Der Fluch der Fortsetzung treibt uns dazu, Werke anzuschauen, die man hinterher als verschwendete Lebenszeit bezeichnet. Aus kommerzieller und wirtschaftlicher Sicht ist die Entscheidung der Studios, einem Erfolg, mit dem man vielleicht nicht mal gerechnet hat, einen zweiten Film folgen zu lassen, verständlich. Lässt ein Sequel die Leute, welche das erste Werk begeistert aufgenommen haben, ebenfalls ins Kino gehen, wie einfach Neugierige die, solche soll es ja auch geben, erst hinterher den Ursprungsfilm anschauen. The Descent wurde zu seiner Entstehung im Fandom wie im Mainstream gut aufgenommen, zu meinem ersten Highlight des diesjährigen Horrorctobers und wenn schon der erste Teil es auf die Liste geschafft hat, bot dies die Gelegenheit, die Fortsetzung von Neil Marshalls Film nachzuholen.
Mit wenig Erwartungen, die bei Sequels zu Überraschungshits meiner Meinung nach ohnehin nie zu hoch sein sollten, machte ich mich an die bisher einzige Regiearbeit von Jon Harris heran. Vier Jahre gingen bis zur Fortsetzung ins Land, die an die Ereignisse des ersten Teils anschließt. Sarah hat es als vermeintlich einzige Überlebende der Gruppe von Freundinnen und Extremsportlerinnen aus dem höllischen Höhlenlabyrinth heraus geschafft. Die auf der Suche nach den mittlerweile als vermisst gemeldeten Frauen befindliche Polizei versucht Licht ins Dunkel zu bringen und hofft auf die Hilfe der noch neben sich stehenden, traumatisierten Sarah. Nach der Analyse von Proben die man vom blutverschmierten Oberteil der Überlebenden nahm und diese mit den bekannten Blutgruppen der Vermissten übereinstimmten, gerät sie in den Verdacht, etwas mit dem Verschwinden der Frauen zu tun zu haben. Unter der Leitung des knurrigen Sheriffs Vaines, begibt man sich zusammen mit drei Höhlenkletterspezialisten und auch Sarah erneut in die todbringenden Höhlen und wird damit für die kannibalischen Bewohner der unterirdischen Gewölbe zu einem willkommenen Schmaus.
Weniger willkommen ist die Art und Weise, wie The Descent 2 nun versucht, in die Fußstapfen des Vorbilds zu treten. Die Erkundung der Höhle entpuppt sich als weit weniger spannend, ständig versucht man sich an einzelnen Szenen des Erstlings zu orientieren, diese zu variieren oder die Eigenständigkeit mit Szenerien aus dem Volkshochschulkurs über Horrordrehbuchschreiben für Anfänger zu festigen. In einigen Momenten eifert man visuell krampfig dem Stil von The Descent nach; das Spiel mit farblicher Gestaltung und Ausleuchtung bleibt blass. Im übrigen Teil des Films beschränkt man sich dadurch, mit dem limitierten Radius der Helmlampen der Truppe und der Dunkelheit eine eigene Atmosphäre zu schaffen. Weder dies noch die Erzeugung von Spannung funktioniert. Das Drehbuch ruht sich auf Variationen von Schlüsselszenen von Teil Eins aus und so findet man auch in Teil Zwei einen einstürzenden Durchgang oder Kämpfe mit den monströsen Höhlenbewohnern in morastig-schlammigen Gruben.
Geradezu lächerlich entpuppt sich dazu der Versuch, den Ekelfaktor hochzutreiben. Wie im Porno schwappen und spritzen Körperflüssigkeiten in Regelmäßigkeit ausgiebig lange in die Gesichter der Protagonisten, die noch flacher als die leider eindimensional gezeichneten Figuren des ersten Teils sind. Man interessiert sich nicht die Bohne für eine persönliche Note dieser, lässt sie austauschbar und offensichtlich nur als Material für die fahlen Untergrundkannibalen existieren. Das führt dazu, dass sich hier wie in anderen Subgenres wie dem Slasher nervige Charaktere wie der völlig unlustige und notgeile Greg auftauchen. Der unausweichliche Konflikt innerhalb der Gruppe lässt diese versprengen, damit auch die recht dünne und wie die Figuren des Films im Dunkeln langsam vor sich hin stolpernde Story gestreckt wird. Der Name bleibt Programm; was im ersten Teil ein atemberaubend spannender Abstieg in die erdliche Hölle wurde, ist im Sequel ein Abstieg des Niveaus.
Es bleiben zwei recht nette Ideen und Szenen übrig, die kurzzeitig nett anzusehen sind: die Überwindung eines Abgrunds in dem man sich mit Hilfe einer an der Decke hängenden Leiche einer der vermissten Frauen über diesen hinweg schwingt (natürlich wieder mit ordentlich Schmodder im Gesicht) und die Rettungsmaßnahme vor herannahenden Crawlern und einer damit verbundenen groben Handamputation. Der Rest des Films ist ein belangloser Versuch, mit den gleichen Mitteln und weniger Können auf dem kommerziell erfolgreichen The Descent mitzuschwimmen. Man will mehr bieten und kredenzt dem Zuschauer einen mies inszenierten, von Spannung und Logik befreiten Horrorfilm, dass sogar für mich letzteres, bei dem ich nicht so streng wie andere mit den Filmen ins Gericht geht, ein einziges Ärgernis darstellt. Bestes Beispiel ist die verschüttete und festgeklemmte Cath, die keinen Ausweg und Lösung ihres Problems findet, bis sie plötzlich bei herannahenden Crawlern einen übergroßen Geistesblitz hat. The Descent ist für meinen Horrorctober 2018, obwohl ich noch einige Filme vor mir habe, das uneinholbare Lowlight und überhaupt einziger Quatsch mit schwappender Kunstblutsauce. Was bin ich froh, dass der weniger wie gewünscht überraschende Twist am Ende nicht noch einen dritten Teil beschert hat.
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