Parallel zum Plot entwickelt sich Wolf Creek sukzessiv zum Torture-Serial-Killer-Hybriden und lässt der Exposition zunächst viel Zeit. McLean führt sein Hauptfiguren-Trio wie das Publikum langsam zum Kern seiner Geschichte, widmet sich lieber erst seinen Charakteren und deren Beziehungen untereinander. Der Australier ist sich der Wirkung seiner Heimat bewusst und macht bei der Reise zum Krater durch deren Fotografie deutlich, dass die karge Landschaft des Outbacks faszinierend und menschenunfreundlich ist. Im schlimmsten Falle kann sich diese, wie der vollständig vom Meer umschlossene Kontinent auch, zum Gefängnis entwickeln. Ausweg zwecklos. Das es noch dicker kommen soll, als nur im endlos erscheinenden Outback zu stranden, mag in der Luft liegen; selten gelingt es dem Film, Momente der Spannung zu entwickeln. Gleichzeitig ist jeder Zeit offensichtlich, wohin der Weg führen und Taylors Maskerade fallen wird. Wolf Creek ist nicht der erste Horrorthriller, der sich auf die Fahnen schreibt, eine auf wahren Begebenheiten basierende Geschichte erzählen zu wollen. Seine Bemühungen, gängige Genre-Dramaturgie zu nutzen und Authentizität vermitteln zu wollen, scheitern. Seine Geschichte wirkt überwiegend wie der kleinere Teil eines größeren, noch nicht erzählten oder dem Publikum verwehrten, Ganzen. Es ergeben sich Momente, in denen narrative Schwächen gleichzeitig wie Aussparungen innerhalb der erzählten Story wirken. Dazu verwechselt McLean den nervenzehrenden, psychologischen Terror mancher Genre-Klassiker mit dem stumpf-brachialen Folter-Modus des damaligen Horror-Zeitgeists. Zwar ist John Jarratt in der Rolle des Serienmörders überzeugend, dies kann man von Wolf Creek im ganzen leider nicht behaupten. Zu mehr als durchschnittlichem Outbackwood-Horror, weil manche Szenen in der ersten Hälfte recht gut funktionieren und der im Genre-Gros nicht herausstechende, aber gut umgesetzte, schmutzige Look gefällt, reicht es nicht.
Wolf Creek
Im weiten Outback Australiens hört man dich genauso wenig schreien wie im Weltraum. Nur das dort, wie es uns Greg McLean in Wolf Creek erzählt, keine mörderische, extraterrestrische Spezies, sondern eine Bestie in Menschengestalt auf die Jagd geht. Diese hört auf den Namen Mick Taylor, ein auf den ersten Blick etwas eigener, skurriler, aber auch nicht unsympathischer Kerl, der ungefähr wie damals Paul Hogan als Crocodile Dundee gewisse Klischees eines Bewohners des fünften Kontinents bedient. Wobei es mit Ivan Milat und Bradley Murdoch real existierende Vorbilder für die Figur Mick Taylor gibt. Beides verurteilte Mörder; Murdoch ist für die Tötung eines britischen, Milat gleich für mehrere Morde an Rucksacktouristen, verantwortlich. Deswegen brüstet sich der Film zu Beginn damit, dass er auf wahre Begebenheiten basiert und verwurstet Motive des für das Jahrzehnt seiner Entstehung typischen Torture-Horrors sowie des Serienmörder-Thrillers. In die Fänge des Outback-Rippers gelangen die Touris Kristy und Liz, die mit ihrer Bekanntschaft Ben einen Trip durch den Wolf Creek Nationalpark unternehmen, um sich dort einen riesigen Meteoritenkrater anzuschauen. Am Ziel angekommen, verreckt der Motor ihres Gefährts, was das Trio dazu zwingt, die Nacht im Auto zu verbringen. Bis eben jener Mick auftaucht und ihnen anbietet, sie mit seinem Truck abzuschleppen und ihr Auto zu reparieren. Die Gestrandeten willigen ein und merken, angekommen in der heruntergekommenen Behausung, irgendwo im Nirgendwo gelegen, nur langsam, dass ihr Helfer nicht so harmlos ist, wie er scheint.
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