Warum Castle Freak im Vergleich zu den beiden anderen Lovecraft-Vehikeln von Gordon nie die große Liebe vom Fandom erhielt, springt einem sofort ins Auge. Im Gegensatz zu diesen ist er keine zügellose, bunte, mit makabren Scherzen durchzogene Gore-Achterbahnfahrt sondern das komplette Gegenteil. Düster, stockernst und manches Mal leider auch stocksteif, nimmt man den Film als fast schon biedere Angelegenheit wahr. Dabei gestaltet Gordon wie auch Drehbuchautor Dennis Paoli die Geschichte mehr als gotisches Schauerstück, dass sich gleichermaßen dem DTV-Horror-Zeitgeist der 90er verschreibt und das für den amerikanischen Horrorfilm beliebte Motiv der dysfunktionalen Familie, die zusätzlich mit einer Bedrohung von Außen kämpfen muss, nutzt. Bevor diese in Form des titelgebenden Monstrums über den Reillys hereinbricht, nimmt sich die Geschichte viel Zeit für die innerfamiliäre Tragödie. Das in dieser wohnende Ungeheuer - namentlich Verlust genannt - kann man gleichzeitig als zentrales Thema des Films ausmachen. Jeder hat für sich etwas teures verloren. Die Reillys bei einem von John verursachten Unfall, bei dem Rebecca ihr Augenlicht verlor, den Sohn, Giorgios Mutter den sie betrügenden Mann und Giorgio wurde deswegen wiederum um ein normales Leben gebracht. Der vom Theater stammende Gordon geht die Gestaltung der aus bekannten Motiven konstruierte Geschichte ernsthaft an, kann darin vorkommende Längen durch den langsamen, bedachten und teils theatralischen Aufbau schlecht kaschieren. Auf der anderen Seite kann Castle Freak durch eine für Full Moon-Verhältnisse sehr schwermütige Stimmung und der famosen Maske und Darstellung Giorgios gefallen. So monströs bösartig, wie uns die Vermarktung des Films glauben lassen möchte, ist dieser nicht. Auch er ist tragisches Opfer, unbeholfen, welches in der für ihn unbekannten Welt ein Außenseiter ist, sich darin schwerlich zurecht findet und an der Gewalt, welche man ihm über Jahrzehnte angetan hat, in der Interaktion mit den nun im Schloss befindlichen Menschen, orientiert. Die Tragik seiner Geschichte erinnert entfernt an das Monster in Mary Shelleys "Frankenstein". Letztendlich stellt der Film, wenn auch wenig feinfühlig, fest, dass jener Verlust und daraus resultierendes Schicksal das eigentliche Monster ist. Um dem Publikum einige Schauwerte zu bieten, dürfen Sex und einige blutige Momente nicht fehlen, die Castle Freak einen kruden, aber nicht unbedingt üblen Gesamteindruck schenken. Um als um Ernsthaftigkeit bemühter, erwachsener Horrorfilm zu punkten, ist er leider doch eine Spur zu seicht, bietet allerdings eine durchaus ansprechende Präsentation und zudem ein so nicht zu erwartendes Ende.
Dienstag, 7. Mai 2024
Donnerstag, 2. Mai 2024
Schön bis in den Tod
Während das Original wie die Inspiration für Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast wirkt, so ist das Remake mehr ein mäßiger Abklatsch von diesem, der seinen Ursprungsfilm aus den frühen 80ern lediglich dazu benutzt, sein Abkupfern beim 1997 entstandenen Kinohit zu rechtfertigen. Schlecht sieht das ganze nicht aus, nur Eigenständigkeit wird vollends vermisst. Die junge Zielgruppe und Horrorfans werden mit - dem Subgenre gerecht - nackter Haut und Gore bei Stange gehalten, während eindimensionale Figuren in einem auch sonst nach Genrekonventionen funktionierenden Plot über bestehende Logiklöcher stolpern. Der Film orientiert sich deutlich an dem, was nach dem Erfolg von Wes Cravens Meta-Schlitzer Scream - Schrei! in die Kinos gespült worden ist. Handwerklich routiniert, aber so aalglatt und auf dem Reißbrett für die Masse konzipiert, dass Schön bis in den Tod zu einem schnell verblassenden Abziehbild seiner Vorbilder wird. Zwar bietet der Slasher im Gesamten leidlich unterhaltsamen Mainstream-Horror, aber ist auch so schnell vergessen und vergänglich wie die Schönheit, die zumindest dem deutschen Titel des Films nach bis über die Vergänglichkeit hinaus andauert.
Mittwoch, 1. Mai 2024
The House on Sorority Row
Dienstag, 30. April 2024
Rexosaurus
Als Wissenschaftler Dr. Anton Mordrid getarnt, wacht der aus einer anderen Dimension stammende Magier über das Wohlergehen unseres Erdenrunds. Als sich sein ebenfalls mit magischen Kräften ausgestattete Erzfeind Kabal aus seinem Gefängnis befreien kann, versucht Mordrid gegen dessen Plan, die Bewohner der Erde zu versklaven, anzukämpfen. Unterstützt von seiner neugierigen Nachbarin Samantha nimmt er den erneuten Kampf von Gut gegen Böse auf. Das aus dem im deutschen Raum leicht unpassend Rexosaurus betitelte Werk eigentlich eine Verfilmung von Marvels Doctor Strange hätte werden sollen, merkt man deutlich. Die bereits während der Empire-Zeit gekaufte Lizenz lief schlichtweg aus und so wurden einige Anpassungen vorgenommen, um dem interessierten Publikum einen halbwegs eigenständigen Charakter zu präsentieren. Diese Präsentation geht, nicht unüblich für Titel aus der Band'schen Filmschmiede, trotz einer Laufzeit unter achtzig Minuten in behäbigem Tempo von statten. Womit sich andere Full-Moon-Werke so selbst im Wege stehen, macht hier - sofern man über die Hintergründe der Produktion Bescheid weiß - halbwegs Sinn. Man fühlt Rexosaurus an, dass da noch mehr kommen sollte und dies nicht das Ende der Fahnenstange gewesen wäre. Er ist eine im Sand verlaufende Origin Story, der mit seiner comichaften Darstellung und seinem Augenmerk auf den Fantasy-Aspekt häufig harmloses, aber selbst heute noch charmantes Film-Fastfood auffährt. Eben das auch in meinen Besprechungen zur Puppetmaster-Reihe öfter erwähnte, eindimensionale Full-Moon-Family-Package. Gerettet wird dieses Einerlei mit seinem schleppend voranschreitenden Plot von gut aufgelegten Darstellern und heute rustikal erscheinenden, aber immer noch ganz hübschen Effekten. Diesbezüglich stellt der im Finale stattfindende Kampf zweier zum Leben erweckten Skelette eines Dinosauriers und eines Mammuts den absoluten Höhepunkt des Films dar. Die Diskrepanz zwischen kindlichem Fantasy-Stoff und Elementen, die eher auf ein erwachseneres Publikum abzielen, verleihen Rexosaurus noch mehr diese Aura der Eigentümlichkeit, auf die sich der Film zwar nicht ausruhen, aber überdurchschnittlich gut unterhalten kann.
Mittwoch, 24. April 2024
Ghost Town
Die Tour de Force des unfreiwillig zum Sheriff beförderten Langley in den Weird West fällt bei allen netten Ideen, die der Film bietet, überwiegend narrativ angestrengt aus. Während die sichtlich, dem ebenfalls schmalen Budget geschuldeten, kargen Kulissen dank einer hübschen wie effektiven Fotografie zur Thematik des Films passend erscheinen mögen, nagt der Wurm des Zerfalls im Plot. Einzelne, gelungene Szenen können gegen die restliche, im Leerlauf vor sich hin tuckernde Handlung nicht ankämpfen. Das Mysterium um Cruz Del Diablo, dessen Bewohner und Tyrann Devlin und seiner Bande könnte seichte, aber durchaus ansprechende Unterhaltung bieten. Richtig warm wird man selten mit dem Film, da die darin befindlichen, einzelnen Ideen wenig trefflich zu einem funktionierenden Gesamtwerk zusammengefügt wurden. Die Crux ist, dass das insgesamt betrachtet höchst bedauerlich ist. Ghost Town ist ein einziges hätte, wäre, könnte; was nützt beispielsweise anschauliche Maskenarbeit, wenn der Antagonist ein Abziehbild diverser Schreckensfiguren des B-Horrors und von Western-Mieslingen ist? So planlos wie anfänglich der Protagonist gebiert sich der komplette Film, dem sein Setting sichtlich ein Stück weit egal ist. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ausgerechnet das Land des Westerns diesen nicht adäquat mit Horror-Elementen ausstaffieren kann. Gänzlich gruselbefreit ist der gebotene Schrecken entweder mit Gleichgültigkeit oder bedauernswerter Langeweile gesegnet. Wenn es doch mal funktioniert, bietet Ghost Town leider nicht mehr als Durchschnitt.
Samstag, 20. April 2024
Tourist Trap
Tourist Trap ist wahrlich ein kauziger, kleiner Horrorfilm, der weit entfernt von Stuart Gordons fantasiereichem Dolls, den Band mit Empire produzierte, oder späteren, diversen Full Moon-Produktionen mit wuselndem Mörder-Spielzeug ist. Assoziationen mit Tobe Hoopers The Texas Chainsaw Massacre kommen nicht von ungefähr. Dessen Art Director Robert Burns war auch für den Look von David Schmoellers ersten Langfilm verantwortlich und verwandelte Slausons Ausstellungsraum und die anliegenden Behausungen in Kabinette des Unbehagens. Der Film gefällt von Beginn an durch seine abgerockten Kulissen, über denen eine düstere Schönheit des Verfalls liegt und besticht mit einem heute noch ungewöhnlichen Genre-Mix aus frühem Slasher, leichten Anflügen von Backwood-Hillbilly- und übernatürlichem Horror. Hin und wieder wirkt das, als wäre der von Chuck Connors gemimte Slauson ein unheilvoller Verwandter von Vincent Price in Das Kabinett des Professor Bondi, welcher im einsamen amerikanischen Hinterland gegen das Vergessen wirkt. Nur die in dieser American-Backwood-Gothic-Tale vorkommenden übernatürlichen Elemente ecken mit dem restlichen Plotverlauf an und können sich leider nie komplett in diesen Fügen. Jene Ecken und Kanten sind gleichermaßen ein dickes Plus auf dem Konto des Films, welches die Schwächen des Scripts im weiteren Verlauf ausbügeln können. Dieses löst das ohnehin offensichtliche Geheimnis um Slausons Bruder recht früh auf und beschränkt sich ab dort auf formelle Genre-Kost. Dank Schmoellers launiger Regie, einem tollen Score aus der Feder von Pino Donaggio und der Kameraarbeit von Josef von Sternbergs Sohn Nicholas (um das Namedropping abzurunden, sei noch erwähnt, dass William Wylers Sohn David Regisseur der Second Unit war und Cutter Ted Nicolaou einige Jahre später für Charles Band u. a. Subspecies inszenieren sollte) überwiegt ein positiver Eindruck, da Tourist Trap zwar zwischen den (Genre-)Stühlen sitzt, sich dort aber merklich schnell eine bequeme Position verschafft, von der aus er auch heute noch wirksame, unheimliche Szenen kredenzt und mit seiner ganz eigenen Stimmung überzeugen kann.
Freitag, 19. April 2024
Dream Scenario
Kristoffer Borgli, Regisseur der empfehlenswerten, bösartigen Satire Sick of Myself, besticht in seinem Hollywood-Debüt schon mit der Besetzung der männlichen Hauptrolle. Er setzt seine Hauptfigur der schnelllebigen Welt der sozialen Medien aus, lässt diese zum Meme werden, bevor der schnelle Hype in Ablehnung umschwenkt und lässt diese von einem Meme aus Fleisch und Blut verkörpern. Der auch für das Script verantwortliche Norweger wirft seinen Protagonisten und das Publikum unvermittelt in die immer grotesker werdende Szenerie, die zunächst so wunderlich wie amüsant ist. Das er seinen Blick auf die Träume einzelner richtet und ihnen vermeintlich Aufmerksamkeit schenkt, ist eine smarte Finte, mit denen er sicherlich viele an der Nase herum führt. Die mit Horror-Zitaten gespickte Traumgebilde irritieren; uns vor der Leinwand wie die Figuren - allen voran Paul. Das nie beantwortet wird, wieso das alles passiert: pure Absicht von Borgli. Auch in der Realität wird selten nach Ursprüngen von Hypes, Memes etc. gefragt. Sie kommen und gehen. Im Falle von Paul äußerst unschön. Der ratlose Wissenschaftler, vom Trubel um seine Person sichtlich überwältigt und teils überfordert, weiß nicht wie ihm geschieht, als die Albträume beginnen, er darin aggressiv zu Werke geht und sich Leute in seiner Gegenwart plötzlich unwohl fühlen und ihn canceln. Der zunächst trefflich awkward umgesetzte Kommentar über die Unsinnigkeiten von Social Media und dem dortigen ephemeren Interesse an Menschen überspannt in der zweiten Hälfte den Bogen mit seiner Sicht auf Cancel Culture. Das Paul unbescholten, damit ein Opfer ist, welches nichts für sein urplötzlich aggressives Auftreten in den Träumen kann, liegt auf der Hand. Ihm werden zu Unrecht Existenzgrundlagen genommen und so honorabel Borglis Finger in diese gesellschaftliche Wunde drückt, so scheint er dies gleichzeitig vollkommen zu verteufeln. Gleich, welchen Hintergrund das Canceln besitzt. Komplett kann man hier mit Dream Scenario nicht konform sein, der die Unauffälligkeit, das Muffige seines Protagonisten bis ins Szenenbild ausbreitet und in schönen Momenten wie aus einem Guss wirkt. Selbstredend fügen sich auch die Traumszenen in die komplette Filmszenerie ein. Borgli schuf eine intelligente Groteske mit einem toll aufspielenden Cage, deren Subtext der zweiten Hälfte es unpassend zum restlichen Werk maßlos übertreibt. Das macht den Film leider falsch edgy.