Eine strahlende Zukunft. Eine Redenswendung, die man gerne liebgewonnenen und nahestehenden Menschen bei gewissen Jubiläen wünscht und man gerne auch Menschen verspricht, wenn es derzeit in gewissen Bereichen nicht gerade rosig aussieht. Strahlend und hell erleuchtet soll sie sein. Lichtdurchflutet, frei von jeglichen Sorgen, welche dunkle Wolken aufziehen lassen. Am besten so strahlend hell, dass es über ins weiße geht. Der Farbe der Unschuld. Zukunftsvisionen, entweder pessimitisch oder eben strahlend optimistisch, sind auch ein Hauptthema der Science Fiction. Hier allerdings wird eine Stilisierung auch gerne Gegenteilig eingesetzt. Man erinnert sich nur an die totalitäre Gesellschaft in George Lucas THX 1138 (1970) und die klinisch reinen Bilder des Films, ebenfalls sehr stark hell bzw. weiß gehalten. Strahlend ist die Zukunft hier sicherlich, allerdings nicht für die Protagonisten der Geschichte. Ein stilistisches Paradoxon wenn man mag, dass durch die erzählte Geschichte aufzeigt, dass unter dieser beinahe schon unantastbar rein und jungfräulich scheinenden Oberfläche nicht alles so glänzend schön ist.
Solch ähnliche Kniffe kann man auch in Oblivion feststellen. Der von Tom Cruise gespielte Jack Harper ist ein Techniker auf der nach einem Alienkrieg vollkommen zerstörten Erde. Auch wenn die Menschen diesen Krieg gegen die "Plünderer" genannten Außerirdischen gewonnen haben, haben sie einen hohen Preis dafür zahlen müssen. Nachdem durch die von den Aliens hervorgerufene Zerstörung des Mondes Umweltkatastrophen dazu führten, dass ein großer Teil der Menschheit leider zerstört wurde, schlug man mit Atomwaffen zurück. Die Erde ist durch die große Strahlung unbewohnbar geworden, man siedelte auf den Titan - größter Saturnmond mit erdähnlicher Atmosphäre um - lässt Harper und seine Partnerin Victoria allerdings auf der Erde als "Aufpasser" zurück. Man kümmert sich um riesige Türme, welche für die Überlebenden auf dem Titan die restlichen Ressourcen aus der Erde rettet und aufbereitet. Zudem müssen diese Türme gegen eben angesprochenen, vereinzelt zurückgebliebenen Plünderer verteidigen.
Man steht am Ende seiner Mission, als die Routine von Jack und Victoria durch einen Absturz einer Raumkapsel durchbrochen wird. Bei seinem Kontrollflug entdeckt Jack das diese bemannt ist und rettet Julia. Das prekäre an der Sache ist, dass diese eigentlich unbekannte Frau Jack Nachts in dessen Träumen erscheint. Es scheint, als stammen diese Bilder als auch diese Frau aus seiner Vergangenheit, an die er sich nicht erinnern kann, da seine Erinnerungen zur Sicherheit der Mission gelöscht wurden. Jack - weitaus neugieriger als seine sehr den Vorschriften folgenden Partnerin - möchte natürlich diesem Geheimnis auf den Grund gehen. Bis es zu diesem Punkt kommt, gibt sich Oblivion sehr unaufgeregt und beinahe schon meditativ. Das Script schildert recht detailliert die Routine und das einsame Leben von Victoria und Jack auf der verwüsteten Erde. Man eifert somit einem sehr entschleunigten Erzählfluß nach, den man aus Science Fiction-Klassikern á la 2001: Odyssee im Weltraum (1968) oder Lautlos im Weltraum (1972) vergleichen könnte.
Dabei bietet Joseph Kosinskis Film allerdings doch ein wenig mehr Action wie angesprochene Meisterwerke des Genres. Was die Tiefe angeht - was diese beiden Werke auf jeden Fall mit sich bringen - ist das so eine Sache. Ein Actionspektakel in den Untiefen des Universums ist er mit Sicherheit nicht. Sie spielt eine untergeordnete Rolle, bekommt allerdings auch so viel Platz, um das auf ordentlich Bums wartende Publikum zufrieden zu stellen. Wobei der nach trivialer Unterhaltung trachtende Masse diese sicher immer noch zu wenig ist. Es ist kein martialisches Testosteron-Kino sondern sucht sich seinen Weg in den Zukunftsvisionen, welche die ausgehenden 60er und weitestgehend die 70er mit sich brachten. Dabei versucht man sich gleichzeitig darin, die scheinenden und strahlenden Hochglanzbilder wie man sie aus den 80ern kannte, damit zu kombinieren. Es gelingt bedingt. Wobei man zugeben muss, dass Oblivion eine unheimlich fesselnde Fotographie mit sich bringt.
Die zerstörten Wahrzeichen der USA wie ein im Krater liegendes, zerstörtes Pentagon oder das in einer friedlichen Wiesenlandschaft stehende Washington Monument haben eine gewisse Kraft, gerade in der Kombination mit der gleitenden Kamera, die Jack bei seinem Flug über das ruhige Land zeigt. Kalt, aufgeräumt und mit sehr heller Farbgebung hinterlegt gestalten sich auch die Räumlichkeiten von Victoria und Jack. Es beeindruckt wie friedlich der Planet plötzlich nach diesem Krieg scheint, zeugt dadurch allerdings auch welch bitteres Los dazu führte. Warme Farben sind selten zu sehen, sind allerdings auch sehr stilsicher eingebracht. Ein Sonnenaufgang taucht die Bilder in Orange, eine abendliche Szene ist in Blau und Schwarz gehalten. Beinahe fühlt man sich hier an Gattaca (1997), der ähnlich kühle und imposante Bilder mit unterschiedlicher Farbgestaltung verbindet. An diesen imposanten Bildern scheitert dann aber auch etwas die Geschichte.
Kosinskis Vexierspiel verschiedener, angerissener Kritikpunkte gelingt es nicht, seine Elemente ansprechend zu entwirren und im einzelnen für sich stehen zu lassen. Man zitiert sicher verschiedene Science Fiction-Klassiker und bringt im Verlauf der Story es sogar fertig, Freunde post-apokalyptischer Filme der 80er zu befriedigen. Die Themenvielfalt erstickt den eigentlich sehr intelligent gehaltenen Unterbau der Story, will zu viel auf einmal und kommt leider nicht auf seinem Weg weiter voran, wie man es gerne möchte. Der Umgang des Menschen mit seiner Umwelt, gerade in Kombination mit der immer weiter fortschreitenden Globalisierung un die Auswirkung darauf ist eines, welches angerissen wird. Im Raum sichtlich schwebt, allerdings nicht wirklich greif- und fühlbar wird. Man konzentriert sich - dem Titel ganz gerecht - auf die Suche nach Jacks Erinnerung, seiner Vergangenheit und wie sie mit Julia zusammenhängt.
Die Geschichte gibt sich clever, wirkt allerdings an manchen Stellen leider doch etwas konstruiert und vorhersehbar. Der gewollte Mindfuck des Zuschauers stellt sich nicht so stark heraus, kann seinen gewünschten Überraschungsmoment nicht zur Gänze ausspielen. Es ist schade, dass man dann auf Nummer sicher geht in eben solchen Momenten, vielleicht nicht ganz so stark übertrieben erscheinen mag. Es scheint, als zweifele man an der eigenen Glaubhaftigkeit, dass dieses Konstrukt trotz aller Phantastik besitzt, eventuell auch von der Realität in manchen Bereichen (gewiss nicht allen) eingeholt werden kann. Oblivion spielt bis zu einem gewissen Punkt gut mit diesen "Nichts ist, wie es scheint"-Elementen, vermag es aber leider nicht, stärker in die Tiefe zu gehen. Es ist eine Schwäche, über die man aber hinweg sehen kann.
Auch wenn Tom Cruise sich bei weitem kein Bein ausreißt, seine Figur auch nur beschränkt greifbar ist: selten war er in der letzten Zeit so erträglich wie in diesem Film. Der Versuch, diesem glatten Strahlemann markige Punkte zu verleihen, in dem man ihm Schrammen im Gesicht verpasst, er einen stoppeligen Bart im weiteren Verlauf hat: die Entwicklung des Charakters stagniert im Verlauf der Geschichte. Leider wird es sogar etwas zu kitschig und pathetisch gegen Ende, was Oblivion an und für sich gar nicht nötig hat. Es fehlt an einigen Stellen an Logik und Schlüssigkeit, verschachtelt das Storykonstrukt unnötig obwohl es recht einfach zu durchschauen ist. Die intelligenten Ansätze, die seine Geschichte mit sich bringt, lässt ihn aber wirklich nicht uninteressant erscheinen. Das Nebeneinander der verschiedenen Arten, wie Oblivion bei seinem Publikum ankommen möchte, schafft es nicht, in ein wohliges Ganzes zu kommen.
Kosinski scheint sich durch den Look seines Films, den man ohne jeden Zweifel perfekt nennen kann, selbst zu sehr zu blenden. Man ergötzt sich an seinen Designs, dem zurückhaltenden, wunderbar passenden Soundtrack der französischen Band M83 und den beeindruckenden Landschaften. Schön glatt - ähnlich wie der Gesamteindruck von Oblivion - gibt sich übrigens Andrea Riseborough als Victoria, die eine schöne Performance abliefert. Sie fügt sich nahtlos in dieses wirklich faszinierende Gesamtkonstrukt des Films ein, dem man sofort das "Style over substance"-Siegel verleihen kann, der trotzdem - gerade weil es wohl eine Mainstream-Produktion ist - sich anders als die anderen Science Fiction-Spektakel gibt. Der Blick hinter seine so rein erscheinende Oberfläche, die - soviel lässt sich verraten - eben nicht so sauber ist, geht nur nicht so weit wie in ähnlich gelagerten Filmen. Die Kritik verpufft gerade dann, wenn sie fahrt aufgenommen hat. Was den Blick angeht: er ist kurzsichtig.
Sein Handwerk versteht Kosinski, auch wenn man ihm vorgeworfen hat, dass sein Tron: Legacy ein wenig zu seelenlos sei, bei all der überfrachtend schönen Optik. Hier hat er wahrlich auch dafür gesorgt, dass es dem Film an Unterbau bzw. Seele nicht mangelt. Es muss nur noch etwas spürbarer werden. Bei all der Pracht, die hier immer noch über den aufgreifenden Themen über Schein und Sein, Umweltbewusstsein im Laufe der globalisierten und zusammenwachsenden Menschheit und auch dem Verlust von Identität und seiner eigenen Persönlichkeit steht, bleibt es ein wirklich interessanter Blick auf eine Zukunft, die auch schon andere Science Fiction-Werke schilderten. Aber selten war das wirklich so schick wie hier geschehen. Man sollte ruhig also einen Blick riskieren, aber aufpassen, nicht zu sehr vom Design und seinem strahlend-perfekten Blick geblendet zu werden. Ein Film mit Tom Cruise der sich wirklich wieder lohnt, gab es ja auch nicht wirklich oft in der jüngeren Vergangenheit.
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