Samstag, 4. März 2023

Fathers Day

Konzeptionell ist der Rape and Revenge-Film sehr orthodox; zumeist wendet sich die zuerst von Männern ausgehende Aggression gegenüber einer oder mehrerer Frauen im Verlauf der Handlung gegen diese, wenn die Täter zum Opfer der Rache werden. Binäre Geschlechterordnungen und gewaltsame Auseinandersetzungen dieser scheint eine unumgängliche Norm für den Exploitation-Film zu sein. Wieso also nicht einmal eine Figur erschaffen, welche ihre Bluttaten innerhalb des gleichen Geschlechts ausübt? So war anscheinend eine der Überlegungen, als sich die kanadische Indie-Produktionsfirma Astron-6 daran machte, ihre Exploitation-Film-Parodie Fathers Day zu schreiben. Darin kehrt der tot geglaubte Serien-Vergewaltiger und -Mörder Chris Fuchman (Fuckman gesprochen) nach vielen Jahren zurück um wie viele Jahre zuvor Familienväter auf brutalste Art und Weise zu schänden und umzubringen. Ein Trio bestehend aus dem jungen Priester Sullivan, seinem Schützling Twink, dessen Vater dem Mörder zum Opfer fiel und dem ein Eremitendasein verbringenden Ahab, welcher damals in einem Rachefeldzug Fuchman vermeintlich zur Strecke brachte, versucht alles in seiner Macht stehende, um den mittlerweile mit diabolischer Unterstützung wütenden Fuchman aufzuhalten.

Anfangs wirkt das Werk des Autoren- und Regie-Kollektivs wie eine pure Hommage an die vielen Film-Vigilantinnen und Vigilanten der 70er und 80er, bei der visuell die Art der Übertreibung zu Tage tritt, welche später auch die Handlung von Fathers Day bestimmen soll. Mit überbordendem Farbspiel, welches selbst direkt in den 80ern eine Spur zu dick aufgetragen gewesen wäre, lässt man den finalen Kampf zwischen Ahab und Fuchman Revue passieren, bevor die Geschichte in die Gegenwart springt. Bereits im Prolog watet man bei einer pervertiert lustvollen Zerstückelung einer Leiche knöcheltief im Kunstblut und auch im weiteren Verlauf ist der Gebrauch des Gores nicht gerade zimperlich und bereits als weitere Ausdrucksform der Übertreibung etabliert. Wie in anderen Filmen von Astron-6, beispielsweise dem sich deutlich am Giallo orientierenden The Editor, werden einige humoristische Einlagen gestreut. Fathers Day wandelt sich damit zu einer Parodie, die mit Augenzwinkern und Respekt die Eigenwilligkeiten der behandelten Genres behandelt, aber gleichzeitig deutlich Spaß am absurden Schabernack besitzt, den seine Schöpfer ins Script eingebaut haben.

Geflissentlich ignoriert man dabei die Grenzen des guten Geschmacks, was für ein Kult-Indie-Studio  wie Troma selbstverständlich eine willkommene Eigenschaft darstellt. Begeistert von einem von Astron-6 produzierten Fake-Trailer, ließ Troma-Chef Lloyd Kaufman 10.000 Dollar springen, damit aus Fathers Day ein Spielfilm werden konnte. Glücklicherweise umschiffen die Macher, darunter Steve Kostanski und Jamie Gillespie, welche einige Zeit später die 80er-Horror-Hommage The Void  (hier besprochen) drehen sollten, den bei vielen neueren Troma-Filmen vorherrschenden Zwang zu absoluter Hässlichkeit und Bad Taste und wollen eher stetig zwischen Hommage und Parodie wechseln, was nur bedingt funktioniert. Der Eingangs etablierte ernsthafte Ton verträgt sich nicht mit den zugegeben manchmal sehr sympathischen Albernheiten (z. B. Ahabs Ahornsirup-Leidenschaft) bzw. Witzeleien, was mehr ermüdet als erheitert. Zum Finale hinarbeitend wirft man das eigene Konzept ohnehin über den Haufen und scheint sich dem Geist von Troma zu ergeben und lässt alles in einer einzigen Blödeleien- und Blutorgie gipfeln. Vielleicht sollte sich die Handlung im Sinne seiner Autoren diesbezüglich ohnehin zuspitzen. Leider haben diese anscheinend übersehen oder ignoriert, dass ihr Film in gemäßigteren Szenen besser funktioniert als auf dem Tromay way of movies.


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