Dienstag, 14. Mai 2024

November

In was für einer traurig grauen Welt leben all' jene Menschen, die fernab jeglicher Fantasie existieren und Märchen als Kinderkram abtun? Gefangen im urbanen, technisierten und automatisierten Alltag, rationell denkend, scheint dieser Art Leben wie Scheuklappen zu funktionieren, die den Blick von allem, was von der eng gesteckten Lebensnorm abweicht, abschirmt. Die Zerstreuung und Unterhaltung unterliegt gleichbleibender Muster, ist ebenso genormt wie abhängig von Algorithmen, die gemäß ihrer Syntax aus dem Verhalten der Nutzer lernen und ewig gleiches vorsetzen. Wer es schafft, über die Ränder und vorgerechnete, lieblos zusammengesetzt Unterhaltung hinweg zu schauen, der entdeckt jene magische Welten, wie sie Rainer Sarnet mit November erschuf. Wer gänzlich unvorbereitet in diesen faszinierenden, aus Versatzstücken estnischer Folklore erschaffenen Kosmos steigt, könnte sich hin und wieder darin verloren vorkommen. Für die Figuren dieser Erzählung mögen das vom Publikum erlebte Übernatürliche, die Absurditäten und Fantastereien völlig normal erscheinen. Kratt genannte, aus Werkzeugen zusammengebaute, lebendige Wesen die ständig eine Arbeit brauchen, Tote die einmal im Jahr zu ihren Familien zurückkehren, die Pest in Gestalt einer Ziege, welche sich mit einer über den Kopf gestülpten Unterhose austricksen lässt. Man stolpert einfach so in dieses Universum hinein und wandelt mit Fragen im Kopf durch dieses Erwachsenenmärchen, das nichts erklärt und damit vieles richtig macht aber auch überfordern kann.

Einen roten Faden in der Geschichte gibt es schon, der von Liina und ihrer unerfüllten Liebe zu Hans, der hingegen Luise, die Tochter eines deutschen Barons, begehrt, welche er nach einer Messe kennenlernt. Damit der Angebetete sein Herz an sie verlieren soll, sucht Liina den Rat der Dorfhexe, die ihr die Tötung Luises empfiehlt. Hans wiederum versucht mit Hilfe des Teufels selbst, der somnambulen Luise nahe zu kommen. Doch ist sie für Sarnet mehr ein konventioneller Zugang für das Publikum seines sich zwischen Drama, Märchen und Folk Horror bewegenden Werks. Irgendeine Geschichte, die zur Orientierung dient, benötigen internationale Kinobesucher oder im Heinkino befindliche Cinephile dann schon. Den wenigsten dürfte die estnische Folklore vertraut sein, dass man sich problemlos durch die auf Andrus Kivirähks Roman "Der Scheunenvogel" basierende Geschichte bewegen kann. Einziger Knackpunkt ist, dass darin so viel los ist und passiert, dass die grundlegende Erzählung aus der Augen verloren und zum Beiwerk wird. Dafür bezaubert November mit seiner Widersprüchlichkeit zwischen geerdetem, naturalistischem Look und traumhaft surrealen Momenten. Man bedient sich bei Motiven der schwarzen Romantik, altertümlichen Mythen, packt derben Humor dazu und bettet alles in eine großartig umgesetzte Schwarzweiß-Fotografie. Das nicht jeder etwas mit so einem wilden wie poetischen Film-Ritt kann, liegt auf der Hand. Um Konventionen ist Sarnet nicht bemüht. Lieber will er uns und alle an dieser märchenhaften Filmwelt interessierten Menschen dazu einladen, sich für gut zwei Stunden von der strukturierten, berechenbaren Realität zu verabschieden. Wer ein Faible für solcherlei einzigartige Filmerlebnisse hat, soll jegliche Skepsis oder Scheu ablegen. Denn: zu träumen wecke sich, wer kann! 

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Dienstag, 7. Mai 2024

Castle Freak

Gordon. Crampton. Combs. Namen, welche in dieser Kombination den Horror-Buffs häufig ein mehr als wohlwollendes Lächeln oder Kopfnicken entlocken. Mit den sehr freien Lovecraft-Adaptionen Re-Animator und From Beyond splatterte sich das Trio in den 80ern in viele Fan-Herzen. Mitte der 90er erinnerte sich Charles Band, der damals mit seinem Studio Empire den Vertrieb beider Filme übernahm, wieder an diese Kombination, heuerte alle für sein neuestes Projekt an und schickte sie getreu dem Motto "Aller guten Dinge sind drei" in sein in Umbrien gelegenes Schloss um dort die Magie noch einmal aufleben zu lassen. Für Castle Freak bediente man sich ebenfalls wieder am Œuvre von Lovecraft und bearbeitete dessen Kurzgeschichte "Der Außenseiter" noch freier, als es bei den beiden Funsplatter-Hits geschah. Der im Text namenlose Protagonist hört im fertigen Film auf den Namen Giorgio, welcher über Jahrzehnte von seiner Mutter im Keller eines italienischen Schlosses gefangen gehalten wurde. Als der Amerikaner John Reilly mit seiner Frau Susan und der blinden Tochter Rebecca auftaucht, um sich den frisch von einer bis dato unbekannten Tante geerbten Besitz anzuschauen, kann sich Giorgio aus seiner Gefangenschaft befreien. Fortan wandelt und lauert dieser in den dunklen Plätzen des alten Gemäuers. Zunächst nimmt nur Rebecca Notiz davon, dass noch jemand außer ihrer durch einen Schicksalsschlag zerrütteten Familie anwesend sein muss. Glauben schenkt man ihr zunächst nicht, bis sich die seltsamen Ereignisse häufen und die angespannte Stimmung zwischen John und Susan eskaliert.

Warum Castle Freak im Vergleich zu den beiden anderen Lovecraft-Vehikeln von Gordon nie die große Liebe vom Fandom erhielt, springt einem sofort ins Auge. Im Gegensatz zu diesen ist er keine zügellose, bunte, mit makabren Scherzen durchzogene Gore-Achterbahnfahrt sondern das komplette Gegenteil. Düster, stockernst und manches Mal leider auch stocksteif, nimmt man den Film als fast schon biedere Angelegenheit wahr. Dabei gestaltet Gordon wie auch Drehbuchautor Dennis Paoli die Geschichte mehr als gotisches Schauerstück, dass sich gleichermaßen dem DTV-Horror-Zeitgeist der 90er verschreibt und das für den amerikanischen Horrorfilm beliebte Motiv der dysfunktionalen Familie, die zusätzlich mit einer Bedrohung von Außen kämpfen muss, nutzt. Bevor diese in Form des titelgebenden Monstrums über den Reillys hereinbricht, nimmt sich die Geschichte viel Zeit für die innerfamiliäre Tragödie. Das in dieser wohnende Ungeheuer - namentlich Verlust genannt - kann man gleichzeitig als zentrales Thema des Films ausmachen. Jeder hat für sich etwas teures verloren. Die Reillys bei einem von John verursachten Unfall,  bei dem Rebecca ihr Augenlicht verlor, den Sohn, Giorgios Mutter den sie betrügenden Mann und Giorgio wurde deswegen wiederum um ein normales Leben gebracht. Der vom Theater stammende Gordon geht die Gestaltung der aus bekannten Motiven konstruierte Geschichte ernsthaft an, kann darin vorkommende Längen durch den langsamen, bedachten und teils theatralischen Aufbau schlecht kaschieren. Auf der anderen Seite kann Castle Freak durch eine für Full Moon-Verhältnisse sehr schwermütige Stimmung und der famosen Maske und Darstellung Giorgios gefallen. So monströs bösartig, wie uns die Vermarktung des Films glauben lassen möchte, ist dieser nicht. Auch er ist tragisches Opfer, unbeholfen, welches in der für ihn unbekannten Welt ein Außenseiter ist, sich darin schwerlich zurecht findet und an der Gewalt, welche man ihm über Jahrzehnte angetan hat, in der Interaktion mit den nun im Schloss befindlichen Menschen, orientiert. Die Tragik seiner Geschichte erinnert entfernt an das Monster in Mary Shelleys "Frankenstein". Letztendlich stellt der Film, wenn auch wenig feinfühlig, fest, dass jener Verlust und daraus resultierendes Schicksal das eigentliche Monster ist. Um dem Publikum einige Schauwerte zu bieten, dürfen Sex und einige blutige Momente nicht fehlen, die Castle Freak einen kruden, aber nicht unbedingt üblen Gesamteindruck schenken. Um als um Ernsthaftigkeit bemühter, erwachsener Horrorfilm zu punkten, ist er leider doch eine Spur zu seicht, bietet allerdings eine durchaus ansprechende Präsentation und zudem ein so nicht zu erwartendes Ende. 


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Donnerstag, 2. Mai 2024

Schön bis in den Tod

Die Oberfläche von Schön bis in den Tod ist so glatt, so konturlos, dass jeder im Film aus den Körpern der Darstellerinnen und Darsteller hervorquellende Tropfen Blut an ihr geschwind herabgleitet. Die Schönheit der Jugend strahlt im Hochglanz und will sein Publikum anscheinend deswegen damit blenden, um dieses vom hohlen und flachen Plot des Films abzulenken. Der Vorspann erzählt uns, dass er auf dem Originalskript von Mark Rosmans The House on Sorority Row (hier besprochen) bzw. Seven Sisters, so der in den Credits genannte Alternativtitel des 1983 entstandenen Vorbilds, basiert. Gemeinsamkeiten sind tatsächlich wenig auszumachen. Die Schwesternschaft einer Stundenverbindung findet sich ebenso wieder wie deren Versuch, die aus einem schief gegangenen, makabren Streich resultierende Leiche - diesmal von einer Kommilitonin - zu beseitigen. Um ihre Zukunft nicht mit sowas unschönem wie einem unglücklichen Unfall zu verbauen, beschließt man, die Tote im Brunnen einer verlassenen Mine zu entsorgen und das gemeinsame Geheimnis zu bewahren. Wohlgemerkt unter dem Protest der Vernünftigsten des Freundeskreis. Acht Monate später, nach überstandenem Abschluss, werden die jungen Frauen von der mörderischen Vergangenheit eingeholt. Sie erhalten allesamt eine MMS mit dem Bild der Mordwaffe aus jener Tatnacht und werden fortan von einer vermummten Gestalt gejagt und äußerst brutal aus dem Leben gerissen.

Während das Original wie die Inspiration für Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast wirkt, so ist das Remake mehr ein mäßiger Abklatsch von diesem, der seinen Ursprungsfilm aus den frühen 80ern lediglich dazu benutzt, sein Abkupfern beim 1997 entstandenen Kinohit zu rechtfertigen. Schlecht sieht das ganze nicht aus, nur Eigenständigkeit wird vollends vermisst. Die junge Zielgruppe und Horrorfans werden mit - dem Subgenre gerecht - nackter Haut und Gore bei Stange gehalten, während eindimensionale Figuren in einem auch sonst nach Genrekonventionen funktionierenden Plot über bestehende Logiklöcher stolpern. Der Film orientiert sich deutlich an dem, was nach dem Erfolg von Wes Cravens Meta-Schlitzer Scream - Schrei! in die Kinos gespült worden ist. Handwerklich routiniert, aber so aalglatt und auf dem Reißbrett für die Masse konzipiert, dass Schön bis in den Tod zu einem schnell verblassenden Abziehbild seiner Vorbilder wird. Zwar bietet der Slasher im Gesamten leidlich unterhaltsamen Mainstream-Horror, aber ist auch so schnell vergessen und vergänglich wie die Schönheit, die zumindest dem deutschen Titel des Films nach bis über die Vergänglichkeit hinaus andauert. 

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Mittwoch, 1. Mai 2024

The House on Sorority Row

Wer in einem über die Jahre rapide einfältig und stumpf gewordenen Subgenre wie dem Slasher originelle Stoffe sucht, dürfte diese aufgrund von Ermüdungserscheinungen schnell einstellen. Auch The House on Sorority Row ist nicht der höchstoriginellste Film, aber kommt im Vergleich zu anderen Genre-Beiträgen mit genügend Eigenständigkeit daher, um sein Publikum bei der Stange zu halten. Der 1983 entstandene und bis dato nie im deutschsprachigen Raum veröffentlichte Schlitzerstreifen bietet dabei alles, was sich in den frühen 80er Jahren im Genre bereits etabliert hatte. Nach seiner in der Vergangenheit spielenden Exposition, welche - selbstredend - den späteren Twist des Films vorbereitet, schwenkt er in das Wohnheim einer weiblichen Studentenverbindung. Es ist Semesterende, alle bereiten die Abfahrt nach Hause vor und nur eine kleine Gruppe Studentinnen möchte, wenn alle inklusive der restriktiven Hausmutter Mrs. Slater das Heim verlassen haben, eine große Sause steigen lassen. Von der bekommt Mrs. Slater Wind, verweigert den jungen Frauen quasi die Feier im Wohnheim und lässt die dadurch entstehenden Streitigkeiten eskalieren, als sie eine der Organisatorinnen bei einem Schäferstündchen erwischt und ihr mit ihrem Gehstock kurzerhand das neue Wasserbett zerstört. Der daraufhin geplante Old-School-Prank um die Slater gehörig zu erschrecken, geht schrecklich schief und schickt die Hausmutter in die ewigen Jagdgründe. Neben der Feier haben die Studentinnen nun nicht nur das Problem, die Leiche der alten Dame unbemerkt zu entsorgen. Irgendjemand scheint von dem Mord erfahren zu haben und beseitigt während der Party die am Streich beteiligten Damen.

Regisseur und Autor Mark Rosman, ein Protegé Brian De Palmas, wagt bei seinem Horrorfilm den Versuch, Elemente der Thriller seines Lehrmeisters mit den üblichen Formeln des Slashers zu verbinden. Nur lässt er den Spannungsbogen zu Beginn arg schlingern und räumt der Einführung seiner Figuren großen Raum ein. Das hat weniger etwas mit Zeit schinden zu tun, sondern ist mehr der merklichen Absicht geschuldet, dass das Publikum eine Verbindung mit den Schwestern der Verbindung aufbauen soll, um deren Aversion gegen die Figur der Mrs. Slater auf die Zusehenden zu übertragen und final den ersten Climax des Plots - den eskalierenden Streich - zu verstärken. Die Spannungsmomente werden sowohl zu diesem wie im späteren Zeitpunkt recht herkömmlich herbeigeführt und auch wenn Rosman bemüht zu sein scheint, sich nicht stark an gängigen Mustern des Genres zu orientieren: frei hiervon oder von Klischees ist auch The House on Sorority row nicht und auch der All-Girl-Cast des Films, an sich eine angenehme Abwechslung zu den das Genre beherrschenden, tumben Kerls, scheint mehr an hemmungslosem Alkoholkonsum und promiskem Sex als allem anderen interessiert zu sein. Was den Film vom Gros anderer Werke leicht abhebt, ist die Tatsache, dass Rosman seinen Killer nicht zum verlängerten Arm von republikanischen Konservatismus macht. Rache ist Blutwurst und seine Motivation, den Odem der jungen Frauen auszuhauchen. Ist die Geschichte einmal in Gang gekommen, bietet The House on Sorority Row mit den für seine Protagonistinnen chaotischen Verhältnissen und daraus resultierenden Situationen keine aus dem Stuhl fegende, aber atmosphärisch hübsche und durchaus unterhaltsame Genre-Kost, welche wie eine Mischung aus Thrillern der 70er und Früh-80er-Slashern wirkt, die zudem überraschend harsche Effektszenen bereit hält. Wer sich beim Plot an Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast erinnert fühlt, darf sich auf die Schulter klopfen und auch dessen Autor Kevin Williamson dürfte sich hier etwas Inspiration abgeholt haben. Ironischerweise wirkt das Remake von The House on Sorority Row - dazu an anderer Stelle demnächst mehr - wie ein stark auf diesen schielenden, aber mäßiger Aufguss des Kinokassenhits. 
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Dienstag, 30. April 2024

Rexosaurus

Ist Charles Band unter all' den B-Film-Produzenten-Veteranen nicht nur das Stehaufmännchen sondern womöglich noch ein Visionär? Zumindest hätte es unter dem Banner seines Produktionsstudios Full Moon beinahe den Vorläufer zu den heute zumindest auf Produzentenseite recht beliebten Cinematic Universes gegeben. Selbst riesiger Comic-Fan, wurde Band von den im Medium nicht unüblichen Crossovers inspiriert und plante bereits seit Empire-Tagen ein Franchise, in dem die von ihm und Marvel-Legende Jack Kirby für dieses erdachten Figuren in gemeinsamen Filmen auftreten sollten. Bevor es losgehen konnte, ging Empire das Geld und die Puste aus. Bei Full Moon fehlte ihm leider ebenfalls das nötige Kleingeld, um alle Ideen so umzusetzen, wie er es geplant hatte. An Crossovers gab es es nur wenige wie beispielsweise Tod im Spielzeugland (aka Dollman vs. Demonic Toys). Zum geplanten Team-Up-Film Legion of Doom, in dem u. a. aus Einzelfilmen bekannte Charaktere wie dem Mandroid oder Dr. Mordrid aus Rexosaurus auftreten und zusammenarbeiten sollten, kam es nie. Zumindest konnte der von Jeffrey Combs dargestellte Doktor in einem recht drolligen Einzelfilm unterhalten.

Als Wissenschaftler Dr. Anton Mordrid getarnt, wacht der aus einer anderen Dimension stammende Magier über das Wohlergehen unseres Erdenrunds. Als sich sein ebenfalls mit magischen Kräften ausgestattete Erzfeind Kabal aus seinem Gefängnis befreien kann, versucht Mordrid gegen dessen Plan, die Bewohner der Erde zu versklaven, anzukämpfen. Unterstützt von seiner neugierigen Nachbarin Samantha nimmt er den erneuten Kampf von Gut gegen Böse auf. Das aus dem im deutschen Raum leicht unpassend Rexosaurus betitelte Werk eigentlich eine Verfilmung von Marvels Doctor Strange hätte werden sollen, merkt man deutlich. Die bereits während der Empire-Zeit gekaufte Lizenz lief schlichtweg aus und so wurden einige Anpassungen vorgenommen, um dem interessierten Publikum einen halbwegs eigenständigen Charakter zu präsentieren. Diese Präsentation geht, nicht unüblich für Titel aus der Band'schen Filmschmiede, trotz einer Laufzeit unter achtzig Minuten in behäbigem Tempo von statten. Womit sich andere Full-Moon-Werke so selbst im Wege stehen, macht hier - sofern man über die Hintergründe der Produktion Bescheid weiß - halbwegs Sinn. Man fühlt Rexosaurus an, dass da noch mehr kommen sollte und dies nicht das Ende der Fahnenstange gewesen wäre. Er ist eine im Sand verlaufende Origin Story, der mit seiner comichaften Darstellung und seinem Augenmerk auf den Fantasy-Aspekt häufig harmloses, aber selbst heute noch charmantes Film-Fastfood auffährt. Eben das auch in meinen Besprechungen zur Puppetmaster-Reihe öfter erwähnte, eindimensionale Full-Moon-Family-Package. Gerettet wird dieses Einerlei mit seinem schleppend voranschreitenden Plot von gut aufgelegten Darstellern und heute rustikal erscheinenden, aber immer noch ganz hübschen Effekten. Diesbezüglich stellt der im Finale stattfindende Kampf zweier zum Leben erweckten Skelette eines Dinosauriers und eines Mammuts den absoluten Höhepunkt des Films dar. Die Diskrepanz zwischen kindlichem Fantasy-Stoff und Elementen, die eher auf ein erwachseneres Publikum abzielen, verleihen Rexosaurus noch mehr diese Aura der Eigentümlichkeit, auf die sich der Film zwar nicht ausruhen, aber überdurchschnittlich gut unterhalten kann. 

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Mittwoch, 24. April 2024

Ghost Town

Die Kombination der Genres Horror und Western birgt einiges an Potenzial. Bedauerlich, dass es tatsächlich wenige Werke gibt, welche amtlichen Grusel mit dem amerikanischsten aller Filmgenres kombiniert. Ende der 80er rotzte Charles Band mit seinem Indie-Studio Empire den Film Ghost Town in die Videotheken (und in seinem Entstehungsland sehr limitiert auch in die Kinos) und versuchte sich zumindest daran, dem Publikum einen Grusel-Western zu präsentieren. Ausgangspunkt ist die Suche von Deputy Langley nach der jungen Blondine Kate, die man zu Beginn des Films mit ihrem roten Cabrio über eine einsame Landstraße brausen sieht. Just von der eigenen Hochzeit geflüchtet, landet sie im wortwörtlichen Geisterstädtchen Cruz Del Diablo, in dem der untote Desperado Devlin wütet und die längst verstorbenen Bewohner der kleinen Ortschaft davon abhält, in Frieden ins Jenseits überzutreten. Wenig überraschend verschlägt es auch Langley in die Stadt, frisch vom einst von Devlin niedergemähten Sheriff Harper mit der Aufgabe vertraut, den diabolischen Outlaw in seine Schranken zu verweisen.

Die Tour de Force des unfreiwillig zum Sheriff beförderten Langley in den Weird West fällt bei allen netten Ideen, die der Film bietet, überwiegend narrativ angestrengt aus. Während die sichtlich, dem ebenfalls schmalen Budget geschuldeten, kargen Kulissen dank einer hübschen wie effektiven Fotografie zur Thematik des Films passend erscheinen mögen, nagt der Wurm des Zerfalls im Plot. Einzelne, gelungene Szenen können gegen die restliche, im Leerlauf vor sich hin tuckernde Handlung nicht ankämpfen. Das Mysterium um Cruz Del Diablo, dessen Bewohner und Tyrann Devlin und seiner Bande könnte seichte, aber durchaus ansprechende Unterhaltung bieten. Richtig warm wird man selten mit dem Film, da die darin befindlichen, einzelnen Ideen wenig trefflich zu einem funktionierenden Gesamtwerk zusammengefügt wurden. Die Crux ist, dass das insgesamt betrachtet höchst bedauerlich ist. Ghost Town ist ein einziges hätte, wäre, könnte; was nützt beispielsweise anschauliche Maskenarbeit, wenn der Antagonist ein Abziehbild diverser Schreckensfiguren des B-Horrors und von Western-Mieslingen ist? So planlos wie anfänglich der Protagonist gebiert sich der komplette Film, dem sein Setting sichtlich ein Stück weit egal ist. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ausgerechnet das Land des Westerns diesen nicht adäquat mit Horror-Elementen ausstaffieren kann. Gänzlich gruselbefreit ist der gebotene Schrecken entweder mit Gleichgültigkeit oder bedauernswerter Langeweile gesegnet. Wenn es doch mal funktioniert, bietet Ghost Town leider nicht mehr als Durchschnitt.

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Samstag, 20. April 2024

Tourist Trap

Egal ob groß oder klein: Puppen tauchen über die Jahrzehnte immer wieder im filmischen Vermächtnis von Charles Band auf. Als an seine späteren Studios Empire Entertainment und Full Moon noch nicht zu denken war, kreuzten sich bereits die Wege des umtriebigen Produzenten und seines späteren Puppetmaster-Regisseurs David Schmoeller. In dessen Debütfilm Tourist Trap, bei dem Band der ausführende Produzent war, lehren Schaufensterpuppen dem Publikum und einer Gruppe von Ausflüglern - drei attraktive Frauen und ein Kerl - das Fürchten. Diese treffen nach einer Reifenpanne auf den gutmütigen, aber sich auch etwas seltsam benehmenden Slauson, der an einer ausgestorbenen Landstraße ein kleines Museum betreibt. Darin werden mit den angesprochenen Schaufensterpuppen und ein paar wenigen Wachsfiguren Szenen aus der amerikanischen Geschichte nachgestellt. Nach nicht allzu langer Zeit müssen die bei Slauson gestrandeten Freunde feststellen, dass es in dessen Touristenfalle nicht mit rechten Dingen zugeht. Sein in einem nahegelegenen Haus lebender Bruder Eric scheint den Leuten nachzustellen und auch die Puppen besitzen ein merkwürdiges Eigenleben.

Tourist Trap ist wahrlich ein kauziger, kleiner Horrorfilm, der weit entfernt von Stuart Gordons fantasiereichem Dolls, den Band mit Empire produzierte, oder späteren, diversen Full Moon-Produktionen mit wuselndem Mörder-Spielzeug ist. Assoziationen mit Tobe Hoopers The Texas Chainsaw Massacre kommen nicht von ungefähr. Dessen Art Director Robert Burns war auch für den Look von David Schmoellers ersten Langfilm verantwortlich und verwandelte Slausons Ausstellungsraum und die anliegenden Behausungen in Kabinette des Unbehagens. Der Film gefällt von Beginn an durch seine abgerockten Kulissen, über denen eine düstere Schönheit des Verfalls liegt und besticht mit einem heute noch ungewöhnlichen Genre-Mix aus frühem Slasher, leichten Anflügen von Backwood-Hillbilly- und übernatürlichem Horror. Hin und wieder wirkt das, als wäre der von Chuck Connors gemimte Slauson ein unheilvoller Verwandter von Vincent Price in Das Kabinett des Professor Bondi, welcher im einsamen amerikanischen Hinterland gegen das Vergessen wirkt. Nur die in dieser American-Backwood-Gothic-Tale vorkommenden übernatürlichen Elemente ecken mit dem restlichen Plotverlauf an und können sich leider nie komplett in diesen Fügen. Jene Ecken und Kanten sind gleichermaßen ein dickes Plus auf dem Konto des Films, welches die Schwächen des Scripts im weiteren Verlauf ausbügeln können. Dieses löst das ohnehin offensichtliche Geheimnis um Slausons Bruder recht früh auf und beschränkt sich ab dort auf formelle Genre-Kost. Dank Schmoellers launiger Regie, einem tollen Score aus der Feder von Pino Donaggio und der Kameraarbeit von Josef von Sternbergs Sohn Nicholas (um das Namedropping abzurunden, sei noch erwähnt, dass William Wylers Sohn David Regisseur der Second Unit war und Cutter Ted Nicolaou einige Jahre später für Charles Band u. a. Subspecies inszenieren sollte) überwiegt ein positiver Eindruck, da Tourist Trap zwar zwischen den (Genre-)Stühlen sitzt, sich dort aber merklich schnell eine bequeme Position verschafft, von der aus er auch heute noch wirksame, unheimliche Szenen kredenzt und mit seiner ganz eigenen Stimmung überzeugen kann. 

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