Wer Antonio Margheriti einfach nur einen soliden Handwerker nennt, der tut dem 2002 leider von uns gegangenem Regisseur auch ein wenig Unrecht. Der gebürtige Römer probierte sich in vielerlei Genres und war zudem dafür bekannt, das ganze Filminszenierungsspektakel auch recht flott über die Bühne zu bringen. Wie Fließbandarbeiten muten seine Filme dabei allerdings nicht an. Sicherlich ist nicht alles Gold was da in der Filmographie glänzt, doch über welchen Regisseur kann man schon behaupten, dass dieser nur Perlen vorzuweisen hat? Auch wenn Herr Gänseblümchen (so die wörtliche Übersetzung seines Nachnamens) sich in den 80er Jahren durch den am Anfang des Jahrzehnts entstandenen Die Jäger der Apokalypse (1980) mit weiteren Kriegsactionern einen Namen machte, so darf man im Falle Margheritis nicht vergessen, dass er in einem Genre ganz besonders glänzte: dem Horrorfilm. Dabei ist nicht einmal seine urbane Menschenfressergeschichte Asphalt-Kannibalen (1980), wohl einer seiner bekanntesten Schocker, gemeint. Auch wenn Margheriti vielleicht immer ein klein wenig im Schatten des großen Mario Bava stand, so hat er in den 60er Jahren manch meisterlichen Beitrag zur italienischen Gothic Horror-Welle geleistet. So gilt der 1964 enstandene La danza macabra nicht nur als sein bester Film, sondern auch als Klassiker des Genres.
So richtig wurde er die Einflüsse dieses Genres, in dem er noch recht zu Beginn seiner gut 40 Jahre andauernden Karriere wirkte, nicht wirklich los. Was für einige andere Filme ein glücklicher Umstand wurde. So lebt sein Giallo 7 Tote in den Augen der Katze (1973) von dem Umstand, dass hier typische Giallo-Kost mit gothischen Horrorelementen verbunden wird. Da die Gialli auch ein wenig von den deutschen Edgar Wallace-Filmen beeinflusst wurden und manche das Genre zwischen Thriller, Krimi und teils auch Horror schwankte, ist dies gar nicht mal so ungewöhnlich. Doch selbst in seinen Italowestern schimmern diese Gothic-Einflüsse durch. Nicht unbedingt im 1967 entstandenen Der Tod reitet mit, welcher eher den damals sehr trendigen Eurospy, durch den Erfolg von James Bond eben in Europa entstandene Agentenfilme, in die Zeit des wilden Westens verlegte. Viel eher machen diese sich in dem darauf folgenden Fünf blutige Stricke (1968) und vor allem in Satan der Rache bemerkbar. Bei den Spaghetti-Western war man Experimenten sowieso nie abgeneigt, doch bis auf Giunse Ringo e... fu tempo di massacro (1970), hat man es eigentlich nie wirklich versucht, Horror und Western sprichwörtlich unter einen Hut zu bekommen. Kommen dann aber Western zur Sprache, welche mit Elementen des (Gothic) Horrors arbeiten, so fallen meist die Titel Django und die Bande der Bluthunde (1969) sowie eben Satan der Rache.
Hier erlebt man Klaus Kinski sogar mal als Helden, während er ansonsten doch meistens immer auf der Seite der Bösewichter zu Hause war. Als Gary Hamilton saß er zehn Jahre lang unschuldig in Haft und verbrachte diese Zeit mit Steine kloppen in einem Steinbruch. Durch eine Amnestie des US-Präsidenten und wegen guter Führung wird er entlassen. Schnurstracks zieht es ihn in die Heimat, wo er noch eine Rechnung mit seinem alten Weggefährten Acombar offen hat. Dieser hat nämlich Schuld daran, dass er im Steinbruch versauern musste, als er nach einem Überfall auf einen Goldtransport Hamiltons Feldflasche am Tatort zurückließ um diesem so die Schuld in die Schuhe zu schieben. So konnte sich Acombar Garys Haus und dessen Verlobte Mary unter den Nagel reißen und ist nun ein reicher Mann, der mit seinen Mannen die nahegelegene Stadt und deren Bewohner mit seinen Mannen nach seinen Regeln kontrolliert. Als er die Rückkehr vom Sohnemann von der Offiziersschule feiert, überbringt dieser dem Herrn Papa einen Gruß von einem Mitreisenden, der seinen Besuch für den Abend ankündigte. Als der Name Hamiltons fällt versteinern die Mienen der Anwesenden. Acombar bespricht sich mit seinen Männern und beschließt, Hamilton aus dem Weg zu räumen. Dieser macht sich aber einen aufziehenden Tornado zu nutzen um im Schutze von diesem seine Rache zu üben.
Mit diesem Storydetail schafft es Margheriti, der auch am Buch mitgeschrieben hat, der durchweg an einen Gothic Horror-Streifen erinnernden Stimmung und Atmosphäre einen realistischen und gar nicht so unglaubwürdigen Hintergrund zu geben. Dieser begründet das gespenstische Pfeifen des Windes und die damit verbundenen aufspringenden Türen und Fenster, die man wegen dem fast durchweg düsteren Szenenbild so auch in manchem angenehm altmodischen Gruselschinken sieht. Satan der Rache glänzt in seinen stärksten Momenten mit einer nahezu gespenstischen Stimmung, die man zu Beginn des Films gar nicht erwartet. Hier zeigt man dem Zuschauer den eintönigen Alltag der Strafgefangenen eines Steinbruchs, bei der die Einführung Kinskis mit einem Hauruck-Effekt von statten geht. Mit Schwung erschlägt er eine Klapperschlange, die seine Mitgefangenen beim Abbau der Steine freigelegt haben vollkommen ohne Anzeichen von Furcht. Kinski legt hier einen eiskalten Blick auf, der die Marschrichtung der charakterlichen Entwicklung seiner Figur vorgibt. Der Kultmime mag hier vielleicht nicht alles geben und chargiert so auch nicht vollkommen enthemmt und hemmungslos, doch das leicht unterkühlte Spiel passt zu Hamilton. Die zehn Jahre Gefangenschaft, die er unschuldig vollbrachte, scheinen nicht spurlos an ihm vorübergegangen zu sein. Als er erfährt, dass er ein freier Mann ist, nimmt er dies teilnahms- und regungslos hin. Als wäre dies alles weit weg für ihn, steht er entrückt zwischen den Kameraden. Seine Gedanken scheinen hier wohl schon um Acombar zu kreisen.
Erst beim Szenenwechsel sehen wir einen anderen Hamilton der nun sehr zielgerichtet seine Reise in die alte Heimat aufnimmt. Wie viele andere Westernprotagonisten treibt ein einziger Gedanke ihn und seine Handlungen an. Rache. Ein Motiv, dass man von jedem noch so großen und selbst den ganz kleinen Western kennt. Hundert-, tausendfach benutzt und selbst 1969 war das nicht mehr ganz so frisch. Aber Margheritis Herangehensweise an und die Umsetzung des Stoffs schaffen es, Satan der Rache aus dem Durchschnitt zu hieven. Der kauzige Alte, bei dem sich Hamilton dann nach seiner Ankunft und dem zufälligen Treffen mit Acombars Sohn in der Postkutsche ein Pferd und eine Waffe besorgt, erwähnt in den vielen Worten, die er von sich gibt, einen aufkommenden Tornado. Zu dieser Zeit gleicht der Film vieler seiner Artverwandten. Die Landschaft ist steinig, rauh und die Sonne brütet vom Himmel, an dem weit und breit kein Wölkchen zu sehen ist. Gerade großartig ist es dabei zuzusehen, wie sich der Sturm ankündigt und er so auch nicht nur Dunkelheit über die Stadt bringt, sondern gleichzeitig auch ein Sinnbild für die bevorstehende Handlung wird. Margheriti läßt ihn wie einen Boten erscheinen, der von der Ankunft eines schwarzen Mannes erzählt. Durch einen sehr subtilen und untypischen Score, der auch eher an Horrorfilme erinnert, verstärkt man noch diesen Eindruck. Während erste kleine Anzeichen im Gruselfilm das große Schrecken wie einen Geist oder ein Monster ankündigen, so ist das "Gespenst" hier eben sehr real.
"Vogelschwärme, Dick. Sie fliehen vor dem Tornado. Sie spüren, dass sie krepieren müssen wenn der Tornado kommt." So erklärt Acombar seinem Sohn die seltsamen Geräusche die aufziehen, kurz nachdem dieser Hamiltons Grüße überbracht hat. Die Kombination des leisen Scores, der Vogelstimmen und den vorangegangen Reaktionen des Vaters und seiner Männer läßt Margheriti so erscheinen, wie man in Horrorfilmen die erste leise Andeutung des hereinbrechenden Unheils erscheinen läßt. Mit dem Tornado kommt der Tod. Eine schöne Doppeldeutigkeit, bringt dieser hier doch auch Gary Hamilton mit sich, der mit Acombar sicherlich kein Eis löffeln oder einen Whiskey bechern möchte. Was dann folgt, ist der Kampf eines Einzelnen gegen eine Übermacht an Kontrahenten. Margheriti läßt seinen Protagonisten nun wie ein Geist erscheinen. Ganz in schwarz gehüllt taucht er auf und verschwindet wieder urplötzlich, wird mit dem Dunkel, welches der Sturm mit sich bringt, eins und tritt aus den Schatten der Häuser oder kommt sogar aus der Erde bzw. einem unterirdischen Gang hervor. In dieser Szene könnte man Garys aus dem Boden kommende Hand auch für die kalten Griffel eines Untoten halten. Die Atmosphäre ist dabei zum Schneiden dick und Margheriti läßt Gothic Horror und Italowestern eins werden. So erscheint Acombars Haus durch seine Einrichtung auch eher wie eines der vielen düsteren, auslandend eingerichteten Schlösser aus den gothischen Horrorwerken. Die im Wohnzimmer mit Spiegelwände sorgen dann nicht nur für viele fotografische Kniffe sondern auch für eine weitere schlüssige Darstellung Hamiltons ohne dem Charakter dabei seine Geisterhaftigkeit zu rauben.
Ohnehin ist die Kameraarbeit hier auf einem großen Niveau, die viele tolle, verspielte Einstellungen bietet. Margheriti läßt die Atmosphäre greifbar werden und läßt alle Schauplätze unheimlich und düster erscheinen. Nach seiner Ankunft versteckt sich Hamilton in einer Höhle, wo man somit auch gekonnt mit Licht- und Schattenspielen arbeiten kann und die ebenfalls vom gothischen Schreckwerk bekannten Spinnweben bietet. Hier kann man Margheriti vorwerfen, dass er sich viel mehr in der gekonnten Darstellung der Symbiose zwischen Grusel und Western ergeht, als dass er die Geschichte vorantreibt. Gary schafft es natürlich mit viel List, die auf ihn gehetzten Männer seines Widersachers zu überwinden. Da er bis auf einen gebrechlichen Arzt und eine Saloonbesitzerin keine große Unterstützung hat, kann dies natürlich nicht in aller Schnelle geschehen. Doch während man so manche tolle fotografische Einfälle und atmosphärisch dichte Szenen präsentiert, tritt hier Satan der Rache doch etwas auf der Stelle. Man wünscht sich die Geschichte dann doch etwas variantenreicher. Es entsteht ein kleiner Durchhänger, der den an sich sehr guten Gesamteindruck des Films ein wenig schmälert. Da bemerkt man so richtig, dass hier ganz klar auf die Mischung der Genreelemente gesetzt wird und die Geschichte Beiwerk ist.
Neue Aspekte vermag man es in dieser nicht zu setzen. Das Altbekannte wird durch sein überaus schickes drumherum zu einem schicken etwas, das zu gefallen weiß. Erst gegen Ende fängt man sich wieder und setzt im Finale zu einer großen Tragödie an und kann somit versöhnen. Es wäre viel zu Schade gewesen, hätte man sich durch diese bildhafte Wucht die Satan der Rache mit sich bringt, auch hinter der Kamera umhauen lassen. Dem Rachefeldzug Hamiltons fehlt es an Spannung. Trotz schlüssiger Unterbringung der Gothic-Elemente ist die Zeichnung des Protagonisten als Unbesiegbarer etwas zu viel des Guten. Trotz der unterkühlten Darstellungsweise von Klaus Kinski. Neben diesem geben sich übrigens auch seine Kollegen keine Blöße und bieten solide bis gute Leistungen. Neben Kinski glänzt vor allem Peter Carsten als Acombar, der trotz großer Zahl an Männer, die er auf seinen alten Kumpel hetzt, immer verzweifelter im Kampf gegen diesen erscheint. Egal welches Mittel er anwendet, gegen Hamilton scheint kein Kraut gewachsen zu sein. Ein wie angesprochen für die Story etwas unglücklicher Umstand, der durch andere feine Mittel wieder ausgebügelt wird. Da dieser aber nicht so schwer wiegt, kann man Satan der Rache als einen rundum gelungenen, meisterlichen und sehr ungewöhnlichen Rache-Western ansehen der einen Blick lohnt. So eine Pracht sollte man nämlich nicht ignorieren.
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