Montag, 7. März 2011

Deadgirl

Die beiden Kumpels J.T. und Rickie beschließen die Schule zu schwänzen und verkrümeln sich dabei in eine leerstehende Psychiatrie, um dort ein paar Bierchen zu kippen und ihre überschüssige Energie loszuwerden. Als sie das Gebäude etwas genauer erkunden, stoßen sie im Keller nicht nur auf einen äußerst schlecht gelaunten, streunenden Hund sondern auch auf eine verrostete Tür. Nachdem sie diese aufgebrochen haben, finden sie im sich dahinter befindlichen Raum eine nackte, an einem Bett gefesselte und mit einer Plastikplane zugedeckte Frau. Die unbekannte sieht zwar nicht mehr wirklich frisch aus, ist allerdings immer noch lebendig. Und wie J.T. einige Tage später bemerkt auch nicht wirklich tot zu kriegen. Selbst als er Rickie seine Entdeckung zeigt und mit dessen Waffe auf die Unbekannte feuert, bleibt sie lebendig. J.T. macht aus der Frau seine persönliche Sexsklavin, während sein Kumpane Rickie mit dieser äußerst extremen Situation nicht wirklich klar kommt. Als allerdings mit Wheeler noch ein dritter in das Geheimnis der beiden eingeweiht wird, gehen die Probleme für die Jugendlichen erst richtig los.

In der Theorie hört sich die von Marcel Sarmiento und seinem Co-Regisseur Gadi Harel umgesetzte Geschichte gar nicht mal so übel an. Die Untotenschublade wurde in der Geschichte des Horrorfilms ja schon so oft geöffnet und durchwühlt, dass man darin kaum noch Innovation vorfinden kann. Nun schickten sich die beiden Regisseure im Jahr 2008 an, doch noch ein wenig Pepp in die schon sehr modrig wirkenden Zombiethematik zu bringen. Nur guter Wille allein genügt natürlich nicht, da muss schon auch ein wenig Talent und eben eine gute Idee mit dabei sein. Letztere ist dabei wirklich vorhanden, da man es nicht Horden, sondern nur einem Untoten zu tun hat. Dieser ist zwar ein wichtiger Punkt in der Geschichte von Deadgirl, doch geht es nicht vordergründig um das Prinzip des fressens und gefressen werden. Mit ihrem Film bieten die beiden Regisseure eine ungewöhnliche Mixtur aus Teenagerdrama und makabrer, nekrophil angehauchter Horrorstory. Coming of Age meets Sex and Guts and Violence. Mit so einem Stoff kann man fürwahr eigentlich wirklich tolle, ideenreiche Dinge anstellen.

Doch das Script krankt an seinem extrem. Diese zwei Seiten der Geschichte mögen zu Beginn nicht zusammenpassen. Der Aufbau geht recht flott vonstatten, der Film mag sogar mit seiner ruhigen Erzählweise und einem Stil, der passenderweise an Indie-Teendramen erinnert, so einiges Interesse beim Zuschauer erwecken. Die Bilder ändern sich bei der Ankunft der beiden Freunde im Keller rapide, das gewohnte Horrorszenario setzt ein und ist ebenfalls recht gut aufgebaut. Ja selbst die ersten schauerlichen Begegnung mit der Unbekannten fallen positiv aus. Doch nun scheint der weitere Verlauf des Stoffs genauso ahnungs- und ratlos zu werden die die Figur des Rickie. Dieser kommt mit dem Verhalten seines Kumpels nicht wirklich klar. Ganz simpel baut man die Protagonisten hier auf und bedient sich hier einer simplen Schwarz-Weiß-Zeichung. Rickie als moralische Instanz, J.T. als böser Gegenpart der auf das Geschwätz des Freundes wirklich wenig gibt. Die dunklen Fantasien, heraufbeschworen durch die Situation, eine fremde Person von der niemand zu wissen scheint vollkommen ausgeliefert und abhängig von den beiden Findern, nach oben gespült, übermannen diesen. Der Trieb siegt in diesem Falle über den Verstand.

Doch Deadgirl beginnt in diesem Dilemma rumzudümpeln, tritt auf der Stelle und schafft es auch sehr spät und schwerfällig, sich von dieser wegzubewegen. Der Fokus wird auf Rickie gelegt, dessen familiären und zwischenmenschlichen Probleme etwas näher beleuchtet werden. Bis dorthin darf man dem Konflikt zwischen den beiden Freunden folgen, der allerdings sehr dürftig ausgearbeitet wurde und so zu einigen Längen führt. Der gute Aufbau des Films wird hier schon fast zu nichte gemacht, da das Drehbuch in diesem Punkt wohl nicht viel herzugeben scheint. Die Mischung zwischen nekrophiler Untotenstory und Jugenddrama erweist sich als unglücklich. Man sollte dem Autoren und auch den Regisseuren danken, dass bei diesem Thema darauf verzichtet wurde, die Karte mit ordentlich Sex und Gore auszuspielen. Immerhin hätte man sich auch darauf beschränken können, dem Splatterfreak eine ordentlich kranke Sache aufzutischen und dem Trend der letzten Jahre, der selbst seinen Weg in den Mainstream gefunden hat (Hostel, Saw und Co. sei dank), zu folgen. Nun gehen zwei mutige Männer einen völlig anderen, angenehm anderen Weg, aber liefern mit ihrer Umsetzung der äußerst interessanten Geschichte eine eher laue Vorstellung.

Seine wirkliche Richtung findet Deadgirl erst spät. Da wurde Rickie mit seiner unglücklichen Liebe und deren eifersüchtigem Freund noch etwas näher betrachtet, da kam mit Wheeler ein äußerst tumber, aber für die Geschichte sehr erfrischender Charakter hinzu. Als dieser von J.T. in das Geheimnis eingeweiht wird, scheint es auch hinter der Kamera klick gemacht zu haben. Urplötzlich punktet das Werk mit einigen sehr schwarzhumorigen und natürlich auch makabren Einfällen. Dabei geht man den erfreulichen Weg und wird nie zu explizit, zeigt zwar auch ein wenig an rotem Lebenssaft, läßt aber durch seine Andeutungen auch das Kopfkino beim Zuschauer ordentlich arbeiten. Es funktioniert urplötzlich, als hätte man es geschafft, eine unsichtbare Barriere die beim Erzählen der Story im Weg stand, zu umgehen. Auch wenn hier der Film sich aufbäumt und den Weg in die Bedeutungslosigkeit nicht antritt, so muss man ihm und seinen Machern auch attestieren, dass dies leider etwas zu spät kommt. Eventuell war der dramatische Teil mit seinen Konflikten zwischen gut und böse sowie den Andeutungen in den Problemen Jugendlicher bei stark abweichendem, sozialen Gefüge doch etwas zu viel des Guten für das Script. Immerhin ist da ja auch noch der Horroranteil, der allerdings auch nicht wirklich gut ausgespielt werden kann.

Man sollte diesen Film allerdings eh nicht als reinen Horrorfilm ansehen. Der Aufhänger ist eben die untote Frau, sie gibt nur Gelegenheit für Sarmiento und Harel, sich auszutoben und ihre talentierten Jungdarsteller in ein düsteres Drama voller Abgründe zu schicken. Doch befriedigend ist dies nicht wirklich, auch wenn die guten Ansätze des Stoffs zu gewisser Begeisterung hinreisen können. Man tobt sich nämlich wie angesprochen schlicht und ergreifend viel zu spät aus. Das Ruder kann Deadgirl so nicht mehr herumreißen. Dafür ist die Geschichte dann doch zu kraftlos. Schade, wenn Innovation so sang- und klanglos im Mittelmaß untergeht, da trotz aufblitzendem Talent dieses einfach nicht ganz ausgeschöpft wurde oder man einfach nicht wußte, dieses zu nutzen.


Diesen oder weitere Schocker jetzt auf Filmundo abgreifen.
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