die dem Film eine sehr eigene Komponente geben, diese aber leider genau so schnell wieder fallen gelassen werden, wie sie aufgetaucht sind. Es ist gerade beim ersten Mord ein sehr überraschender Moment, der eine angenehme Surrealität aufweisen kann und den geneigten Giallofan von allerlei Obsessionen des Killers träumen läßt. Zwar bekommt er diese am Ende wirklich, allerdings werden diese beiden Dinge dann eher außen vor gelassen und mit keinster Silbe erwähnt. Schade, denn in der zweiten Hälfte will bei dem auch als Delirium bekannten Film so mancher Spannungsmoment nur noch schwerlich zünden. Zwar gelingt es Bava besser als bei seinen zuvor gedrehten Gialli, diese aufzubauen, doch die für manche wohl etwas zu schwerfällige Handlung scheint diese etwas zu sehr zu erdrücken.

Viel mehr konzentriert man sich dann auf die leidende Gloria und ihre ebenfalls sehr mitgenommenen Freunde und bewegt sich dann in sehr konventionellen Bahnen, wenn der geheimnisvolle Mörder wieder auftaucht. Wenigstens das Ablichten seiner Opfer vor Fotos der Bedrohten (mit ein wenig Fantasie könnte man hier meinen, daß hierfür der britische Thriller Peeping Tom Pate gestanden hat) bringt hier noch etwas Innovation in die ansonsten doch sehr muffige Geschichte. Es ist nett gemacht, wie Bava hier auch noch die Probleme von Gloria und Co. aufzeigt, doch dem reinen Thrilleraspekt nimmt es doch ein wenig den Pepp. Da hätte man lieber die etwas schrägen Ideen der erste Hälfte weiter verfolgen können. So ist dann vor allem die Szene im leeren Kaufhaus sehr mau ausgefallen und mag irgendwie nicht so richtig passen. Doch man mag sich hier nicht weiter aufregen. Dafür lastet Bava schon viel zu sehr der Ruf eines eher mittelmäßigen Regisseurs an, der niemals an die Klasse seines Vaters herankam. Dies etwas zu veralgemeinert, trotzdem hat er wirklich viel Durchschnitt in der Filmographie stehen. Mit Das unheimliche Auge gelang ihm aber trotzdem ein sehr stimmiger Film, der durch seinen Style und einer doch recht netten Geschichte überzeugen kann.

Diese bietet - ganz giallotypisch - noch eine gehörige Überraschung, die zwar sehr konstruiert wirkt aber dafür in ihrer Wucht wieder ungemein klasse und sympathisch rüberkommt. Da nimmt der Film nochmal etwas an Fahrt auf und kann durch einige weitere schöne Einstellungen im Finale überzeugen. Hinzu kommt, daß hier auch der Soundtrack wirklich gelungen ist, stammt dieser doch von Simon Boswell, dessen bekannteste und beste Arbeit wohl der Soundtrack zu M.A.R.K. 13 - Hardware darstellt. Handwerklich ist der Film mehr als ordentlich und lebt vor allem durch seine glatte 80er Jahre-Präsentation und hätte sogar mit etwas mehr Finesse was Spannungs- und Handlungsaufbau angeht, sogar ein sehr guter Spätgiallo werden können. Unterhaltsam ist Das unheimliche Auge aber allemal, schafft er es doch trotz der geleckten Bilder auch einen gehörigen Sleazefaktor mitzuliefern. Da verzeiht man ihm sogar seine teils etwas träge und vor allem zu konventionelle Art.
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Donnerstag, 15. Oktober 2009

Demonia

Man schreibt das Jahr 1486 auf Sizilien, in dem einige Nonnen einem wütenden Lynchmob zum Opfer fallen und in der Gruft ihres Klosters für ihr gar nicht so frommes Leben bestraft werden, indem sie an einige schon parat stehenden Kreuzen (wohl für den Fall der Fälle, immerhin war so eine Lynchaktion im frühen Mittelalter eben eine spontane Sache) genagelt und dort einfach sich selbst überlassen werden. Viele hunderte Jahre später, genauer gesagt im Jahre 1990, plumpst die Archäologiestudentin Lisa während einer Seance vom Stuhl, nachdem sie von schrecklichen Bildern von Nonnen heimgesucht wird. Wie es der Drehbuchautor das Schicksal so will, verschlägt es sie mit ihrem Professor zu Ausgrabungen nach Sizilien. Die Bewohner des Dorfes in der Nähe der Ausgrabungsstätte geben sich den Fremden sehr reserviert und einzig und allein ein alter Kollege des Professors erweist sich dem Team gegenüber als gastfreundlich. Während sich der Rest um die Arbeit kümmert, entdeckt die von ihren Visionen immer noch zutiefst beeindruckte Lisa die Leichen der Nonnen. Die in ihrer Totenruhe gestörten rächen sich fortan als mordlüsterne Geister an Leuten aus dem Team und an Dorfbewohnern, was Lisas Professor zu einem Hauptverdächtigen bei den Ermittlungen der Polizei werden läßt.

"Früher nannten sie meine Kunst Scheiße, heute nennen sie meine Scheiße Kunst!" Ein hartes, verbittert klingendes Urteil eines Mannes, der heute noch, gut dreizehn Jahre nach seinem Tod von einem großen Teil der Horror- und Splatterfanschar verehrt wird für seine blutigen Filmeskapaden. Lucio Fulci, ein Tausendsassa und bekanntester Vertreter des italienischen Genrefilm dessen bekanntesten Werke für besorgte Stirnfurchen bei hiesigen Jugendschützern sorgte. Er hängte Zombies an das Glockenseil, trieb sich in einer Geisterstadt der Zombies herum oder trieb einen irren Mörder mit Donald Duck-Stimme durch New York. Sie sind berühmt-berüchtigt und selbst heute diskutiert man in diversen Foren immer noch angeregt über das Oeuvre des Mannes, der leider vom Fandom zu sehr auf seine ultrabrutalen "Schmodderwerke" aus der ersten Hälfte der 80er reduziert wird. Klar, diese Filme sind mittlerweile zu Kultobjekten aufgestiegen und zählen in seiner Horrorfilmkarriere auch zu seinen besten Werken, doch auch schon früher hat der 1927 in Rom geborene Fulci einige interessante Werke zu bieten. Angefangen im Komödienfach als Autor und später auch Regisseur in Zusammenarbeit mit dem Komiker Toto, zog es ihn zu fast jedem Genre hin.

Bemerkenswert sind da zum Beispiel seine Gialli, von denen er insgesamt fünf Stück inszenierte. Angefangen 1969 mit Nackt über Leichen folgten noch Lizard in a Woman's Skin (1971), Don't Torture A Duckling (1972) und The Psychic (1977). Mitte der 80er schob er zudem auch noch den sehr vom 80er Jahre-Hochglanz geprägten Murder Rock nach, als die eigene Gialli-Welle schon längst wieder abgeebbt war. Diese sind geprägt von inszenatorischen Experimenten, auf die Spitze getriebenen Style und damals im Falle von Don't Torture A Duckling auch sehr kontrovers aufgenommener Thematik. Fulci eckte eben schon immer mit seinen Ansichten an und liebte es wohl auch, zu provozieren. Ungewöhnlich für das vom Katholizismus geprägte Land ist vor allem seine sehr negative Auffassung was die Kirche angeht, was auch in seinem wohl besten und persönlichsten Film Die Nackt und der Kardinal von 1969, in der er die Institution als habgierig, gewalttätig und kaltschnäuzig zeichnet. Anspielungen und Spitzfindigkeiten gegen die Kirche finden sich auch in einigen anderen Werke wieder, wie zum Beispiel auch der Selbstmord des örtlichen Pfarrers in seinem Ein Zombie hing am Glockenseil. Doch gezeichnet von seiner Diabetes ließ der alternde Fulci nach. Er versuchte sich noch in einigen anderen Genres wie dem Barbarenfilm mit Conquest (1983) oder dem Endzeit-Film mit Schlacht der Centurions (1984) die noch als sehenswert durchgehen, doch dann verließen ihn die Kräfte, um nochmals einen richtig guten Film fertigzustellen.

Die Qualität der Filme ging stetig bergab (wobei scharfe Zungen und Kritiker des Mannes nun behaupten würden, daß es damit auch nie bergauf ging) und als absoluter Tiefpunkt gilt ausgerechnet sein als Geschenk an die Splattercommunity gedachter Nightmare Concert, dem jegliche ironischen Ansätze - Fulci spielt darin einen Horror-Regisseur der Aufgrund der vielen Gewaltfilme langsam den Verstand zu verlieren scheint - durch seine konfuse Inszenierung und den Umstand, daß viele Szenen aus anderen von Fulci oder Kollegen inszenierten Filmen in das Werk eingefügt wurden. Ausgerechnet der für das italienische Fernsehen (und von diesem als zu brutal letztendlich abgelehnten) Die Uhr der Grauens (1989) versprüht nochmal ein wenig das oldschoolige Fulci-Feeling. Wenigstens eröffnete ihm der schon angesprochene Nightmare Concert die Möglichkeit, nochmal einige - deutlich kleinere - Horrorfilme zu inszenieren. Direkt nach diesem enstand Demonia, welcher zwar nicht ganz so grausam ausfällt, allerdings auch eher einen bitteren Nachgeschmack beim Zuschauer hinterläßt. Fulci schwächelte in seiner stark angeschlagenen Gesundheit und so fehlt an allen Ecken und Enden die Konzentration auf wesentliche Stärken eines guten Horrorfilms.

Richtig interessant wird es nur zum Beginn, wenn der Lynchmob die Nonnen in die Gruft des Klosters zerrt und diese da an die Kreuze nagelt. Weiß man um die Hintergründe, wie sehr Fulci die Kirche verabscheute, bekommt diese an und für sich auch schon recht plumpe Szenerie auf einmal eine interessante Doppeldeutigkeit, die sich am besten in der Endszene dieses Prologs zeigt, wenn Fulci die leidenden Nonnen am Kreuz zeigt. Wenn da Nägel durch Brustbein und Hände getrieben werden, ist dies wohl auch gleichzeitig seine brutalste und gewaltsamste Abrechnung mit dem Klerus. Das man damit auch sehr gut die von geifernden Splatterfans gewünschte Effekthascherei inszeniert hat, ist ein guter und auch beabsichtigter Nebeneffekt. Demonia ist vor allem das schnelle Cash-In, ein hurtig entwickelter und abgedrehter Film, der mit dem seligen und auch recht gealterten Bernd Schuster-Lookalike Al Cliver einen bei Fans zum Kultdarsteller avancierten, alten Wegbegleiter Fulcis bietet. Demonia ist übrigens auch, dies sei noch kurz bemerkt, dessen bisher letzter Eintrag in der Filmographie. Die alten Film- und Studiostrukturen lagen in Italien in ihren letzten Zügen, was man etlichen in den ausgehenden 80er Jahren entstandenen, kleineren Genreproduktionen anmerkt.

Eine anständige und ansprechende Atmosphäre können diese nicht wirklich vermitteln und so "glänzt" auch Demonia durch einen kalten, unfreundlichen Look der keinerlei Stimmung aufkommen läßt. Viel schlimmer noch: der Spaß und die Freude am Film kommen auch zu kurz, was nach den Credits viel Zeit zum Kopfschütteln bedeutet. Es ist vor allem für Freunde Fulcis ein trauriges Schauspiel, was sich hier bietet. Der von ihm in Zusammenarbeit mit Piero Regnoli geschriebene Film ist völlig unmotiviert umgesetzt worden. Egal ob dies nun das Drehbuch oder das fertige Endprodukt angeht. Ohne größere Erklärungen und Zusammenhang werden hier verschiedene mysteriöse Begebenheiten, gefolgt von blutrünstigen Morden geboten die durch eine dünne Geschichte rund um die von Visionen geplagte Lisa zusammengehalten werden. Dargestellt wird sie von Meg Register, einer Amerikanerin, die es zu keiner Zeit schafft, daß der Zuschauer auch irgendwann im Verlaufe des Films so etwas wie Sympathie zu ihr aufbauen kann. Inbrünstig schaut sie abwechselnd schockiert, gequält und nachdenklich in die Kamera, was allerdings auch schnell für den Mann oder die Frau vorm TVzu einer Qual werden kann. Schauspielerisches Talent kann man nicht ausmachen und so verwundert es nicht, daß die blonde Dame mittlerweile nichts mehr mit dem Medium Film am Hut hat und heute als religiöse und spirituelle Beraterin arbeitet. Man könnte denken, an ihrem Unvermögen vor der Kamera schien schlechtes Karma Schuld zu sein. An ihrer Seite mimt Brett Halsey einen typisch skeptischen Wissenschaftler, der mit strengem Blick seine Studentin anmahnt, sich auf die Arbeit und nicht diesen spirituellen Quatsch wie den Seancen zu konzentrieren. Halsey pendelte übrigens seit Beginn seiner Karriere regelmäßig zwischen dem Heimatland USA und Italien, tauchte er doch in so einigen US-Serien als auch in Italowestern auf. So sahen ihn seine Landsmänner im Seriendauerbrenner General Hospital und so ziemlich jeder angesagten Serie ihrer Zeit, während er in Italien Filme wie Heute ich... morgen Du!, Ein Silberdollar für den Toten oder Drei Halunken und ein Halleluja drehte. Mit Fulci arbeitete er schon in dessen Werken Dämon in Seide und When Alice Broke The Mirror zusammen und war zudem zwölf Jahre lang mit der deutschen Sängerin und Schauspielerin Heidi Brühl verheiratet.

Recht amüsant hingegen ist Lino Salemme, dessen Nachname rein phonetisch fast nach Salami klingt und der deswegen auch den Metzger mimen darf. Somit gibt er einen harten Kerl, der sich wohl zudem wie der Bürgermeister der kleinen Ortschaft fühlt und auch mal bei Lisa kurz in der Gruft vorbeischaut, ihr klar macht das man sie nicht gerne hier sieht und dann wieder geht... wohl um weiterhin sich in seine Metzgerei zu stellen und kryptische Worte zu den restlichen Dorfbewohner zu murmeln und mit hartem Hieb so manches Steak bereitet. Wer dankt es ihm? Keiner. Stattdessen wird er von der mörderischen Rachenonne sogar mit seiner Zunge im Kühlhaus auf den Tisch genagelt und dann schön schockgefrostet. Diese taucht sowieso auf wie es ihr (oder wahlweise den Autoren) beliebt und bringt einige Leute um die Ecke. Hier sieht man sehr schön, wie der Italiener an und für sich mit Logik und Zusammenhängen im Horrorfilm auf Kriegsfuß steht. Man dachte sich halt "Anything goes" doch leider muss man frei nach dem designierten Outdoor-Minister Guido Westerwelle mit einem nüchternen "No, it goes not!" antworten. Sehrwohl funktioniert das Motto in anderen Genres, doch beim Horrorfilm versagt man da schon öfters. Nur wenige Leute bekommen hier die Kurve und gerade bei Fulci sieht es in seinen etwas unblutigeren Filmen desolat aus. Wie schon bei seinem Manhattan Baby, eines der besten Beispiele wie unsäglich kryptisch und überfrachtet ein italienischer Horrorfilm sein kann, passieren hier ohne jegliche Hintergründe und Erklärungen allerlei mysteriöse Sachen.

Dabei zitiert sich Fulci in einer Szene selbst und bietet nach dem angesprochenen Manhattan Baby gleich nochmal eine sehr sinnfreie und brutal umgesetzte Tierattacke. Was im auch als Amulett des Bösen bekannten Film von 1982 die berüchtigte Vogelattacke-Szene am Schluß ist, sind hier die Katzen der alten Frau, die Lisa die ganze Story über die toten Nonnen erzählt. Diese ist übrigens in einigen schwülstigen Rückblenden erzählt, in denen Fulci nochmal zeigt, wie schmutzig Nonnen doch sein können (wobei das einige seiner Kollegen nach dem Erfolg von Ken Russells Die Teufel in so manchen Nunploitationfilmen noch besser hinbekamen). Was folgt, ist eine schier unglaubliche Szene in der die zuerst die als ihre Freunde titulierten Samtpfötchen ganz böse in die Kamera schauen (Whiskas-Entzug?), sie anfauchen und prompt als Biester beschimpft werden. Es folgt der Angriff der Katzen was darin gipfelt, daß die alte Dame nicht einfach so mal kurz ein wenig gekratzt wird, sondern von einem der Tiere den gesamten Augapfel (!) ausgekratzt bekommt. Da durften die Effektemacher zwar nicht wirklich überzeugend, aber dafür so richtig richtig schmoddern, was das Schmodderliebhaberherz zum Überlaufen bringt. Gerade diese herrlich überzogenen Blutszenen sind einige der wenigen Stärken Demonias, der durch die fiese Zweiteilung eines armen Schluckers auch eine in "Gorehoundkreisen" recht bekannte Szene bietet.

Dies und der Umstand, daß sogar (der sichtlich gealterte) Regisseur Fulci selbst vom Regiestuhl abstieg und vor der Kamera als ermittelnder Kommissar agierte, hilft aber nicht, dieses Werk irgendwie aufzuwerten. Demonia ist einer dieser Filme den man sich trotz seiner Unzulänglichkeiten alle Jubeljahre in einem Anfall an Masochismus in den Player schiebt um sich an seinen Schwächen zu ergötzen. Trash im negativsten Sinne, der im Verlaufe der Handlung immer mehr unlogischen Mumpitz bietet. Wenn am Ende die auf einmal sehr nach Lisa aussehende Killernonne mit gelbem Schleim vor und in der Schnauze richtung Kloster stapft, so hat der wohlgesonnenste aber auch nervenschwache Cineast von Nebenan schon mindestens Schaum vorm Mund und sucht krampfhaft nach dem Stop-Knopf auf der Fernbedienung. So etwas wie Schockmomente gibt es nicht und die gewollten entpuppen sich als lahmer Standardfurz des abgesessenen Horrorarsches und der Horror stellt sich in folge dessen auch erst gar nicht ein. Da muss man immer wieder darauf rumreiten, wie unzusammenhängend die Geschichte Demonias ist, wird es einem doch fast zu jeder Minute bewusst. Er stellt ein Ärgernis dar und quält zudem auch durch einen auf einer billigsten Casio-Kopie aus dem hiesigen Aldi eingespielten Soundtrack, der - weswegen auch immer - sogar auf CD veröffentlicht wurde. Guter Wille war mit Sicherheit bei Fulci vorhanden, doch gute Momente und Ansätze sucht man hier vergebens. So bleibt der Film vor allem ein den Fulci-Freund traurig stimmender Schandfleck auf der Filmographie des Italieners und die Bestätigung das der späte Fulci nicht für gute Unterhaltung bürgt. Eher für unterirdischen Trash.
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Montag, 12. Oktober 2009

Byleth - Der Dämon mit den blutigen Fingern

Nach gut einem Jahr kehrt Barbara zurück in ihr Elternhaus, in dem schon sehnsüchtig ihr Bruder Lionello auf sie wartet. Die beiden Geschwister verbindet etwas besonders und die Liebe zu einander ist nicht nur rein platonischer Natur. Doch die Rückkehr seiner Schwester stellt Lionello vor eine harte Probe, ist sie doch mittlerweile seit einiger Zeit mit dem galanten Giordano verheiratet und weißt seine Zuneigung zurück. Zutiefst von ihr gekränkt, begegnet er auch dem Schwager von nun an sehr reserviert. Als wäre dies noch nicht genug für das ohnehin sehr sensible Nervenkostüm Lionellos, wird ein Dienstmädchen in ihrem Zimmer ermordet. Der Richter des nahegelegenen Ortes stellt bei seinen Ermittlungen fest, daß Parallelen zu einem Mord an einer Prostituierten bestehen, was die Ausführung der Tat und die Mordwaffe angeht. Zur Ablenkung Lionellos lädt Giordano seine Cousine ein um sie mit ihm zu verkuppeln und gibt diesem auch noch zu Ehren ein Fest, bei dem Barbara per Zufall die Theorie des örtlichen Geistlichen zum Mord mitbekommt. Er geht davon aus, daß Byleth, ein alter Dämon, für die Morde verantwortlich ist. Dadurch wird sie an einen alten Vorfall aus Kindertagen erinnert, bei dem sie ihren Bruder mit Schaum vor dem Mund auf dem Boden liegend vorfand und eben diesen sonderbaren Namen vor sich hinmurmelte. Seine Schwester stellt sich dadurch nun die Frage, ob Lionellos seltsames Verhalten wirklich nur durch die Umstände des Mordes herrühren, oder ob er von dem Dämonen besessen ist.

Seltsam ist dabei auch ein treffendes Wort um den ersten Eindruck zu Byleth zu beschreiben. Nicht uninteressant, allerdings auch nicht wirklich packend oder spannend spinnt hier Regisseur Leopoldo Savona eine Geschichte zwischen mit allerlei Nuditäten versehenem Inzestdrama und seichtem Okkulthorror. Dabei geht Savona sogar so weit und läßt den Film mit einer Szene beginnen, die auch aus einem waschechten Giallo hätte stammen können. Dabei hätte sich der eher mit Italowestern vertraute Regisseur etwas mehr für eine Stilrichtung entscheiden sollen, ist die in Byleth vorherrschende Mischung der Genreversatzstücke nicht gerade ausgewogen. Es ist ein behäbig erzählter Film, der nicht wirklich in die Pötte kommen mag. Die Geschichte versickert in einer trüben Grube voller Langeweile, da die verschiedenen Elemente der Genre nur Ansatzweise vorhanden sind, sich allerdings nicht ein einem Genre vertieft. Um auch dem damaligen, voyeuristischen Bahnhofskinopublikum gerecht zu werden, bleibt Savona mit seinem Stoff vor allem auf der erotischen Ebene hängen.

Der Regisseur, 1922 in Lenola geboren, begann seine Karriere Ende der 40er Jahre mit einer Rolle in der US-Serie Studio One, wechselte allerdings bald hinter die Kamera und trat nur noch gelegentlich vor diese. Er hatte schon einige Jobs wie Choreograph, Produktionsmanager oder auch schon Drehbuchautor inne, als er damit begann, Regieassistent zu werden. Hier waren schon längst die 50er Jahre und die Zeit des Neorealismus angebrochen, so daß Savona an Werken wie Die freudlose Straße, Frauen und Wölfe oder Liebe, Frauen und Soldaten mitwirkte. Der bekannteste Film in seiner Zeit als Regieassistent dürfte dabei der 1961 entstandene Accatone - Wer nie sein Brot mit Tränen aß von Pier Paolo Pasolini sein. Kurz darauf wechselte er selbst auf den Regiestuhl und bewegte sich fortan eher in seichteren Gewässern. Die Hochphase seines Schaffens ist dabei mit der des Italowesterns verbunden, machen diese doch die meisten Einträge in seiner Filmographie aus. Hier war er unter anderem für solche Werke wie Spiel dein Spiel und töte, Joe, El Rocho - der Töter oder Pizza, Pater und Pistolen verantwortlich. In letzterem arbeitete er auch schon mit dem Hauptdarsteller seines Byleth zusammen: Mark Damon. Der Amerikaner hüpfte auch von Genre zu Genre und zählt zu seinen bekanntesten Filmen den Giallo Sieben Jungfrauen für den Teufel, den Italowestern Ringo mit den goldenen Pistolen und der in seinem Heimatland entstandenen Poe-Verfilmung Die Verfluchten von Roger Corman.

Der charismatische und wohl auch bei der Frauenwelt sehr gern gesehene Amerikaner ist es dann auch, der Byleth über weite Strecken der Laufzeit trägt. Nicht nur, daß er seine Filmpartnerin Claudia Gravy überaus gekonnt anschmachtet, auch sein nicht ganz stramm sitzenden Schräubchen in der Oberstube bekommt er zwar mit etwas Overacting, aber dennoch recht gut hin. Doch Damon allein schafft es auch nicht, gegen die ständig vorherrschende Belanglosigkeit anzukämpfen. Byleth ist von vorne bis hinten unspektakulär, bietet dafür aber eine unheimlich dichte Atmosphäre die auch schon durch die gesamten Settings sehr stark an die Hochzeiten des Gothic Horrors erinnert. Zusammen mit dem sich wunderbar in den Hintergrund einfügenden, leicht folkloresken Soundtrack von Vasil Kojukaroff, der leider seine einzigster ist, schwimmt der Film schon nahezu in einer wunderbar entrückten Stimmung. Gerade in Szenen mit Damon und Gravy, die sich mit der verbotenen Liebe zwischen den Geschwistern beschäftigen, wirkt dies sogar angenehm schwülstig. Es scheint, als wäre die Geschichte für Savona Nebensache und er wolle nur mal einige schön ausgeleuchtete Szenen verbunden mit eben dieser dichten Atmosphäre schaffen.

Doch während andere Kollegen damit sogar die dünne Story ihrer Filme vollkommen vergessen lassen und trotzdem lobende Worte für ihre Werke bekommen, reicht dies für Savona nicht ganz. Schöne Bilder und eine tolle Stimmung sind eben nicht alles und wenn man die ganze Spannung lieber vor der Tür läßt, als sie doch mal kurz rein zu bitten, so rächt sich dies. Zwar ohne irgendwelche Längen auskommend, stimmt die Erzählrhythmik von Byleth nicht wirklich. Für einen Giallo bietet er außer der Eingangssequenz viel zu wenig an typischer Thriller- bzw. Krimistory. Auch der Horror ist eigentlich nur mal kurz auf einen Sprung da, wird doch auch der Bezug zu titelgebenden Dämon sehr spät hergestellt. Bleibt die Erotik, welche wohl auch den damaligen deutschen Verleih dazu bewog, den Film unter dem Titel Trio der Lust in die bundesdeutschen Lichtspielhäuser zu bringen. Wobei: selbst wenn die stilvoll eingefangenen, nackten Frauenleiber überwiegen, so richtig passend ist dieser Name auch nicht wirklich. Die suggerierte Menage a troi kommt so nicht wirklich vor und die Lust mag sich ebenfalls nicht einstellen. Auch wenn bei weitem nicht so schlimm wie die räudigsten (S)Exploitationfilme, bleibt es hier eher schundig trotz gewissem (Pseudo-)Niveau.

Es fehlt einfach an Pepp und Schwung und einigen Spannungselementen. Auch einige Wendungen innerhalb der Geschichte hätten Byleth bestimmt gut getan, verläuft diese doch ohne wirkliche große Überraschungen und so benötigt man relativ wenig Hirnschmalz um auf die Auflösung zu kommen, die dann auch recht abrupt eintritt und urplötzlich ist der Film dann auch schon zu Ende. Das kommt dann ein wenig zu ruppig, stört dann allerdings auch nicht weiter. So bleibt man ein wenig Zwiegespalten was den Gesamteindruck angeht, zurück. Eigentlich ist der Film nicht mehr als guter Durchschnitt, kann allerdings durch seine detaillierte Ausstattung und seiner schönen Atmosphäre und dem sehr hörenswerten Soundtrack gefallen. Byleth scheint sich am ehesten für einen langweiligen, gemächlichen Sonntag Nachmittag zu eignen, besitzt dieser doch ebenso diese beiden Eigenschaften.
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