Als Nacht der Vampire das erste Mal über die Leinwände der Lichtspielhäuser flimmerte, verkörperte der "spanische Lon Chaney" Jacinto Molina, den meisten unter seinem Pseudonym Paul Naschy besser bekannt, den mit einem Werwolf-Fluch belasteten Waldemar Daninsky bereits zum vierten Mal. Was 1968 mit Die Vampire des Dr. Dracula begann zog sich bis ins Jahr 2004, als Molina für den US-Trash-Vielfilmer Fred Olen Ray in dessen Tomb of the Werewolf nochmal zum tragischen Lykanthrop wurde. Meinen bisher einzigen Berührungspunkt mit Naschys Kult-Figur hatte ich mit dem im Fandom kultisch verehrten Dracula jagt Frankenstein, in dem dessen Figur im allgemeinen Chaos seiner Story etwas untergeht. Ist dieser durch seine bierernste und naiv vorgetragene Sensationsschau durchaus kurzweilig und vergnüglich, betrachte ich den für mich nunmehr ersten reinen Daninsky-Film leider mit gemischten Gefühlen.
Gern würde ich dieses Stück Zelluloid gewordenen Groschen-Schauerroman im Geiste so innig knuddeln wie manchen Vertreter italienischer Zunft oder wie den gothischen Horrorstücken aus den englischen Hammer-Studios anerkennend zunicken. Nur sitzt Nacht der Vampire für mich zwischen den Stühlen. Wobei ich den Ansatz der damaligen spanischen Filmemacher, auch des schmalen Budgets wegen, bekannte Formeln des gothischen Horrors in die Gegenwart zu holen, interessant finde und durchaus mag. Zusammen mit seinem Co-Autoren Hans Munkel zimmerte Molina ein buntes Horror-Mosaik, dessen einzelne Bestandteile merklich locker in ihren Fugen wackeln. Was mit einer Obduktion in der Leichenhalle eines Friedhofs beginnt, bei dem zwei rational denkende Polizeibeamten die Leiche Daninskys untersuchen sollen und diesen in ihrem Tun wieder ins Leben holen, versucht im Verlauf der Geschichte ein breit aufgestelltes Epos zu sein, bei dem nicht nur Werwölfe, sondern auch Vampire eine Rolle spielen.
Die weiblichen Hauptfiguren Elvira und Genevieve sind indes nur dazu da, um sie mit dem nun auf einem Schloss zurückgezogen lebenden Daninsky zu vereinen, als die beiden Studentinnen auf der Suche nach dem Grab der Hexe Wandessa mit dem Auto liegen bleiben und selbstverständlich die angebotene Hilfe des verschlossenen Herren, auf ihrem Schloss unterzukommen, annehmen. Die üblichen tragischen Zufälle führen dazu, dass beim Fund des Grabes eine der Damen sich unglücklich schneidet und das auf das Gerippe der Hexe tröpfelnde Blut diese wenig später wiedererweckt. Die Geschichte nimmt ihren Lauf: die wieder fit durch die spanische Botanik umhergeisternde Vampir-Hexe Wandessa erwächst für die beiden Frauen und ihren Gastgeber zur untoten Bedrohung und zum naiven Horror damaliger Tage gesellt sich eine Liebestragödie zwischen Elvira, die im Taumel ihrer Gefühle zu ihrem Verlobten und zu Waldemar steckt und für das dramatische Finale zum Zünglein an der Waage wird.
Beschaulich wandert die Geschichte auf dieses zu und funktioniert dann am Besten, wenn die von den Machern beabsichtigten Schauwerte auf den Plan gerufen werden. Sobald Naschy in seiner Werwolf-Maske steckt, Wandessa auftaucht, Barbara Capell (Genevieve) oder Gaby Fuchs (Elvira) ins rechte Licht gerückt werden oder sogar alle zusammen aufeinander treffen wird Nacht der Vampire zu einem kurzzeitig vergnüglichen und naiven Kintopp, dass seinen großen Vorbildern aus England oder den Universal-Klassikern der 30er Jahre hoffnungslos kurzatmig hinterher hoppelt. Die dramatische Liebesgeschichte indessen gebiert sich flach; weder Fuchs noch der stoisch agierende Naschy können im Schwulst des Scripts leise Feinheiten erwecken lassen. Regisseur León Klimovsky - auch in anderen Bereichen eher Mann fürs Grobe - schafft es dafür, in den besten Momenten des Films eine annehmbar gothische Atmosphäre zu kreieren.
Verständlich nicht so elegant wie die Créme de la Créme der Hammer-Filme, eher trashig und charmant doof. Davon bietet der Film für durchgehendes Pläsier doch zu wenig. Wenn der Fokus auf die dünne Liebelei zwischen Elvira und Daninsky gesetzt wird oder die Handlung anderweitig vorangetrieben wird, entpuppt sich Regisseur Klimovsky als annehmbarer Imitator des Erzähltempos eines Jess Franco; in diesen Momenten fühlt sich Nacht der Vampire nach Gothic mit dezenten Franco-Vibes ohne die spezielle Tonalität dieser Filme an. Zu wenig ist das auf beiden Seiten: für Freunde traditioneller Gothic Horror-Mären und Liebhaber von durchgehend trashigen Werken. Wäre da nicht die sympathische Naivität und Ernsthaftigkeit, die auch Nacht der Vampire ausstrahlt und dazu führt, dass man dem Film für seine Schwächen nicht gänzlich böse sein kann.
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