Früher selbst als erfolgreiches (Nackt-)Modell unterwegs, läßt Gloria nun als erfolgreiche Verlegerin allerlei Nackedeis stilvoll für ihr Magazin Pussycat ablichten, welches sie seit dem Ende ihrer Karriere, die sie nach dem tödlichen Unfall ihres Ehemanns an den Nagel hing, leitet. Zusammen mit ihrer Freundin Evelyn, ihrem Bruder Toni und dem Fotografen Roberto bildet sie das Kernteam des Magazins und kann dank hohen und profitablen Auflagen die Übernahmeangebote ihrer Entdeckerin Flora ablehnen. Dann wird allerdings ihr Fotomodell Kim am Abend nach einem Fotoshooting brutal mit einer Mistgabel erstochen, was von Glorias am Rollstuhl gefesselten und jungen Verehrer Mark beobachtet wird. Da er sie allerdings öfters mit Telefonanrufen belästigt schenkt sie so lange keinen Glauben, bis ihr anonym Fotos von der Toten - abgelichtet vor einem Foto aus Glorias Modelzeiten - zugeschickt werden. Die Polizei um Inspektor Corsi versucht fleißig den Mörder zu finden, doch dieser schlägt immer wieder nach der gleichen Masche zu und gibt allmählich zu verstehen, daß er es eigentlich auf Gloria selbst abgesehen hat.
Somit folgt man nun einem mit einigem 80er Jahre-Hochglanz versehenen und im Reichenmilieu angesiedelten späten Giallo des Mario Bava-Sohnes Lamberto Bava. Wenn Papa schon mit seinem The Girl Who Knew Too Much (1963) und vor allem dem wunderbaren Blutige Seide (1964) dieses überaus langlebige und noch mehr beliebte Genre begründet hat, so musste sich auch Lamberto auch ab und an an dieser sehr italienischen Form des Krimalfilms bzw. später Thrillers versuchen. Doch als Lamberto damit anfing, dem Giallo zu fröhnen, war dessen größte Zeit schon lange vorbei. Durch die angesprochenen, von seinem Vater inszenierten Filme ins Rollen gebracht, wurde die ganzen 60er über immer mehr Werke dieser Art zu produzieren um dann, zu Beginn der 70er bis weit in die Mitte des Jahrzehnts den italienischen und auch internationalen Markt damit zu überfluten. Viel Durchschnittsware war dabei zu finden, doch auch sehr viele wirklich gute oder sogar herausragende Werke solcher Regisseure wie Aldo Lado, Sergio Martino oder vor allem Dario Argento, der sehr schnell mit seinen Filmen in einer eigenen Liga spielte. Bis zum Anfang der 80er wurden dann nur noch hin und wieder Gialli produziert, wie zum Beispiel der Mix aus Tanzfilm- und Giallo Murder Rock von Lucio Fulci oder dem sehr feinen Aquarius - Theater des Todes von Regietalent Michele Soavi. Drei Stück kann Bavas Junior auf seinem Konto verbuchen: dem recht netten A Blade in the Dark (Review) folgte der sehr durchschnittliche Midnight Ripper (Review). Mit seinem letzten Giallo Das unheimliche Auge legte er auch gleichzeitig noch seinen besten Giallo vor.
Dabei kann er vor allem auf ein sehr gefälliges Drehbuch von Gianfranco Clerici und Daniele Stroppa zurückgreifen, welche die Story eines weiteren Gialloveteranen umsetzten. Für diese zeigt sich Luciano Martino, Bruder und Produzent der meisten Filme von Sergio Martino, verantwortlich der auch für dessen Gialli schon öfters die Story ersonnen hat. Zwar hatte Luciano hier vielleicht nicht seinen besten Tag, kann allerdings trotzdem mit einer schönen und vor allem einigermaßen interessanten Geschichte punkten. Wobei man ja schon durch den vorherrschenden Look des Jahrzehnts einige kleine Pluspunkte verbuchen kann. Zwar ist er nicht ganz so stilisiert wie Fulcis Murder Rock, aber trotzdem wird hier mehr als nur einmal der typische Hochglanz der 80er Jahre zelebriert. Der Style ist bei einem Giallo eben nicht ganz unwichtig und stellt sich in manchen Fällen sogar noch vor die Geschichte selbst. Was man mit einem extravaganten Stil alles erschaffen kann, hat Bava oft genug auch schon als Regieassistent bei seinem Vater sehen können. Nun kommt Lamberto zwar nicht wie dieser aus dem Kamerafach, hat dafür aber einen sehr fähigen Mann gefunden, einige schön stylische Einstellungen umzusetzen. Gianlorenzo Battaglia zeigt hier sein können als Kameramann und fängt die gelungene Kombination aus 80er Look in Verbindung mit dem in der Welt der Reichen und Schönen angesiedelten Film in teilweise ebenso schönen Bildern ein. Dabei weiß man auch nie so genau, was man denn bitteschön am tollsten finden soll. Die teils unglaublich protzigen Sets, die typische Kleidung der damaligen Zeit, die noch viel unglaublicheren Frisuren oder aber: die Frauen.
Ein weiterer Kniff des Schreiberteams, um so wohl auch von der in der zweiten Hälfte etwas den Atem ausgehenden Story abzulenken. Das präsentierte Umfeld gibt Bava und seinen Kollegen ja häufig die Gelegenheit, allerlei hübsch anzuschauendes und vor allem nacktes Weibsvolk ansprechend zu präsentieren. Allen voran dabei Hauptdarstellerin Serena Grandi, wohl eines der italienischen Sexsymbole der 80er und 90er Jahre, die desöfteren blank ziehen und ihre üppigen Proportionen in die Kamera halten darf. Bekannt wurde sie durch Horrorfilme und vor allem sehr freizügigen und frivolen Komödien in denen sie auch desöfteren für die männliche Zuschauerschar ihre Reize zeigen musste. Da freut sich dann auch sichtlich Kultdarsteller George Eastman, dessen Rolle irgendwie unnötig erscheint man es aber den Autoren nicht weiter krumm nimmt, sieht man den Hünen doch sowieso recht gerne. Mit einem verschmitzten Grinsen taucht er als Schauspieler Alex, einem Ex-Freund von Gloria, in einem Fellkostüm auf (welches wohl indirekt für seinen im gleichen Jahr entstandenen Barbarenklopper Die Barbaren Werbung macht) und darf dann hin und wieder mal an den üppigen Rundungen der Frau Grandi naschen.
Zumal ist es ohnehin erstaunlich, was Bava hier an weiblichen Darstellern aufbringt. Da wären noch Argento-Gespielin Daria Nicolodi die als Evelyn recht zugeknöpft bleibt, genauso wie das ehemalige Model Capucine, das schon in solch großen Filmen wie Blake Edwards' Der rosarote Panther oder Satyricon von Federico Fellini auftauchte. Zudem darf auch mal Europopsternchen Sabrina Salerno, am besten für ihren Hit "Boys" bekannt, vor die Kamera treten und - wer hätte das gedacht - blank ziehen. Dem gegenüber stehen mit Lino Salemme und David Brandon ebenso bekannte männliche Darsteller vor der Kamera. Ein illustres Aufgebot also, das von Bava recht launig durch die mondänen Sets bewegt wird und für manche Freunde der eher dynamischeren Erzählstruktur etwas zu geschwätzig in den Szenen bleiben. Man nimmt sich Zeit, wohl auch um eben diese feinen Requisiten und Schauplätze ins rechte Licht zu rücken. Doch schafft man es durch fröhliches Stiebitzen einiger Versatzstücke Das unheimliche Auge auch einige Spannungselemente zu schenken. Bestes Beispiel ist hier die Figur des Mark, der durch an dem Rollstuhl gefesselt eine Obsession für seine hübsche Nachbarin Gloria entwickelt und diese am liebsten durch sein Fernrohr beobachtet. Dadurch sieht er auch den ersten Mord und wenn er dann telefonisch Gloria davon in Kenntniss setzt, sie ihm aber erst keinen Glauben schenkt - ZACK! - schon hat man ein wenig von Hitchcocks Das Fenster zum Hof geklaut.
Man hat aber glücklicherweise nicht komplett auf diese meisterliche Vorlage gesetzt, sondern baut eine recht eigenständige Geschichte auf, die bei den Mordszenen allerdings recht argentoesk inszeniert wurde. Die plötzlich auftauchenden Farbspielereien, die die Bilder in rotes und blaues Licht tauchen, erinnern sehr an Argento können allerdings auch durch typische italienische Schrulligkeit aufwarten. So fragt man sich bei den ersten beiden Opfern wirklich, wieso diese für kurze Zeit mit einem riesigen Augapfel als Kopf bzw. einem Wespenkopf auf den Schultern zu sehen sind. Elemente, die dem Film eine sehr eigene Komponente geben, diese aber leider genau so schnell wieder fallen gelassen werden, wie sie aufgetaucht sind. Es ist gerade beim ersten Mord ein sehr überraschender Moment, der eine angenehme Surrealität aufweisen kann und den geneigten Giallofan von allerlei Obsessionen des Killers träumen läßt. Zwar bekommt er diese am Ende wirklich, allerdings werden diese beiden Dinge dann eher außen vor gelassen und mit keinster Silbe erwähnt. Schade, denn in der zweiten Hälfte will bei dem auch als Delirium bekannten Film so mancher Spannungsmoment nur noch schwerlich zünden. Zwar gelingt es Bava besser als bei seinen zuvor gedrehten Gialli, diese aufzubauen, doch die für manche wohl etwas zu schwerfällige Handlung scheint diese etwas zu sehr zu erdrücken.
Viel mehr konzentriert man sich dann auf die leidende Gloria und ihre ebenfalls sehr mitgenommenen Freunde und bewegt sich dann in sehr konventionellen Bahnen, wenn der geheimnisvolle Mörder wieder auftaucht. Wenigstens das Ablichten seiner Opfer vor Fotos der Bedrohten (mit ein wenig Fantasie könnte man hier meinen, daß hierfür der britische Thriller Peeping Tom Pate gestanden hat) bringt hier noch etwas Innovation in die ansonsten doch sehr muffige Geschichte. Es ist nett gemacht, wie Bava hier auch noch die Probleme von Gloria und Co. aufzeigt, doch dem reinen Thrilleraspekt nimmt es doch ein wenig den Pepp. Da hätte man lieber die etwas schrägen Ideen der erste Hälfte weiter verfolgen können. So ist dann vor allem die Szene im leeren Kaufhaus sehr mau ausgefallen und mag irgendwie nicht so richtig passen. Doch man mag sich hier nicht weiter aufregen. Dafür lastet Bava schon viel zu sehr der Ruf eines eher mittelmäßigen Regisseurs an, der niemals an die Klasse seines Vaters herankam. Dies etwas zu veralgemeinert, trotzdem hat er wirklich viel Durchschnitt in der Filmographie stehen. Mit Das unheimliche Auge gelang ihm aber trotzdem ein sehr stimmiger Film, der durch seinen Style und einer doch recht netten Geschichte überzeugen kann.
Diese bietet - ganz giallotypisch - noch eine gehörige Überraschung, die zwar sehr konstruiert wirkt aber dafür in ihrer Wucht wieder ungemein klasse und sympathisch rüberkommt. Da nimmt der Film nochmal etwas an Fahrt auf und kann durch einige weitere schöne Einstellungen im Finale überzeugen. Hinzu kommt, daß hier auch der Soundtrack wirklich gelungen ist, stammt dieser doch von Simon Boswell, dessen bekannteste und beste Arbeit wohl der Soundtrack zu M.A.R.K. 13 - Hardware darstellt. Handwerklich ist der Film mehr als ordentlich und lebt vor allem durch seine glatte 80er Jahre-Präsentation und hätte sogar mit etwas mehr Finesse was Spannungs- und Handlungsaufbau angeht, sogar ein sehr guter Spätgiallo werden können. Unterhaltsam ist Das unheimliche Auge aber allemal, schafft er es doch trotz der geleckten Bilder auch einen gehörigen Sleazefaktor mitzuliefern. Da verzeiht man ihm sogar seine teils etwas träge und vor allem zu konventionelle Art.
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