Mittwoch, 29. Mai 2019

Class Of Nuke 'Em High

Beide gelten sie als Kult, wenn es um das Kult-Independent-Studio Troma geht, bis vor kurzem konnte ich mit deren Maskottchen - dem Toxic Avenger - herzlich wenig anfangen. Früher wirkte der Film für mich wie eine konfuse Ansammlung verschiedener Ideen, die nicht alle funktionieren wollen. Der tiefschwarze, keinen Pfifferling auf Political Correctness gebende Humor, die einfachen wie kruden Effekte, die manchmal dahingerotzten Ideen wollten nie ineinander über greifen. Nachdem ich es mit Toxie nochmal probierte und unerwartet positiv überrascht wurde, wollte ich nochmal in der Class Of Nuke 'Em High die radioaktiv verseuchte Schulbank drücken. Bei meiner ersten Begegnung mit Troma-Produktionen hatte dieser klar die Nase vorn und wurde als viel besser als das Abenteuer um den toxischen Rächer empfunden.

Letzteren kann man selbst heute noch als grobe Skizze für das bezeichnen, was Troma über die Jahre ausmachen sollte. Die Firma um Lloyd Kaufman und Michael Herz schuf mit beiden Filmen den Beginn eines eigenen Universums voller Mutanten, Freaks, selbsternannten Außenseitern und anderem obskurem Gefolge. Class Of Nuke 'em High definiert die mit Toxie eingeschlagene Richtung aus und ist die Reinzeichnung des ersten Konzepts der chaotisch-anarchischen Horror-Punk-Show Tromas. Wieder sind die Auswirkungen radioaktiver Verseuchung ausschlaggebend für die Handlung: das nahe an der örtlichen Highschool von Tromaville gelegene Atomkraftwerk hat mit einem Leck zu kämpfen, welches dessen Betreiber als Lappalie abtut. Die ausgetretene Flüssigkeit verseucht das Grundwasser und lässt das auf dem Schulgelände angebaute Hasch der damit dealenden Rocker-Gang Cretins üppig sprießen. Ein daraus gefertigter, verseuchter Joint bringt mit seinen Nebenwirkungen beim Liebespärchen Chrissy und Warren eine Lawine von wortwörtlichen Ungeheuerlichkeiten ins Rollen.

In Folge dessen mischen die Verantwortlichen in ihre Parodie auf gängige High School-Komödien nicht nur ihre weitaus schmierigere Version von Mark L. Lesters Class Of 1984 sondern auch derben Monster-Horror. Das dargebotene Panoptikum zerfasert trotz ähnlich episodisch angelegter Narrative weit weniger in seine szenischen Einzelteile, wie es Toxic Avenger tut. Dies resultiert ausgerechnet aus der in den Film eingefügte Normalität, verkörpert durch die Protagonisten Chrissy und Warren. Sie sind die menschlichsten Figuren in einem Kosmos, in dem selbst ihre den Klischees der 80er-Teenie-Bums-Komödie entsprechenden Freunde wie übersteigerte Karikaturen dieser wirken. Gleichzeitig scheinen diese der Versuch von Troma zu sein, nach dem Überraschungserfolg von Toxic Avenger dessen Rezeptur zu verfeinern und mit den beiden jugendlichen Hauptfiguren sich bei einem größeren Publikum, dem Mainstream, vorzustellen. Im Kern und äußerlich weiterhin eine Low Budget-Produktion die Selbstbewusst damit umgeht, empfindet man Class Of Nuke 'Em High im direkten Vergleich mit dem ersten Hit des Studios als runder und in sich geschlossener.

Das legt gleichzeitig die Schwäche des Films frei. Der gesponnene rote Faden und die ebenfalls einfache, wenn auch bemüht feiner ausgearbeitete Geschichte wird bis zum Ende mühsam mit "Inhalt" aufgebläht, der lediglich eine kleine leere Blase in der Narrations-Bubble des Films ist. Diesen Nichtigkeiten folgen repetitive Momente, welche die wenigen für die Handlung relevanten Szenen ummanteln. Da gewinnt für mich mittlerweile knapp Toxic Avenger mit seiner ungestümeren Art, dessen Fuck Off!-Haltung sich etwas echter anfühlt als die in Class Of Nuke 'em High durchschimmernde bemühte Kompetenzhaltung. Vielleicht schimmert hier bereits das durch, was man späteren Troma-Produktionen anlasten kann: das ausruhen auf dem ewig gleichen, das wenig Variationen im eng gesteckten Rahmen zulässt. Spaß macht der Film mit seinen herrlich geschmacklosen und bekloppten Ideen immer noch. Die Cretins dürften die beste dämlich-fiese Film-Gang der 80er sein und die im Bemühen größer zu wirken eingesetzten Schmodder-Effekte, allen voran das Monster, funktionieren heute noch. Regisseur Richard W. Haines setzt das von ihm mitverfasste Script atmosphärisch dicht um und kann für viele gute (Troma-)Momente voller filmischer Anarchie sorgen, die mehr als einmal Spaß am gewollt schlechten Auftritt der Troma-Filme bringen. Wenn Bad Taste wirklich Good Taste ist (wobei wir Trash- und Obskuritäten-Freunde ohnehin auf diesen Spruch schwören), dann ist Class Of Nuke 'em High ein Beweis dafür.

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Donnerstag, 23. Mai 2019

The Destructor (Prey)

Die Freuden und Leiden der Schönheit: auf den ersten Blick betörend in seinem Äußeren, offenbart sich Ding wie Mensch näher betrachtet in seinem innersten hochgradig verdorben. Auf einen kleinen Mikrokosmos heruntergebrochen, betrachtet Norman J. Warrens Prey recht eigenartig die Auswüchse den verheißenden Verlockungen von Fassaden mit schönem Anschein. Die scheinbar von der restlichen Welt abgeschottet in einem alten Bauernhaus lebenden Frauen Jessica und Josephine mögen im pittoresken Landstrich ein harmonisches Leben führen, die traute Zweisamkeit ihrer Beziehung lässt schnell Risse durch Josephines herrisches Wirken erkennen. Die hübsche Erscheinung ihrer Partnerin zieht sie an und ängstigt sie zugleich. Mit wenig Selbstbewusstsein und Verlustängsten ausgestattet, mausern sich diese durch deren Wechselwirkung in eine langsam voranschreitende, psychisch unterschwellige Gewalt gegenüber Jessica.

Alles, was nur annähernd für den Verlust ihrer Partnerin sorgen könnte, sieht Josephine als potenzielle Bedrohung. Früh wird angedeutet, dass die Beziehung sehr einseitig zu sein und Jessica in diese hinein gezwungen scheint. Josephines Paranoia nimmt stärkere Züge an, als der verletzte und verwirrt wirkende Anders vor der Tür der beiden Frauen steht und um Hilfe bittet. Wenig begeistert vom Eindringling, gibt Josephine ihrer hilfsbereiten Freundin nach, den Mann zu versorgen. Dessen merkwürdiges Verhalten wird von den beiden Frauen verwundert wahrgenommen, jedoch nicht weiter hinterfragt; ohne zu ahnen, dass Anders ein Außerirdischer ist, der den Planeten auskundschaften soll. Bevor dessen wahre Identität aufgedeckt wird, stellt er für Josephine eine Gefahr für ihre Beziehung dar. Richtig abgeneigt scheint ihre Freundin vom attraktiven, mit Ted Bundy-Seitenscheitel ausgestatteten Alien nicht zu sein.

Dessen wahres Gesicht behält Prey - kürzlich als Bootleg unter dem Titel Alien Prey hierzulande auf Blu Ray veröffentlicht - dem Zuschauer vor. In einer vor Klischees triefenden Szene mitsamt im Auto fummelnden Pärchen und einer im falschen Zeitpunkt drückenden Blase des männlichen Parts präsentiert der Film den extraterrestrischen Beau als blutdürstige Bestie mit Raubkatzen-artigem Gesicht, der nach dem Mord am harnlassenden Herren dessen Gestalt annimmt. Die sichtbar kostengünstige Maske lässt den außerirdischen Einzelinvasor wie eine angestrengt böse wirken wollende Miezekatze mit süß geschminkter Stupsnase aussehen und lockte mir mit dem ersten Auftritt einen größeren Lacher hervor, lässt ihn im Zusammenspiel mit den beiden weiblichen Protagonistinnen zu einer metaphorischen Bedrohung heranwachsen.

Mit Blick auf das Entstehungsjahr erscheint die Entscheidung, ein lesbisch lebendes Paar als Hauptfiguren zu etablieren mutig wie frisch. Josephine verkommt zwar leider zur Klischeelesbe mitsamt obligatorischer Kurzhaarfrisur, ihre Gespielin Jessica wird ebenfalls wenig akzentuiert als schön anzusehendes wie naives Weiblein dargestellt, doch mit seinem lethargischen Blick auf das Leben der beiden Frauen und den seltsam erscheinenden Fremden entwickelt die Story ungeahnte Zwischentöne. Diese entstand, mag man der Trivia Section der IMDb glauben schenken, während des zehn Tage andauernden Drehs komplett während der Dreharbeiten. Das ungezwungene drauf los filmen und die Planlosigkeiten der dürftigen Ideen, welche zwischen Nutzung gängiger Horrorfilm-Muster und interessanten Einzelszenen schwankt, lässt The Destructor (dt. Videotitel) zu einem spontanen Sonntagsvideo des Horrorfilms werden. Die durch den streng abgesteckten, kleinen Mikrokosmos des Films und dem Anschein, dass die Macher dem inneren Willen, einfach drehen zu müssen, folgen, entrückte Atmosphäre lässt erahnen, wie es ausgesehen hätte, wenn Jess Franco einen Alien-Horror-Film gemacht hätte.
Dem spanischen Kult-Vielfilmer Franco gleicht dem in seinen kleineren Werken herrschenden Dilettantismus, den The Destructor mit sich bringt und gleichzeitig auf mich als Zuschauer eine Faszination ausübte. Die krude Story entwickelt sich zu einem ätzend langsamen Psycho-Horrordrama aus der Exploitation-Ecke - selbstredend lässt man bei den aufgebauten Konstellationen mögliche Sexszenen nicht aus - das gleichzeitig als Metapher auf die wortwörtliche Bedrohung der Bestie Mann auf den Feminismus der damaligen Zeit und der Frau an sich gesehen werden kann. Spekulativ, surreal und wie der von mir sehr gemochte Alien-Rip Off Inseminoid des Regisseurs Norman J. Warren atmosphärisch entrückt stellt der Film plumpe Exploitation halbwegs intelligenten Ansätzen wie mit dem Spiel der Rollen von Mann und Frau (Stichwort: Partyszene) gegenüber. Der mehr auf Stimmung und kaum aus den Puschen kommende Spannung bauende, merkwürdige Kammerspiel kulminiert in einer ultrablutigen Szene und einen Twist, den man gleichzeitig als abschließend bitteres Fazit der herrischen Männerrasse über die Frau sehen kann. Die Doppeldeutigkeit des Originaltitels im Bezug zum Filmplot ist ein nettes Wortspiel für einen Film, dessen Unterton und dem damit einhergehenden Potenzial für die Macher unbemerkt durch die unbekümmert bräsige Handlungsmonotonie waberte und ein faszinierendes wie eigentümliches Gesamtwerk hinterlässt; gerade wegen seiner eigenartigen Machart. 
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Dienstag, 14. Mai 2019

Suspiria (2018)

Viele Frauen kann sie ersetzen, selbst ist sie der in einer schlichten Wandtafel eingravierten Redewendung nach nicht ersetzbar: die Mutter. Diese scheint für Luca Guadagninos Remake des Argento-Kultfilms ein Leitspruch zu sein. Simples Ergebnis: mag sie noch so viele Rolle einnehmen oder ausfüllen; im Kern bleibt sie lebensschenkender Ursprung. Gleich ob wie bei der banalen philosophischen Frage, nun Ei oder Huhn zuerst da waren, Einspruch erhoben wird, dass zuerst ein Samen von Nöten ist, um eine Befruchtung einzuleiten. In ihrem Schoße reift es bis zur Geburt heran. Ihre Fürsorge und Aufopferung steht dem gestrengen Bild des Vaters gegenüber, der selten mit gleicher Wärme ausgestattet ist oder wahrgenommen wird. Ohne (ihre) Weiblichkeit auch kein Leben, keine Schöpfung. Guadagninos Suspiria ist voll damit. Männer spielen eine untergeordnete Rolle und die präsenteste männliche Figur wird von einer weiblichen Darstellerin verkörpert.

Eine reine Huldigung der Frau und des Feminismus ist Suspiria mitnichten. Steht die Mutter hier auch als Schöpferin und Verkörperung des Bösen: Mater Suspiriorum aka Helena Markos, gefeierte Tänzerin, Buchautorin und Direktorin der im geteilten Berlin der 70er Jahre ansässigen Tanz-Akademie. Die dort nach ihrem gut verlaufenen Vortanzen aufgenommene Susie Bannion erfährt langsam das, was die entschwundene Schülerin Patricia aufgedeckt und dem Psychologen Josef Klemperer anvertraut hat. Markos und ihre treu ergebenen Lehrerinnen sind in Wahrheit Hexen. Unter den Fittichen von Madame Blanc, die den Schülerinnen einiges abverlangt und eine komplette Aufopferung für den Tanz fordert, bemerkt Susie zuerst nicht das eigenartige Verhalten ihrer Ausbilderinnen. Erst ihre Begegnung mit Klemperer bringt sie dazu, nach erstem Anzweifeln seiner Aussagen, näher hinzuschauen.

Den Hexenkult um Markos nutzen Guadagnino und sein Drehbuchautor David Kajganich als geschicktes Sinnbild für ihre mannigfaltigen Ideen. Die Tanz-Akademie erscheint im Kontext der Zeit, in welcher die Geschichte angesiedelt ist, als Berlin innerhalb Berlins. Abgeschottet, ein eigener Staat innerhalb eines anderen, dessen System, sein Innerstes, marode und von Spannungen geprägt ist. Der Zirkel ist in zwei Lager um Markos und die zurückhaltendere, progressiver denkende Blanc gespalten und drohte durch die Schnüffeleien Patricias entdeckt zu werden. Der aufmüpfigen Schülerin wird nach ihrem Verschwinden nachgesagt, dass sie ihr erweckendes Rebellentum im Untergrund weiter auslebt. Der deutsche Herbst ist allgegenwärtig; Radio- und Fernsehmeldungen künden fast beiläufig von der Entführung Hanns-Martin Schleyers, der Landshut und anderen Aktionen der RAF. Das Politikum des Zirkels lässt diesen als Abbild des alten, von innen vergifteten Deutschlands nach der noch nicht lange vergangenen Nazizeit erscheinen.

Guadagninos Horror ist ein Horror des Inneren, begründet auf allgegenwärtige Ängsten. Was Patricia widerfährt, scheint Klemperer - einem Juden - und Susie und der Mitschülerin und zur Freundin gewordenen Sara bevorzustehen. Der erlesene Kreis der elitären Hexen beseitigt mit kaltem Kalkül all' jene, von denen eine Gefahr ausgehen könnte. Im Kontrast zu Argentos Vision eines poppigen, schrillen und verzaubernden Horrormärchens schlägt sich diese Angst im Bild des Films nieder. Die Farbgebung ist matt und der Schleier des deutschen Herbstes verschluckt in seinem grauen Schlund jedwede kräftige Farbe. Den einzigen Kontrast stellen die Tanzszenen dar. Guadagnino schenkt ihnen Raum und ergibt sich der bzw. dessen Kunst getreu dem Motto von Madame Blanc. Mit der Unterteilung in sechs Akte und einem Epilog ist Suspiria wie ein Theaterstück aufgebaut und die im Film ausgesprochene Aufforderung seitens der Lehrmeisterinnen, sich mit Haut und Haaren dem Tanz und dessen Kunst zu widmen, lässt vermuten, dass Guadagnino mit seiner Coverversion des Originals diesen ursprünglichen Kunstformen Tribut zollt.

Jene Momente schenken der kühlen Sprache des Films eine angenehme Körperlichkeit. Die Kamera ist dicht an den Performern und Hauptdarstellerin Dakota Johnson dran. Jede eingefangene Körperbewegung, mag sie noch so unscheinbar sein, wird ausgedehnt zelebriert. Es ist die Intimität dieser Szenen, durch die die erste Mordszene nicht nur allein durch ihre Darstellung lange im Gedächtnis bleibt. Gipfeln tut dies in eine faszinierende, grotesk ausufernde Finalszene, deren rauschartige Performance einem wortwörtlichen Blutbad weicht, dass seltsam unpassend im Vergleich zum vorangegangenen, eher ruhigen Horror ist. Häufig macht Suspiria den Eindruck, dass Guadagnino und sein Autor Kajdanich den Film zu einer bedeutungsschwangeren Kunstnummer hochstilisieren und ihre Version gezwungen oppositionär zum Original gestalten. 

Das raubt ihm die Lebendigkeit und lässt ihn wie die bühnenhaften Anfangswerke Fassbinders erscheinen. Vieles sollte da auf einmal in die Geschichte und lässt seine Metaebene bei allen vorhandenen Deutungen beinahe zerbirsten. Sinnbild für die Stimmung Deutschlands in den 70ern und wie allseits präsenter Terror im Alltag den Menschen beeinflusst, eine Studie über die Formen der Macht und ihren Auswirkungen, eine Zelebrierung der Weiblichkeit und des Feminismus und gleichzeitige Überzeichnung seiner Kraft. Die Faszination Suspirias rührt daraus, was Guadagnino und Kajdanich in den Film gesteckt haben und in der Wirkung ihrer Horror-Performance, die mit zweieinhalb Stunden eine epische, aber zu keiner Sekunde langweilige Laufzeit besitzt. Wie großartige Kunstwerke anderer Strömungen lädt Guadagninos Suspiria gerne dazu ein, sich immer wieder durch seine Kapitel zu pflügen und seine Details auseinander zu nehmen.
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Dienstag, 7. Mai 2019

Stephen King's Stark

Bei George A. Romeros Verfilmung des Stephen King-Romans The Dark Half, im deutschen schlicht Stark, nach dem Pseudonym des schreibenden Protagonisten benannt, frage ich mich gerne, ob Romero im Plot ein Klagen über das Leben als Schöpfer von vom Feuilleton gerne als reine Unterhaltung oder negativer als Schund abgetaner Horrorwerke, gleich ob literarisch oder filmisch, herauslas. King wie Romero wurden damit bekannt, wobei letzterer in seinen Zombiefilmen Night of the living Dead und Dawn of the Dead durchaus sozialkritische und subtile Töne anschlägt. Eher ist es King, welcher die Geschichte seine Figur Thad Beaumont in einigen Dingen autobiographisch färbte und mit dem Ausgangspunkt von diesem augenscheinlich beklagt, dass es schwer ist, aus dem selbst geschaffenen Gefüge auszubrechen.

Mit den unter seinem richtigen Namen veröffentlichten Büchern verdient der angesehene und als Uni-Professor arbeitende Beaumont nicht viel; mit den unter dem Pseudonym George Stark geschaffenen, rauen Hardboiled-Krimis und -Thrillern steht er regelmäßig in den Bestenlisten. Als ein Erpresser droht, seine Identität auffliegen zu lassen, beschließt der Autor, diesem zuvor zu kommen und einen Schlussstrich zu ziehen. George Stark soll sterben. Öffentlichkeitswirksam möchte er ihn zu Grabe tragen. Seine Agenten beschließen mit ihm zusammen, dass mit einem Artikel im People Magazine die Bombe platzen soll. Kurz nach dem Interview- und Foto-Termin beginnen mysteriöse Morde im nahen Umfeld des Autors, die ihn selbst zum Hauptverdächtigen machen, als seine Fingerabdrücke am Tatort gefunden werden. Spät wird dem von den Ungeheuerlichkeiten überrumpelten Beaumont klar, dass sich sein literarisches Alter Ego George Stark selbstständig gemacht haben muss, da dieser es äußerst unschön findet, dass er nun sterben soll.

Das doppelbödige in Kings Buch geht in Romeros Umsetzung leider etwas abhanden. Steht George Stark dort einerseits als die Crux eines zu höher strebenden Autor, der mit seinem von der Kritik gelobten, von den Lesern leider eher vernachlässigten Büchern nicht die Beachtung von letzteren erhält, die er sich wünscht und ist andererseits die Verkörperung der dunklen Seiten des Menschen. Stark kommt stark nach der Hauptfigur seiner Romane und ist ein schmieriger, zynischer und egoistischer Mensch, der nicht vor Gewalt zurückschreckt um seine Ziele zu erreichen. Er trinkt, raucht, flucht; ist durch und durch ein schlechter Mensch und konzentriertes Böses. Beaumont beginnt durch die psychische Belastung nach Starks auftauchen und den ersten Morden mit dem Trinken. King verarbeitete im Buch teils die eigene Alkoholsucht; erst nach dessen Fertigstellung wurde er komplett trocken.

Romeros Film hingegen ist ein durchaus sehenswerter Horror-Thriller, der aus der Thematik um den düsteren Doppelgänger bzw. Zwilling wenig macht. Eher nutzt er Stark nach dessen Auftreten dazu, die atmosphärisch dichte und bedächtig aufgebaute Geschichte zu zerfasern und ihn in einzelnen Episoden die Menschen aus Beaumonts Umfeld umbringen zu lassen. Diese fühlen sich vom restlichen Film durch ihre konträre Tonalität losgelöst an. Wenn es Romeros Absicht war, dies als Stilmittel durch die Konzentration auf George Stark zu nutzen, so geht dies leider nicht komplett auf. Die Ermordung von Beaumonts Agenten z. B. ist beinahe gialloesk, versucht sich an Farbspielereien á la Dario Argento, möchte gleichzeitig nicht zum ruhiger voranschreitenden Restfilm passen. Im Aufeinandertreffen von Beaumont und Stark lässt Romero diese Stilistik fallen und nutzt die zu Beginn aufgebaute Stimmung der rationalen Welt des Autoren, in die Stark eindringt. Im Gesamtbild von Stark ist dies durchaus logisch, die Mordszenen mögen dennoch leider nicht komplett in den Film passen.

Kings Ton, wie der Horror in die behütete, unschuldig wirkende Welt der Protagonisten, welche durch deren häufig ländlichen Lebensmittelpunkte betont wird, trifft Romero hingegen sehr gut. Stephen King's Stark kann durch eine dichte Atmosphäre punkten, die den Film auch dann trägt, wenn offensichtlich wird, dass Romero sich im Evil Twin-Plot auf gängigen Mustern ausruht. Dem Regisseur und Drehbuchautoren gelingt es nicht, sich aus dem starren Image bzw. Bild, das die Öffentlichkeit (damals) von diesem hatte, zu befreien. Wie Stark scheint es eine starke Übermacht zu sein, deren Fesseln stärker als geahnt sind. Der zu höherem strebende Schöpfer - hier Romero - erscheint wie ein Träumer, dessen Pegasusflügel alleine beim Gedanken an die Höhensonne anspruchsvollerer Stoffe zu schmelzen beginnen. Leider schien sich Romero mit dieser Rolle im späteren Leben zu arrangieren und kratzte mit weniger erquicklichen Spätwerken am selbst geschaffenen Bild, dass die Fans von ihm hatten. Einzig Land of the Dead sollte von dem, was nach Stark kam, ein kleiner Lichtblick sein. Das phantastische Genre kann für einige Kreative Fluch und Segen zu gleich sein; manchmal scheinen sie gar nicht zu bemerken, dass der auf einem lastende Fluch eher daher rührt, dass sie das Potenzial von dessen nicht ausreizen und den durchaus dort vorhandenen Anspruch (und Intellekt) zugunsten altbekannter, variationsarmer Geschichten liegen lassen oder schlicht nicht wahrnehmen. Das führt wieder zu Romeros Umgang mit Kings Buch, dessen mitschwingenden Untertöne nicht komplett zu ihm bzw. in dessen Drehbuch durchdrangen und für mich trotzdem eine recht gute King-Verfilmung und gleichzeitig der letzte richtig gute Romero-Film in dessen Filmographie ist.
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