Montag, 20. Dezember 2010

Blastfighter - Der Exekutor

Kernig. Ein Wort, dass auf die Beschreibung vieler Protagonisten aus gülligen Actionproduktionen der 80er Jahre paßt. Um beim Thema zu bleiben: das meist sogar wie die Faust aufs Auge. Auch Jake Sharp, von jedem nur "Tiger" genannt, beschreiben. Der Ex-Cop wird nach acht Jahren unschuldigem Einsitzen hinter schwedischen Gardinen wieder auf die Menschheit losgelassen. Eingebrockt hat ihm diese Strafe ein Politiker, an dem er sich auch liebend gerne rächen möchte. Dafür bekommt der gute Jake von einem Freund kurz nach der Entlassung auf einem Parkplatz ein wahres Wunderwerk an Waffe in die Hand gedrückt. Das Ding kann man als eierlegende Wollmilchsau unter den Tötungswerkzeugen beschreiben, es gibt nämlich fast nichts, was es nicht irgendwie abfeuern kann. Doch Jake zeigt Nerven, ja sowas wie ein Gewissen und so läßt er die Gelegenheit sausen, sich an dem Kerl zu rächen, der ihn da zu acht Jahren gesiebte Luft hat verdonnern lassen. Lieber zieht er in seine ländliche Heimat zurück, gibt den Eremiten und zieht sich in eine Hütte in den Wäldern zurück. Doch Jake kommt mit einigen Wilderern und deren Einstellung nicht so zurecht. Die Kerle erlegen Wild fast im Minutentakt um dieses meist noch lebend für reichlich Penunzen an einen Asiaten zu verhökern. Das dadurch Konflikte vorprogrammiert sind, ist einleuchtend. Allerdings läßt sich Jake nicht von dem vorlauten Volk, darunter auch der Sohn seines einst guten Kumpels Tim, unterkriegen. Allerdings schaukeln sich beide Parteien derart hoch, dass die Situation eines Tages folgenschwer eskaliert.

Bis es allerdings auch so richtig kernig auf dem Bildschirm wird, braucht man etwas Geduld. Richtig ruhig und gelassen geht es für eine zünftige Actionsause aus den güldenen Zeiten des Jahrzehnts zu. So richtig mag das aber auch nich überraschen, wenn man die Credits zu Beginn näher verfolgt. Hinter dem Namen John Old Jr. verbirgt sich niemand geringeres als Lamberto Bava. Als John Old inszenierte schon sein Vater Mario einige Filme unter falschem Namen und so übernahm auch der Sohn das Pseudonym und hängte einfach mal ein Junior hinten dran. Man wundert sich allerdings, dass der Sprößling der Regielegende sich bei Blastfighter hinter diesem Namen versteckt. Auch wenn sein etwas schwerfällig Erzählstil auch hier schön deutlich das Geschehen bestimmt, so macht er bei weitem keine schlechte Sache. Allerdings kann dies natürlich den Freund einer ordentlichen Portion Krawums schon erschrecken, wenn die esentiellen Dinge von B-Action erst in der zweiten Filmhälfte richtig in Erscheinung treten. Im Schneckentempo entwickelt sich die Geschichte, bei der man schon Anhand des Genres nicht wirkliche Tiefe und gehaltvolle Behandlung des Themas erwarten kann. Man bemüht sich allerdings trotzdem die Story so gut wie möglich ausgefüllt zu präsentieren.

Dabei geht es zu Beginn ja doch etwas konfus und ungelenk zu. Frisch aus dem Knast entlassen, wird der "Tiger" also von seinem Kumpanen aufgegabelt und auch gleich mit einem ganz besonderen Entlassungsgeschenk beglückt. Einer wirklich beeindruckenden Waffe, bei der selbst John Rambo vor Begeisterung Pipi in den Augen bekommen würde. Nicht nur, dass alle erdenkliche Arten an Munition damit verballert werden können, nein, auch Miniraketen und Tränengas läßt sich damit abschießen. Bei soviel Funktionen freut man sich insgeheim doch, im Verlauf des Films jede Einzelne davon mitzuerleben. Aber dann beschleicht die Skrupel den rachsüchtigen Ex-Bullen und die Gelegenheit, seine Rache zu Befriedigen, wird sausen gelassen. Eine Finte vielleicht, um so die Geschichte voranzubringen? Jein. Man könnte sich denken, dass gute "Tiger" seine Beute noch etwas jagt, bevor er richtig zuschlägt. Doch dieser Politiker, der ihn in den Knast brachte: er spielt keine Rolle mehr im weiteren Film. Viel mehr nutzt Bava diese Szene um zu zeigen, dass zwei Herzen in der Brust seines Protagonisten schlagen. Ein sanftmütiges und ein Hassklumpen, welches nach Vergeltung schreit. Dick aufgetragen mag es sich zwar im ersten Moment anhören, doch der Held der Geschichte gibt dies ja an einer Stelle selbst zu, dass er von Rache und Hass zerfressen ist. Doch selbst mit diesen zwei so intensiven Emotionen siegt die Moral des Guten. Aber: jeder wird einfach mal so an seine Grenzen gebracht.

Dies erfährt man dann, wenn sich Jake auf in die alte Heimat macht. Untermalt von einem gefälligen Song im Countrystil braust er über die Landstraßen in die alte Heimat und verschanzt sich in einer alten Hütte. Was folgt, ist die Bava'sche Remix-Version der Actionklassiker Rambo (1982) und Beim Sterben ist jeder der Erste (1972). Man fühlt sich irgendwie immer leicht an einen der beiden Filme erinnert (insbesondere an das Stallone-Vehikel), je länger der Film dauert. Dabei dauert es auch bis zur endgültigen Eskalation. Detailliert schildert das Drehbuch erstmal diese Art von Desillusionierung, als Sharp merkt, dass der Lauf der Zeit selbst bei seiner idyllischen alten Heimat nicht halt macht. Die Art und Weise wie die Wilderer mit den Tieren die sie erlegt haben, umgehen, läßt ihn einfach nur grausen. Doch damit abfinden kann er sich nicht. Diese neuartigen Methoden sind ihm ein Graus. Der "Tiger" trauert alten, vergangenen Tagen nach. Über diese unterhält er sich auch mit dem alten Freund Tim, den er alsbald in der Ortschaft trifft. Doch herzlich ist das Wiedersehen nicht. Unterkühlt wird es dargestellt, vor allem, da einer der großkotzigsten Wilderer ganz zufällig der Sohn von Tim ist. Das verstärkt die Konfliktsituation innerhalb der Figurenkonstellation natürlich ungemein. Doch das Drehbuch kennt noch viel unglaublichere Verstrickungen und Twists. Übermäßig kompliziert gibt man sich allerdings nicht. Wie für einen Actionstreifen üblich, kann man der Geschichte zu jeder Zeit wirklich gut folgen.

Hier hält man sich aber an einigen Dingen unnötig lange auf. Der ein oder andere Zuschauer könnte so auf eine harte Geduldsprobe gestellt werden, bis es so richtig los geht. Denn die ein oder andere Keilerei zwischen den Wilderern und Jake verspricht nicht wirklich ein mitreißendes oder sogar spannendes Actionfeuerwerk. Die Streiterei entwickelt sich langsam, aber beständig. Es wird immer zu besonderen Zeitpunkten zugeschlagen. Auf beiden Seiten. Bis diese allerdings erreicht sind, versucht man, dem Protagonisten etwas an Profil zu geben. Gelingen tut dies nur bedingt. Man wiederholt sich schon fast ein wenig, wenn man öfters zeigt, dass trotz all der Rache die in "Tiger" tobt, immer auch noch eine gute Seite in ihm vorhanden ist. Logisch ist dies alle Mal, immerhin ist er doch der Hero des Flicks. Doch er ist ein geduldiger Mensch, der lange zuschauen kann, bis ihm dann doch der Kragen platzt. Dann gibt es wirklich ordentlich Zores und es wird nicht lang gefackelt. Nur ob es so gut ist, so lange zu warten, sei dahingestellt. Dies ist ein kleines Timingproblem von Blastfighter. Das finale Geböller setzt urplötzlich ein. Es wird zwar wirkungsvoll entfacht, doch bricht dies irgendwie etwas verschleppt über die Geschichte herein. So richtig Tempo kann Bava hier wie auch in vielen seiner anderen Filme nur bedingt aufbauen. Was in der ersten Hälfte zu wenig war, wird ja schon fast etwas überdosiert.

Trotzdem blitzt hier das vorhandene Potenzial des Regisseurs mehr als nur einmal auf. Man kann sich mit seinen Filmen wirklich schwer tun und bis auf einige Ausnahmen wie die beiden von Dario Argento produzierten Dämonen-Filme oder sein Debüt Macabro (welcher ironischerweise der wohl am langsamsten erzählte Film im Oeuvre Bavas sein dürfte) ist das meiste seiner Filmographie leider nur durchschnittlich. Ausgerechnet ein Actionfilm zeigt aber, dass es der sympathisch auftretende Zeitgenosse hier und da doch wirklich drauf hat. Geben sich so einige Actionstreifen aus den 80ern sehr hart und dreckig, so hat Blastfighter einen sehr ungewöhnlichen, unterkühlten und beinahe schon stilisierten Look. Sehr gut gelingt es Bava dabei, die Locations ins rechte Licht zu rücken. Alleine schon die Fahrt aus der Stadt heraus in die Heimat des "Tigers" ist ein schönes Beispiel für die kalte Art der Fotographie. Die ländliche Gegend wird ebenfalls gut in Szene gesetzt. Dabei schafft man es, dies nicht allzu stilisiert sondern schön natürlich erscheinen zu lassen. Der kühle 80er-Stil paßt dabei sogar recht gut. Nun mag man sich aber bei weitem nicht nur an der tollen Landschaft ergötzen. In einem Actionfilm hat es eben auch ordentlich zu krachen. Hier hält man sich aber wie schon beschrieben, etwas zu sehr an der Zeichnung von "Tiger" auf. Die Beweggründe werden klar und auch der Konflikt mit der plötzlich auftauchenden, weiblichen Hauptfigur wird ganz leicht überstrapaziert. Uninteressant ist es nun nicht, aber packend ist es eben auch nicht wirklich.

Es mag wohl auch daran liegen, dass der Amerikaner Michael Sopkiw eben kein großartiger Charaktermime ist. Der in Connecticut geborene Darsteller schaffte es in den 80ern selbst auf nur vier Filme. Neben Blastfighter waren dies der ebenfalls von Lamberto Bava geschaffene Tierhorrortrash Monster Shark (1984), der Abenteuerfilm Amazonas - Gefangen in der Hölle des Dschungels (1985) sowie sein Debüt, der Endzeitstreifen Fireflash (1983). Hier tritt der Herr mit einer nicht wirklich schicken Rotzbremse auf, schafft es aber, recht annehmbar den nach Rache dürstenden Exknacki mit Wut im Bauch darzustellen. Nun gut, in manchen Szenen macht er keine wirklich gute Figur, gerade wenn es am emotionalsten für seine Figur wird. Als von Prinzipien getriebener Kerl geht er aber noch klar. Schade ist es allerdings bei seinem Kumpanen Tim, der von George Eastman dargestellt wird. Eastman agiert auf Sparflamme. Selbst wenn man seiner Figur noch mehr Szenen geschenkt hätte, wäre dies wohl leider immer noch der Fall gewesen. Schade, hat Eastman doch weitaus mehr auf dem Kasten. Bleibt wenigstens noch der Darsteller seines Söhnchens. Der macht seine Sache mehr als solide und ist schnell eine sehr hassenwerte Figur. Dieser und seine Jäger- oder auch Wildererkollegen bekommen dann ordentlich ihr Fett weg. Dabei sollte man allerdings nicht auf allzu spektakuläre Actionszenen warten. Das Budget war nicht das größte, was man dem Film in diesen Momenten auch gut ansieht. Fahrende Fahrzeuge explodieren und man sieht dabei sehr gut, dass diese - als sie hochgehen - auf der Stelle stehen.

Dafür sind die Schießereien nicht zu verachten und wie für die damalige Zeit üblich geht es hier und da sogar etwas blutig von statten. Spätestens als "Tiger" alle Bedenken über Bord geworfen und die Moral zurückgelassen hat, ist mit ihm noch weniger gut Kirschen essen, als ohnehin schon. Der einst so hochgelobte Cop zeigt sein ganzes Können und kann selbst gegen eine ganze Übermacht bestehen. Natürlich: so richtig logisch ist es ab hier schon lange nicht mehr, doch schmackhaft ist diese Actionbrühe dennoch. Es fehlt der finale Schmiss und Schwung, den Lamberto Bava nur sehr schwer hinbekommt, sonst wäre Blastfighter eine äußerst lässige Angelegenheit. In Verbindung mit dem ohrigen Soundtrack und der soliden Kamerakunst, die für einige nette Bilder sorgt, hat man es mit einem ordentlichen B-Actioner aus Italien zu tun. Das Finale, welches beinahe schon ein klassisches Endduell wie aus einem Italowestern sein könnte, bleibt allerdings etwas schwach auf der Brust und unbefriedigend. Hier war der Ideenfluss leider etwas versiegt. Der Film hat zwar etwas seine Anlaufschwächen und mag sich hier und da etwas verlieren, doch wenn man das Gehirn auch gerne mal etwas schonen möchte beim Filmgenuss und auch vor etwas spannungs- und tempoarmen Actionern keine Angst hat, der darf hier ruhig mal reinschauen. Bava hätte nämlich ruhig mal öfters in diesem Genre wildern dürfen. Das leichte Gespür für die Art und die Gesetze des Actionfilms merkt man ihm mit diesem Werk an. Mit etwas mehr Übung hätte er dann sogar noch für den ein oder anderen Kracher sorgen können. Alles in allem ist sein Blastfighter aber immer noch ein leicht überdurchschnittlicher und gefälliger kleiner Actionfilm, wie man ihn aus den 80ern kennt. Einfachste Story, etwas Krach, etwas Bumm und dazu leichte Probleme, was seine Glaubwürdigkeit angeht. Aber dafür mag man diese Filme ja auch schließlich. Und was das angeht, ist der Blastfighter wirklich in Ordnung.


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