Der in Venedig lebende Bildhauer Franco erhält Besuch von seiner kleinen Tochter, welche eigentlich bei ihrer Mutter in London lebt. Allerdings ist die Freude über ihren Besuch nur von kurzer Dauer. Als sich Franco mit seiner Geliebten trifft und die Kleine bei spielenden Kindern auf der Straße läßt, verschwindet sie und wird einige Tage später tot im Wasser aufgefunden. Mit Schuldgefühlen und Wut belastet, macht sich Franco auf, der in seinen Augen viel zu langsam ermittelnden Polizei zuvorzukommen und sucht nach dem Mörder seiner Tochter. Bald erhält er von einem Freund einen Hinweis auf einen Kindsmord ein Jahr zuvor in Venedig, der viele Gemeinsamkeiten mit dem Tod seiner Tochter hat. Franco verfolgt diese Spur und stößt dabei in ein Wespennest...
Dabei wirbelt Ex-James Bond George Lazenby in der Tat soviel Staub auf, das dieser dem geneigten Zuschauer teilweise die Sicht auf die Story verdeckt. Allerdings ist die "Staubwolke" dann doch nicht so dicht, das man Lazenby auf seiner Mörderhatz durch das wunderschöne Venedig aus den Augen verliert. Typisch für das Genre versucht The Child mächtig verworren zu sein, was in einigen Momenten schon fast selbst den Tod für den Film bedeuten könnte. Doch Regisseur Lado bekommt stets den Spagat hin, den weiteren Verlauf der Handlung doch noch in geregelte, nachvollziehbare Bahnen zu lenken. Man könnte meinen, das die Drehbuchautoren es beinahe etwas zu gut mit den dunklen Verstrickungen der einzelnen Filmcharaktere gemeint haben. Und - was nicht immer typisch für italienische Genrefilme ist - es bleibt sogar bis zur Auflösung relativ logisch.
Doch selbst wenn Lado die Handlung aus der Hand geglitten wäre, man hätte ein Auge zugedrückt und es ihm verziehen. Viel zu sehr versteht er es, den Zuschauer mit seinem Werk in den Bann zu ziehen. Alleine schon die atmosphärisch dichte Eingangssequenz - ein erster kleiner Gänsehautmoment - ist wirklich brillant gefilmt und wird durch die eindringliche Filmmusik aus der Feder von Maestro Ennio Morricone abgerundet. Den Soundtrack kann man nämlich ruhig in die Kategorie Spitzenklasse einordnen, dessen beiden Hauptthemen schnell im Ohr hängen bleiben. Alleine schon der Kinderchor, der beim Auftauchen des Kindermörders erklingt, läßt so einige Gänsehautmomente entstehen.
Von diesen gibt es ohnehin so manche im in englischen als Who saw her die? bekannten Giallo. Lado hat seinem Werk eine unheimlich dichte Atmosphäre geschenkt, welche zum Teil auch durch die herrlichen Bilder von Venedig entsteht. Zusammen mit tollen Kameraeinstellungen und Schnitten ergeben sich gerade am Anfang des Filmes einige sehr spannende Szenen. Was dem ohnehin schon sehr guten Film dann aber ein wenig an Substanz raubt, ist einfach die Tatsache, das das Storygeflecht ab und an etwas zu spät gelockert wird. Zudem verfällt man in gewohntere, wenn auch dennoch sehr tollen, Giallogefilde ab. Natürlich hat man da dann auch einen Killer mit schwarzen Handschuhen und ungefähr jeder Charakter ist irgendwie ein undurchsichtiger Zeitgenosse. Dabei bietet The Child durchaus auch leicht tragische und dramatische Züge in seiner Anfangsphase, die Lado auch wunderbar einfangen kann. Die Mimen machen zu dem eine recht gute Sache, wobei Lanzenby zwar immer ein klein wenig blasser wie der Rest des Casts wirkt. Selbst in seiner anfänglichen Wut auf sich selbst nach dem Tode der Tochter sieht er ein wenig apathisch aus, fängt sich aber und bietet wohlwollende Leistungen vor der Kamera.
So ist und bleibt The Child ein im großen Wust der Gialli herausragender Film, den man ohne Mühen zu den Besten seiner Zunft zählen kann. Gerade durch seinen für sein Genre erfrischend andere Anfangsphase und einer stetig auf gleichem Level bleibenden Spannungskurve, die selbst das teils zu gut gemeinte Storygewirre auflockern kann ist er ein wirklich toller und sehr guter Film, den sich kein Freund italienischer Genrekost entgehen lassen sollte.