Donnerstag, 2. November 2017

Horrorctober 2017: Holidays (12/13)

Der letzte Film meines diesjährigen Horrorctobers sollte, dies war die einzige Planung, diese Horror-Anthologie sein, die sich thematisch mit dem Grauen verschiedener Feiertage auseinandersetzt. Der Indie-Bereich hat in den letzten Jahren einige interessante, wenn auch nicht immer komplett gelungene Episodenfilme hervorgebracht. Da wären zum Beispiel 5 Senses of Fear, den ich anlässlich des Horrorctobers 2016 bei letterboxd besprochen habe, der feministisch und künstlerisch interessante und leider trotzdem so nichtssagende XX oder die auf Found Footage getrimmte V/H/S-Reihe. Auch Holidays reiht sich hier nahtlos ein und bietet mit insgesamt acht Episoden eine wahre Fülle an Geschichten. Bei der hohen Zahl ist es unausweichlich, dass durch die gegebene Quantität die Qualität etwas leidet.

Die schwächste Episode des ganzen Films kommt gleich zu Anfang. Schade ist hierbei, dass die Regisseure Kevin Kolsch und Dennis Widmyer, Schöpfer des von mir sehr geschätzten Starry Eyes, hier unglaublich uninspiriert und plump eine Valentinstags-Geschiche präsentieren, deren Auflösung nach den ersten Minuten erahnbar ist. Einziger Pluspunkt ist hier, dass das Regie-Duo ihren Beitrag im fast gleichen Stil wie Starry Eyes inszenieren. Die unterkühlte Atmosphäre und der Einsatz reduzierter Synthiesounds im Soundtrack können zwar nichts retten, sind aber wenige positive Aspekte. Munter geht es weiter im Episodenreigen zwischen verschenktem Potenzial und richtig starken Beiträgen. Letzteres bekommt man in der zweiten Hälfte präsentiert, wenn Anthony Scott Burns den Vatertag behandelt und eine an und für sich auch simple Geschichte einer Tochter, die nach Jahren vor einem Wiedersehen mit dem verschwundenen Vater steht, präsentiert.

Der stärkste Beitrag steht stellvertretend für das am häufigsten auftretende Problem der Beiträge: nach zügigem auf den Punkt kommen und einem tollen Spannungsaufbau verpufft die Auflösung beinahe wirkungslos. Vieles wird im dunklen gelassen, was löblich ist, die Fantasie des Zuschauers anzusprechen um sich selbst Gedanken zu machen. Holidays lässt bei manchen Episoden die Vermutung aufkommen, dass die Regisseure um eine fixe Idee, zum Beispiel die bestimmte Auflösung verkrampft ihre Geschichte darum konstruierten. Das geht beim Muttertag und Ostern mächtig in die Hose. Während man dem Muttertag hätte mehr Zeit schenken können, damit hier die kleinen Wirrungen der Geschichte um eine Frau, die ständig schwanger wird wenn sie Sex hat und von ihrer Ärztin zu einem dubiosen Fruchtbarkeitsworkshop in die Wüste geschickt wird, weniger auffällig wären. Bei Ostern selbst ist die vorgegebene Idee der kindlichen Fantasie, welche den christlichen und Volksglauben des Osterfestes wüst zusammenwürfelt und wortwörtlich monströs werden lässt, das einzig funktionierende. Der Auflösung fehlt es an Kraft; der Rest drumherum wirkt konstruiert um das Ostermonster überhaupt in Szene zu setzen.

Wenn Kevin Smith, der seit einigen Jahren vom angesagten Indie-Regisseur zum B-Horror-Filmer mutierte, sich bei Halloween große Freiheiten nimmt und seine Geschichte an besagtem Tag spielt, das alte keltische Volksfest ansonsten gar nicht behandelt, mag das zuerst komplett gegen das Konzept arbeiten. Die krude Geschichte um drei Camgirls die ihrem schmierigen Boss seine Misshandlungen heimzahlen funktioniert als laute Feminismusbefürwortung und Anklage der Ausnutzung vieler Mädchen in der Sexbranche. Das mag einigen zu laut sein, Smith war allerdings noch nie als dezent feinfühliger Geschichtenerzähler bekannt. Die geht Holidays leider auch im gesamten abhanden, könnte man die Kurzgeschichtensammlung in wenigen Momenten als unterschwellig kämpferisch feministisch nennen. Alle Hauptfiguren der Kurzfilme sind - mit Ausnahme der Silvester-Ausgabe - weiblich, ein Großteil dieser kämpft sich aus einer Misere heraus, andere schlingern in eine hinein. Negative Ausgänge zum Trotz bleibt das weibliche Geschlecht bzw. die Weiblichkeit an sich präsent.

Eine konkrete Position oder Aussage trifft Holidays nicht. Sein thematischer Schwerpunkt scheint wichtiger; dieser ungestüme Willen dem Zuschauer durch die Feiertage des Jahres zu peitschen. Kreativität ist vorhanden, die Umsetzung der einzelnen Ideen ist nicht komplett zufriedenstellend. Weniger wäre mehr gewesen, so hätte das Team hinter dem Film den kämpferisch-weiblichen Charakter des Hintergrundes konkreter ausgestalten können. Scheinbar blieb den Machern die Gemeinsamkeiten der einzelnen Geschichten in Ausgangspunkt der Geschichten und Protagonisten verwehrt oder wurde - leider - als nicht zu wichtig erachtet. Mit diesem zweiten roten Faden hätte sich Holidays von der Existenz als eine letztendlich guten, aber auch einer unter vielen existierenden Anthologien absetzen können. Kurzweilig weil interessant, was da an Ideen (die neuartige VR-Brille in der Weihnachtsepisode oder die komplett angenehm austickende St. Patricks Day-Episode seien als Beispiele genannt) präsentiert wird.
Share: